Profilbild von Minijane

Minijane

Lesejury Star
offline

Minijane ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Minijane über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2020

Zwischen zwei Kulturen

Die Sommer
0

Leyla lebt in zwei Welten. Als Tochter eines kurdischen Vaters und einer deutschen Mutter pendelt sie in ihren jungen Jahren ständig zwischen beiden Kulturen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. ...

Leyla lebt in zwei Welten. Als Tochter eines kurdischen Vaters und einer deutschen Mutter pendelt sie in ihren jungen Jahren ständig zwischen beiden Kulturen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Es ist schwierig für sie ihre eigene Identität zu entdecken. Jahr für Jahr reist sie in den Sommerferien nach Syrien, in das kleine Dorf, in dem der Vater aufgewachsen ist und in dem ihre Großeltern und ihre zahlreichen Verwandten ein einfaches Leben führen.

Dadurch, dass der Vater Leyla sehr intensiv seine eigene Vergangenheit und seine Erfahrungen mit dem autokratischen Regime Assad's vermittelt, dominiert bei Leyla die kurdische Identität gegenüber ihrer Deutschen. Sicher tragen auch die vielen Sommer, die sie bei den Großeltern in dem kleinen syrischen Dorf verbracht hat dazu bei, dass die sich mit zunehmenden Alter im reichen Deutschland immer weniger zu Hause fühlt. Ihr ist sehr wohl bewusst, dass sie nach 3 Freiheitskämpferinnen benannt wurde, und sie weiß nicht genau, ob dass nicht auch eine gewisse Erwartungshaltung an sie impliziert.

Der Vater ist zwar in Syrien geboren, gilt aber trotzdem im eigenen Land als adschnabi (Ausländer), da er zur Minderheit der kurdischen Jesiden gehört, einem Volk ohne Land, entrechtet, verfolgt und diskriminiert, was ihn schließlich auch in die Flucht nach Deutschland getrieben hat. Im 2. Teil des Buches wird die politische Situation nach dem kurzen Hoffnungsschimmer im arabischen Frühling noch dramatischer als die Demokratisierungsversuche offenbar gescheitert sind und das Land in einen furchtbaren Bürgerkrieg versinkt, der bis heute anhält. Leyla's Vater verfolgt die kurdischen Nachrichten quasi pausenlos, die Mutter versucht verzweifelt einen Verwandtennachzug über die Ausländerbehörden zu erreichen, und Leyla kann dieses sorglose Leben in Deutschland angesichts der Tragödien, die sich in Syrien abspielen nicht mehr einfach so weiterleben. Sie muss eine Entscheidung treffen.

Gefallen haben mir die intensiven Bilder des Dorfes, in dem Leyla's Großeltern leben, die Beschreibungen der kargen Landschaften, das einfache Leben, das Gemeinschaftsgefüge der Verwandten. In Syrien hatte Leyla nie das Gefühl allein zu sein. Immer waren Nachbarn oder Freunde zu Besuch. Den atmosphärischen Schreibstil mochte ich sehr. Gestört hat mich das Fehlen jeglicher Kapitel, die dem Buch mehr Struktur gegeben hätten. Ich hatte das Gefühl,gerade zu Beginn des Buches, eine Begebenheit reiht sich an die Nächste, ohne zeitliche Zuordnung ohne roten Faden. Leider ist mir auch Leyla nicht wirklich nah gekommen.

Insgesamt fand ich das Buch aber sehr eindrucksvoll und bewegend, und es konnte doch einige meiner Wissenslücken füllen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.08.2020

Fortsetzung der Riviera Saga

Riviera - Der Weg in die Freiheit
0

In den 2. Teil der Riviera Reihe " Der Weg in die Freiheit" von Julia Kröhn wird man zu Beginn mit einer Zusammenfassung des 1. Teils wunderbar von der Autorin abgeholt.

Auf der Cover Innenseite gibt ...

In den 2. Teil der Riviera Reihe " Der Weg in die Freiheit" von Julia Kröhn wird man zu Beginn mit einer Zusammenfassung des 1. Teils wunderbar von der Autorin abgeholt.

Auf der Cover Innenseite gibt es wieder wie in Band 1 eine Karte, die die wichtigsten Schauplätze in Italien und Frankreich zeigt, was dem Leser eine gute Orientierung verschafft.

Der Roman beginnt im Jahre 1938 und die inzwischen 24jährige Salome ist als Reiseführerin für das Reisebüro ihres Vaters in Rom unterwegs. Zu dieser Zeit scheint es eine Nachfrage an Reisen zu geben, die die deutschen Touristen nach Hitler's Italienreise auf dessen Spuren wandeln lassen. Salome, die sich vorgenommen hat das Reisebüro zu nutzen, um Juden die Flucht aus Nazideutschland zu ermöglichen, nutzt ihre Position und geht damit natürlich selbst ein großes Risiko ein. Sie ermöglicht aber auch dem ehemaligen jüdischen Buchhalter ihres Vaters, Herrn Theodor und Teilen seiner Familie die Flucht.

Felix, der ihre große Liebe ist, der aber mit ihrer Freundin Ornella verheiratet ist, nutzt sein Hotel im französchen Menton zur Unterbringung von Juden, die er kostenlos dort wohnen lässt. Er ist ein sehr schwieriger Charakter, unnahbar, von Selbstzweifeln gebeutelt und für Ornella der denkbar schlechteste Ehemann. Er hat sicherlich ein gutes Herz, was sich auch bei seinem Einsatz für die Juden zeigt, aber er hat gelernt dieses Herz im tiefsten Innern seiner Seele zu verstecken und macht es einem schwer ihn zu mögen. Schon im 1. Teil konnte ich die Fazination die die beiden Frauen Salome und Ornella gleichmaßen für ihn empfanden überhaupt nicht nachvollziehen.

Schnell wird klar, dass Mussolini in Italien keine Juden mehr dulden will und so wird eine erneute riskante Flucht für Salome und ihre Schützlinge über das Mittelmeer nach Frankreich notwendig. Hier trifft sie Felix wieder doch trotz der Liebe, die sie beide spüren, ist er in dem Moment tabu, als Salome von Ornella's Schwangerschaft erfährt. In den zermürbenden Kriegsjahren findet das private Reisen nicht mehr statt. Auch Frankreich ist nach dem Einmarsch von Hitler's Wehrmacht für die Juden kein sicherer Zufluchtsort mehr, und es folgen erschütternde Szenen. Julia Kröhn nimmt sich der Schreibtischtäter und der Mitläufer an aber bringt auch immer wieder kleine Hoffnungsschimmer durch ihre Schilderung der Widerstandsbewegung in die ansonsten deprimierende und düstere Szenerie. Am Ende sehnt man die Landung der Allierten herbei. Doch gerade die letzten Stunden sind nervenaufreibend und spannend.

Wenn ich im Nachhinein ein Fazit ziehen möchte, fand ich das Buch einerseits ausgesprochen anstrengend, andererseits hervorragend recherchiert. Es gab vielschichtige Charaktere, die ich nicht unbedingt mochte. Mit Felix bin ich bis zum Schluss nicht warm geworden. Es war spannend, teilweise düster und tottraurig, aber genauso stelle ich mir diese Zeit auch vor. Auch der Schreibtil hat mir gut gefallen. Es gab wohl auch einige Längen.

Von mir gibt es 4 Sterne und eine Leseempfehlung für Leser, die sich mit Italien und Frankreich rund um den 2. Weltkrieg beschäftigen möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.08.2020

Erschütternd

Ein neuer Himmel
0

Margit Steinborn widmet sich in ihrem Debütroman dem dunkelsten Teil unseres geschichtlichen Erbes. Ihr historischer Roman erzählt stellvertretend für die unzähligen verfolgten Juden in Deutschland vom ...

Margit Steinborn widmet sich in ihrem Debütroman dem dunkelsten Teil unseres geschichtlichen Erbes. Ihr historischer Roman erzählt stellvertretend für die unzähligen verfolgten Juden in Deutschland vom fiktiven Schicksal der jüdischen Musiklehrerin Hannah Rosenberg. 1939 kann sie nicht mehr länger in ihrer Heimat Berlin bleiben und reist mit ihrer kleinen Tochter Melina nach Würzburg, wo sie bei der Freundin ihrer Nachbarin unterzukommen hofft. Als diese Unterbringung nicht zustande kommt, ist Hannah froh und dankbar auf dem Sandnerhof eine dauerhafte Bleibe zu finden. Während die Welt dank des Verrückten aus Berlin, wie Großvater Friedrich Sandner zu sagen pflegt, aus den Fugen gerät, können Hannah und Melina noch unbehelligt unter dem Schutz des Bürgermeisters auf dem Hof leben. Als dieser stirbt , ist auch der Sandnerhof kein sicherer Ort mehr für die junge Mutter und ihre kleine Tochter, und die beiden verlassen schweren Herzens die Menschen, die ihnen in der Not eine 2. Familie geworden sind. Die Flucht in die Schweiz mißlingt. Geistesgegenwärtig gelingt es Hannah bei ihrer Verhaftung ihre Tochter einem fremden Ehepaar anzuvertrauen, so daß zumindest der kleinen Melina die Deportation nach Auschwitz erspart bleibt. Im 2. Teil des Buches geht es um die Zusammenführung der Familie nach dem Krieg. Jetzt herrscht zwar Frieden, aber der Krieg hat seine Spuren hinterlassen und die Menschen leiden noch jahrelang an den Folgen. Diejenigen, die der Tötungsmaschinerie des NS Regimes entgangen sind, werden die schrecklichen Bilder wohl trotzdem nie mehr vergessen können. Hannah, die den Holocaust knapp überlebt hat, sucht jetzt verzweifelt ihre Tochter. Die Familie Sandner betrauert einen Sohn und wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr des anderen.

Margit Steinborn verknüpft immer wieder geschichtliche Eckdaten und historische Figuren in ihrer Geschichte. Auch der Widerstand fordert seine Opfer. Am Ende kennt der Krieg nur Verlierer. Am Anfang war mir der Schreibstil der Autorin etwas zu sachlich. Je tiefer ich jedoch in die Geschichte eingetaucht bin, desto emotionaler wurde auch der Roman. Es ist immer wieder erschütternd mit welcher Abgebrühtheit die Nazis gegen die Juden vorgegangen sind. Eine beschönigende Sprache machte das Grauen nur noch furchtbarer. Ein wenig Hoffnung gab es lediglich durch Personen, die sich selbst in Gefahr brachten um den Juden zu helfen. Dazu gehörten in dieser Geschichte 2 Pfarrer, die sich als Fluchthelfer engagierten und Melina's Vater Peter, der zunächst bei den Nazis Karriere macht und dann aber doch sein Gewissen nicht länger ignorieren kann.

Die Autorin erzählt aus verschiedenen Perspektiven in recht kurzen Kapiteln. Das hat mir gut gefallen.Ich konnte dieses erschütternde Buch zum Ende hin gar nicht mehr an die Seite legen, weil ich mir unbedingt ein Happy End soweit man das in diesem Fall überhaupt sagen kann für Hannah und auch für Melina gewünscht habe. Diese Mutter -Tochter Geschichte macht die Schrecken des Nazideutschlands sehr viel greifbarer als es ein Geschichtsbuch tut und ist auf jeden Fall lesenswert.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.08.2020

Waschbär-Mania

Die Verwandelten
0

Die Rahmenhandlung von Thomas Brussig's neuem Roman "Die Verwandelten", erschienen im Wallstein Verlag ist schnell erzählt.

Den zwei pubertiernden Jugendlichen Fibi und Aram fällt viel Quatsch ein in ...

Die Rahmenhandlung von Thomas Brussig's neuem Roman "Die Verwandelten", erschienen im Wallstein Verlag ist schnell erzählt.

Den zwei pubertiernden Jugendlichen Fibi und Aram fällt viel Quatsch ein in ihrer Freizeit. Sie machen Mutproben, filmen schräge Lifehacks, um im Internet möglichst viele Klicks zu bekommen und finden dort dann auch eine Anleitung, wie man sich angeblich in Waschbären verwandeln könnte. Das wird natürlich ausprobiert. Dafür müssen sie mehrere Sorten Beeren essen und anschließend in die Waschstraße.... ha, ha Beeren +Waschen =Waschbär, Schenkelklopfer!

Und siehe da es funktioniert, und dann beginnt erst der eigentliche Roman. Was hat diese Verwandlung, die so manchen Gymnasiasten an "Die Verwandlung" von Kafka denken lässt, wo sich ein Mensch in einen Käfer verwandelt hat, für Auswirkungen. Wie beichte ich es meinen Eltern?

Erstaunlicherweise nehmen es alle Beteiligten einschließlich der Waschbären recht gelassen. Für die hat es ja auch den Reiz des Neuen, erst einmal. Der Geruchssinn ist ein ganz anderer, klettern funktioniert rabiat gut u.s.w. Die Eltern denken da schon weiter, nachdem sie den ersten Schock überwunden haben. Gibt es eine Möglichkeit der Rückverwandlung? Welche Probleme treten im Alltag auf. Wie ist die rechtliche Situation? Gibt es noch Kindergeld?

Ein Anwalt empfiehlt sich an die Medien zu wenden. Man könnte aus der Situation zumindest finanziell einen Nutzen ziehen. Fortan entwickeln sich die Schicksale der beiden Verwandelten in völlig unterschiedliche Richtungen. Fibi, die das Glück hat auch sprechen zu können, winkt eine Fernsehkarriere. Der Knebelvertrag vom Dschungelcamp wird für sie passgenau umgestrickt, und dann wird aus ihrem Zuhause eine Big Brother Behausung. Der fussballbegeisterte Aram, der sich vor seinem Waschbärendasein noch eine Karriere als Kicker erhoffte, ist sprachlos. Lediglich mit Fibi kann er verbal kommunizieren. Mit Fibi kommt es unwiderruflich zum Streit und fürs Fernsehen taugt er nicht. Er ist die tragische Figur der Geschichte, wird aber vom Autor eher vernachlässigt, was schade ist.

Was will uns er Autor mit seinem Roman sagen? Nun, ich weiß es nicht wirklich. Die Geschichte weist natürlich gesellschaftskritische wie auch medienkritische Elemente auf, ist mir für eine Satire aber nicht bissig genug. Ist es ein Jugendbuch? Nein, auch wenn das niedliche Cover und die liebevoll gestaltete Innenseite des Covers, sowie die Grundidee der Geschichte es vermuten lassen. Ich denke es ist eine Geschichte für Jedermann vom Jugendlichen bis zum Senior. Hat das Buch Spaß gemacht? Definitv! Ich bewundere den Autor für die Vielzahl seiner kreativen Ideen. Viele Situationen waren wirklich sehr komisch.

Außerdem gefiel mir der Umgang mit Sprache. Thomas Brussig kann toll mit Worten umgehen. Auch die Jugendsprache, die er Fibi und Aram verpasst hat, war herrlich. Da bemühte sich einer cooler zu sein als der andere.

Leider lässt das Buch zur Mitte hin stark nach. Einige Passagen habe ich gar nicht verstanden und das Ende ist abrupt und traurig, und ich fand es passte nicht zum Rest des Buches. Schade!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2020

Reisen bedeutet Freiheit . Die 20er und 30erJahre an der Riviera

Riviera - Der Traum vom Meer
0

"Der Traum vom Meer" ist der 1. Band der Riviera Reihe von Julia Kröhn, die den Leser in die 20er und 30er Jahre entführt. Die junge Salome ist 8 Jahre alt, wohnt in Frankfurt und hat das Meer noch nie ...

"Der Traum vom Meer" ist der 1. Band der Riviera Reihe von Julia Kröhn, die den Leser in die 20er und 30er Jahre entführt. Die junge Salome ist 8 Jahre alt, wohnt in Frankfurt und hat das Meer noch nie gesehen. Das soll sich aber bald ändern, denn ihr Vater Arthur ist Inhaber eines Reisebüros und betritt Neuland mit Pauschalreisen nach Italien. Es ist spannend zu lesen, wie diese Geschäftsidee entgegen vieler Vorurteile, die man zu dieser Zeit noch bezüglich Sonnenbaden, im Meer schwimmen und den Fremden, die man beim Reisen trifft, erfolgreich umgesetzt wird.

Die Italien Reisen im Sommer, die es bis dato noch gar nicht gab, werden der Renner und Salome findet in der Tochter des Hotelbesitzers Renzo, der mit ihrem Vater kooperiert eine echte Freundin. Erst als die Mädchen dem Kindesalter entwachsen sind und sich in den selben jungen Mann verlieben, bekommt ihre Freundschaft Risse. Um das Reisegeschäft am Laufen zu halten, sind immer wieder Umstrukturierungen notwendig aber als die Nazis in Deutschland nach der Macht greifen, scheint es vorbei zu sein mit den Auslandsreisen.

Der Roman hat mich gut unterhalten und immer wieder mit Kuriositäten der damaligen Zeit überrascht. So hat die Firma Bayer z.B. noch bis 1936 Heroin in ihren Hustensaft gemischt und diesen quasi als Wundermittel verkauft. Diese und ähnliche Geschichten haben immer wieder für ein Aha-Erlebnis gesorgt und mein Leserherz erfreut.

Die Protagonisten des Romans sind eigenwillig. Man findet nur wenige Sympathieträger. Die Frauen sind die stärkeren Charaktere, obwohl ihnen zu der damaligen Zeit in der Politik und im Alltag eher die Statistenrolle zugedacht war.

Das Ende des Romans zielt perfekt auf den Folgeband hin, auf den ich schon sehr neugierig bin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere