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Veröffentlicht am 20.04.2019

Mein Lieblingsgespenst gelesen von meinem Lieblingssprecher

Das Gespenst von Canterville
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Sir Simon sorgt seit 300 Jahren im Schloss von Canterville für Angst und Schrecken. Nur der amerikanische Botschafter Otis und seine Familie glauben an solche Märchen nicht. Also kaufen sie kurzerhand ...

Sir Simon sorgt seit 300 Jahren im Schloss von Canterville für Angst und Schrecken. Nur der amerikanische Botschafter Otis und seine Familie glauben an solche Märchen nicht. Also kaufen sie kurzerhand das Anwesen und ziehen ein. Sir Simon kann und will sich das nicht gefallen lassen und zeigt der Familie, was es heißt, sich mit einem Gespenst anzulegen. Doch die frechen Zwillinge finden das spaßig und spielen ihrerseits dem armen Sir Simon so manchen Streich, sodass dieser an den Rand seiner Kräfte kommt. Nur die Tochter Virginia hat ein Herz für Sir Simon und so verläuft die Begegnung von Mensch und Gespenst völlig anders, als Sir Simon das bisher kannte …

Ich liebe diese Erzählung von Oscar Wilde schon seit vielen Jahren. Gelesen, als Film, als Hörbuch – jede Variante gefällt mir sehr. Es fasziniert mich, wie ein Autor vor 130 Jahren die Begegnung der „Alten Welt“ mit der „Neuen Welt“ so herrlich satirisch verarbeitet hat. Schwächen und Stärken beider Seiten kommen meiner Meinung nach sehr schön rüber. Noch dazu ist Mitgefühl ein Thema und „Anderssein“ und das Anerkennen dessen. Miteinander, gegeneinander, Hass, Liebe, Verzeihen, Gnade, Erlösung – so viele Themen so schön verpackt.

Oliver Rohrbeck ist wie geschaffen für dieses Hörbuch. Auch wenn die „Die drei Fragezeichen“ lieber gelesen denn gehört habe, liebe ich seine Synchronstimme in vielen Film- und Serienrollen sehr. Ob als Theo Huxtable oder Richard Fish, als Zeichentrickfigur oder in Hörbüchern, ich mag diese Stimme sehr, denn sie ist wirklich unverkennbar. Dass Rohrbeck die Erzählung mag, hört man aus jedem Satz heraus. Er interpretiert „Das Gespenst von Canterville“ exakt so, wie ich es für mich sehe und liebe. Wie könnte ich also anders, als die vollen fünf Sterne zu geben?

Veröffentlicht am 19.04.2019

Zauberhaft und voller Überraschungen

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Emmet Farmer kämpft mit einer seltsamen Krankheit. Da kommt es seinen Eltern sehr gelegen, dass er bei der Buchbinderin Seredith eine Ausbildung absolvieren soll. Emmet ist aber verwirrt. Bücher wurden ...

Emmet Farmer kämpft mit einer seltsamen Krankheit. Da kommt es seinen Eltern sehr gelegen, dass er bei der Buchbinderin Seredith eine Ausbildung absolvieren soll. Emmet ist aber verwirrt. Bücher wurden von seinen Eltern immer geradezu gemieden und Emmet der Zugang verwehrt. Und jetzt soll er gerade diesen Beruf ergreifen? Noch dazu lässt ihn die alte Frau nicht in die Nähe der Bücher. Er hat immer nur mit ihren Kunden zu tun. Als die Buchbinderin stirbt, kommt Emmet schlagartig in größte Gefahr und erahnt, was es mit den Büchern auf sich hat …

Das Buch besteht aus drei Teilen. Ich muss gestehen, dass mir der erste Teil nicht wirklich gefallen hatte und ich erst mitten im zweiten Teil verstand, wie er sich ins Buch einfügt und wie wichtig (und im Nachhinein gut) dieser erste Teil ist. Als Leser/Hörer beginnt man, das Ausmaß zu erahnen und wird emotional sehr stark in die Geschichte eingebunden. Die Ereignisse werden wunderbar geschildert. So kann man nicht nur Emmet und Lucien verstehen, sondern auch Emmets Schwester verstehen. Was sich aber dann insgesamt entwickelt, ist zwar logisch in sich – und damit eigentlich vorhersehbar, auch wenn man es nicht vorher erahnte – aber dennoch unbeschreiblich ergreifend.

Die Krankheit von Emmet erscheint in einem anderen Licht. Auch Seredith lernt man mit anderen Augen zu sehen. Und obwohl sich die Geschichte unerwarteter Weise als eine Liebesgeschichte entpuppt, bin ich keineswegs enttäuscht. Denn bei näherer Betrachtung stecken so viele verschiedene, sich ergänzende Themen in der Story, dass man gebannt dranbleibt. Teils verliert sich Bridget Collins in zu viele Details und übergenaue Beschreibungen, wodurch leichte Längen entstehen, doch am Ende ist man einfach nur bereichert, überwältigt und nachdenklich. Das Buch hallt nach und lässt niemanden unberührt zurück, möchte ich behaupten!

Wer hat nicht irgendwelche Erinnerungen, die er loswerden wollen würde, um unbelastet weiterzuleben? Wer hat noch nicht so starken Liebeskummer erlebt, dass er körperliche Schmerzen dabei spürte? Wer hat noch nicht einen Menschen vorverurteilt, obwohl er nichts, aber auch gar nichts von ihm wusste und nur auf die Optik und Gerüchte gebaut hat? Aber wenn es etwas gäbe, all das zu vergessen – was könnten böse Menschen aus dieser Möglichkeit machen?

Für mich ist „Die verborgenen Stimmen der Bücher“ die Überraschung des Jahres schlechthin. Nicht nur, weil mich ein Buch aus einem Genre, das ich selten und nicht so sehr gern mag, regelrecht gefesselt hat, sondern auch, weil die Autorin eine wunderschöne Idee sehr erfolgreich umgesetzt hat, Spannung aufbauen und halten kann und eine sehr schöne Liebesgeschichte eingewebt hat. Noch dazu wird von ihr im letzten Teil die Geschichte aus Luciens Perspektive erzählt. Ein sehr gut gelungener Kunstgriff.

Trotz meiner anfänglichen Schwierigkeiten mit der Geschichte und den kleinen Längen zwischendurch bin ich insgesamt sehr beeindruckt und begeistert. Deshalb bekommt dieses Werk von mir auch trotz Kritik die vollen fünf Sterne. Das liegt nicht zuletzt auch an Frank Stieren, der einen großartigen Job geleistet hat. Er hat sowohl die Stimmung der Figuren, als auch die Atmosphäre der Story wunderbar transportiert.

Veröffentlicht am 18.04.2019

Revenge

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
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Für die Außenstehenden sind Faye und Jack das Traumpaar schlechthin. Schön, reich, glücklich – sie haben alles, auch eine entzückende Tochter. Jack ist jedoch nicht der Traummann, für den alle ihn halten. ...

Für die Außenstehenden sind Faye und Jack das Traumpaar schlechthin. Schön, reich, glücklich – sie haben alles, auch eine entzückende Tochter. Jack ist jedoch nicht der Traummann, für den alle ihn halten. Faye versucht verzweifelt, ihm zu gefallen, ihm alles recht zu machen, aber nichts ist gut genug. Jack fühlt sich überlegen, doch er kennt Fayes Geheimnis nicht …

Die Falck-Hedström-Krimis der Autorin konnten mich nicht überzeugen. Dennoch oder gerade deshalb wollte ich sehen, ob sie das Zeug hat, mich mit einem Thriller zu packen. Der Anfang zog sich für meinen Geschmack sehr. Faye ist nicht sehr sympathisch, auch wenn sie mein Mitleid erregt. Durch das Devote stößt sie mich aber auch wieder ab. Und ich muss sagen – wenn man das Ende kennt, passt der Anfang noch weniger.

Vieles im Thriller ist vorhersehbar. Auch der „Knall-Effekt“ am Ende war mir ab einem gewissen Punkt recht klar und so hat er dann nicht so gut gewirkt und mich auch ein bisschen enttäuscht. Aber einige Ideen gefielen mir doch richtig gut. Fest steht, dass mir dieser Thriller sehr viel besser gefällt, als ihre Krimis. Der Stil ist raffiniert. Die Rückblenden sind in der Ich-Form geschrieben, die Gegenwart-Szenen im Stil des allwissenden Erzählers. Nach und nach kommt man dem dunklen Geheimnis von Faye auf die Schliche und ahnt, dass Jack seine Überheblichkeit teuer bezahlen werden muss.

Der Mittelteil ist energiegeladen, ebenso Faye in dieser Zeit. Der letzte Teil wird durch ein paar zusätzliche Handlungsstränge, die packend sind, aber nichts zur Story beitragen, ein wenig gestreckt. Dennoch liest sich das gut. Der eigentliche Show-Down mag ein bisschen billig sein, aber irgendwie gefällt er mir dennoch, auch wenn ich ihn längst ahnte. Doch, wie bereits gesagt, passt der Anfang nicht zum Ende, schon gar nicht, weil man da Dinge über Faye weiß, die noch unverständlicher machen, was sie sich gefallen ließ und worauf sie reinfiel.

Das klingt nun nach großer Enttäuschung. Seltsamerweise bin ich aber gar nicht so sehr enttäuscht. Ich bin sogar positiv überrascht, dass Frau Läckberg doch etwas kann. Ich sehe Steigerungspotenzial, aber habe tatsächlich Lust, weitere Thriller von ihr zu lesen. Schön in sich abgeschlossen, ohne Serie. Die Welt des Marketings, der Strategien, der Großen – die hat sie schön aufgebaut. Auch das Umfeld von Faye, ihre Beziehung zu ihrer Tochter, ihre Stärke für andere. Ich mag Faye zwar noch immer nicht, aber ich respektiere ihre Gerissenheit.

Deshalb gebe ich trotz aller Kritik vier Sterne. Der Titel ist aber Murks – in einem goldenen Käfig saß Faye definitiv nicht einen Tag!

Veröffentlicht am 13.04.2019

Yin und Yang

Nach dem Tod gleich links
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Else, glücklich geschieden, Kuhfleckenfan, eierlikörpralinensüchtig, unsterblich (tja …!) in den Schlagerstar Bernhard Bardensiehl verliebt, wird Zeugin, wie eben dieser kopfüber dem sicheren Tod entgegenstürzt. ...

Else, glücklich geschieden, Kuhfleckenfan, eierlikörpralinensüchtig, unsterblich (tja …!) in den Schlagerstar Bernhard Bardensiehl verliebt, wird Zeugin, wie eben dieser kopfüber dem sicheren Tod entgegenstürzt. Mutig und mit der Kraft der grenzenlosen Liebe stellt sich Else wortwörtlich dem Tod in den Weg …

Dieses Buch steckt voller humoriger Szenen, die aberwitzig, aber passend sind. Anna Buchwinkel bedient sich dabei eines Erzählstils, der den Erzähler eine etwas märchenhafte Sprache nutzen lässt. So nimmt man nichts als bierernst und rechnet an jeder Stelle mit den nächsten witzigen Vorfall. Der kommt auch, immer wieder, immer wieder neu und erfrischend. Nichts ist abgekupfert oder abgedroschen. Dennoch ist es insgesamt vielleicht doch eine Prise zu viel des Guten. Zumindest hat sich bei mir das gegen Ende arg abgeschliffen und bin ich anfangs durch Buch geradezu geflogen, wurde ich zum Ende hin beim Lesen immer langsamer und schaffte immer nur wenige Seiten.

Dennoch – hier stecken nicht nur Albernheiten drin, sondern auch ganz viele schlaue, mutige und vielleicht sogar philosophische Gedanken, besonders zum Thema Tod, aber auch zum Thema Liebe. Was machen wir, wenn wir den Tod besiegen? Wo fängt Liebe an und wo macht sie überhaupt Sinn? Sind Liebe und Tod widersprüchlich? Zudem „sammelt“ Else im Lauf der Geschichte viele außergewöhnliche Menschen geradezu ein, die sie begleiten und denen sie auf ihre ganz spezielle Weise eine Hilfe ist – geplant oder ungeplant, absichtlich oder unabsichtlich, bewusst oder unbewusst. Dieser Dreh erlaubt es der Autorin, so ganz nebenbei noch viele weitere Themen anzuschneiden oder auch zu vertiefen.

In wunderbaren Szenen lässt die Autorin die Tode in Person eine Gewerkschaft gründen und Wahlen veranstalten, einen kleinen eigenen Staat sozusagen gründen. Auch ein Mörder treibt hier sein Unwesen und macht Else und ihren Freunden, aber auch den Toden ganz schön zu schaffen.

Insgesamt passiert richtig viel in diesem Buch und wer gerne lacht, der ist hier richtig. Ein bisschen im Stil von Sebastian Niedlich, aber doch eine Nuance darunter, ist das Buch genau richtig fürs Abschalten nach einem stressigen Tag. Von mir gibt es vier Sterne.

Veröffentlicht am 10.04.2019

Wann wird ein Held zum Teufel?

Das Volk der Bäume
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Einst Nobelpreisträger, landet Dr. Norton Perina mit über 70 Jahren wegen Pädophilie im Gefängnis. Sein ihm völlig ergebener Mitarbeiter Dr. Kubodera überredet ihn, dort seine Geschichte aufzuzeichnen. ...

Einst Nobelpreisträger, landet Dr. Norton Perina mit über 70 Jahren wegen Pädophilie im Gefängnis. Sein ihm völlig ergebener Mitarbeiter Dr. Kubodera überredet ihn, dort seine Geschichte aufzuzeichnen. So erfährt der Leser/Hörer hier also aus erster Hand – aber natürlich auch aus nur dieser Perspektive – wie Perina aus dem Labor heraus auf der Insel Ivu’ivu landete. Dort stellt er Forschungen zu den dortigen offenbar ewig lebenden Eingeborenen an. Eine bestimmte Schildkrötenart, die nur auserwählte Menschen verzehren dürfen, scheint der Schlüssel dafür zu sein. Perina erzählt von seinen Entdeckungen – die leider in allen Belangen erschreckend sind …

Eigentlich wollte ich weder das Buch lesen noch das Hörbuch hören. Doch dann habe ich das Hörbuch geschenkt bekommen und wagte mich doch daran. Ich hatte mich darauf eingestellt, sehr lange dafür zu brauchen, viele Pausen einlegen zu müssen. Das Thema – oder besser: die Themen – sind nicht einfach und gehören zu den Dingen, die ich nur schwer verkrafte. Auch finde ich das Cover einfach schrecklich. Das ist allerdings tatsächlich einfach nur mein persönlicher Geschmack - ich mag keine Personen bzw. deren Gesichter auf Covern.

Kaum hatte ich mit dem Hören begonnen, konnte ich kaum aufhören. Trotz aller immer mal wieder auftauchenden Schrecklichkeiten bzw. den vordergründig relativ harmlosen Szenen, die aber jede Menge Alarmglocken auslösten und so ganz von selbst Gedankengänge auslösten, die gar nicht gut waren.

Perina, absolut davon überzeugt, das Richtige getan zu haben, erzählt wirklich ehrlich. Nur wird spätestens am Ende klar, wie er die Wahrheit sieht. Er spricht von Entdeckungen und den Folgen, von Versuchen und Erkenntnissen. Von Aktionen und Reaktionen, von der Insel und der Rückkehr. Nur zwischen den Zeilen wird deutlich, welch Zerstörung seine Forschungen ausgelöst haben. Umso fassungsloser steht man dann aber da.

Ganz von selbst beginnt man, über Sinn und Unsinn von der Möglichkeit, durch irgendwelche Möglichkeiten (hier eben das Verzehren einer bestimmten Schildkrötenart) ewiges Leben zu erlangen, zumal die „Nebenwirkungen“ auch hier nicht unerheblich sind. Welche unfassbare Zerstörung die Entdeckung nach sich zieht, erwähnt Perina nur am Rande, doch dem Leser/Hörer bleibt einfach nicht erspart, das vor dem geistigen Auge zu realisieren.

Doch wird auch klar, dass wir mit unseren Maßstäben die Riten der Ureinwohner messen und über Dinge urteilen, die wir gar nicht verstehen. Jeder noch so kleine Eingriff von außen zerstört das fragile Gleichgewicht der Natur. Perina versucht einerseits, seine Schuld dadurch zu begleichen, indem er Kinder von der nun zerstörten Insel rettet, doch das Ende des Buches raubt mir den Atem und schmerzt mich umso mehr, als ich tatsächlich bereit war, Perinas Beweggründe zu verstehen, Entschuldigungen für ihn zu finden und Mitleid mit ihm zu haben.

Hanya Yanagihara ist meiner Meinung nach ein großartiger Roman gelungen, der wachrüttelt und auch verängstigt. Durch die „Fußnoten“ von Kubodera gelangt man zu Erkenntnissen, die ohne diese schwieriger gewesen wären. Gleichzeitig lassen sie erkennen, dass Perina niemanden aufgehalten hat. Und das offenen Auges. Besonders erwähnen möchte ich auch noch, dass es immer mal wieder Szenen gab, bei denen ich laut auflachen musste. So sehr haben Perina und Kubodera mich auf die falsche Spur geschickt – und dadurch wird klar, dass es niemals genug ist, nur eine Seite einer Geschichte zu kennen und manchmal sogar zwei zu wenig sind.

Die Autorin schafft es, ein paar sehr unangenehme und unbequeme Themen ans Licht zu zerren und den Leser dazu zu zwingen, hinzusehen. Das ist ein erster Schritt, weitere und vor allem reale Verbrechen dieser Art zu verhindern. Ein Buch, das fesselt und durch das man geradezu fliegt. Wunderbare Schilderungen eines einzigartigen Naturvolkes. Ganz viel Diskussionsstoff. Noch mehr Blendwerk. Aber beeindruckend ohne Ende. Manchmal muss man eben auch etwas lesen/hören, das nicht bequem ist und aus der Komfortzone herausholt. Es lohnt sich. Absolut. Fünf Sterne.