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Veröffentlicht am 14.03.2024

Auf der falschen Seite der Revolution

POSTER GIRL - Wer bist du, wenn dir niemand zusieht?
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Poster Girl hatte mich schon gereizt, als es erschienen ist, war ja auch damals auf meiner Must-Have Liste. Auf dieser weit nach oben ist es aber vor allem durch Julias aka Seiten_hiebs Begeisterung für ...

Poster Girl hatte mich schon gereizt, als es erschienen ist, war ja auch damals auf meiner Must-Have Liste. Auf dieser weit nach oben ist es aber vor allem durch Julias aka Seiten_hiebs Begeisterung für das Buch gewandert. Wenn Rant Queen Julia von einem Buch begeistert ist, ist es automatisch für mich ein ganzes Stück interessanter geworden, also beschloss ich nicht lange zu warten und Poster Girl einziehen zu lassen. Doch kann ich mich Julias Begeisterung anschließen?

Auf der falschen Seite der Revolution
Die Prämisse des Buches ist genial, wie ich finde: Vor zehn Jahren wurde ein diktatorisches Regime namens Die Delegation von Rebellen gestürzt. Hohe VerteterInnen des alten Systems, die nicht bei dem Umsturz ums Leben kamen, wurden in eine kleine spartanische “Siedlung” zusammengetrieben und werden dort seitdem festgehalten. Dazu gehört auch Protagonistin Sonya Kantor, denn nicht nur war ihr Vater ein hohes Tier in der Delegation, sie selbst war das gesicht der Delegation, denn ihr Bild zierte das am weitesten verbreitete Propagandabild, zusammen mit der Aufschrift “Was Recht ist, ist richtig“.
Die Geschichte startet also an einem Punkt, an dem der große Befreiungskampf gegen das tyrannisierende Regime längst vorbei ist. Doch was, wenn man eben auf der falschen Seite der Gerechtigkeit stand? Das ist eine interessante Ausgangslage und wieder eine tolle Idee von der Autorin, die in Die Erwählten auch schon der Frage nachging, was Helden tun, wenn die Welt gerettet ist. Nun befinden wir uns also genau auf der anderen Seite und ich war sehr neugierig, welche Fragen und Probleme das aufwirft und wie die Autorin damit umgehen würde.

Und hier komme ich leider auch schon zu meinem ersten Kritikpunkt an dem Buch, denn während die Ausgangslage spannend und das Potenzial riesig ist, wird es in meinen Augen nicht wirklich ausgeschöpft. Was mit gut gefallen hat, um mit dem Positiven zu beginnen, war vor allem die Protagonistin. Sonya hat mit 27 fast ein Drittel ihrer Lebenszeit in Gefangenschaft verbracht, hat ihre Familie, Freund und Bekannte sterben sehen und sich eigentlich schon damit abgefunden, nie wieder frei zu sein. Sie ist eine ruhige, etwas resignierte Frau, die häufig ihren Gedanken nachhängt. Das macht sie vielleicht nicht für alle zu einer angenehmen Protagonistin, aber ich mochte sie sehr.
Besonders gut hat mir gefallen, wie Veronica Roth Sonyas Denkweise schildert. Sie ist von klein auf mit den Lehren der Delegation aufgewachsen und in Gefangenschaft war sie ja auch nur mit AnhängerInnen der Delegation zusammen, es fällt ihr dementsprechend schwer, sich von dem, was ihr beigebracht wurde zu lösen. Das fand ich sehr authentisch und nachvollziehbar dargestellt. Denn, ich sag es bei Dystopie Büchern immer wieder: Eine jahrelange Indoktrinierung von klein an, durchgeführt von Menschen, denen man als Kind vertraut, wirft man nicht mal eben über Bord, nur weil da irgendein Rebell ankommt und sagt, alles, was man bisher für wahrhaftig gehalten hat, ist falsch.
Diesen inneren Kampf Sonyas und ihre Probleme sich in einer Welt, die ihr völlig fremd geworden ist, zurechtzufinden, hat Roth wirklich gut umgesetzt und zählen für mich zu einer der Stärken des Buches.

Und doch ging es mir nicht weit genug. Ich hatte noch so viel mehr Fragen zum Umgang der Rebellen mit ihren alten Gegnern, zu ihren Methoden, die manchmal doch denen des alten Systems gleichen oder zu der wieder neuen Rebellengruppe. Hier wird viel angeschnitten, aber nur am Rande. Es geht speziell um Sonya, nicht das System als Ganzes, das versteh ich schon, schade finde ich es trotzdem.

Eine Spurensuche in Slow Motion
Vielleicht hätte ich diesen Umstand besser verziehen, wenn mich stattdessen die Handlung mitgerissen hätte, aber so ganz hat sie es nicht geschafft. Ich war zwar beim Lesen nicht uninteressiert oder gelangweilt, kann aber auch nicht sagen, dass ich voller Spannung die Seiten weiter blätterte. Die Suche nach dem verlorenen Kind dümpelte für meinen Geschmack ein wenig zu sehr vor sich hin. Dabei geht es mir gar nicht darum, dass ich mehr “Action” gebraucht hätte, ich kann normalerweise recht gut mit ruhigen Handlungen umgehen, aber ich hatte trotzdem lange das Gefühl, dass irgendwie Motivation fehlte, wohl auch, weil lange nicht klar war, warum Sonya überhaupt sich auf die Suche begibt (gleichzeitig wurden ihre Motive aber auch nicht so ominös dargestellt, dass es als Geheimnis für sich für Spannung gesorgt hätte). Dadurch hatte ich das Gefühl, dass der Handlung eine wirklich treibende Kraft fehlt.
Wiederum gefallen, hat mir das Ende, vor allem auch im Hinblick auf die Lovestory. Es ist ein passender Ausklang der Geschichte und passt gut zur Protagonistin und ihrer Art. Etwas anderes hätte ich wahrscheinlich unrealistisch gefunden.

Fazit:


Poster Girl ist ein Buch, dass ich gerne gelesen habe, dass mich aber nicht so mitreißen konnte, wie ich es bei der Ausgangslage der Geschichte gedacht hätte. Zwar mochte ich die Protagonistin und viele Ideen und Ansätze im Buch, doch oft ging es mir einfach nicht weit genug, fehlte mir eine gewisse Energie in der Handlung. Trotzdem halte ich das Buch für lesenswert, schon allein, um sich mal mit einer anderen Art von “Dystopieheldin” auseinanderzusetzen.

(Info: 4/6 im eigenen Bewertungssystem)

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Tee, Magie und Intrigen

A Magic Steeped in Poison – Was uns verwundbar macht
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Schon als ich “Tee-Magie” las, wusste ich, dass ich dieses Buch lesen will. Tee-Magie, das klingt neuartig, spannend und für Asia-Setting bin ich ja sowieso immer zu haben, daher wanderte das Buch schnell ...

Schon als ich “Tee-Magie” las, wusste ich, dass ich dieses Buch lesen will. Tee-Magie, das klingt neuartig, spannend und für Asia-Setting bin ich ja sowieso immer zu haben, daher wanderte das Buch schnell auf die Wunschliste, von dort ins heimische Regal und für meine Verhältnisse auch schnell auf der Leseliste. Doch konnte mich die Tee-Magie dann auch überzeugen?

Die Magie der Teezeremonie
In “A Magic Steeped in Poison” begleiten wir Ning an den kaiserlichen Hof, wo ein Wettkampf den oder die nächste kaiserliche Shénnóng-Shi (magische TeemeisterInnen) bestimmen soll und dem/der GewinnerIn darüber hinaus ein Wunsch gewährt wird. Ning hofft, mit diesem das Leben ihrer Schwester retten zu können, die seit einem Giftanschlag schwer krank ist.

Wie bereits in meiner Einleitung erwähnt, hat mich an diesem Buch besonders das Worldbuilding gereizt. Zu einem natürlich das asiatische Setting, hier hauptsächlich von der chinesischen und taiwanischen Kultur inspiriert und eben die Teemagie. Das reine Worldbuilding ist solide, ohne herausragend zu sein, wer schon einige asiatisch inspirierte Romane gelesen hat, findet sich schnell zurecht und die Verflechtungen chinesischer Mythologie und Folklore mit der Handlung sind erkennbar, man hätte aber den/die LeserIn ruhig noch etwas tiefer in die fernöstliche Welt eintauchen lassen können.
Umso besser hat mir die Idee mit der Teemagie gefallen, das hatte wirklich etwas erfrischend Neuartiges und es war gerade in den Wettbewerbskämpfen spannend, wie Ning aber auch ihre KonkurrentInnen ihre Künste einsetzten. Etwas irritiert haben mich aber die englischen Namen für die Teesorten, die auch in der deutschen Übersetzung so bleiben. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von historischen asiatischen Teesorten und vielleicht waren wirklich englische Bezeichnungen mit dem Einfluss der Briten auf China ab dem 18. Jahrhundert üblich, auf mich wirkten diese Bezeichnungen jedoch Fehl am Platz und störten etwas die Immersion in diese ans historische China angelehnten Welt, das ist aber nur ein kleiner Kritikpunkt.

Kommen wir zur Handlung. Diese spielt sich auf mehrere Ebenen ab. Zu einem haben wir da natürlich den magischen Wettkampf, ein YA-Trope, das ich sehr mag, zum anderen gilt es aber noch die Intrigen am Hof und die landesweiten Giftanschläge aufzuklären. Ach ja und ein Love Interest ist auch noch da. Viel zu tun für Ning und ja manchmal stolpert die Handlung kurz, wenn sie nicht weiß, welche Richtung zuerst eingeschlagen werden soll, das sind aber tatsächlich nur kurze Momente und die meiste Zeit hat mich das Buch wirklich gut unterhalten, wobei der Wettkampf Handlungsstrang doch mein liebster war, denn trotz althergebrachtes YA-Rezeptur, waren die Aufgaben interessant und der Wettkampf damit spannend zu verfolgen. Die Liebesstory war ok. Es hätte sie nicht wirklich gebraucht, aber störend oder zu aufgesetzt war sie immerhin auch nicht.

Fazit:


Alles in allem hat mich “A Magic Steeped in Poison” zwar nicht komplett vom Hocker gehauen, aber definitiv gut unterhalten. Die Autorin verleiht vielen klassischen YA Fantasy Elementen ihre eigene Note, was die Geschichte auch für LeserInnen, die schon länger in dem Genre unterwegs sind, noch unterhaltsam und originell genug macht.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Wenn das Ende es kaputt macht

KNOCHENBLEICH
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Im letzten Herbst geriet ich wie immer in Gruselstimmung, ein Horrorroman musste also her. Gut, dass ich genau für dieses erwartbare Lesegelüst bereits einen solchen auf meine 13 für 2023 Liste gepackt ...

Im letzten Herbst geriet ich wie immer in Gruselstimmung, ein Horrorroman musste also her. Gut, dass ich genau für dieses erwartbare Lesegelüst bereits einen solchen auf meine 13 für 2023 Liste gepackt habe, nämlich Knochenbleich von Ronald Mafi, von dem ich bisher schon einiges Gutes gehört habe.

Der Schrecken der unendlichen Weiten von Alaska
Im Buch begeben wir uns an Protagonist Pauls Seite weit hoch in den Norden nach Alaska. Ein Ort, in dem man das Wort Wildnis noch hautnah fühlen kann, das voll ist von kleinen Ortschaften, die eigene kleine Welten für sich sind, isoliert, gerade im Winter mit nicht selten eigenbrötlerischen Einwohner. So fernab der “Zivilisation” inmitten von endlos erscheinen verschneiten Wäldern, fällt es nur allzu leicht an übernatürliche Schrecken zu glauben, dass muss auch Paul Gallo schnell feststellen und wir LeserInnen auch, denn die Schilderung der beklemmenden Atmosphäre in Dead’s Hand, Alaska, gelingt dem Autor wirklich gut. Die Leere der Einsamkeit, das spürbare Gewicht der Schneemassen und die verwirrende Eintönigkeit nackter Baumstämme, all das sind Bilder, die man beim Lesen im Kopf hat und die maßgeblich zur düsteren, grusligen Atmosphäre des Romans beitragen. Dabei braucht es lange gar keine echten übernatürlichen Begegnungen, allein die Stimmung vor Ort und die kleinen Andeutungen hier und da reichen aus, dass es einem selbst gemütlich auf dem Sofa sitzen kalt den Rücken runterläuft. Diese dichte, beklemmende Erzählweise hat mir sehr gut gefallen und lange Zeit war ich dadurch sehr angetan von dem Roman

Doch während mit Voranschreiten der Handlung die Stimmung immer aufgeladener und immer dichter wurde, und man sich als LeserIn auf ein spannendes Finale freute, enttäuschte mich dieses leider auf ganzer Linie. Es wird ziemlich schnell abgehandelt, der Showdown läuft an einem wie in Trance vorbei und plötzlich ist man am Ende des Romans angelangt. Zwar wurden die Fragen der Geschichte größtenteils alle beantwortet, aber irgendwie war es trotzdem unbefriedigend und will für mich nicht so recht zur sonst so stimmigen Atmosphäre des Buches passen. Als würde man mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen werden und dann versuchen wieder zurück in den Traum zu finden.

Fazit:


Knochenbleich hält den/die LeserIn lange Zeit mit einer gelungen, dichten und beklemmenden Atmosphäre inmitten von Alaskas unendlichen Wäldern in Atem, schafft es aber nicht, diese Spannung in ein anständiges Finale gipfeln zu lassen und verspielt so bedauerlicherweise am Ende ein paar meiner Sympathien für das Buch.

(Info: 4/6 im eigenen Bewertungssystem)

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Der Ehrgeiz ist für die Seele, was der Hunger für den Leib ist.

Ich, Lady Macbeth
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Ich gebe zu, ich bin kein Shakespeare Fan und historische Romane lese ich eigentlich auch weniger, trotzdem hat mich dieses Buch gleich gereizt, als ich es sah. Zum einen wohl wegen des tollen Covers zum ...

Ich gebe zu, ich bin kein Shakespeare Fan und historische Romane lese ich eigentlich auch weniger, trotzdem hat mich dieses Buch gleich gereizt, als ich es sah. Zum einen wohl wegen des tollen Covers zum anderen der immer wieder lesenswerte Ansatz weiblichen Figuren, die in ihren Ursprungsgeschichten “nur” eine Randrolle spielen, in den Fokus zu rücken. Also habe ich mein Wissen um das Drama nochmal aufgefrischt (ich wusste zwar, worum es in etwas ging, habe aber nochmal eine detaillierte Szenenzusammenfassung gelesen) und las neugierig drauflos.

Look like th’innocent flower, But be the serpent under’t
Schottland im frühen 12. Jahrhundert. Erst seit ca. 150 Jahren überhaupt vereint und noch kürzer von Christen regiert, ist das piktische Erbe der Region noch deutlich spürbar. So auch für Gruoch, die von Königen und Druidinnen gleichermaßen abstammt und es bald als ihre Pflicht sieht, beide Erben zu vereinen. Als dann eine Prophezeiung ihr eine Zukunft als Königin Schottlands voraussagt, ist ihr Ehrgeiz endgültig geweckt.

Die Autorin vermischt in ihrer Geschichte Shakespeares Lady Macbeth und die reale historische Person Gruoch ingen Boite. Sie nimmt Lady Macbeths Charakteristik als ehrgeizige, machtorientierte Frau, die auch über Leichen geht, um ihr Ziel zu erreichen, verknüpft sie mit überlieferten Ereignissen aus Gruochs Leben und fügt eigene Interpretationen und Ideen hinzu. Was herauskommt ist eine Erzählung, die Lady Macbeth aus ihrer reinen Rolle als Femme Fatale löst und versucht Kontexte und Erklärungen zu liefern, warum diese Frau, ist, wie sie ist. Das gelingt ihr mal mehr, mal weniger.
Gut gelungen, fand ich den Ursprung von Gruoch Ehrgeiz. So wie ihre Kindheit dargestellt wird, erscheint es logisch, dass das Mädchen an Prophezeiungen glaubt, zusammen mit einem ohnehin stolzen Charakter ist es dann kaum verwunderlich, wie aus der Prophezeiung ein Ziel und aus dem Ziel ein Lebenssinn wird. Ob man das gut oder sympathisch findet, sei dahingestellt, aber es macht Sinn. Wenn man als Kind eben ständig gesagt bekommt, man sei zu höherem bestimmt und das von den Personen, denen man am meisten vertraut, warum sollte ein Kind nicht dran glauben? So funktioniert Indoktrinierung eben.

Etwas schwächer fand ich den Mittelteil des Buches. Als hätte die Autorin Angst gehabt, dass Gruoch in ihrem Ehrgeiz den LeserInnen zu unsympathisch wird, wirkt es, als ob sie dies mit einer gewissen Unschuld auszugleichen versucht, die aber mehrheitlich leider eher in Naivität mündet. Gruoch hat ein klares Ziel, aber oft hatte ich das Gefühl, ihr fehlt der Biss, um es wirklich zu verfolgen, vielmehr scheint sie darauf zu bauen, dass alles ganz von allein so kommt, wie vorhergesagt. Das lässt sie dann streckenweise sehr passiv werden. Ich versehe, dass die Autorin wohl Gruochs menschliche und verletzliche Seite zeigen wollte, aber hätte das nicht trotzdem mit etwas mehr Eigeninitiative einhergehen können? Da habe ich mir manchmal doch Shakespeares planende und Intrigen spinnende Lady Macbeth gewünscht.
Im letzten Drittel wird dies dann etwas besser und das Buch hat mir wieder besser gefallen.

Fazit:


Auch ohne Shakespeare Fan zu sein, hat mir das Buch insgesamt ganz gut gefallen. Ich mochte die Verschmelzung von literarische Vorlage, historischen Fakten und eigene Ideen der Autorin, hätte mir aber im Mittelteil etwas mehr Initiative seitens der Protagonistin gewünscht

(Info: 4/6 im eigenen Bewertungssystem)

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Veröffentlicht am 25.02.2024

Mein erster Moers wird nicht mein letzter sein

Der Schrecksenmeister
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Walter Moers ist eine Größe der deutschen phantastischen Literatur. Jeder, der sich hier bei uns irgendwie mit diesem Genre beschäftigt, wird unweigerlich irgendwann auf diesen Namen stoßen. Seine Bücher ...

Walter Moers ist eine Größe der deutschen phantastischen Literatur. Jeder, der sich hier bei uns irgendwie mit diesem Genre beschäftigt, wird unweigerlich irgendwann auf diesen Namen stoßen. Seine Bücher führen Bestsellerlisten an und haben einige Preise eingeheimst und nun komme ich und gestehe: Ich hatte bisher noch nie etwas von ihm gelesen 🙈 Das sollte sich dieses Jahr ändern, meintet auch ihr und habt prompt, das einzige Buch von ihm, das ich besitze auf die Friend’s Choice Liste gesetzt. Euer Wunsch, ist mein Befehl, doch wie hat mir meine erster Moers gefallen?

Von einem Krätzchen, das auszog sein Fett zu retten
Bevor ich mit dem Lesen ebgann hatte ich ein bisschen zu dem Roman recherchiert. Ursprünglich, um herauszufinden, ob ich ihn ohne Vorkenntnisse anderer Zamonien Bände lesen könnte, stieß ich schon bald auf die Information, dass der Roman von Gottfried Kellers Spiegel, das Kätzchen inspiriert ist, ja man könnte es bereits als Adaption bezeichnen. Da wurde ich nun hellhörig und beschloss mir zuerst das Original zu Gemüte zu führen, was ich in Form eines Hörbuchs auch tat.
Vollgepackt mit diesem neuen literarischen Wissen (die Novelle ist übrigens sehr empfehlenswert) begann ich dann mit dem Schrecksenmeister und kam natürlich nicht umhin, Parallelen zu Kellers Werk zu suchen.

Die Grundhandlung ist definitiv dieselbe, sodass man die zamonische Variante durchaus als Adaption verstehen kann: Ein vom Glück verlassenes Kätzchen oder in unserem Fall Krätzchen trifft hungernd auf den bösen Zauberer Eißpin. Um dem nahenden Hungertod zu entgehen, geht das Krätzchen einen unheilvollen Pakt mit ihm ein: Der Zauberer wird das Krätzchen mästen, ihm Unterschlupf bieten und pflegen, doch im Gegenzug bekommt er, wenn die Zeit reif und das Krätzchen gemästet ist, dessen Fett (was dieses natürlich leider nicht unbeschadet abgeben kann). Soweit, so ähnlich. Mit dem Vorwissen von Kellers Vorlage macht das Erkunden der zamonischen Variante viel Spaß, wobei Moers natürlich, wie ich es bei seinem Ruf erwartet hatte, so viel mehr aus der Novelle macht, als sie einfach nach Zamonien zu verlegen.

Für mich war es ja der allererste Ausflug nach Zamonien, doch ich hatte überhaupt keine Probleme mich in der Welt zurechtzufinden. Vorteil ist hier, dass der Schrecksenmeister einen eher beschränkten Handlungsraum hat. Die ganze Geschichte spielt in der Stadt Sledwaya und der Großteil der Handlung im Schloss von Eißpin. Das Buch ist in meinen Augen daher ideal, um Moers Stil kennenzulernen, ohne gleich von ganz Zamonien erschlagen zu werden. Und dieses kennenlernen lohnt sich!
Da ist zu einem Moers Sprache, die mich in ihrer Gewitztheit und der Vorliebe für Sprachwitze sehr an Michael Endes Wunschpunsch erinnert hat, ein Buch, das ich liebe und auch bei Moers beeindruckt mich die Kunst, mit der er alle Kapriolen der deutschen Sprache ausnutzt und mit ihnen spielt. Herrlich. Insbesondere, weil er dies mit viel Humor tut. Ich hörte ja schon vorher, dass Moers Bücher großartigen Humor besitzen und kann dies nun selber bestätigen. Sei es, wenn es um Fjodor F. Fjodor, den einäugigen Schuhu geht, der ganz stolz Fremdwörter völlig falsch nutzt, die Schreckse Izanuela mit strenger Käsediät und stolze Besitzerin eines Käsemuseums, die zweitausendvierhundertachtundreißig Ledermäuse (die sich Echo alle einzeln vorstellen) und und und. Man kommt aus dem schmunzeln gar nicht mehr raus udn das Lesen macht wirklich vergnügen. Überhaupt gibt es nur ganz wenige Autoren auf dieser Welt, die solch einen Ideenreichtum und Liebe zum Detail besitzen. Hinter jeder Ecke warten neue fantasievolle Geschöpfe, neue Wunder und so wie Echo vom Schrecksenmeister die abenteuerlichsten Gerichte serviert bekommt, entdeckt man als LeserIn auf jeder Seite neues und phantastisches.

Ich weiß, die Rezension droht viel zu lang zu werden, aber neben dem Stil von Walter Moers, möchte ich ach noch ein paar Worte zur Handlung verlieren. Wie bereits erwähnt, orientiert sich die grobe Handlung an Kellers Novelle, doch wo im Original das Kätzchen zügig aus eigener Kraft den Zauberer überlistet, braucht Echo deutlich mehr Hilfe, trifft dafür aber eben die tollsten Gestalten. Einziger Wermutstropen dabei war für mich, dass manche dieser Begegnungen doch eins, zwei Seiten kürzer hätten ausfallen können. Ich hatte gerade im letzten Drittel das Gefühl, dass sich Echo viel im Kreis dreht und hätte mir doch gewünscht, dass er ein bisschen eigenständiger und zügiger handelt.
Das wirklich faszinierende an dem Buch, war daher für mich auch nicht Echo, sondern der Schrecksenmeister Eißpin und wie Moers es schafft, dass man abwechselnd ekel und Sympathie für diesen komischen Kauz entwickelt. So, mit den Gefühlen der LeserInnen für einen Antagonisten zu spielen ist große Klasse und trug für mich auch viel zur Spannung bei, da ich dadurch nicht wusste, wie das Buch enden würde. Wird Eißpin besiegt, oder durchlebt er eine Wandlung und lässt Echo von sich aus frei? Alles erschien bis kurz vor Schluss möglich und was es nun geworden ist, verrate ich euch natürlich nicht, da müsst ihr das Buch schon selber lesen, es lohnt sich 😉

Fazit:


Meine erster Ausflug nach Zamonien wird definitiv nicht mein letzter sein. Walter Moers hat all seine Lobpreisungen redlich verdient, indem er mit einer Sprachgewandheit, viel Witz und Ideenreichtum ein außergewöhnliches literarisch-kulinarisches Abenteuer erschaffen hat, dessen Genuss in vielerlei Hinsicht pures vegnügnen ist, da verzeihe ich ihm auch die ein oder andere lang gezogene Szene.

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