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Veröffentlicht am 23.06.2023

Ungewöhnliche Thematik

Die Spur der Aale
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Staatsanwältin Greta Vogelsang ist die sympathische Protagonistin in der neuen Regionalkrimireihe des Autors Florian Wacker, die in Frankfurt spielt. In ihrem ersten Fall , mit dem sie es in ihrem Dezernat ...

Staatsanwältin Greta Vogelsang ist die sympathische Protagonistin in der neuen Regionalkrimireihe des Autors Florian Wacker, die in Frankfurt spielt. In ihrem ersten Fall , mit dem sie es in ihrem Dezernat für Umweltverbrechen und Artenschutzdelikte zu tun bekommt, geht es um wertvolle Glasaale. Offensichtlich war ein Kollege vom Zoll einem international operierenden Schmugglernetzwerk auf der Spur. Jetzt wird er tot aus dem Main geborgen, und Vogelsang, die seine Recherche zunächst nicht besonders ernst genommen hat, beginnt mit schlechtem Gewissen selbst zu ermitteln.

Weitestgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit scheint das Schmuggeln von Glasaalen sehr lukrativ für die Akteure zu sein und man erfährt als Leser einige interessante Details.

Die Schauplätze wechseln zwischen Frankfurt, Hong Kong und Frankreich und der Leser hat immer einen kleinen Wissensvorsprung, was die Handlung allerdings auch durchschaubarer macht und zu Lasten der Spannung geht.

Während die Staatsanwältin durch das Miterzählen ihres Privatlebens recht komplex wirkt, empfand ich insbesondere die Nebencharaktere als recht oberflächlich gezeichnet. Von Vogelsang erfährt man z.B ihre schwierige Karriereleiter als Arbeiterkind oder auch die Sorgen um ihre zunehmend dement werdende Mutter. Das macht sie nahbar und sympathisch.

Der Schreibstil ist recht einfach gehalten, gut lesbar, aber auch nichts besonderes. Leider war die Geschichte überhaupt nicht spannend. Außerdem wird ein Trauma von Vogelsang angeteasert aber es wird nicht weiter darauf eingegangen, und auch auf den nächsten Fall gibt es schon vorsichtige Hinweise am Ende des Buches. So etwas mag ich gar nicht.


Für mich hatte dieser Regionalkrimi noch deutlich Luft nach oben, und ich tendiere dazu die Reihe eher nicht weiterzulesen.

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Veröffentlicht am 18.06.2023

Anstrengend

Meine Mutter sagt
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Stine Pilgaard ist eine dänische Autorin, deren Roman „Meine Mutter sagt“ ihr Debüt ist, dass jetzt auf dem deutschen Markt erschienen ist.
Übersetzt wurde der Roman von Hinrich Schmidt–Henkel.

Die namenlose ...

Stine Pilgaard ist eine dänische Autorin, deren Roman „Meine Mutter sagt“ ihr Debüt ist, dass jetzt auf dem deutschen Markt erschienen ist.
Übersetzt wurde der Roman von Hinrich Schmidt–Henkel.

Die namenlose Ich–Erzählerin wurde von ihrer langjährigen Freundin verlassen und zieht jetzt zurück ins Haus ihres Vaters, der hier mit seiner 2. Frau zusammenlebt. Auch die Mutter der Protagonistin taucht regelmäßig mit Ratschlägen bei ihrer Tochter auf und ist dabei nicht gerade feinfühlig.
Die Ich-Erzählerin trauert um die verlorene Beziehung, vergeht in Selbstmitleid und sucht sogar einen Arzt auf, dem sie ihr Leid aber so schildert, dass dieser sie permanent missversteht.

Das Buch war trotz seiner nur 192 Seiten eine sehr anstrengende Lektüre.
Mit den fehlenden Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede konnte ich mich irgendwie noch arrangieren. Das Stilmittel die Personen, größtenteils namenlos zu lassen, aber auch nicht ausnahmslos, was ich konsequenter gefunden hätte, hat mir nicht gefallen. Es machte den Text sperrig immer von der Frau meines Vaters und dem Mann meiner Mutter zu lesen.
Das Gejammer der Protagonistin und ihre Art mit ihrer Lebenskrise umzugehen, fand ich nervig und unreif. Die Figuren ihrer Eltern waren extrem überzeichnet, der Vater Pastor und Menschenfreund hat seine Tochter schon fast wie ein Kleinkind betüddelt, während die Mutter, das genaue Gegenteil war und die Protagonistin schon übergriffig mit zweifelhaften Ratschlägen traktierte. Andererseits waren gerade diese Szenen auch wieder amüsant und haben mir oft ein Schmunzeln entlockt, denn der Text enthält durchaus eine Menge Selbstironie.

Unterbrochen wird die Erzählung immer wieder durch die sogenannten „Seepferdchenmonolage“, in denen die Ich-Erzählerin in sich geht und ihre Gefühlslage schildert. Trotz schöner Bilder, derer sie sich in ihren philosophischen Betrachtungen bedient, konnte ich mit diesen Passagen so gar nichts anfangen.

Zu guter Letzt ist auch das Ende unbefriedigend. Die Protagonistin fasst neuen Mut und geht eine neue Beziehung ein, mit wem auch immer! Mir zumindest hat sich das nicht erschlossen. Was den Ausschlag gibt, mit ihrer Trauer und ihrer Depression fertig zu werden, konnte ich nicht nachvollziehen. Es wird in diesem Buch zu viel aneinander vorbeigeredet.

Meinen Lesegeschmack hat die Autorin leider nicht getroffen. Der ganze Roman wirkte auch mich doch noch recht unfertig.

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Veröffentlicht am 11.06.2023

Big Tech - Grenzenlose Möglichkeiten der Überwachung

Going Zero
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Cy Baxter, Self made Milliardär und Inhaber der Big Tech Firma World Share, wünscht sich nichts mehr als eine Kooperation mit der CIA. Denn sollte er Zugriff auf deren Datenbanken haben, dürfte man mithilfe ...

Cy Baxter, Self made Milliardär und Inhaber der Big Tech Firma World Share, wünscht sich nichts mehr als eine Kooperation mit der CIA. Denn sollte er Zugriff auf deren Datenbanken haben, dürfte man mithilfe seiner immer ausgeklügelteren Überwachungstechniken jeglichen Kriminellen schon im Vorfeld einer Straftat das Handwerk legen können. Doch bevor er dieses Ziel erreichen kann, muß er sein neues Programm Fusion noch einem letzten Betatest unterziehen.

10 im Losverfahren ausgewählte Personen ( 5 Profis und 5 Laien) sollen versuchen 30 Tage unterzutauchen. Dem Zero, ( so nennt man die Kandidat*innen), der es bis zum Ende schafft unter dem Radar seiner Verfolger zu bleiben, soll ein Preisgeld von 3 Millionen Dollar erhalten.

Es beginnt ein rasantes Katz und Mausspiel , bei dem man über die inzwischen möglichen Überwachungstechniken staunt und erschrickt, die es höchstwahrscheinlich schon gibt oder in naher Zukunft sicherlich geben wird.

Der größte Teil der Kandidaten hat nicht den Hauch einer Chance spurlos von der Bildfläche zu verschwinden. Ausgerechnet die Bibliothekarin Kaitlyn entwischt ihren Verfolgern immer wieder und entpuppt sich als echte Herausforderung für die Suchteams bei World Share.

Antony Mc Carten schreibt spannend, mitreißend und mit einem feinen Humor. Nicht nur Cy Baxter hat ein zweites Gesicht, was nicht verwundert, auch Kaitlyn verfolgt mit ihrer Teilnahme eigene Ziele.

Wie bei einem Countdown wird die verbleibende Zeit am Beginn jedes Kapitels angezeigt. Wachsender Zeitdruck und unerwartete Wendungen lassen die Spannung immer weiter ansteigen, so dass man das Buch kaum mehr zur Seite legen mag. Das Ende fand ich schon stimmig, aber auch ein bisschen unrealistisch. Die Zeichnung der Nebenfiguren bleibt recht oberflächlich, was mich aber nicht wirklich gestört hat.


Insgesamt fand ich das Buch wunderbar unterhaltsam. Es lässt einen nochmal gründlich über den Konflikt zwischen immer mehr Sicherheit, die sich jeder wünscht und dem damit verbundenen unweigerlichen Verlust der Privatsphäre nachdenken.

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Veröffentlicht am 07.06.2023

Macht sehr nachdenklich

Die spürst du nicht
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Die Story ist schnell zusammengefasst. Zwei befreundete Familien planen einen gemeinsamen Luxusurlaub in der Toscana. Teenietochter Sophie-Luise besteht darauf ihre „beste Schulfreundin“ mitzunehmen, und ...

Die Story ist schnell zusammengefasst. Zwei befreundete Familien planen einen gemeinsamen Luxusurlaub in der Toscana. Teenietochter Sophie-Luise besteht darauf ihre „beste Schulfreundin“ mitzunehmen, und um den Urlaubsfrieden zu gewährleisten, werfen die Familien die anfänglichen Bedenken über Bord und stimmen zu. Das Pikante dieses Arrangements ist, dass die Freundin Aayana ein Flüchtlingsmädchen aus Somalia ist und ein schrecklicher Unfall den Urlaub zum Alptraum geraten lässt. Dabei war das Kalkül der Grünen Politikerin Strobl- Marinek doch eigentlich, dass es sich in der Öffentlichkeit gut machen würde, wenn sie ihren Beitrag dazu leisten würde, die kleine Aayana vorübergehend aus ihrer muslimischen Zwangsjacke zu befreien. Der Schuss geht dann aber leider nach hinten los. Der Unfall wird zur politischen Zerreißprobe.

Süffisant aber immer glasklar, analysiert Daniel Glattauer die scheinheilige Doppelmoral der gut situierten Österreicher.Wieviel ist ein Leben wert? Und Ist jedes Leben wirklich gleich viel wert? Natürlich nicht! Da passt der arrogante Anwalt der Strobl - Marineks und der Binders genau ins Bild, der es lachhaft findet, dass seine Klienten von der Familie des toten Mädchens auf Schadensersatz verklagt werden. Der Autor versteht es wirklich die Finger genau in die Wunden zu legen.. Auch der Anwalt der Gegenseite ist sehr überspitzt gezeichnet , ein altersschwacher Tölpel , der, wie es scheint mit dem Staranwalt sicher nicht mithalten kann.

Unterbrochen wird der Text immer wieder von Zeitungsartikeln und Chatkommentaren. So werden die vielfältigsten Meinungen zwischen Mitgefühl , Häme und Hass bestens abgebildet.

Die Erwachsenen sind nach der Tragödie so mit sich beschäftigt, dass der Teenager Sophie-Luise mit ihrer Trauer , ihren Gefühlen und den nicht sehr mitfühlenden Reaktionen in der Schule alleine klar kommen muss. Nicht ganz alleine, denn im Internet trifft Sophie-Luise auf Pierre, von dem sie überzeugt ist, dass er der Einzige ist, der sie zur Zeit versteht. Und schon bahnt sich neues Unheil an.


Insbesondere als Hörbuch funktioniert der Roman wunderbar. Die beiden Sprecher*innen Tessa Mittelstaedt und Steffen Groth waren einfach fantastisch.

Das Buch wird sicher noch eine Weile bei mir nachhallen und war für mich auf jeden Fall ein Highlight, dass ich nur wärmstens empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Mal ganz etwas anderes

Kalmann
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In diesem Roman, der in Ansätzen auch ein Krimi ist, da es unter anderem um die Suche nach einer vermissten Person geht, die allem Anschein nach zu Tode gekommen ist, begeben wir uns als Leser nach Island. ...

In diesem Roman, der in Ansätzen auch ein Krimi ist, da es unter anderem um die Suche nach einer vermissten Person geht, die allem Anschein nach zu Tode gekommen ist, begeben wir uns als Leser nach Island. Der Protagonist dieser Geschichte, aus dessen Sicht die Geschehnisse berichtet werden, ist Kalmann. Wenn man im Klappentext liest, dass bei ihm die Rädchen manchmal rückwärts laufen, ahnt man schon, dass Kalmann ein ungewöhnlicher Protagonist ist. Und in der Tat, der 34Jährige, dessen Krankheit nie genannt wird, hat eine Lernbehinderung und ein sehr kindliches, naives Gemüt. In dem kleinen Dorf, in dem er wohnt, nimmt man ihn nicht immer ernst, aber er hat dennoch einen festen Platz in der kleinen Gemeinschaft. Man schätzt ihn als Jäger, und nur er und sein Großvater, von dem er viel gelernt hat, sind in der Lage einen exzellenten Gammelhai zuzubereiten. Dafür wird der Hai, von dem es früher viel mehr in der Bucht gab natürlich mit viel Aufwand von ihm gefangen, zerlegt und präpariert.

Außerdem spricht man von ihm als dem Sheriff von Raufarhöfn. Von seinem amerikanischen Vater hat er eine antike Schusswaffe geerbt. Einen Cowboyhut und einen Sheriffstern komplettieren sein Outfit in dem er durch sein Heimatdorf streift. Auf einem seiner Jagdausflüge entdeckt er eine große Menge Blut und meldet seinen Fund. Von da an ist das Leben in Raufarhöfn auf den Kopf gestellt. Sogar die Presse drängt auf Interviews mit ihm.

Auch wenn man das Ende der Geschichte ein klein wenig erahnt, hat es mir zumindest großen Spaß gemacht mehr über Island zu erfahren und in Kalmann‘s Gedankenwelt einzutauchen. Neben dem Kriminalfall werden noch viele andere Themen angesprochen z.B Überfischung und Fangquoten. Es war mal etwas ganz anderes, ein ruhiges Buch ohne große Spannungsmomente, dass durch einen sehr besonderen Protagonisten besticht und den Lesenden in einen tolles Land mitnimmt.

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