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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.06.2019

Spannend und ungewöhnlich der Regionalkrimi "Hinterhaus"

Hinterhaus
4

Der im Bastei Lübbe Verlag erschienene Roman "Hinterhaus" von Lioba Werrelmann ist ein Regionalkrimi, der im Stadtteil Prenzlauer Berg im Ostteil Berlins spielt.

Hier lebt die aus dem Westen stammende ...

Der im Bastei Lübbe Verlag erschienene Roman "Hinterhaus" von Lioba Werrelmann ist ein Regionalkrimi, der im Stadtteil Prenzlauer Berg im Ostteil Berlins spielt.

Hier lebt die aus dem Westen stammende Journalistin Carolin seit 16 Jahren ein previligiertes Leben an der Seite von ihrem Orthopädenfreund Jens. Als die Icherzählerin Caro eines Tages vom Yoga nach Hause kommt, stehen ihre Habseligkeiten verpackt in 7 Kisten im Hof, und ihre Wohnung ist leergeräumt und wie sich herausstellt sogar gekündigt. Ihr Freund ist ohne einen Ton einfach verschwunden und sie obdachlos. Dann verliert Caro auch noch ihren Minijob und eine Leiche wird im Haus gefunden. Der absolute Albtraum und spannend dachte ich und bin hoffnungsfroh in den Krimi gestartet.

Viele kurze Sätze durch die sich der Schreibstil der Autorin auszeichnet, haben etwas Gehetztes und treiben die Handlung voran. Leider sind die ersten Kapitel von Caro's nervösem Magen geprägt. Die Autorin führt ihre Protagonistin ständig in Situationen, in denen diese sich körperlich erleichtern muss und die Massen an Speisen, die sie zu sich nimmt ihren plötzlich Weg nach draußen suchen.Das ist eklig und nervt, genauso wie die teils derbe Sprache sicher nicht Jedem gefallen dürfte. Ich kann im Nachhinein jedenfalls nicht erkennen, was diese Szenen für die Handlung oder den Charakter bringen sollen.

Auffällig in diesem Roman ist, dass es nicht eine Figur gibt, die irgendwie normal wäre. Die Personen haben alle irgendeinen Schaden und dadurch wirkt die Handlung leider nicht mehr so authentisch. Trotzdem fand ich die Geschichte spannend und am Ende auch sehr überraschend. Auf jeden Fall ist dieser Roman ganz anders als andere Krimis, und es tun sich beim Lesen wirklich Abgründe auf. Da wohnt man jahrelang nebeneinander und keiner der Nachbarn ist so wie er nach außen hin scheint. Gruselig aber vorstellbar.

Ich vergebe 3,5 Sterne für das interessante Setting, die vielschichtigen Charaktere und die überraschende Auflösung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Atmosphäre
  • Figuren
Veröffentlicht am 31.05.2019

Das schwierige Thema Trauerarbeit

Kurt
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Ich hatte ein bißchen Angst vor dem Roman und wollte ihn trotzdem so gerne lesen, weil ich soviel Positives darüber gehört hatte. Wenn es um den Tod eines Kindes geht, geht mir das in der Regel sehr nah. ...

Ich hatte ein bißchen Angst vor dem Roman und wollte ihn trotzdem so gerne lesen, weil ich soviel Positives darüber gehört hatte. Wenn es um den Tod eines Kindes geht, geht mir das in der Regel sehr nah. Das tat es auch hier, aber die Autorin Sarah Kuttner, die ich bisher nur als Moderatorin kannte, hat die richtigen Worte gefunden und dieses schwierige Thema mit der nötigen Sensibilität bearbeitet, so dass ich das Buch als unbedingt lesenswert nur empfehlen kann.

Lena, die Protagonistin und Icherzählerin des Romans hat sich gerade mit ihrem Lebensgefährten Kurt ein Häuschen in Brandenburg gekauft, damit der Kontakt zu seinem Sohn, dem kleinen Kurt, mit dessen Mutter Jana er sich nach der Trennung das Sorgerecht teilt, einfacher wird. So lebt der kleine Kurt abwechselnd eine Woche bei Jana und eine bei Lena und dem großen Kurt. Das klappt auch sehr gut und ich war nach wenigen Seiten auch schon ganz verliebt in diesen wunderbaren kleinen Knirps. Umso schlimmer als dieser durch einen tragischen Unfall verstirbt.

Der tiefe Einschnitt im Leben des Paares Lena und Kurt ist kaum in Worte zu fassen.
Man kann sich sehr gut vorstellen, dass an dem Verlust eines Kindes eine noch so glückliche Verbindung zerbrechen kann. Für Lena ist es besonders schwierig, da sie ja nicht die leibliche Mutter ist. Sie fühlt sich in der Trauerarbeit oft ausgeschlossen und weiß oft kaum wie sie mit ihrem völlig traumatisierten Freund umgehen soll.

Ich bin wirklich begeistert von dem unaufgeregten, emotionalen an manchen Stellen auch humorvollen Schreibstil der Autorin. Er transportiert nicht zuletzt ein sehr liebevolles Verhältnis des Paares und man hofft bis zuletzt das die beiden eine Möglichkeit finden ihre Trauer zu verarbeiten und trotz des Verlustes noch glücklich werden können.

Veröffentlicht am 30.05.2019

Kriminalistischer Ausflug in die Stummfilmzeit

Der blutrote Teppich
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Der blutrote Teppich“ schickt den Leser in das Hollywood der 20erJahre. Hardy Engel, emigrierter Polizist aus Deutschland, möchte in Hollywood eigentlich als Schauspieler arbeiten, wird dann aber aus Mangel ...

Der blutrote Teppich“ schickt den Leser in das Hollywood der 20erJahre. Hardy Engel, emigrierter Polizist aus Deutschland, möchte in Hollywood eigentlich als Schauspieler arbeiten, wird dann aber aus Mangel an Rollenangeboten Privatermittler. Der Autor Christof Weigold orientiert sich in Hardy Engel‘s 2.Fall (den man auch gut ohne Kenntnis des 1. Buches verstehen kann) eng an einem historischen Mordfall und erfindet zu dem bis heute ungeklärten Fall eine nachvollziehbare Lösung.

Gerade als Hardy‘s Geldreserven bis auf ein Minimum geschrumpft sind, bekommt er glücklicherweise einen Ermittlungsauftrag von dem bekannten Regisseur William Desmond Taylor. Man verabredet sich in Taylor‘s Haus, doch der Auftraggeber liegt erschossen in seinem Wohnzimmer. Nach anfänglichem Verdacht gegen ihn selbst, den Hardy ausräumen kann, beginnt Hardy seine Ermittlungsarbeit zunächst alleine. Später wird ihm die charismatische Regisseurin Polly Brandeis an die Seite gestellt, die als Sympathieträgerin immer ihren Mops „Enrico“ dabei hat.

Durch die bildhafte Sprache und die vielen Details gelingt der Zeitsprung im Kopf vorzüglich. Man trifft auf bekannte Namen wie Charlie Chaplin und anderen Legenden der Stummfilmzeit und erlebt die Scheinwelt Hollywood hautnah, in der Jeder etwas zu verbergen hat. Es ist die Zeit der Prohibition und Hollywood ein einziger Sündenpfuhl. Kein Wunder also, dass Hardy‘s Ermittlungen immer wieder behindert werden und er sich diverse Male in Lebensgefahr befindet.

Mit Witz und Detailtreue gelingt Christof Weigold ein ausgesprochen spannender historischer Kriminalroman mit interessanten Wendungen, der mich super unterhalten hat. Für mich war es ein „Genussbuch“, für das man sich aber Zeit nehmen sollte.
Einziger kleiner Kritikpunkt : Man musste sich sehr viele Namen merken. Hier wäre ein Namensregister hilfreich gewesen.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Selbstfindungsreise eines amerikanischen Millionärs

Willkommen in Lake Success
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Gary Shteyngart versucht mit seinem Buch "Willkomen in Lake Success" ein Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft kurz vor der Wahl Trumps zu zeichnen und begibt sich dafür in die Welt der Superreichen. ...

Gary Shteyngart versucht mit seinem Buch "Willkomen in Lake Success" ein Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft kurz vor der Wahl Trumps zu zeichnen und begibt sich dafür in die Welt der Superreichen. Sein Protagonist Barry Cohen ist ein millionenschwerer Hedgefondmanager, dem das FBI wegen Insiderhandels und betrügerischer Leerverkäufe im Nacken sitzt. Überhaupt läuft sein Leben schon zu Beginn des Buches mächtig aus den Fugen, so dass er sich zur Läuterung und Selbstfindung einen Roadtrip im Greyhoundbus durch Amerika auferlegt, um einerseits den wahren Amerikanern, von denen er sich in seinem Geldtempel soweit entfernt hat, zu begegnen und andererseits seine Jugenliebe Layla wiederzufinden, um mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Seine Statussymbole, die wertvolle Uhrensammlung hat er kurioserweise auf dieser Reise dabei. Sie scheinen auch das Einzige zu sein, wofür sein Herz wirklich schlägt. Seine Frau und seinen autistischen Sohn verleugnet er auf der Reise schnell, bei den Menschen die er unterwegs trifft, spielt er sich immer wieder gerne und selbstherrlich als Mentor auf.

Wie Nadelstiche fließen immer wieder kritische Äußerungen über die amerikanische Gesellschaft in den Roman ein. " Barry hasste Waffengewalt, hatte aber das Gefühl, sie gehörte zum Leben in den USA. In Japan gab es Erdbeben, in Australien Buschfeuer, Amerika hatte Schusswaffen und Menschen, die willens waren, sie aufeinander abzufeuern." "Wieder einmal spürte Barry eine allgemeine Langeweile um ihn herum, die Langeweile eines kriegerischen Landes, das keinen richtigen Krieg zur Hand hatte."

Auch die verlassene Ehefrau Seema kann sich zunächst nicht zu ihrem autistischen Sohn bekennen, macht aber im weiteren Verlauf des Romans eine Wandlung durch und kann sich auch von den Erziehungsvorgaben ihrer Mutter, die eine Liste führt, welche Ehemänner nach welchen Kriterien für ihre Tochter geeignet sind, lösen. Ihr Verhalten hat bei mir auch einiges Kopfschütteln verursacht und sie ist bestimmt auch kein sympathischer Charakter aber sie entwickelt sich weiter, was man von Barry nicht behaupten kann. Er stürzt sich von einer skurielen Situation in die Nächste und lernt Nichts. Die Figuren sind sehr überzeichnet, Sympathieträger findet man eher bei den Nebendarstellern.

Mein Fazit zu dem Buch ist durchwachsen. Ich mochte den Schreibstil Shteyngarts sehr, empfand das Buch aber irgendwie sehr konstruiert. Ekelszenen, die es auch gab, hätte er auch gerne weglassen können. Vieles von dem was der Autor beschreibt passt in mein Amerikabild und gleicht sich ab mit eigenen Reiseerfahrungen. Übertreibung ist ja ein Stilmittel, von dem der Autor Shteyngart allerdings reichlich Gebrauch gemacht hat.

Veröffentlicht am 05.05.2019

Auswandern in der Nachkriegszeit

Das Versprechen der Islandschwestern
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Das im Ullstein Verlag erschienene Buch "Das Versprechen er Island Schwestern" von Karin Baldvinsson erzählt von der spannenden Auswanderergesschichte der beiden Schwestern Margarete und Helga im Jahre ...

Das im Ullstein Verlag erschienene Buch "Das Versprechen er Island Schwestern" von Karin Baldvinsson erzählt von der spannenden Auswanderergesschichte der beiden Schwestern Margarete und Helga im Jahre 1949. Die jungen Frauen folgen einem Aufruf in einer Tageszeitung in dem Landarbeiterinnen für Island angeworben werden. Für ein Jahr unterschreiben sie und können das zerstörte Deutschland verlassen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben in einem Land dessen Sprache sie nicht verstehen und dessen Landschaft rau und atemberaubend schön ist.

In zwei Zeitebenen die sich abwechseln, taucht man tief ein in das Leben der Schwestern 1949, erlebt ihr Erstaunen über den herzlichen Empfang der ihnen bei der Ankunft in Island bereitet wird, verfolgt faziniert die Eingewöhnungsphase auf den Bauernhöfen, kann Einsamkeit und Heimweh gut nachempfinden und erlebt wie die Beiden nach und nach auch mit den Herzen angekommen sind und springt dann in das Jahr 2017. Pia und ihre Großmutter Margarete machen sich auf die Reise nach Island, um deren Schwester Helga zu ihrem 90sten Geburtstag zu besuchen, nachdem die beiden Schwestern seit Jahrzehnten nicht miteinander gesprochen haben. Mit dabei ist auch Pia's pubertierende Tochter Leonie, die sich zunehmend von ihrer Mutter entfremdet. Pia braucht diese 4wöchige Auszeit dringend, denn sie hat nicht nur Stress mit ihrer Teenagertochter sondern auch mit ihrem Exmann, der sich immer noch in ihr Leben einmischt.

Der Autorin merkt man an, dass sie das Land gut kennt,die raue Landschaft und seine Bewohner sind liebevoll beschrieben,und besonders spannend fand ich es mehr über das bäuerliche Leben in der Nachkriegszeit zu erfahren, über den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft zu lesen, die arbeitsreichen Tage im Sommer und die dunkle Zeit im Winter, in der man noch näher zusammenrückte und sich die Zeit mit Handarbeiten und Kartenspielen vertrieb.

Natürlich kommt auch die Romantik nicht zu kurz. Ein benachbarter Pferdewirt verdreht Pia ganz schön den Kopf. Der Grund für den Beziehungsabbruch der beiden Schwestern erfährt der Leser nach und nach. Die Auflösung ist jetzt nicht wirklich eine Überraschung. Ich habe das Buch sehr genossen, auch wenn die Autorin die Charktere noch etwas besser hätte ausarbeiten können. Gefallen haben mir auch immer wieder eingestreute isländische Vokabeln. Ich konnte mich so noch besser einfühlen in die Begegnung mit einer völlig fremden Kultur und Sprache und empfand die Isländer noch authentischer.

Das Buch hat bei mir auch Urlaubserinnerungen an einen wunderschönen Islandurlaub geweckt und wird Jeden der Island noch nicht kennt neugierig machen.Ich fand die Geschichte schön erzählt, die Protagonisten sympathisch und voller Herzenswärme und möchte dieses Buch, dass mir so schöne Lesestunden bereitet hat gerne weiterempfehlen.