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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.08.2024

Frauenschicksale und amerikanische Geschichte

Die Frauen von Maine
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Der Klappentext weckt zwar das Interesse am Buch, die Vielschichtigkeit lässt sich daraus aber noch nicht ersehen.

Das Buch hat mich fasziniert. Es geht um Jane, die mit ihrer alleinerziehenden Mutter ...

Der Klappentext weckt zwar das Interesse am Buch, die Vielschichtigkeit lässt sich daraus aber noch nicht ersehen.

Das Buch hat mich fasziniert. Es geht um Jane, die mit ihrer alleinerziehenden Mutter und ihrer älteren Schwester in einem malerischen, sehr touristischen Küstenort im Bundesstaat Maine aufwächst. Die Mutter ist Alkoholikerin und ihre Kinder haben eine schwierige Kindheit. Die Sucht prägt auch ihr weiteres Leben. Allein die Facette nimmt im Buch viel Raum ein und zieht sich durch.

Insgesamt geht es aber um viel mehr. Janes Faszination von einem alten Haus auf den Klippen ist der rote Faden, anhand diesem wird die Familiengeschichte Janes entwickelt und die indigene Geschichte des Küstenortes. Beides absolut interessant und mit dem Schwerpunkt auf Frauenschicksale.

Keine Idylle, wie die Tourismusvermarktung des Ortes gerne vermittelt.

Das Buch hat auch esoterisch-spirituelle Komponenten, das ist normalerweise gar nicht mein Ding, hier hat es aber gepasst. Wenn man damit aber so gar nicht klarkommt, könnte das mit dem Buch schwierig werden. Es ist nicht das beherrschende Thema, nimmt aber schon einigen Raum ein.

Ich konnte das Buch kaum weglegen, so sehr hat es mich gefesselt. Die Kombination der verschiedenen Themen, die vielen Schicksale und den tiefen Einblick in die Geschichte der Ureinwohner und den Umgang aus heutiger Sicht, auch im Museumskontext, fand ich so gelungen und gedankenanregend.

Große Empfehlung.

Veröffentlicht am 07.08.2024

Starker Folgeband

Windstärke 17
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Ich mag "22 Bahnen" von Caroline Wahl sehr und war etwas besorgt, ob die Fortsetzung davon nicht nur ein zweiter Aufguss sein würde.
Weit gefehlt. Windstärke 17 hat wieder das Wasser als Motiv und natürlich ...

Ich mag "22 Bahnen" von Caroline Wahl sehr und war etwas besorgt, ob die Fortsetzung davon nicht nur ein zweiter Aufguss sein würde.
Weit gefehlt. Windstärke 17 hat wieder das Wasser als Motiv und natürlich sind Ida und Tilda wieder dabei. Das Buch ist aber autark, man kann es auch ohne Kenntnis des Vorgängerbands lesen.

Diesmal liegt der Fokus auf Ida, die eine schwere Kindheit hatte und nun ist die Mutter tot. Zeitlebens - zumindest soweit Idas Kindheitserinnerungen reichen - alkoholkrank hat sie ihre Kinder sich selbst überlassen. Dennoch, es ist die Mutter und Isa weiß nicht wohin zwischen Wut, Schuldgefühlen und Trauer.

Sie landet auf Rügen und lernt dort Kneipenbesitzer Knut und seine Frau Marianne kennen, die sie bei sich aufnehmen. Und dann gibt es da noch Leif, bei dem auch nicht alles eitel Sonnenschein ist.

Caroline Wahl hat einen ganz eigenen Schreibstil. Knochentrocken, fast wie ein Dokumentation, lässt sie uns ausschnittweise teilhaben an Idas Leben. Die äußeren Taten lassen Rückschlüsse auf Idas Innenleben zu.
Dazwischen gibt es aber immer auch tragisch-witzige Elemente, das ist auch nötig, denn das Buch ist nochmal deutlich schwerer als der Vorgänger.

Während Tilda dann irgendwann gegangen ist, hat Ida bis zum Tod der Mutter mit ihr und der Suchterkrankung zusammengelebt und das hat tiefe Spuren hinterlassen.
Eine erfrischende Sommergeschichte mit Inselfeeling ist das nicht, falls Cover und Rügen so ein Kopfkino entstehen lassen sollte.
Ich musste oft schwer schlucken, die Thematik ist so schwer und tragisch und dennoch: so ist das Leben halt auch und das Buch bringt es genauso an uns Lesende.
Ergreifend, aufwühlend, fordernd und doch auch hoffnungsvoll. Keine Bilderbuch-Sonnenschein-alles-ist-gut-trallala-Entwicklung, aber Schritt für Schritt vorwärts, seitwärts und auch mal wieder zurück.

Ein starkes Buch!

Veröffentlicht am 04.08.2024

Awwwww - so ein schöner Tagebuchroman

It's me oder Wie mein Leben plötzlich glitzerte
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Gwinny lebt nach der Trennung ihrer Eltern bei ihrer Mutter und ihre kleine Schwester hat das Wechselmodell. Gwinny wird hier ganz schön gefordert. Aber das ist es gar nicht unbedingt, irgendwie fühlt ...

Gwinny lebt nach der Trennung ihrer Eltern bei ihrer Mutter und ihre kleine Schwester hat das Wechselmodell. Gwinny wird hier ganz schön gefordert. Aber das ist es gar nicht unbedingt, irgendwie fühlt sich ihr ganzes Leben gerade nicht super an.
Aber dann passiert etwas Magisches! Sie lernt in der Schule Noam kennen, der behauptet, er wäre eine Fee und Gwinny hätte drei Wünsche frei. Ernsthaft?
Dafür muss Gwinny aber sieben Aufgaben, verteilt auf sieben Wochen meistern. Und Stück für Stück wird ihr Leben bunter!

Das hier ist ein richtig schöner Tagebuchroman, der natürlich in der Ich-Perspektive geschrieben wurde. Gwinny ist ab der ersten Seite super symphytisch und ich wurde immer neugieriger, was hinter Noams Aufgaben steckt.
Das kunterbunte, nicht immer einfache Familienleben hat das Buch so schön realistisch gemacht, ich habe mich sofort in Gwinny hineinversetzen können.
Und die Jungs aus der 9. Klasse, die kommen bestimmt Vielen von uns bekannt vor, da musste ich schon sehr grinsen.

Dann habe ich auch noch schöne neue Wörter gelernt, "Hohlhörnchen" ist mein Lieblingswort.

Ein rundum gelungener, sympathischer, witziger Tagebuchroman mit dem gewissen Glitzer. Richtig schön!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.07.2024

Herzzerreißend - keine leichte Kost

Unser Buch der seltsamen Dinge
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Das Buch war ganz anders als ich es erwartet habe - und doch wieder nicht.
Die Leseprobe dazu gibt einen schönen Einblick in den Schreibstil, der so auch beibehalten wird.
Miv und Sharon ins zwölf Jahre ...

Das Buch war ganz anders als ich es erwartet habe - und doch wieder nicht.
Die Leseprobe dazu gibt einen schönen Einblick in den Schreibstil, der so auch beibehalten wird.
Miv und Sharon ins zwölf Jahre alt und beste Freundinnen. Mivs Familienleben ist schwierig, ihre Mutter hat von einem Tag auf den anderen das Sprechen aufgehört und nimmt auch sonst nicht mehr am Familienleben teil. Ihr Vater möchte wegziehen, neu anfangen, doch das geht ja gar nicht, Miv muss doch bei Sharon bleiben.

Da zu der Zeit ein Serientäter in Yorkshire sein Unwesen treibt, beschließt Miv, dass sie ihn fassen müssen. Dann gibt es ja keinen Grund mehr zum Wegziehen.

Es ist aber mehr als das - und sogar noch tragischer. Denn wir bekommen Einblicke in das alltägliches Leben in Mivs Kleinstadt und da ist auch abgesehen vom Serientäter nicht alles Sonnenschein. Teilweise ist das Buch sehr schwere Kost, die da aus der Sicht eines Kindes offenbar wird.
Ich musste oft schwer schlucken.

Nichtsdestotrotz ist es eine Ode an die Freundschaft, die Kraft der Familie und ein Apell an Nichtwegsehen. An ein Zueinanderstehen, sich kümmern und füreinander Einstehen.

Ich hatte nicht mit der Tragik des Buches gerechnet, das hat meiner Haltung zum Buch aber keinen Abbruch getan. Ich mag es sehr.
Miv und Sharon sind beides so starke Charaktere und auch ganz viele ihrer Freunde und Bekannten und Familie habe ich sehr in mein Leseherz geschlossen.
Nur eben kein rundum unbeschwertes Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 27.07.2024

Highlight

Pi mal Daumen
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Ein neues Alina Bronsky Buch - da liegt die Messlatte bei mir sehr hoch. Nach "Barbara stirbt nicht" kaum zu toppen.
Ich nehme es gleich vorweg: doch! "Pi mal Daumen" ist ebenbürtig, wieder Lesegenuss ...

Ein neues Alina Bronsky Buch - da liegt die Messlatte bei mir sehr hoch. Nach "Barbara stirbt nicht" kaum zu toppen.
Ich nehme es gleich vorweg: doch! "Pi mal Daumen" ist ebenbürtig, wieder Lesegenuss in Vollendung.

Es geht um zwei Außenseiter. Oscar ist erst 16 und hochbegabt und schon jetzt an der Uni für ein Mathematikstudium. Allerdings ist er im Alltag komplett verloren und seine jugendliche Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit sucht seinesgleichen.
Dann trifft er auf Moni, diese ist im schon über 50, schrill, Oma von drei Enkeln und immer mit Windeln und Knabberzeugs und Wechselwäsche in einer großen Ikea-Tasche anzutreffen. Auch sie studiert Mathematik, hat aber diesbezüglich gar kein Selbstbewusstsein.

Zwischen den Beiden entwickelt sich ganz zart, Stück für Stück, eine ungewöhnliche Freundschaft.

So wie ich das schreibe, klingt es zwar ganz lesenswert, aber ich kann nicht ausdrücken, wie lesenswert es wirklich ist.
Bronskys Schreibstil schafft hier ein Wunderwerk. Die Figuren in ihrer Unterschiedlichkeit werden vor dem Leseauge real und seltsamerweise wirken sie auf mich auch gar nicht überzeichnet. Die vielen urkomischen Szenen sind nie platt, sondern gepaart mit Feinfühligkeit. Das Buch hat eine Tiefe und ist doch nicht ernst, es ist tragisch, aber auch komisch und eines meiner bisherigen Lesehighlights 2024.

Noch eine kleine Entwarnung, falls das schon sehr präsente Mathematik-Thema abschrecken sollte: man braucht kein Mathe-Wissen oder Mathe-Affinität, um zu folgen und Spaß am Lesen zu haben. Wahrscheinlich ist es für Mathematik-Absolventen nur noch das I-Tüpfelchen.