Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
offline

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.11.2021

Unterhaltsame Münchener Geschichten

Betongold
0

Der Schani liegt da unten, in der Baugrube. Tot ist er - es gibt keinen Zweifel. Smokey, der frühere Polizist, schaut hinab und von oben kann er die dicken Geldbündel in Schanis Hose sehen. Krachen hat ...

Der Schani liegt da unten, in der Baugrube. Tot ist er - es gibt keinen Zweifel. Smokey, der frühere Polizist, schaut hinab und von oben kann er die dicken Geldbündel in Schanis Hose sehen. Krachen hat er es lassen, sein Leben in vollen Zügen genossen.

Sehr unterhaltsame Münchner Geschichten ranken sich um die drei Freunde Schani, Moni und Smokey. Freunde sind sie schon seit Ewigkeiten, sie sind zusammen durch dick und dünn gegangen, irgendwie Familie waren und sind sie.

Ich war sofort von dem so authentischen Schreibstil angetan, der Roman spiegelt das Lokalkolorit der Stadt auf angenehme Weise wider, schafft eine ganz eigene Atmosphäre. Für das münchnerische Flair und die so angenehme Sprache konnte ich mich sofort begeistern und musste trotz des tragischen Todesfalles anfangs des Öfteren schmunzeln.

Schani war der Überflieger, hat es mit seinen Immobiliengeschäften zu was gebracht, auch wenn es zunächst gar nicht danach ausgesehen hat. War sein Sturz in die Baugrube ein Unglücksfall oder hat es einer auf ihn abgesehen und wenn ja, warum? Smokey ist zwar seit fünf Jahren in Pension, aber als ehemaliger Ermittler kann er es nicht lassen, er muss selber der Sache auf den Grund gehen. Morbus Bechterew zeigt ihm immer wieder seine Grenzen auf und doch will er die Wahrheit wissen. Moni ist der dritte in ihrem Bunde, seine Gastwirtschaft ist sowas wie ihr Wohnzimmer.

Tanja Weber hat den richtigen Ton getroffen, hat jeder Figur seine Eigenart gelassen. Erzählt aus deren Leben - wie sie wurden, was sie sind. Den 18. Geburtstag etwa hat der Schani 1974 gefeiert, übertitelt ist diese Episode „München leuchtet“. Ja, es leuchtet mit diesen so eigenwilligen Charakteren noch ein wenig mehr. Dieser Krimi bezaubert auch und gerade durch den Münchner Dialekt und beleuchtet wie nebenbei das lukrative Geschäft der Immobilienhaie.

„Betongold“ ist ein rundum gelungener Provinzkrimi mit liebenswerten Charakteren, den ich in einem Haps verschlungen habe. Gerne empfehle ich dieses amüsante Stück Kriminalgeschichte mit durchaus ernstem Hintergrund weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.11.2021

Ausdrucksstark erzählter Nachkriegswinter

Der schwarze Winter
0

Das ungekürzte Audible Hörbuch, gelesen von Vera Teltz, hat mich eintauchen lassen in diesen Hungerwinter. Schon bald war ich sauer auf den Bauern, konnte die Schwestern und deren Handlungsweise so gut ...

Das ungekürzte Audible Hörbuch, gelesen von Vera Teltz, hat mich eintauchen lassen in diesen Hungerwinter. Schon bald war ich sauer auf den Bauern, konnte die Schwestern und deren Handlungsweise so gut verstehen. Die Kapitel waren durch kurze Pausen gut nachzuvollziehen, was ich sehr angenehm fand. Mit Vera Teltz ist jedes Hörbuch ein Erlebnis, jedem einzelnen Charakter gibt sie seine eigene Note, seine unverwechselbare Persönlichkeit mit. Am liebsten schließe ich beim Hören die Augen, lasse mich ganz auf die Stimmungen ein. Meine sogar, dass ich hörend diese Geschichte noch mehr verinnerlicht habe.

Im Nachkriegswinter 1946/47 müssen die Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf weg von dem Bauernhof, in dem sie Unterschlupf gefunden haben. Vor dem übergriffigen Bauern müssen sie fliehen und so landen sie in Hamburg. Lediglich eine Zwischenstation sollte das sein, die USA ist ihr eigentliches Ziel. Es gibt so gut wie nichts, jeder hungert, man muss erfindungsreich sein, um zu überleben – irgendwie. Und sie treffen auf mehr oder weniger wohlwollende Menschen, setzen ihre Talente ein, schaffen es sogar, eine Bar für die britischen Soldaten zu eröffnen. Aber Frauen sehen Neider und Missgünstige hier gar nicht gerne, es werden ihnen genug Steine in den Weg gelegt.

Der eisige Winter, das Nachkriegsdeutschland, die Hungersnot – all dies hat Clara Lindemann sehr eindringlich geschildert. Von dieser schweren Zeit lese ich immer wieder, von den zerbombten Städten, den unzulänglichen Wohnverhältnissen, dem nagenden Hunger. Und doch hat dieser „schwarze Winter“ sein ganz eigenes Flair, seine individuelle Note. Silke und Rosemarie sind jung, neben der Hoffnungslosigkeit blitzt doch der Hunger nach Leben, auch nach der Liebe durch.

Die Autorin befasst sich intensiv mit den beschwerlichen Nachkriegsjahren, schildert den täglichen Kampf ums Überleben in diesen menschenunwürdigen Verhältnissen. Jeder ist sich selbst der Nächste und doch hilft man sich in größter Not. Die so unterschiedlichen Charaktere sind gut nachvollziehbar gezeichnet, man spürt deren Elend und freut sich an jedem noch so kleinen Erfolg.

Die Geschichte um zwei mutige Frauen vor historischem Hintergrund hat mich sehr berührt, mich tief eintauchen lassen in eine Zeit, die so hoffentlich nie wiederkehren mag.

Ein gelungenes, sehr beeindruckendes Hörerlebnis, das ich gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.11.2021

Die liebe Familie und mehr

Wir sind schließlich wer
0

Geburtstage wollen gebührend gefeiert werden. Mit dem 80. von Herrn Mahlberg war es gleich mal nichts, denn Anna kommt auf anraten der Pfarrhaushälterin einen Tag später – was bei dem alten Herrn gar nicht ...

Geburtstage wollen gebührend gefeiert werden. Mit dem 80. von Herrn Mahlberg war es gleich mal nichts, denn Anna kommt auf anraten der Pfarrhaushälterin einen Tag später – was bei dem alten Herrn gar nicht gut ankam. Ein Versehen? Gar Absicht?

Anna von Betteray ist zu jung, um als Pastorin ernst genommen zu werden, zumindest meinen das die Alpener. Zudem ist sie geschieden, ihr Lebensstil passt so gar nicht in die kleine Welt der so konservativen Mitbürger. Und zum 75. ihrer Mutter sollte Anna wieder mal verkuppelt werden, ein Graf ist im Angebot. Standesgemäß wäre der allemal, wie ihre Familie findet. Und Anna? Denkt gar nicht daran, sie hat besseres zu tun. Das große Vorbild derer von Betteray ist sowieso Maria, Annas Schwester. Hat sie doch alles – einen erfolgreichen Mann, einen Vorzeige-Sohn, ein Leben im Luxus. Bis alles aus den Fugen gerät.

Anne Gesthuysen schaut genau hin, gibt all den Kleingeistern, den ewigen Nörglern und Möchtegerns ein Gesicht. Jeden ihrer Akteure konnte ich mir beim Lesen gut vorstellen und neben diesen stereotypischen Charakteren kommt die 90jährige Tante Ottilie mit ihrer sehr fortschrittlichen Weltanschauung gewitzt und ganz schön clever daher. Auch der gutmütige Freddy - Annas Hund - hat seine Auftritte.

So nach und nach lernen wir Anna besser kennen, ihre nicht ganz einfache Vergangenheit, ihre gescheiterte Ehe. Und gehen dann weiter zurück ihre Kindheit, begleiten die Wege der so gegensätzlichen Schwestern, den Wildfang Anna und die eher ängstliche Maria. Letztere erfüllt die Standesdünkel der Mutter, man will schließlich dazugehören - zu den Besseren, den Adeligen. Da wird nicht so genau hingeschaut, Hauptsache wir sind wer, die Außenwirkung muss passen.

„Wir sind schließlich wer“ – wer hat dies nicht schon gehört und sich seinen Teil dabei gedacht! Mit ganz viel Witz und Herzenswärme entlarvt die Autorin das Geltungsbedürfnis so mancher. Lebensklug, charmant und amüsant, mit Krimi-Elementen und augenzwinkernd erzählt Anne Gesthuysen diese Familiengeschichte.

Ein Cover hat Wiedererkennungswert – so sind sie alle aufgemacht, ihre Bücher. Schlicht, schön, aussagekräftig – hier die zwei Schwestern, um die sich diese Geschichte rankt. Sehr ansprechend.

Eine gut zu lesende, sehr unterhaltsame Familiengeschichte. Komödie und Krimi in einem, zudem eine gehörige Spur abgehoben, spannend und dramatisch, traurig und versöhnlich. “Wir sind schließlich wer“ bietet kurzweilige Unterhaltung, die ich gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.11.2021

Ganz nett

Die unhöfliche Tote
0

Very british! Nachdem ich die Queen und Rozie bereits durch das „Windsor-Komplott“ begleitet habe, musste ich „Die unhöfliche Tote“ natürlich näher betrachten. Ein netter Cosy-Crime mit Schwächen, der ...

Very british! Nachdem ich die Queen und Rozie bereits durch das „Windsor-Komplott“ begleitet habe, musste ich „Die unhöfliche Tote“ natürlich näher betrachten. Ein netter Cosy-Crime mit Schwächen, der mit einem Augenzwinkern zu lesen ist.

Sir Simon, der Privatsekretär der Queen, geht schwimmen. Den Poolbereich im Buckingham Palace sollte man nicht alleine betreten, aber er hat nun mal keine Wahl, will er sich in seiner sehr raren freien Zeit erfrischen. Schock – was ist das denn? Soviel Rot auf dem eigentlich grün gefliesten Boden und mittendrin ein nacktes Frauenbein. Und dann sieht er sie, die Frau im hellen Kleid in einer dunklen Lache. Die Lippen blau, die Augen offen.

Damit nicht genug, die „Britannia“, das Gemälde vor ihrem Schlafzimmer, taucht in einer maritimen Kunstausstellung auf. Wie kommt dieses Bild, das es nur einmal gibt, plötzlich hierher?

Für Rozie Oshodi, der sehr fähigen Assistentin der Queen, geht es rund. Ihr vertraut sie, sie schickt sie zu dem ehemaligen stellvertretenden Direktor der Gemäldesammlung, Sholto Harvie. Es geht um Drohbriefe, um die Bruchschaden-Geschichten, um Gerüchte und Intrigen. Natürlich dürfen die Hunde der Queen nicht fehlen, auch sie haben ihre kurzen Auftritte.

Zwei konträre Verbrechen, die aufgeklärt werden wollen. Humorvoll, nicht ganz ernst gemeint, behält die Queen den Weitblick, lenkt sie alle (die Polizei im Besonderen) in die richtigen Bahnen. Der Leser ist zu Gast bei Eliszabeth und schaut ihr über die Schulter, während sie detektivisch in ihrem zweiten Fall ermittelt. Ganz erheiternd, aber zwischendurch hatte diese „unhöfliche Tote“ Längen, bei denen ich mich zum Weiterlesen zwingen musste. Das unvermutete Weihnachtsgeschenk war der krönende Abschluss dieses netten Aufenthalts im Buckingham Palace.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.11.2021

Aktuell, fesselnd, kurzweilig

Die Kampagne
11

Senator Tom Harrison, Spitzenkandidat um die US-Präsidentschaft, weiß, dass er gegen diese Frau nicht gewinnen kann. Ihr, der hochkarätigen Anwältin Natasha Winthrop, werden Ambitionen auf das Amt nachgesagt. ...

Senator Tom Harrison, Spitzenkandidat um die US-Präsidentschaft, weiß, dass er gegen diese Frau nicht gewinnen kann. Ihr, der hochkarätigen Anwältin Natasha Winthrop, werden Ambitionen auf das Amt nachgesagt. Mittendrin in der heißen Phase des Wahlkampfes ist plötzlich nichts mehr so, wie es war. Wie es sein sollte.

Eine beklemmende Szene spielt sich ab in ihrem Haus: Natasha liegt am Boden, ein Mann auf ihr drauf, sie kann sich kaum bewegen. Mit letzter Kraft bekommt sie einen Gegenstand zu fassen, schlägt zu – und trifft den Eindringlich tödlich. Wer ist das? Wer steckt dahinter? Um hinter die Kulissen zu blicken, bedarf es eines klugen Kopfes. Natasha holt Maggie Costello an ihre Seite und diese gräbt ganz tief im Leben der Natasha Winthrop, sie will die Wahrheit ans Licht holen.

Buch 3 der Maggie Costello-Reihe ist für mich der erste Kontakt mit der Fallermittlerin Maggie. Sie ist brillant, hat für die beiden letzten Präsidenten gearbeitet, kennt den Politbetrieb und dessen Akteure in- und auswendig.

Sam Bourne schafft es sofort, mich in diese ganz eigene Welt zu ziehen. Ist hier auch nur einer ehrlich, geradlinig unterwegs? Der Blick hinter die Kulissen, deren Taktik und Methoden, all die Tricks und Kniffe rund um den Kampf des Präsidentenamtes liest sich äußerst spannend. Die sozialen Medien und die damit einhergehenden Fake News spielen schon lange eine große Rolle, nicht nur in den USA. Diese fiktive Story bescherte mir des Öfteren einen aha-Moment, die Realität kann hier locker mithalten. Viel Raum gibt der Autor dem Thema Vergewaltigung in all seinen schlimmen Facetten, verwebt alles sehr gekonnt zu einem homogenen Ganzen. Es geht um Macht, um Ehrgeiz und Rache.

„Die Kampagne“ ist fesselnde, sehr kurzweilige Unterhaltung. Aktuelle Themen hat Sam Bourne in glaubhafte Stories verpackt. Und - egal ob es sich um den Straftatbestand des sexuellen Übergriffes oder die Politik mit all seinen Intrigen handelt – die sozialen Netzwerke haben überall ihre Finger mit drin.

Eine mitreißende Story mit Charakteren, denen ich gut folgen konnte. Die mich empört haben, deren Ränke ich verabscheute. Gut durchdacht, zuweilen niederträchtig und heimtückisch, immer packend und interessant. Dubios bis zu Schluss – ein hochkarätiger Thriller, den ich sehr gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung