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Veröffentlicht am 31.12.2022

Beklemmend

Wehrlos
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Der örtliche Spielplatz ist Treffpunkt für die Kleinen und die Großen. Die Mütter unterhalten sich, schießen Foto um Foto von ihrem Nachwuchs, um sie nachher in Netz zu stellen. All die süßen Schnappschüsse ...

Der örtliche Spielplatz ist Treffpunkt für die Kleinen und die Großen. Die Mütter unterhalten sich, schießen Foto um Foto von ihrem Nachwuchs, um sie nachher in Netz zu stellen. All die süßen Schnappschüsse und die bearbeiteten Hochglanzbilder wollen sie mit der ganzen Welt teilen.

Die kleine Nele ist vertieft ins Spiel, der Blick von Mieke, ihrer Mutter, ist abgelenkt und schon ist Nele verschwunden. Wie kann das sein? In dieser Idylle, direkt ländlich, kennt man sich, an der Suche nach dem Kind beteiligen sich alle. Auch die Polizei ist aktiv, die Ringfahndung läuft.

Phase eins hat schon mal geklappt „die Ware ist unterwegs...“.

Ein Albtraum für alle Eltern ist hier wahr geworden. Aus verschiedenen Perspektiven wird Neles Schicksal erzählt. Und zwischendurch eine Stimme, die sich nicht zuordnen lässt. Jedoch ist offensichtlich, dass diese mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun hat.

Schon das Cover zeigt ein beklemmendes Bild. Hier möchte man kein Kind auf die Schaukel setzen, alles ist düster, selbst WEHRLOS ist gespenstisch, eher schemenhaft dargestellt, der Nebel deckt vieles zu.

Nora Benrath hat einen fesselnden Thriller vorgelegt, der mich bis fast zum Schluss nicht losgelassen hat. Die schöne Welt der Sozialen Medien wird so nach und nach entlarvt, der Zauber, das Glitzern lässt nach. Man präsentiert sich, gibt viel – zu viel? – von sich und seine Lieben preis. Die Schattenseiten von Social Media werden thematisiert, aber nicht nur. Auch längst vergangene Verletzungen, die tiefe Spuren hinterlassen haben, kristallisieren sich schlussendlich heraus.

Diesen äußerst rasanten Thriller habe ich am Stück gelesen, das Szenario ist durchaus nachvollziehbar. Auch wenn man über die vielen viel zu offenherzigen Posts nur den Kopf schütteln kann, so sind sie doch real. Der Schluss jedoch war mir zu konstruiert, als ob jetzt nochmal was draufgesetzt werden müsste. Hier wäre weniger mehr gewesen, es hat die gute Story, die Grundidee, doch etwas verdorben. Und doch kann ich „Wehrlos“ jedem Thriller-Fan empfehlen, man rast direkt atemlos durch die Story.

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Veröffentlicht am 24.12.2022

Der zweite Fall um eine unkonventionelle Ermittlerin

Wintersterben
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Steinberg liegt sehr abgelegen, eine Enklave mitten in den Walliser Alpen. Tief drin in einer Höhle hat ein Pilzsammler eine Leiche gefunden. Sie liegt schon länger dort, Folterspuren sind sichtbar.

Interpol ...

Steinberg liegt sehr abgelegen, eine Enklave mitten in den Walliser Alpen. Tief drin in einer Höhle hat ein Pilzsammler eine Leiche gefunden. Sie liegt schon länger dort, Folterspuren sind sichtbar.

Interpol schickt Valeria Ravelli, sie soll gemeinsam mit ihrem Kollegen Colin Bain den Tod eines ehemaligen Ermittlers aufklären. Ein schlecht ausgeleuchtetes Foto zeigt den Toten – sein Gesicht verzerrt von Schmerz, der Ausdruck in seinen Augen sagt aus, dass er eine Geschichte zu erzählen hat. Ravelli und Bain sind sich einig, dass er die Akten durchgeht, während sie vor Ort ihre Fühler ausstreckt. Bald ist Valeria mittendrin, jedoch sind die Dorfbewohner nicht sehr gesprächig. Noch dazu verschwindet eine junge Frau – hängen dieser Vermisstenfall und der Tote in der Höhle zusammen? Ihr Instinkt sagt ihr, dass sie auch diese Spur weiterverfolgen sollte.

„Die Wespen, die dieses Nest bewachen, fangen an zu stechen.“ Die einheimische Bevölkerung nennt diesen Ort, an dem der Tote gefunden wurde, die Gotteshöhle. Valeria hat das Gefühl, dass in dem Dorf eine ganze Menge nicht stimmt und sie könnte durchaus recht haben.

Schon das Cover stimmt ein in diesen unwirtlichen Landstrich, man spürt direkt das frostige Umfeld und dieser kalte, düstere Backround bezieht sich nicht nur auf das Äußere.

Es ist der zweite Fall um Valeria Ravelli, den ersten Teil kenne ich nicht, ich hatte aber nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben, auch wenn ich die berufliche und private Vorgeschichte der Protagonistin nicht kenne. Der Fall ist in sich abgeschlossen, was ich sehr zu schätzen weiß. Die Charaktere werden nach und nach eingeführt. Es sind Dorfbewohner, die ihr argwöhnisch oder auch sehr wohlwollend gegenübertreten und es gibt einen, der sich um die Obduktion und die Spurensicherung kümmert. Zweifel sind bei jedem gegeben, denn nichts ist so, wie es den Anschein hat. Dies wird zunehmend klar und doch bleibt ein Rest Misstrauen bis zum Schluss.

Valerias Alleingänge sind schon irreal, ich habe mich beim Lesen des Öfteren gefragt, ob zu so einem undurchsichtigen und auch für den Ermittler äußerst gefährlichen Fall ein lonesome Cowboy in die Höhle des Löwen geschickt wird. Zwischendurch verfolgen Valeria Albträume, die Vergangenheit – ihre Vergangenheit? – wabert immer mal wieder durch. Haben diese Erinnerungen mit dem ersten Fall zu tun? Ich habe es nicht herausfinden können, ein kleiner Anhaltspunkt wäre super gewesen.

Martin Krüger erzählt eine dichte Geschichte, durchgängig spannungsgeladen. Das Szenario um die Auflösung war dann doch etwas zu sehr bemüht. Gut zu lesen mit einem kinoreifen Showdown.

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Veröffentlicht am 21.12.2022

Was damals geschah...

Der finstere Pfad
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„Menschliche Überreste gefunden…“ tönt es aus dem Autoradio „…auf dem berühmten West Coast Trail.“ Oh Schreck - Faye und George, Lauras Kinder, kreischen auf dem Rücksitz, als ihre Mutter auf einen Lieferwagen ...

„Menschliche Überreste gefunden…“ tönt es aus dem Autoradio „…auf dem berühmten West Coast Trail.“ Oh Schreck - Faye und George, Lauras Kinder, kreischen auf dem Rücksitz, als ihre Mutter auf einen Lieferwagen auffährt.

Die damals 20jährige muss sich nun, fünfzehn Jahre später, der Vergangenheit stellen und diese Erkenntnis greift zunehmend in ihr perfektes Leben mit Mann und Kindern ein. „Ich werde nie hinter mir lassen können, was in Kanada geschah.“ Diese Erkenntnis lässt sie innerlich beben. Mit einem Geschwisterpaar war sie unterwegs.

Jenny Blackhurst wechselt zwischen dem Gestern und dem Heute, zwischen der folgenschweren Wanderung auf dem West Coast Trail und dem beschaulichen Familienleben im Jetzt. Der Erzählstrang um das Heute ist doch etwas langatmig geraten. Die heutige Laura führt ein weitgehend unspannendes Leben, diese Ausführungen hätte ich mir sehr viel kürzer gewünscht.

Muss sie sich der Vergangenheit stellen mit allen Konsequenzen? Und was wären diese? Was alles würde zum Vorschein kommen? Sie weiß es, der Leser meint es zu wissen. Die vermeintlich Schuldigen und die Unschuldigen verschwimmen noch zu einer undurchdringlichen Schwärze. Die Wahrheit wabert unter der Oberfläche, die Ungewissheit schwebt über allem. Denn eins ist sicher: Es ist nichts so wie es scheint.

Die Passagen auf dem Trail sind zunehmend fesselnd und wendungsreich, es ist ein raffiniert konstruierter finsterer Pfad. Die Auflösung dann ist so unerwartet und überraschend, damit hätte ich nie gerechnet - ein spannendes Verwirrspiel. So, wie ich es von der Autorin kenne. Ein lesenswerter Psycho-Thriller mit einigen Längen.

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Veröffentlicht am 24.11.2022

Der etwas andere Club

Tea Time
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Ingrid Noll bittet zum Tee – it´s teatime bei Nina und Franzi. Die beiden Freundinnen wohnen im selben Haus, beide pflegen sie ihre Macken. Zu ihnen gesellen sich noch Corinna und Eva, Jelena und Heide. ...

Ingrid Noll bittet zum Tee – it´s teatime bei Nina und Franzi. Die beiden Freundinnen wohnen im selben Haus, beide pflegen sie ihre Macken. Zu ihnen gesellen sich noch Corinna und Eva, Jelena und Heide. Der Klub der Spinnerinnen, wie sie sich nennen, hält ihre Freundschaft auf teils bizarre Art zusammen.

Nolls Charaktere sind mehr oder weniger besessen von ihrem Spleen wie etwa Teppichfransen exakt in Form zu kämmen oder fremde Leute heimlich zu beobachten. Es geht um Puppen und um Hasen im übertragenen Sinne, um gut aussehende Nachbarn, um das Fotografieren von eher unscheinbaren Pflanzen am Wegesrand, um Giftpflanzen geht es übrigens auch - und um eine vergessene Handtasche. Mit ihr nimmt das Unheil seinen Lauf.

Lange habe ich nichts mehr von Ingrid Noll gelesen, das sollte ich ändern. Vordergründig passiert nicht viel und doch ist es ein kurzweiliges Buch geworden, die kriminalistischen Elemente drängen an die Oberfläche, um sich dann doch wieder zu verflüchtigen. Zu Nina und Franzi gesellt sich ihr Nachbar Yves, der wunderbar in diese ein wenig eigenwillige Truppe passt. Mit einem Augenzwinkern lese ich von ihnen, von ihrem Alltag, der gespickt ist mit Geheimnissen, die es nach Möglichkeit auch bleiben sollten.

Ein Roman mit kriminalistischen Elementen, direkt aus dem Leben gegriffen. Zumindest aus dem Leben derer, die sich als Spinnerinnen bezeichnen. Ein wenig überzogen und doch liebens- und lesenswert. Man darf nicht alles so verbissen sehen - sind wir nicht alle ein bisschen gaga?

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Veröffentlicht am 21.11.2022

Rasante Jagd

Das letzte Grab
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Carla Winter ist eine erfolgreiche Strafverteidigerin. Mittlerweile glücklich geschieden führt sie das Leben eines Single, One-Night-Stands nicht ausgeschlossen. So auch jetzt, der sehr viel jüngere Mann ...

Carla Winter ist eine erfolgreiche Strafverteidigerin. Mittlerweile glücklich geschieden führt sie das Leben eines Single, One-Night-Stands nicht ausgeschlossen. So auch jetzt, der sehr viel jüngere Mann schläft noch tief und fest, sie jedoch muss in die Kanzlei. Hier taucht ein Mitarbeiter des türkischen Generalkonsulats auf, der ihr Schockierendes mitteilt: Felix, ihr Ex-Mann, ist bei einem Unfall bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Ihre Wohnung wurde währenddessen durchsucht, durchwühlt…

…so ist die Ausgangssituation, die sich für Carla zunehmend als Albtraum erweist.

Bald steht fest, dass es hier um Raubkunst im weitesten Sinne geht, um eine antike Statue im Besonderen. Ein rasantes Wettrennen nicht nur gegen die Zeit beginnt. So nach dem Motto: Carla gegen den Rest der Welt. Die Polizei ist schon auch involviert, jedoch tauchen so einige andere Gestalten auf, alle mit vielen Fragezeichen behaftet. Wer spielt hier falsch?

Um Kunstraub und den Schmuggel dessen rankt sich die Story. Mittendrin die Frankfurter Anwältin Carla Winter, die mir zeitweise schon sehr suspekt vorkommt, die permanent Alleingänge unternimmt, die so manch zwielichtigen Individuen vertraut. Eher oberflächlich. Viel passiert, es wird zunehmend gefährlich und doch habe ich zeitweise das Gefühl, dass alles zu schnell abgehandelt wird. Als ob vieles angerissen und dann doch nicht zu Ende gebracht wird. Und doch ist Wesentliches absehbar, sehr bald durchschaubar.

Ein in weiten Teilen rasanter Krimi, der sich zuweilen in Nebensächlichkeiten verliert mit einem Ende, das überraschen mag. Für mich war dies eher folgerichtig.

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