Cover-Bild Die Sommer
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 17.08.2020
  • ISBN: 9783446267602
Ronya Othmann

Die Sommer

Roman
Leyla ist die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden… Das ergreifende Debüt der Gewinnerin des Publikumspreises des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs (2019) über das Dasein zwischen zwei Welten

Das Dorf liegt in Nordsyrien, nahe zur Türkei. Jeden Sommer verbringt Leyla dort. Sie riecht und schmeckt es. Sie kennt seine Geschichten. Sie weiß, wo die Koffer versteckt sind, wenn die Bewohner wieder fliehen müssen. Leyla ist Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Sie sitzt in ihrem Gymnasium bei München, und in allen Sommerferien auf dem Erdboden im jesidischen Dorf ihrer Großeltern. Im Internet sieht sie das von Assad vernichtete Aleppo, die Ermordung der Jesiden durch den IS, und gleich daneben die unbekümmerten Fotos ihrer deutschen Freunde. Leyla wird eine Entscheidung treffen müssen. Ronya Othmanns Debütroman ist voller Zärtlichkeit und Wut über eine zerrissene Welt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2024

Ein wahnsinnig berührendes, trauriges und doch kraftvolles Buch!

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„Die Sommer“ von Ronya Othmann ist so voller Zärtlichkeit für seine Geschichte, dass ich es bis tief in mein Innerstes spüren konnte. Die Liebe und Verbundenheit Leylas zu ihren Großeltern (besonders ...

„Die Sommer“ von Ronya Othmann ist so voller Zärtlichkeit für seine Geschichte, dass ich es bis tief in mein Innerstes spüren konnte. Die Liebe und Verbundenheit Leylas zu ihren Großeltern (besonders zu der kleinen Oma) und dem staubigen Dorf in Syrien, nahe der türkischen Grenze, in dem sie die Sommer ihrer Kindheit verbrachte, spürt man in jedem Satz und jedem Wort. Und auch die Einsamkeit, die in Leyla wächst, mit dem zunehmendem Verlust der heilen, unschuldigen Welt wuchert, und die fast wie selbstverständlich in einer verzweifelten Entscheidung mündet.

Es ist die Geschichte einer entwurzelten Familie, eines zerrissenen, von Misstrauen verseuchten, Volkes und der unstillbaren Sehnsucht eines Mädchens, das in zwei Kulturen und doch nirgendwo daheim ist. „Die Sommer“ lässt einen demütig zurück - was wissen wir schon von Elend, Krieg und Vertreibung? Was wissen wir schon über die Vertriebenen und Entwurzelten, über ihre Nachfahren und die vererbten Traumata?

Ein wahnsinnig berührendes, trauriges und doch kraftvolles Buch und für mich ein Last-Minute-Highlight dieses Jahr.

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Veröffentlicht am 01.11.2020

Emotional tief und nah - wunderschön und so schmerzhaft

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Tief bewegt hat mich das Buch zurückgelassen - und meinen Mann ebenso, denn ich habe ihm viele Stunden daraus laut vorgelesen. Und manchmal auch ganz leise. Und manchmal musste ich schlucken und die Stimme ...

Tief bewegt hat mich das Buch zurückgelassen - und meinen Mann ebenso, denn ich habe ihm viele Stunden daraus laut vorgelesen. Und manchmal auch ganz leise. Und manchmal musste ich schlucken und die Stimme versagte. Das passiert mir selten. Ronya Othmann beschreibt in einer wunderbar melodischen Sprache die Kindheit und Jugend der Kurdin und Ezidin Leyla, hier in Deutschland - dem Land ihrer Geburt -, dort in einem kleinen Dorf im Norden Syriens, gleich an der Grenze zur Türkei. Ihre scheinbar unbeschwerten Sommer bei ihren Großeltern, Tanten, Onkels, Cousins und Cousinen, nachts unter dem freien Sternenhimmel, tagsüber zum Schutz vor der Hitze geborgen hinter den dicken Mauern des Hauses. Und dann, für mich als Leserin ganz langsam, erhält das Grauen, der Schrecken des Krieges Einzug, Furcht, Angst und Vertreibung, die bereits seit vielen, vielen Generationen Teil der Geschichte des ezidischen Volkes sind. Leyla, ihr Vater und ihre Mutter in Deutschland sind Teil dieses Krieges, wenn auch räumlich ganz weit entfernt, emotional dagegen so nah. Was macht das mit ihrem eigenen Leben, wie viel eigenes Leben kann so überhaupt entstehen, wachsen und über die Jahre bleiben - Ronya Othmann schildert es eindrucksvoll und mit einer Intensität und Nähe, die ich manchmal nur schwer zulassen konnte. Dieses Leseerlebnis bleibt - und zwar deutlich länger als diesen "einen Sommer" in meinem Kopf. Und ich hoffe sehr, dass auch die Fragen, die dieses Buch in mir aufgeworfen hat, und all meine Neugier auf Antworten so schnell nicht zur Ruhe kommen werden.

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Veröffentlicht am 05.09.2020

Zwischen zwei Kulturen

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"Du darfst diese Geschichte nicht vergessen, sagte der Vater, das ist deine Geschichte, Leyla.
Diese Geschichte, in der sie kein Land hatten, keinen Platz, und wegen der sie in Deutschland waren. Nicht ...

"Du darfst diese Geschichte nicht vergessen, sagte der Vater, das ist deine Geschichte, Leyla.
Diese Geschichte, in der sie kein Land hatten, keinen Platz, und wegen der sie in Deutschland waren. Nicht im Land mit den singenden Hirten, den Frauen mit den Tätowierungen im Gesicht, den Bergdörfern, den weiten Landschaften aus dem kurdischen Fernsehen."

Leyla wächst als Tochter einer Deutschen und eines ezidischen Kurden in der Nähe von München auf. Die Sommer verbringt sie jeweils bei den Großeltern im Norden Syriens. Das kleine Dorf, die Lehmhäuser, die trockene Hitze, der Staub, das Obst, die Oliven, das selbst gebackene Brot. Tee trinken mit den Großeltern, Onkel, Tanten, Cousinen, Nachbarn... All das verbindet Leyla mit Kurdistan. Aber Kurdistan darf sie nicht sagen. "Wir gehen zu den Großeltern" soll sie sagen, wenn jemand fragt. Die Wochen vergehen immer langsam und doch zu schnell. Doch es kommt zunehmend zu Unruhen im Land und schließlich 2011 zum Bürgerkrieg. Leyla fliegt nicht mehr nach Syrien. Stattdessen verfolgt die Familie fast Tag und Nacht im Fernsehen, was im Land passiert und versucht verzweifelt, die Familie nach Deutschland zu bringen.

Ich mochte den erzählenden Schreibstil, was Leyla erlebt hat, wie sie mit diesen Kulturen groß wird und langsam mehr versteht. Ich fand es eindrücklich, wie Leyla sich zwischen diesen Welten hin-und hergerissen fühlt, wie sie nirgendwo richtig dazugehört, und wie schmerzlich es ist, dass keiner das Land kennt, in dem sie ihre Wurzeln hat. Mich hat das Buch unglaublich berührt. Ein großartiges, tiefgründiges, emotionales Debüt und eines der besten Bücher von 2020. Ich hoffe auf ein baldiges zweites Buch der Autorin!

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Veröffentlicht am 22.08.2020

Zerrissenheit zwischen zwei Welten

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Leyla lebt zwischen zwei Welten. Sie ist die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Eigentlich ist sie in Deutschland zu Hause. Aber jeden Sommer verbringt sie bei ihren jesidisch-kurdischen ...

Leyla lebt zwischen zwei Welten. Sie ist die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Eigentlich ist sie in Deutschland zu Hause. Aber jeden Sommer verbringt sie bei ihren jesidisch-kurdischen Großeltern in einem Dorf in Syrien in der Nähe von der türkischen Grenze.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil werden diverse Geschichten erzählt. Der Vater erzählt aus seiner Kindheit. Es werden Geschichten vom Großvater erzählt und Leyla erzählt ihre Erinnerungen an ihre Sommer bei den Großeltern. Besonders ans Herz gewachsen ist mir die Großmutter von Leyla. Sie wird sehr großherzig dargestellt und hat in ihrem Leben auch einiges druchmachen müssen. Es wird auch von dem Vater von Leyla erzählt, wie er aus Syrien nach Deutschland floh.

Der zweite Teil des Buches erzählt, wie 2011 in Syrien der Krieg ausbrach. Das hat mich sehr betroffen gemacht. Dadurch gibt es für Leyla keine Sommer mehr in Syrien. Es wird einiges aus dem Leben von Leyla in Deutschland erzählt und ihre Zerrissenheit zwischen den zwei Welten, zwischen Syrien und Deutschland. Sie fühlt sich nirgendwo zu Hause.

Die Autorin Ronya Othmann hat mit "Die Sommer" ein außergewöhnliches Buch geschaffen. Sie ist zu bewundern, mit welcher Feinfühligkeit, Intensität und Sensibilität sie das Geschehen schildert und dadurch dem Leser vor Augen führt. Sie schneidet auch mit der Ermordung und Verfolgung der Jesiden ein wichtiges Thema an, das mich sehr schockiert und fassungslos gemacht hat.

Ein feinfühliger Roman, der zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 20.08.2020

Ein sehr intensiver Roman über jesidische Kurden

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Wenn Leyla in den Sommerferien zur Familie ihres Vaters fährt, darf sie nicht sagen "Ich fahre nach Kurdistan" sondern sie muss sagen "Ich fahre zu meinen Großeltern". Denn Kurdistan und seien Bewohner ...

Wenn Leyla in den Sommerferien zur Familie ihres Vaters fährt, darf sie nicht sagen "Ich fahre nach Kurdistan" sondern sie muss sagen "Ich fahre zu meinen Großeltern". Denn Kurdistan und seien Bewohner gibt es nicht.

Doch wie kann es etwas nicht geben, dass sich so real anfühlt für Leyla? Wie soll sie anderen begreiflich machen, was in den Sommern in Nordysrien geschieht, was diese Menschen, die es nicht geben soll, ausmacht? Und wie soll sie es ihren Mitmenschen recht machen? Ihren Großeltern ist sie nicht kurdisch genug, ihrem Vater nicht fleißig genug und ihren Mitmenschen nicht deutsch genug.

Ronya Othmann hat mit "Die Sommer" einen sehr besonderen Roman geschaffen, der das Schicksal der Jesiden eindrucksvoll aufarbeitet. Es ist durch seinen Inhalt aber auch durch seinen Aufbau sicherlich kein leichtes Buch, dennoch konnte ich es kaum aus der Hand legen. Leyla erzählt die Vergangenheit ihrer Familie durch Geschichten, durch Gedanken und kurze Momentaufnahmen. Dadurch wirkte v.a. der Mittelteil sehr fragmentarisch, das Fehlen von klar strukturierten Kapiteln trägt ebenfalls nicht zur 'besseren' Ordnung bei. Doch das ist nicht schlimm, denn auch das Leben von Leyla und ihrer Familie ist nicht geradlinig. Trotz dieser 'zerstückelten' Erzählweise schafft es Othmann, eine Verbindung zwischen Leser und Charakteren aufzubauen, die zunehmend intensiver wird.

Leyla lebt in zwei Welten, ihr Leben ist aufgeteilt in zwei Länder und zwei Jahreshälften, und bei jedem Wechsel ist es wie beim ersten Mal. Die Welt dreht sich weiter, doch in beiden Lebenshälften fehlt ihr ein wichtiger Teil dieser Entwicklung, was man als Leser deutlich spürt. Sie muss sich immer wieder neu an die Menschen und ihre Sprache gewöhnen und versteht doch nicht alles. Und mit zunehmenden Konflikten in Syrien und der immer größeren Gefahr für ihre Familie und Freunde im Heimatdorf ihres Vaters, versteht sie ihre Mitmenschen in Deutschland immer weniger. Wie können sie so uinbeteiligt sein, wie ihr normales Leben weiterleben, wenn dort in Syrien die Menschen verfolgt und gefoltert werden und sogar sterben? Und die viel wichtigere Frage, wie kann sie selbst es?

Beim Lesen startet man in der Vergangenheit des Vaters, man spürt seine Hoffnung, dass sich jetzt wo der Präsident tot ist, endlich etwas verändert in seiner Heimat, dass die Jesiden nicht mehr unterdrückt werden. Man spürt die Euphorie und man spürt auch die Enttäuschung, die Resignation, die sich unweigerlich einstellt. Denn es ändert sich nichts, ein Krieg wurde von einem anderen abgelöst, seine Familie ist vielleicht bedrohter denn je. Und immer stärker kommen diese Gefühle auch bei Leyla auf, sie muss eine Entscheidung treffen und weiß doch nicht welche.

Ich dachte, vieles wüsste ich schon, doch Ronya Othmann hat mir mit ihrem Roman gezeigt, dass es nicht genug ist. Durch Leyla und ihre Familie sensibilisiert sie den Leser und animiert ihn zum Nachdenken und Sich-Informieren und schon alleine dafür ist das Buch empfehlenswert.