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Marshall-Trueblood

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.07.2019

Agatha in Höchstform

Das Böse unter der Sonne
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Hercule Poirot macht Urlaub auf einer kleinen Insel in Devon. Aber das Böse macht keinen Urlaub unter der Sonne. Als die Schauspielerin Arlena Marshall erwürgt aufgefunden wird, läuft Poirot zur Hochform ...

Hercule Poirot macht Urlaub auf einer kleinen Insel in Devon. Aber das Böse macht keinen Urlaub unter der Sonne. Als die Schauspielerin Arlena Marshall erwürgt aufgefunden wird, läuft Poirot zur Hochform auf.

Das Böse unter der Sonne ist einer meiner persönlichen Lieblinge unter all den Agatha Christie Krimis, wozu auch die sehr gelungene Verfilmung mit Peter Ustinov als Poirot beiträgt. Ein Locked-Room Mystery, wie es besser nicht sein kann. Das Charaktere sind zwar sehr einfach gehalten, um nicht zu sagen stereotyp, aber das ist bei Christie ja keine Überraschung. Wie in all ihren Romanen geht es in erster Linie um das Verbrechen und um den Tathergang; und das ist ihr hier in Perfektion gelungen. Ein Mord, der sekundengenau geplant war, der gleichzeitig mit der Zeit spielt. Als Leser verfolgt man das Geschehen, verdächtigt mal hier, mal da, aber den grauen Zellen von Poirot und seiner Schöpferin ist man nicht gewachsen. Wie so oft bei Christie entpuppt sich dann als TäterIn, den man am meisten verdächtigt hatte, aber den man mangels Gelegenheit doch ausgeschlossen hatte. Da fragt man sich nach der Auflösung, kopfschüttelnd, wie man auf so eine Ausführung eines Mordes kommen kann.

Unter allen Krimis von Agatha Christie glänzt Das Böse unter der Sonne für mich besonders hell. Der beste Fall für Hercule Poirot, der im Urlaub zu Höchstform aufläuft.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Außergewöhnlich

Die Farm
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In einer Winternacht irgendwo in Südafrika. Eine Farm wird belagert und beschossen. Im Farmhaus verschanzt sich ein Querschnitt der Gesellschaft. Und bald kämpfen alle Beteiligten um das nackte Überleben.

Was ...

In einer Winternacht irgendwo in Südafrika. Eine Farm wird belagert und beschossen. Im Farmhaus verschanzt sich ein Querschnitt der Gesellschaft. Und bald kämpfen alle Beteiligten um das nackte Überleben.

Was liegt hier vor? Ein Thriller? Ein Krimi? Eine Gesellschaftsstudie? Ein Überblick über die Situation der Menschen in Südafrika? Alles zusammen! Auf knapp 200 Seiten gelingt Max Annas ein Überblick über ein Südafrika, das man so nicht von Postkarten und Bildbänden kennt und gleichzeitig wird man Zeuge eines Kampfes. Dem Kampf zu überleben. Sofort im Geschehen wechselt die Perspektive im Minutentakt und das über den Zeitraum von rund neun Stunden.

Das Farmhaus dient als Symbol für die Gesellschaft, die Herrenrasse vermischt mit ihren schwarzen Arbeitern. Da hat jeder seinen Platz, auch am Ende der Apartheid. Der Boss, der Waffen verteilt, aber bloß nicht an die Schwarzen. Das Hausmädchen, das selbst unter Beschuss Kaffee und Kuchen serviert. Die Tochter des Hauses, die als erste und unbedingt mit ihren Kindern in Sicherheit gebracht werden muss. Die Unfähigkeit der Polizei. Das alles in einer Sprache, die die Grausamkeit und die Brutalität hervorragend transportiert. Am Ende weiß man alles und doch nichts. Ein Thriller, der keinen klaren Gewinner auf irgendeiner Seite erkennen lässt, aber das braucht es auch gar nicht.

Am Ende gibt es nur einen Gewinner: Den Leser. Für mich zu Recht ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis, denn hier werden dem Genre wirklich neue Impulse gegeben.

Veröffentlicht am 22.07.2019

Spannend mit kleinen Abzügen

Tod im Fichtelgebirge
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Zwei Mädchen verschwinden. Junge Männer werden als vermisst gemeldet. Bei ihren Ermittlungen decken Kristina Herbich und ihr Kollege Breuer skrupellose Machenschaften auf, aber die Lösung enthüllt auch ...

Zwei Mädchen verschwinden. Junge Männer werden als vermisst gemeldet. Bei ihren Ermittlungen decken Kristina Herbich und ihr Kollege Breuer skrupellose Machenschaften auf, aber die Lösung enthüllt auch eine Tragödie.

Tod im Fichtelgebirge war mein erster Krimi von Jacqueline Lochmüller, aber mit Sicherheit nicht der letzte. Dabei hoffe ich, dass sie dem ersten Fall von Herbich und Breuer noch weitere folgen lässt. Die beiden Ermittler finden erst im Laufe der Geschichte beruflich zueinander und ich glaube, da bleibt noch viel Möglichkeit, weiterzuerzählen. Was die Autorin hier vorlegt ist mehr als solide. Durchgehend spannend und mit Personal, das mir durchweg sympathisch ist. Eine Kommissarin, die sich ihrer Pfunde zuviel durchaus bewusst ist, aber den Kampf dagegen nur halbherzig führt. Also eine Eigenschaft, die wohl jeder kennt. Die Zusammenarbeit mit ihrem Kollegen Breuer, der Vegetarier ist, verspricht daher auch noch viel Potenzial für die Zukunft. Darüber hinaus gibt es den Dackel Arno, der seinen Platz im Krimi hart erkämpft. Das hat mir sehr gut gefallen.

Natürlich gibt es auch Abzüge. Was mir nicht gefallen hat, ist die Vielfalt der Personen. Auf 255 Seiten begegnet man für meinen Geschmack zu vielen Personen.

Spoileranfang: So begegnet man einer Frau, die ein kleines Kind findet. Wenige Seiten später sind beide tot, haben aber nichts mit dem Fall zu tun. Gleichzeitig stemmen lediglich zwei Kommissare gleich drei Fälle. Da fehlt mir ein bisschen die Glaubwürdigkeit. Spoilerende.

Ansonsten gibt es nix zu meckern. Der Spannungsbogen ist gut gemacht, das Thema brisant und hochaktuell und am Ende bleibt man ob einer menschlichen Tragödie fassungslos zurück.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen rund um das Fichtelgebirge.

Veröffentlicht am 20.07.2019

So geht Krimi

Sie finden dich nie
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Als die achtjährige Daisy nach einer Gartenparty verschwindet, gerät DI Adam Fawley bei seinen Ermittlungen in eine Familientragödie.

Nach langer Zeit ein Krimi, der mich von der ersten Seite an abgeholt ...

Als die achtjährige Daisy nach einer Gartenparty verschwindet, gerät DI Adam Fawley bei seinen Ermittlungen in eine Familientragödie.

Nach langer Zeit ein Krimi, der mich von der ersten Seite an abgeholt hat; hier gibts nix zu meckern; Story, Spannungsbogen, Personal: die Autorin hat nichts, wirklich nichts falsch gemacht. Sie spielt mit dem Leser, führt ihn nach links, nach rechts, um dann die Geschichte durch die Mitte weiterzuführen. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, was mir sehr gut gefallen hat. Dabei vergisst sie auch den aktuellen Druck von Social Media auf alle Beteiligten nicht. Das ist teilweise schon sehr beängstigend.

Der Hauptermittler DI Adam Fawley ist, trotz eines persönlichen Schicksalsschlags, nicht der deprimierte Held der Geschichte; auch erscheint er nicht als Supermann, der ohne Umwege den Verlauf des Verschwindens aufdeckt, sondern erweist sich als Mensch. Solche Ermittler werden in der internationalen Krimiszene mehr gebraucht.

Achtung Spoiler: Ich bin kein großer Freund von Auflösungen der Auflösungen; aber hier hat mir das Ende sehr gut gefallen. An keiner Stelle des Krimis darf man sich sicher sein, dass die Autorin nicht doch noch mit einer Überraschung um die Ecke kommt.

Für mich ein Krimihighlight des Jahres und ich freue mich schon auf den nächsten Krimi von Cara Hunter.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Sehr guter Serienstart

Blauer Montag
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Die Therapeutin Frieda Klein wendet sich an die Polizei, als sie einen Patienten der Kindesentführung verdächtigt. Prompt steckt sie selber mitten in den Ermittlungen.

Vor Jahren habe ich zwei Romane ...

Die Therapeutin Frieda Klein wendet sich an die Polizei, als sie einen Patienten der Kindesentführung verdächtigt. Prompt steckt sie selber mitten in den Ermittlungen.

Vor Jahren habe ich zwei Romane von Nicci French gelesen; den ersten fand ich mittelmäßig, den zweiten einfach schlecht. Seitdem habe ich einen Bogen um Nicci French gemacht...bis jetzt. Durch Zufall und nur weil der Titel in eine Lesechallenge passte, habe ich zu Blauer Montag gegriffen. Was soll ich sagen? Ich bin begeistert. Als eine Art moderne Miss Marple stolpert Frieda in einen aktuellen Fall, der sehr bald Parallelen zu einer Entführung aufweist, die zwanzig Jahre zurückliegt. Die beiden Fälle werden am Ende zu einem schlüssigen Finale geführt, das mit mehreren Cliffhangern aufwartet. Dabei geht es recht unblutig zu und zum Glück gerät die Hauptfigur nicht in große Gefahr und muss gerettet werden. Das passiert mir mittlerweile in Krimis zu oft.

Da erfährt man einiges über Psychologie, aber ich hatte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass die Autoren den Oberlehrer geben wollen. Das Personal gefällt mir gut, da bleibt noch viel Platz nach oben für die nächsten Romane, die ganze Reihe ist auf acht Bände angelegt, denn viel erfährt man noch nicht über die Vergangenheit der Charaktere, aber einiges wird schon angedeutet. Das Zusammenspiel zwischen Frieda und DI Karlsson gefällt mir auch sehr gut. Die Parallelen zwischen Miss Marple und diversen Ermittlern sind offensichtlich, zumal die ganze Geschichte auch in England spielt, allerdings nicht auf dem Dorf, sondern in London.

Ich freue mich auf den zweiten Teil und auf ein Wiedersehen mit dem gesamten Personal. Da wird bestimmt noch die ein oder andere Überraschung warten.