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Veröffentlicht am 02.04.2023

Altlasten

Flüchtiges Glück
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Milla ist eine glückliche junge Frau, die in Berlin lebt und deren Glück vollkommen scheint, als sie merkt, dass sie schwanger ist. Ihr afghanischer Freund Navid trägt sie auf Händen, und natürlich möchte ...

Milla ist eine glückliche junge Frau, die in Berlin lebt und deren Glück vollkommen scheint, als sie merkt, dass sie schwanger ist. Ihr afghanischer Freund Navid trägt sie auf Händen, und natürlich möchte er sie auch gerne heiraten. Allerdings spürt er, dass es in der Familie Geheimnisse gibt, die seiner Meinung nach vor einer Hochzeit noch geklärt werden sollten, damit die nachfolgenden Generationen nicht damit belastet werden.
Er drängt Milla herauszufinden, wer ihr Vater ist, denn diesen kann oder will ihr ihre Mutter Jola ihr nicht offenbaren. Milla vermisst ihren Erzeuger eigentlich nicht. Sie ist geliebt und behütet worden und mit gleich 2 Vätern, dem schwulen Pärchen nämlich, mit dem ihre Mutter seit ihrer Geburt in einer WG lebt, aufgewachsen.
Dennoch hängt ein Schatten über Familie, der mit der DDR Vergangenheit ihrer Mutter und ihrer Großeltern zusammenhängt und deren Flucht in den Westen.

Ulla Mothes schreibt bewegend und emotional über eine Familie, die von einem Tag auf den anderen ihr Zuhause zurücklässt, um in den Westen zu fliehen und über zurückgelassene Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen und deren Schicksal nach der Wende, dass betroffen macht. Wenn wir uns aus westlicher Perspektive das marode System DDR angeschaut haben, die unglaubliche Umweltschmutzung, die Arbeitsbedingungen unter denen die Menschen arbeiten mussten und tagtäglich ihre Gesundheit riskiert haben, denkt man sich natürlich, dass der Abbau der Chemieanlagen ein Segen war, aber es gibt natürlich auch die andere Seite der Medaille. Ich finde es immer sehr spannend über die DDR zu lesen, da ich selbst keinerlei familiäre Kontakte in den Osten Deutschlands habe und entsprechend viele Wissenslücken. Die Autorin wechselt stetig von der Jetztperspektive in die Vergangenheit, was ihr gut gelungen ist. Mir hat die Geschichte wirklich gut gefallen und ich habe auch einiges dazu gelernt. Die Protagonisten hatten ihre Ecken und Kanten und wirkten sehr authentisch auf mich. Lediglich Navid habe ich als sehr aufdringlich empfunden und mochte ihn über weite Strecken des Buchs nicht besonders, auch wenn er letztendlich natürlich Recht hatte, dass es besser ist, wenn es keine „Altlasten“ in Form von Familiengeheimnissen gibt.
Ich fand den Roman sehr lesenswert und empfehle ihn gerne weiter.

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Veröffentlicht am 27.03.2023

Wenn sich Lügen verselbstständigen

Lügnerin
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Ayelet Gundar-Goshen ist eine israelische Schriftstellerin, die ich sehr gerne mag. Dies ist mein drittes Buch von ihr, und wieder fand ich schon den Klappentext sehr ansprechend.

Die Protagonistin ihrer ...

Ayelet Gundar-Goshen ist eine israelische Schriftstellerin, die ich sehr gerne mag. Dies ist mein drittes Buch von ihr, und wieder fand ich schon den Klappentext sehr ansprechend.

Die Protagonistin ihrer Geschichte ist die 17jährige Nuphar, die sich mit ihrem Ferienjob in der Eisdiele ihr Taschengeld aufbessert. Nuphar hat ein etwas angeknackstes Selbstbild, wie das bei Teenagern nicht selten vorkommt. Sie fühlt sich zu unscheinbar, nicht hässlich, aber auch nicht so hübsch wie ihre jüngere Schwester, kurzum, sie hat das Gefühl das Leben zieht an ihr vorbei und sie schaut immer nur von außen zu. Und dann steht auf einmal dieser abgehalfterte Sänger vor ihr in der Eisdiele, den sie nicht erkennt und er beschimpft sie quasi grundlos aufs Übelste. Nuphar ergreift die Flucht, rennt in den Hof und schreit sich die Seele aus dem Hals.

Sofort ist sie umringt von Menschen, die vermuten der Sänger hätte ihr etwas angetan, sie vielleicht sogar vergewaltigt.

Nuphar streitet das nicht ab und das Unheil nimmt seinen Lauf.



„ Manche Menschen werden durch die Wahrheit schön, andere durch die Lüge“



Irgendwann gibt es kein Zurück mehr. Die Lüge hat sich verselbstständigt.

Nuphar wird in Talkshows eingeladen. Dieses „mutige“ Mödchen gibt den vielen Opfern, die nicht gewagt haben ihren Peinigern entgegenzutreten eine Stimme. Nuphar ist auch nicht die Einzige in dem Roman die lügt. Nahezu jeder scheint die Wahrheit zum eigenen Nutzen gerne mal ein bisschen zu verbiegen. Man merkt der Autorin an, dass sie Psychologie studiert hat. Sie hat so eine gute Beobachtungsgabe und legt ihre Finger immer genau in die Wunde.

Ich war so gespannt wie Nuphar aus ihrem Lügengebilde wieder herausfindet. Leider fand ich das Ende dann nicht so gelungen, was zu einem Punktabzug in meiner persönlichen Einschätzung geführt hat.

Trotzdem lesenswert. Von mir gibt es 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Die Grausamkeiten des Krieges

Der Wintersoldat
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Der hochbegabte, Wiener Medizinstudent Lucius meldet sich ein bisschen blauäugig als Freiwilliger zu Beginn des 1. Weltkrieges, in der Hoffnung endlich Praxiserfahrung als angehender Arzt sammeln zu können. ...

Der hochbegabte, Wiener Medizinstudent Lucius meldet sich ein bisschen blauäugig als Freiwilliger zu Beginn des 1. Weltkrieges, in der Hoffnung endlich Praxiserfahrung als angehender Arzt sammeln zu können. Doch wider Erwarten schickt man ihn in ein kleines Behelfslazarett in den Karpaten, wo lediglich eine Ordensschwester, Margarethe, den Laden alleine schmeißt, da der letzte Arzt getürmt ist.

Margarethe merkt schnell, dass der neue Arzt ein blutiger Anfänger ist und schafft es aber mit ihrer listigen Art dem überforderten Lucius ihr beträchtliches Wissen zu vermitteln, so dass er nach einiger Zeit für das Lazarett und die eingelieferten Soldaten doch noch von Nutzen ist.

Eines Tages wird ein Soldat eingeliefert, dem körperlich nichts zu fehlen scheint, der aber ganz offensichtlich schwer traumatisiert ist. Margarethe und ihm gelingt eine deutliche Besserung seines Zustandes, bevor dem jungen Arzt ein schwerwiegender Fehler unterläuft.

Dem Autor Daniel Mason ist mit seinem Roman. „Der Wintersoldat“ ein bildgewaltiger, atmosphärisch dichter Roman gelungen, der jedoch nichts für schwache Nerven ist. An ekligen und grausamen Details im Kriegsgeschehen wird nicht gespart. Lucius ist ein junger Mann aus gutem Hause, und genauso ist auch die Sprache in diesem Roman gewählt, ein bisschen antiquiert aber passend zu der Zeit in der der Roman spielt. Das hat mir gut gefallen. Neben den Wirren des Krieges erzählt der Roman auch eine komplizierte Liebesgeschichte. Ich finde diesen Hoffnungsschimmer braucht es auch in dem Roman, der sonst zu düster und deprimierend wäre.

Ich hatte mit dem Roman ein paar Anlaufschwierigkeiten und fand den 2. Teil des Buches deutlich besser als den Anfang.

Es war ein starkes Buch mit drastischen Szenen, dass schonungslos über die Schrecken des Krieges erzählt, über Schuld und Sühne und die Schwierigkeiten nach diesen traumatischen Erfahrungen mit dem Leben weiterzumachen. Sehr eindrucksvoll war es die Entwicklung von Lucius zu sehen, der vom naiven Studenten zum verantwortungsvollen, empathischen Arzt herangereift ist und der sich z.b. mit aller Macht für seine Patienten eingesetzt hat, wenn diese, nachdem die Wunden mal soeben wieder verheilt waren, schon wieder an die Front zurückbeordert werden sollten. Auch Margarethe war eine besondere und bewundernswerte Protagonistin, die ich sehr mochte.


Ich hatte das Buch als Hörbuch vorliegen. Die Vertonung durch Stefan Kaminsky war ausgezeichnet.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Ein Hörgenuss

Die Wahrheit der Dinge
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Zum Inhalt:

Richter Petersen hat mit zunehmendem Alter plötzlich Zweifel an seiner Integrität. Seine Frau wirft ihm Selbstgefälligkeit vor und hat der Ehe eine Pause verordnet. Er, ein Richter aus Leidenschaft, ...

Zum Inhalt:

Richter Petersen hat mit zunehmendem Alter plötzlich Zweifel an seiner Integrität. Seine Frau wirft ihm Selbstgefälligkeit vor und hat der Ehe eine Pause verordnet. Er, ein Richter aus Leidenschaft, hielt sich immer für objektiv, aber mehrfach sind seine Urteile inzwischen vom BGH in Karlsruhe korrigiert worden, was ihm zu denken gibt.

Eine alte Wunde bricht wieder auf, als Corinna Maier entlassen wird. Sie hatte in seinem Gerichtssaal noch vor der Urteilsverkündung den Angeklagten erschossen. Ein Alptraum. Petersen hat nie verstanden, warum sie bis zum letzten Tag gewartet hat und beschließt sie im Gefängnis abzuholen, um mit ihr zu sprechen.



Frank Petersen ist ein angenehmer Protagonist und mir gefiel, dass er sich aus freien Stücken auf die schmerzhafte Reise zu sich selbst begeben hat. Ich fand es interessant seine Fälle nochmal von einem anderen Blickwinkel zu beleuchtet zu sehen.

Fragen der Schuld und der Gerechtigkeit werden aufgeworfen, und es geht um Selbstjustiz, Vorurteile und Fremdenhass.

Der Autor hat das Rad nicht neu erfunden aber der Roman hat mich gefesselt und berührt und mich über die moralischen Grauzonen nachdenken lassen.


Mich hat das Buch als Hörbuch begleitet. Mit dem Sprecher Herbert Schäfer hat der Verlag eine wirklich gute Wahl getroffen.

Ich habe ihm super gerne zugehört, so dass die knapp 8 Stunden Hörzeit wie im Flug vergangen sind.


Das Buch ist inspiriert von 2 wahren Kriminalfällen, dem Fall Bachmeier und dem Fall Amadeu Antonia Kiowa. Wenn man die Fälle nicht kennt, sollte man sie vor dem Lesen nicht googeln, um sich nicht selbst zu spoilern.

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Veröffentlicht am 17.03.2023

Wettkampf und Leistungsdruck - Jugendthriller mit interessantem Thema

Deadwater High – Den Tod im Team
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Die Geschichte, die uns die Autorin Jessica Goodman erzählt, spielt in den USA, um genauer zu sein in einer kleinen Vorstadt von New York namens Edgewater. Diese trägt auch den Spitznamen „ Deadwater“ ...

Die Geschichte, die uns die Autorin Jessica Goodman erzählt, spielt in den USA, um genauer zu sein in einer kleinen Vorstadt von New York namens Edgewater. Diese trägt auch den Spitznamen „ Deadwater“ seit es vor Jahren einige Mordfälle an jungen Crossläuferinnen der örtlichen Highschool gegeben hat. Die Morde wurden nie aufgeklärt. Der Killer schien nur plötzlich sein Interesse an der Kleinstadt verloren zu haben, und das Leben begann sich wieder zu normalisieren.

Die Schwestern Stella und Ellie Steckler gehören dem Highschoolteam der Crossläuferinnen an und sind beide sehr begabt und ehrgeizig. Sie leben für ihren Sport und nicht zuletzt die Hoffnung ein Vollstipendium bei der Uni zu ergattern, lässt sie nie los, so dass sie keine Trainingseinheit ungenutzt lassen. Auch untereinander nehmen die Schwestern die jeweils andere als Konkurrenz wahr und so ist ihr einst inniges Verhältnis deutlich abgekühlt. Als Mila eine neue Schülerin und Topläuferin mit ihrer Mutter nach Edgewater zieht und schnell klar wird, muß Stella noch härter trainieren um ihre Stellung als Schnellste im Team beibehalten zu können. Doch Mila ist immer noch ein bisschen schneller. Trotzdem hat sie eine so sympathische und angenehme Art, dass sich sowohl Stella als auch Ellie schnell mit ihr verbunden fühlen. Umso schlimmer als Mila eines Morgens bei einer Laufrunde spurlos verschwindet.

Der örtliche Polizeichef, der in der Vergangenheit so kläglich versagt hat bei der Tätersuche des Mädchenmörders, will alles verhindern, dass der Ort wieder zu einem „Deadwater“ erklärt wird und sein Fokus richtet sich schnell auf die ehrgeizigen Steckler- Schwestern.



Der Jugendthriller beinhaltet interessante Themen. Insbesondere Druck und Konkurrenzkampf im Leistungssport werden anschaulich dargestellt.

In den Kapiteln wechseln wir immer wieder von Stella‘s zu Ellie‘s Perspektive. Leider ist der Erzählton ziemlich gleich, so dass ich oft zurückblättern musste, um mir nochmal klarzumachen, ob ich gerade aus Stella’s Sicht lese, oder der ihrer Schwester. Die Geschichte läuft auch sehr langsam an. Der Spannungsbogen verläuft eher flach und man ist als Leser
in immer ein bisschen in Wartestellung, wann denn jetzt endlich etwas passiert. Leider fehlte mir auch die Nähe zu den handelnden Personen, insbesondere zu Mila. Auch die Nebenfiguren sind nur sehr knapp skizziert und es fehlte an Hintergrundinformation, z. B. warum die eine Person immer nur rumätzt, die andere extrem verschüchtert wirkt.

Alles in allem habe ich den Jugendthriller zwar ganz gerne gelesen, aber man hätte sicherlich noch mehr draus machen können. Ich fand ihn für die Altersstufe ab 14 Jahren gut geeignet. Auf grausige Details wird komplett verzichtet. Die Dialoge sind locker und leicht, die Sprache ist jugendgerecht. Vielleicht wäre die ein oder andere Triggerwarnung für sensible Leser*innen noch angebracht gewesen.

Die Aufklärung war überraschend, allerdings auch recht schnell abgehandelt. Die Schlussszene hat mir ausgesprochen gut gefallen.



Ich vergebe 3,5 Sterne für einen interessanten und kurzweiligen Jugendthriller mit kleinen Schwächen.

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