Ein richtig gutes und wichtiges Buch
GezeitenkinderDie 24-jährige Hanna kommt mit ihrer Cousine Rita nach Norderney. Beide sind Kinderpflegerinnen. Während Rita sich gerne auslebt und dabei etwas über die Stränge schlägt, ist Hanna gesetzter und folgt ...
Die 24-jährige Hanna kommt mit ihrer Cousine Rita nach Norderney. Beide sind Kinderpflegerinnen. Während Rita sich gerne auslebt und dabei etwas über die Stränge schlägt, ist Hanna gesetzter und folgt ihren moralischen Vorstellungen. Schon am ersten Arbeitstag kommen die beiden zu spät und werden über Gebühr abgestraft.
Hanna findet einige Maßnahmen befremdlich und hat Schwierigkeiten, sich einer Hierarchie älterer Frauen unterzuordnen, deren Gefühlskälte sie ungerechtfertigt findet. Alle haben Angst, die Kinder vor den nächsten Strafen und Demütigungen, die jüngeren Schwestern, ihren Job zu verlieren, wenn sie sich auflehnen und die älteren, dass sie danach keine andere Arbeit mehr finden werden. Alle fürchten sich vor dem harten Regiment der Heimleiterin.
Während die abstrusen Zwischenfälle sich häufen lernt Hanna gezwungenermaßen, den unhöflichen Holländer Jan kennen. Bei einer Rettungsaktion am Strand jedoch rettet Jan einen kleinen Jungen, der ohne seine Maßnahme sicher erstickt wäre. Hanna und Jan freunden sich an und sie erfährt, was ihn auf die Insel verschlagen hat.
Hanna wehrt sich zunehmend gegen den Machtmissbrauch der anderen Pflegerinnen im Umgang mit den Kindern und bekommt deutliche Konsequenzen zu spüren. Sie versucht Menschen außerhalb des Erholungsheims um Unterstützung zu bitten und das Spiel aus beharrlichem Widerstand und Vertuschung, versus Sorge um die Kinder und Gerechtigkeitssinn beginnt.
Fazit: Ich mochte die Geschichte sehr. Die Autorin hat ganze Arbeit geleistet, sowohl bei der Recherche, als auch mit ihrem flüssigen Erzählstil und der Handlung, die zunehmend an Spannung gewinnt. Es wird völlig klar, wie sehr der Erziehungsstil der Pflegerinnen geprägt wurde durch eine Naziherrschaft und wie die Heimleiterin, bis in die sechziger Jahre darin verstrickt war.
Eine aufwühlende Reportage im letzten Jahr zeigt, dass diese Geschichte auf Norderney keine Ausnahme ist. Obwohl sie fiktiv ist, spricht sie stellvertretend auch für die Erlebnisse vieler anderer Kinder, während ihrer Kuraufenthalte.