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Veröffentlicht am 01.11.2022

Eine Karrierefrau, wie sie im Buche steht

Frau in den Wellen
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Beatrix Kramlovsky erzählt von der „Frau in den Wellen“, von Joni, einer erfolgreichen Frau, die – so scheint es mir – stets sich selbst als erstes sieht. Sie ist unkonventionell, willensstark, sie ist ...

Beatrix Kramlovsky erzählt von der „Frau in den Wellen“, von Joni, einer erfolgreichen Frau, die – so scheint es mir – stets sich selbst als erstes sieht. Sie ist unkonventionell, willensstark, sie ist selbstbestimmt und über die Maßen selbstbewusst. „Ihr solitäres Leben wäre Beweis für Überheblichkeit und Bindungsangst…“ so wird sie von außen betrachtet.

Warum ist Joni so, wie sie ist? Die Kindheit prägt – natürlich! Sie ist ganz anders als ihre Eltern und doch ist sie ihnen in ihrem Freiheitsdrang sehr ähnlich. So nach und nach erfahre ich mehr von ihr, sie begibt sich auf die politische Ebene mit Georg, er nimmt sie mit nach Ostberlin in seiner Funktion als Diplomat. Gattin sein ist ihr nicht genug, da kann ich sie gut verstehen. Sie will mehr, auch ihre Tochter steht ihr dabei nicht im Weg, gibt es doch noch den Vater dazu. Und hinter ihm steht seine österreichische Familie, da kann Joni unbesorgt um die Welt jetten. Joni habe ich als selbstbewusste, ja als egoistische Karrierefrau wahrgenommen, die sich gerne selbst beweihräuchert, die groß denkt, für das tägliche Allerlei jedoch keine Zeit verschwenden will. Eine Frau, die alles erreicht hat und mit ihren Kindern glänzen kann, ihnen den Alltag jedoch strikt verweigert. Sie ist einfach nicht da. Auch als ihr Sohn geboren wird, hält sie nichts in der Bürgerlichkeit. Sie widmet sich voll und ganz ihrer Karriere, die Kinder werden in den wenigen gemeinsamen Stunden mit Luxus überschüttet.

Diese Frauen mag es geben, keine Frage. Aber eher legt so ein konsequentes Verhalten ein Mann an den Tag und wird von seiner Frau, seiner Familie nach Kräften unterstützt. Hier ist es umgekehrt und schon wird „Die Frau in den Wellen“ kritisiert.

Aus mehreren Blickwinkeln betrachte ich Joni. Sie erzählt sich selbst ihre Gedanken, spricht über ihr Leben. Über die weltoffene Frau mit ihren globalen Kontakten, auch über ihre Rolle als Mutter zweier Kinder, die eher mit Abwesenheit glänzt als das sie für sie da wäre. In diesen kursiv gehaltenen Passagen habe ich zwar viel von ihr erfahren und doch waren mir diese Eindrücke zu steril, zu fremd. Gelesen habe ich sie dennoch, war aber jedes Mal froh, wenn diese ihre Zwiesprache mit sich selbst ein vorläufiges Ende hatte.

Ein weiterer Erzählstrang widmet sich dem Cybermobbing und seinen Auswüchsen, die ins echte Leben abgleiten. Diese Einblicke waren sehr interessant, die Wirklichkeit in den gar nicht so sozialen Foren spricht genau diese Sprache.

Überfrachtet war Jonis Weltbild mit politischen und gesellschaftlichen Einwürfen, die allesamt in diese Zeit passen. Überfrachtet deswegen, weil vieles angeschnitten wurde und doch keine Tiefe fand.

„Eine Frau geht ihren eigenen Weg und zahlt dafür einen Preis.“ So wird das Buch beworben. Aber welcher Preis ist damit gemeint? Sie nimmt sich alles, lässt für die anderen nur das übrig, was sie sowieso nicht will. Nein, einen Preis zahlt sie nicht, den zahlen eher die anderen.

Für das Buch habe ich mir Zeit gelassen, die Person Joni mochte ich meistens nicht. Ihre Geschichte ist gut erzählt und auch da mochte ich die Selbstgespräche am wenigsten, sie waren mir zu langatmig. Es ist kein Buch, das ich mal so nebenbei lese. Nicht mal eins, das ich am Stück konsumiere, mir kurz Gedanken mache, ein paar Zeilen schreibe und – das Nächste bitte! Nein, in Jonis Geschichte musste ich mich hineinfinden. Es war nicht immer einfach, zu sperrig waren viele Seiten. Das antiquierte Rollenbild wird hier aufgebrochen, keine Frage. Aber mit welchen Mitteln? Eine starke Frau mit Anhang kann immer nur dann stark sein, wenn andere für sie bedingungslos da sind. Und so ein Agieren nenne ich verantwortungs- und rücksichtslos. Das hat nichts mit Stärke zu tun.

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Veröffentlicht am 31.10.2022

Cassie ermittelt

Wer mit den Toten spricht
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Raven & Flyte ermitteln – der zweite Fall um die Rechtsmedizinerin Cassie Raven und DS Phyllida Flyte ist gelöst. Ein Hörbuch von SAGA Egmont, Sprecherin Sandra Voss.

Es geht gleich mal heftig los. Auf ...

Raven & Flyte ermitteln – der zweite Fall um die Rechtsmedizinerin Cassie Raven und DS Phyllida Flyte ist gelöst. Ein Hörbuch von SAGA Egmont, Sprecherin Sandra Voss.

Es geht gleich mal heftig los. Auf Cassies Seziertisch liegt ein Jugendlicher und die Frage drängt sich auf, ob er sich selbst stranguliert hat oder ob hier doch ein Verbrechen vorliegt. Neben diesem noch ungeklärten Tod ist sie auf der Suche nach den Umständen, wie ihre Mutter ums Leben gekommen ist. Als 4jährige hat sie beide Elternteile durch einen Autounfall verloren, zumindest hat sie dies bis jetzt geglaubt. Nach einem leichten Schlaganfall sieht sich ihre Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, genötigt, ihr endlich die Wahrheit zu sagen. Und diese ist nicht ohne. Cassies Vater, wurde damals angeklagt und verurteilt, seine Frau, Cassies Mutter, getötet zu haben. Und nun ist er frei, die beiden treffen aufeinander. Warum wurde sie über so viele Jahre angelogen?

Cassie, die mit ihren Piercings und Tattoos schon anders aussieht, will mehr wissen. Sie recherchiert, auch mit Flytes Hilfe, sie vergräbt sich schier in das Damals, in das Leben ihrer Mutter. Und sie stößt auf Schweigen, viele können oder wollen sich nicht mehr erinnern. Warum?

Sandra Voss hat mir diesen zweiten Teil der Forensik-Thriller-Reihe vorgelesen, sie hat dies gut gemacht. Bis auf die Großmutter ist sie allen Figuren stimmlich gerecht geworden. So konnte ich mich in den so spannenden wie mysteriösen Fall vertiefen. Hat Cassie sich verrannt? Aber nein, sie schaut genau hin, hört zu - eine, die mit ihren Toten spricht, ihnen Respekt zollt, deren Sinne sind geschärft. Sie sieht Kleinigkeiten und wird doch immer wieder von der Wirklichkeit eingeholt. So mancher versucht, seine Lügereien zu vertuschen. Lange ist nicht klar, wer denn nun für den Tod von Cassies Mutter verantwortlich ist und warum dies aus Sicht dieser Person geschehen musste.

Cassie ist mir sehr ans Herz gewachsen, sie ist ein unerschrockener und liebenswerter Charakter. Auch Flytes sprödem Charme konnte ich viel abgewinnen. Die beiden sind ein gelungenes Ermittler-Duo, denen ich noch gerne bei weiteren Fällen über die Schulter schauen würde.

Es ist der zweite Band der Reihe und doch kann er ohne Kenntnis des Vorgängers gehört bzw. gelesen werden. Ich mag es, wenn jedes Buch in sich abgeschlossen ist und das Wesentliche, das Wissenswerte, ins Geschehen mit einfließt.

Mit Cassie und den anderen Charakteren, die allesamt glaubhaft dargestellt sind, habe ich nun sowohl Bradleys Tod als auch den ihrer Mutter aufgelöst. Viel Unvorhergesehenes ist passiert, die Handlung war gut durchdacht, sie war in weiten Teilen nachvollziehbar und nun bin ich gespannt auf den nächsten Fall.

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Veröffentlicht am 30.10.2022

Schuld im Sinne von schuldig?

Als die Welt zerbrach
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Erst einmal musste ich tief durchatmen, das gerade Gelesene nochmal an mir vorüberziehen lassen. „Als die Welt zerbrach“ ist eine tieftraurige Erzählung um eine Schuld hinter der Schuld, dessen Namen die ...

Erst einmal musste ich tief durchatmen, das gerade Gelesene nochmal an mir vorüberziehen lassen. „Als die Welt zerbrach“ ist eine tieftraurige Erzählung um eine Schuld hinter der Schuld, dessen Namen die über 90jährige Gretel in ihrem langen Leben nie mehr aussprechen konnte. Sie hat viel erlebt, viel erlitten und noch mehr geschwiegen.

Die damals 12jährige flieht mit ihrer Mutter nach Frankreich, nachdem ihr Vater, ein hochrangiger KZ-Kommandant, hingerichtet wurde, aber auch in Paris holt die Vergangenheit sie ein. Als nach einigen Jahren ihre Mutter stirbt, wagt Gretel in Australien einen Neuanfang - immer darauf bedacht, ihr Lügenkonstrukt aufrecht zu erhalten. Selbst hier ist sie nicht sicher, London wird und bleibt ihr Zufluchtsort. Und hier lebt sie gut situiert in einem noblen Viertel, als in der Wohnung unter ihr Henry mit seinen Eltern einzieht. Der Neunjährige erinnert sie schmerzlich an Vergangenes und nicht nur das, sie schließt den verschlossenen Jungen ins Herz. Sie sieht viel zu viel, ringt mit sich selbst und kommt zu einem für sie folgenschweren Entschluss.

In zwei sich stetig abwechselnden Ebenen erzählt John Boyne vom Gestern und vom Heute, von der betagten Gretel in London 2022 und geht zurück, wechselt ins Jahr 1946, gibt Einblicke in „Die Tochter des Teufels“. Er nimmt seine Leser mit nach Sydney, wo sie 1952 ankam, gibt Zwischenspiele in Polen oder am Zaun, um nur einiges zu nennen. So erfahre ich sukzessive ihre Lebensgeschichte. Eine Geschichte, die mich tief berührt und zutiefst traurig gemacht hat. Sie war Kind, als das Schreckliche geschah, die Lebenslüge wurde ihr aufgedrängt und einmal damit angefangen, wird sie sie nicht mehr los. Und nicht genug damit, sie nimmt auch danach ihre Umgebung wahr, sieht hinter die Kulissen und muss doch einsehen, dass die Welt sich zwar weitergedreht hat, die Menschheit aber immer Mittel und Wege findet, die eigenen Unzulänglichkeiten zu vertuschen.

Gretels Lebensweg bin ich gerne gefolgt - eine toughe Frau, vom Leben geprägt, auch die anderen Charaktere waren authentisch dargestellt. Der Autor hat sie empathisch sein lassen, ich habe so einige gemocht, andere wiederum so gar nicht.

Hat eine 12jährige eine Chance, sich der unrühmlichen Vergangenheit ihrer Familie zustellen? Muss sie sich gar dem stellen? Die Bürde der Schuld auf sich zu nehmen? Und darf eine erwachsene Frau zusehen, wie anderen Leid zugefügt wird? Die so einfühlsam erzählte Lebensgeschichte hat mich sofort gefesselt und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Beileibe keine leichte Kost und doch so lesenswert.

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Veröffentlicht am 30.10.2022

Gute Unterhaltung

Shorty
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Shorty ist sehr vielseitig, zumindest wenn man sein Berufsleben betrachtet. Man könnte auch sagen, er hangelt sich von Job zu Job. Jetzt gerade arbeitet er in einem Architekturbüro. Nein, nicht als Architekt ...

Shorty ist sehr vielseitig, zumindest wenn man sein Berufsleben betrachtet. Man könnte auch sagen, er hangelt sich von Job zu Job. Jetzt gerade arbeitet er in einem Architekturbüro. Nein, nicht als Architekt oder Bauzeichner, als Elektriker hat er hier zu tun. Und da – er hört Stimmen. Besser gesagt: Er hört eine Stimme, die ihm einen irrwitzigen Auftrag erteilt. Was soll das denn? Die Welt soll er retten und dafür muss er lediglich zur richtigen Zeit für einen Kurzschluss sorgen.

Jörg Maurer hat sich diesen Spaß ausgedacht, hat Shorty zum Leben erweckt, um ihn dann gleich mal in (s)eine utopische Welt zu beamen. Er stolpert sich durch das Universum, in der ihm altbekannten Welt, auch Erde genannt, ist immer mal wieder Bluna an seiner Seite. Sie ist ahnungslos, weiß nicht um die Wichtigkeit von Shorty. Und doch ist sie in so manch brenzliger Situation einfach da.

Das Hörbuch vom Argon-Verlag wird vom Autor selbst gesprochen, ein Riesenspaß. Seine Stimme mag ich sowieso, auch wenn eigentlich der bekannte Hörbuchsprecher Simon Jäger zunächst dafür vorgesehen gewesen wäre. Na, ich glaubs mal. Zumindest bei der An- und Absage durfte er ran.

Aufs Shorty sollte man sich schon einlassen, auch darf man nicht alles zu ernst nehmen. Die phantastische Geschichte entwickelt sich, der immer etwas unbedarft daherkommende Held kommt immer mehr in Fahrt. Der Blick hinter die Kulissen, in unsere Gesellschaft, ist schon ein kritischer. Manches ist arg an der Schmerzgrenze, ja absurd und aberwitzig und doch humorvoll mit einer gehörigen Prise Wortwitz. Ganz einfach - Jörg Maurer und Shorty haben mich gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 28.10.2022

Spannung pur

Düsteres Wasser: Thriller
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Der mittlerweile siebte Band der Julia Schwarz-Reihe aus der Feder von Catherine Shepherd, ein wiederum exzellenter Thriller, ist ausgelesen. Viel zu schnell war er gelesen, denn einmal angefangen, entwickelte ...

Der mittlerweile siebte Band der Julia Schwarz-Reihe aus der Feder von Catherine Shepherd, ein wiederum exzellenter Thriller, ist ausgelesen. Viel zu schnell war er gelesen, denn einmal angefangen, entwickelte auch dieses „Düstere Wasser“ einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Es auch gar nicht wollte.

Die Rechtsmedizinerin Julia Schwarz wird von ihrem jungen Kollegen Ferdinand Meisner von seinem Weggang informiert - gerade dann, als sie eine junge Frau auf dem Seziertisch haben. Diese wurde aus dem Rhein gezogen, sie war von einer Brücke in den Tod gestürzt. Sprang sie freiwillig oder wurde sie gestoßen? Alles deutet auf letzteres, denn bald findet Julia einen in Folie eingeschweißten Abschiedsbrief. Es ist nur ein einziger Satz, der so eindeutig wie mysteriös ist. Und sie findet noch mehr bei der Obduktion, es ist eindeutig ein Fall für Florian Kesser, den Kriminalkommissar, der auch privat mit Julia verbandelt ist.

Schon der Prolog gibt Rätsel auf - wie passen diese Zeilen zu diesem Todesfall, dem weitere folgen werden? Alle Opfer, die auf Julias Seziertisch landen, weisen Ähnlichkeiten auf, alle Indizien sprechen dieselbe Sprache. Und zwischendrin lese ich vom Gestern. Von den Gedanken eines geheimnisvollen Unbekannten. Es sind immer nur kurze Passagen, die zwischendurch eingestreut werden. Auch diese extrem rätselhaft.

Catherine Shepherd ist eine Meisterin des Verwirrspiels. Sie versteht es perfekt, ihre Leser auf Fährten zu locken, die viel zu oft ins Nichts führen. Alles ist sehr nebulös, hier ist keinem einzigen so richtig zu trauen. So mancher zwielichtigen Gestalt traue ich vieles, wenn nicht alles zu. Sie sind mir äußerst suspekt, sehr unsympathisch und höchst verdächtig. Die Spannung lässt keine Sekunde nach, von der ersten Seite bis zum verblüffenden Schluss fiebere ich mit, habe einen starken Verdacht, um dann doch wieder zu zweifeln. Die Charaktere sind allesamt authentisch – Typen wie aus dem echten Leben gegriffen. Natürlich ist auch ein wenig Privates eingestreut, schließlich sind Julia und Florian schon lange ein Paar. Nicht zu viel, aber doch viel genug, um ein stimmiges Bild der beiden mitsamt ihrem Umfeld zu erhalten.

Und wieder war es ganz anders, als ich die ganze Zeit vermutet hatte. Ich mag es, wenn ich als Leser immer wieder in eine Richtung tappe, die sich als ganz falsch erweist. Allen hätte ich es zugetraut, aber... denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Schade, dass das Buch zu Ende gelesen ist und schön, dass ich es gelesen habe. Ein so spannend wie nervenaufreibender Thriller der Extraklasse, den kein Thriller-Fan verpassen sollte.

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