Diesen Comic habe ich zufällig bei meinem Streifzug durch die Bibliothek entdeckt. Ich selbst bin in Berlin geboren und aufgewachsen, ebenso wie meine ganze Familie seit mehreren Generationen. Wir sind ...
Diesen Comic habe ich zufällig bei meinem Streifzug durch die Bibliothek entdeckt. Ich selbst bin in Berlin geboren und aufgewachsen, ebenso wie meine ganze Familie seit mehreren Generationen. Wir sind Berliner Urgestein, wie man so schön sagt. Daher hat mich dieser Comic sofort angesprochen und musste direkt mit.
Nicht nur was für Touristen
In dem Comicband bekommen wir als Leser*in 24 Mythen rund um Berlin präsentiert. Erzählt werden sie von dem Berliner Taxifahrer Ozan. Er fährt seine Gäste zu jedem gewünschtem Punkt in der Stadt und erzählt ihnen dabei allerhand Kurioses und Interessantes über die Zielorte. Diese Art des Erzählens hat mir ausgesprochen gut gefallen, denn zu einem ist Ozan einfach nur sympathisch und witzig und zum anderen bekommt das ganze dadurch diese volkstümliche Note, die Mythen als Medium des Erzählens so eigen ist.
Und was der Ozan da so erzählt, ist wirklich spannend. Selbst für mich als waschechte Berlinerin waren viele Dinge neu. Man lernt die Stadt mit ganz neuen Augen kennen und entdeckt Orte, an die man sonst einfach nur vorbeigelaufen wäre. Schön ist dabei auch die Stadtkarte, die vorne und hinten im Band abgedruckt ist und auf der alle Schauplätze der einzelnen Mythen verzeichnet sind. Wer also nach der Lektüre neugierig geworden ist, kann direkt losmarschieren und die Orte selbst erkunden, wenn er oder sie mag.
Die Mythen sind sehr abwechslungsreich und bewegen sich von kurios witzig, zu tief bewegend und wieder zurück. Ikonen wie Marlene Dietrich oder David Bowie finden ebenso Erwähnung, wie der lange in Vergessenheit geratene Sinti Boxer Johann “Rukeli“ Trollmann. Auch ziemlich viel Geschichte ist dabei. So erfahren wir warum ein Berliner Junge mit dem Panzer zur Schule eskortiert wurde, was es mit den Rosinenbomber und “Onkel Wackel-Flügel” auf sich hat, oder wie sich die Amerikaner fast nach Ostberlin gebuddelt hätten. Diese Vielfalt ist für mich eine der großen Stärken dieses Comicbandes.
Aber auch optisch können die ca. 2-8 Seiten langen Comics sich sehen lassen. Reinhard Kleist hat einen klaren und doch ausdrucksstarken Stil. Seine Panele sind niemals zu voll oder überfüllt und doch schafft er es auf wenige Seiten tiefgründige Geschichten zu erzählen, die wahlweise einen zum Lachen, ins Grübeln oder zum Nachdenken bringen, einen in jedem Fall aber berühren und sehr menschlich wirken.
Ebenso gut gefallen hat es mir, dass es zu jedem Mythos noch ein kurzes Vorwort gibt, das den Mythos kurz vorstellt und auch in den historischen Kontext setzt. Denn wie es bei Mythen eben so ist, nicht alles ist wahr, doch es ist viel Wahres dann. Mitunter hätte man allerdings diese Einordnung lieber dem Comic hinten angestellt, als sie davor zu setzten, denn manchmal verraten sie schon die Pointe des Comics. Dafür gibt es einen halben Punkt Abzug.
Den anderen halben Punkt Abzug gibt es für die Tatsache, dass dieser Comicband wenig Neues enthält, wenn man die Comic bereits vorher im Zitty gelesen hat. Die einzelnen Mythen erschienen nämlich von 2013 bis 2015 im Berliner Stadtmagazin Zitty. Dieser Comicband ist die Sammlung davon und von den 24 Geschichten, ist lediglich die letzte rund um Trollmann neu, der Rest erschien bereits im Magazin. Das finde ich ein bisschen wenig. So wenigstens fünf unveröffentlichte Mythen hätten es in meinen Augen schon sein sollen, damit dieser Band auch für Fans der ersten Stunde einen richtigen Mehrwert hat. Berlin gibt dafür auf alle Fälle noch genug her.
Fazit:
Mit dem Taxi durch Berlins Stadtgeschichte. Ausdrucksstark gezeichnet und amüsant erzählt, erfährt in diesem Comicband nicht nur der Berlintourist allerhand Neues über die Hauptstadt. Auch waschechte Beliner können hier noch so einiges Kurioses, Spannendes, und Berührendes über die eigene Stadt erfahren. Den einen Punkt Abzug gibt es lediglich dafür, dass die Vorworte manchmal zu viel vom Comic verraten und es nur einen neuen Comic gibt, der nicht bereits im Zitty veröffentlicht wurde.
Dieses Buch hatte mich vor allem durch seine aktuelle Thematik gereizt. Gerade in Bewerbungsgesprächen bez. dem Berufsalltag allgemein spielt die Familienplanung bei Frauen eine abnorm große Rolle, während ...
Dieses Buch hatte mich vor allem durch seine aktuelle Thematik gereizt. Gerade in Bewerbungsgesprächen bez. dem Berufsalltag allgemein spielt die Familienplanung bei Frauen eine abnorm große Rolle, während Männer zumeist noch nicht mal danach gefragt werden. Ebenso wird leider in der medialen Berichterstattung über Frauen immer noch mehr über Äußerlichkeiten geschrieben, als über Leistungen.
"Die Rolle eines Mannes als Vater, Anzugträger oder Ehemann rückt dann in den Fokus, wenn es darum geht, ihn als Vater, Anzugträger oder Ehemann zu porträtieren. Bei einer Frau dagegen sind Klamotten, Aussehen und Familienpflichten immer ganz automatisch und ohne jede Überleitung Thema."
(Was Männer nie gefragt werden von Fränzi Kühne, Fischer Verlag, 2021, S. 15.)
Umso interessanter fand ich den Ansatz dieses Buches diese unangenehmen bis übergriffigen Fragen mal Männern zu stellen.
Das ist Fränzi Kühnes Buch
Ich muss zugeben, als ich das Buch begann, war ich zuerst etwas überrascht. Ich hatte eine Sammlung von Interviews erwartet und dann eventuell eine daran anschließende Auswertung und Einordnung. Doch Autorin Fränzi Kühne baut ihr Buch anders auf. Statt die kompletten Interviews wiederzugeben, behandelt jedes Kapitel einen Abschnitt des Fragenkatalogs. Die Autorin fasst dann dort die Antworten der Befragten zusammen, geht auf einige ausgewählte Aussagen kommentierend ein und äußert zugleich ihre eigenen Gedanken und Einschätzungen zu der jeweiligen Thematik. Dadurch verschiebt sich meiner Meinung nach der Fokus des Buches etwas. Weg von den Interviewten und hin zur Autorin. Zu ihren Gedanken, Überlegungen und Einstellungen. Es ist durch und durch Fränzis Buch. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die zahlreichen Anekdoten der Autorin.
Prinzipiell fand ich das nicht so schlimm, nachdem man sich erst von der ursprünglichen Erwartung verabschiedet und darauf eingelassen hat, denn mir persönlich war Fränzi Kühen sehr sympathsich. Ihre offene, lockere Art spiegelt sich auch in ihrem Schreibstil wieder, was das Lesen dieses Buches durchaus angenehm und unterhaltsam macht.
Zu wenig Konfrontation
Doch so gerne ich mal mit der Autorin einen Tee trinken gehen würde um zu plaudern, ich bin mir nicht sicher, ob sie für die Umsetzung ihrer Idee nicht jemand anderes ins Boot hätte holen sollen. Fränzi führt alle Interviews selbst, hat aber bis dato solche nur in der Rolle der Befragten geführt und dementsprechend überhaupt keine Erfahrung als Interviewführende und das merkt man leider deutlich. Es geht leider sogar so weit, das man spürt, dass ihr diese Rolle eher unangenehm ist, und sie viel Wert darauf legt, dass auch das Gespräch freundlich, nett und “angenehm” bleibt. Damit verschenkt sie jedoch eine Menge von dem Potenzial der ursprünglichen Idee, nämlich Männern mit sexistischen Fragen zu konfrontieren. Von einer Konfrontation kann nämlich kaum noch gesprochen werden. Fränzi stellt ihre Fragen sehr umsichtig und vorsichtig und gibt den Interviewten viel Raum und Zeit sich ihre Antworten zurechtzulegen und sich selbst ins rechte Licht zu rücken. Hier hätte es in meinen Augen jemand mit journalistischer Erfahrung gebraucht, der die Männer aus der Reserve gelockt hätte. Der mehr nachgehackt hätte und ja, auch aggressiver gewesen wäre (natürlich immer noch im Rahmen journalistisch ethischer Richtlinien).
Die fehlende Konfrontation und Vehemenz während des Interviews zeigt sich dann auch deutlich bei der letzten gestellten Frage. Die interviewten Männer wurden gefragt, ob sie das Interview als unangenehm empfanden. Fast alle verneinten es und stellten lediglich fest, dass sie über manche der Fragen noch nie nachgedacht haben. Sexismus oder Übergriffigkeit, die viele Frauen in Interviews empfinden, spürten die Männer nicht und das lag in meinen Augen weniger an der Einstellung der Männer, so wie es sich die Autorin erklärt, sondern vielmehr an der soften Interviewführung und den harmlosen Fragen.
Interessante Überlegungen, jedoch durcheinander
Nun ist es nicht so, dass man aus der Lektüre dieses Buches so gar nichts mitnehmen könnte. Sowohl von der Autorin, als auch von einigen Interviewten kommen interessante Einschätzungen zum weiblichen Rollenbild, der Familienplanung und der Stellung der Frau im Berufsalltag. Einige Sätze von Fränzi Kühne decken die Missstände dabei sehr pointiert und deutlich auf, so z.B. wenn sie zusammenfasst, warum sich Frauen immer wieder für das Erreichen von Leistungen oder ihre Eignung für ein Amt/berufliche Position rechtfertigen müssen:
"Von Männern lässt man sich die Welt erklären, Frauen dagegen müssen beweisen, dass sie die Welt verstanden haben."
(Was Männer nie gefragt werden von Fränzi Kühne, Fischer Verlag, 2021, S. 186.)
Solche treffenden Aussagen sind Lichtblicke in diesem Buch, leider muss man sie mitunter etwas suchen. Denn auch wenn die Gedankengänge der Autorin nicht uninteressant sind, verliert sich doch gerade ab der Hälfte des Buches hin und wieder ihren Fokus und fängt an sich unnötig lange an Nichtigkeiten aufzuhalten. Es mag dem grundlegenden Aufbau dieses Buches geschuldet sein, dennoch etwas mehr roter Faden, wäre schön gewesen, dann hätten die Kernaussagen mehr Wucht gehabt.
Fazit:
Die Idee hinter diesem Buch finde ich immer noch genial und sehe es weiterhin als eine Auseinandersetzung die durchgeführt werden muss. In der Umsetzung schwächelt dies jedoch, was vor allem an der mangelnden journalistischen Erfahrung der Autorin und dem Aufbau des Buches lag. Das Buch bietet durchaus einige interessante Einblicke in die Denkweise mancher Männer und auch einige treffende Erkenntnisse zum Rollenbild der Frau, gerade in der Berufswelt, die zwar nicht zwangsweise neu, aber dafür pointiert und aussagekräftig sind, weswegen ich trotz Kritik dazu rate dieses Buch mal zu lesen und sich damit auseinander zu setzten.
Dieses Buch hat mich weniger vom Cover, als vielmehr vom Klapptext her angesprochen. Ich erhoffte mir eine spannende postapokalyptische (NEIN Piper, das ist KEINE Dystopie, Know Your Terms!) Geschichte ...
Dieses Buch hat mich weniger vom Cover, als vielmehr vom Klapptext her angesprochen. Ich erhoffte mir eine spannende postapokalyptische (NEIN Piper, das ist KEINE Dystopie, Know Your Terms!) Geschichte mit Humor und eine Prise Liebe. Was ich jedoch stattdessen bekam, hat mir leider kaum zugesagt.
Achtung: Diese Rezension enthält Spoiler!!!!
(Das Fazit kann aber gefahrlos gelesen werden)
Jung, dumm und kein Plan
Das Szenario ist schnell erzählt: Alle Menschen auf der Welt verschwinden von der einen Sekunde zur anderen. Nur Protagonistin Ariadne und eben Sanghyun bleiben übrig. Wir haben 99% des Buches genau zwei Charaktere und beide konnte ich nicht leiden. Eine mehr als schlechte Voraussetzung für das Buch. Ariadne war mir schon auf den ersten Seiten sehr unsympathisch. Sie ist ein völlig antriebsloser, langweiliger und reizloser Mensch. Hat keine Ziele Träume oder Wünsch außer, “Nicht tun, was Daddy will”. Es ist ok, in seinen 20er in einer Orientierungsphase zu sein, sich auszuprobieren, Lebenswege zu verwerfen und auf der Suche zu sein. Aber Ariadne ist nicht auf der Suche, sie will nichts und macht einfach nichts, so gar nichts. Dass sie gleichzeitig darüber lamentiert, als Studentin nur eine 40m² Wohnung für sich allein zu haben, machte sie mir noch unsympathischer, denn mal im Ernst, an alle Studenten da draußen, wie viele Leute ohne reiche Eltern kenn ihr, die 40! m² Raum ganz für sich allein ihr Eigen nennen können. Klar sowas sind Kleinigkeiten, führten aber eben nicht dazu, dass ich Ariadne mochte.
Hinzu kommt, dass Ariadne auch nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte ist. Für ihre 20 Jahre hat sie ein wirklich miserables Allgemeinwissen. Das zeigt sich dann überdeutlich, als sie plötzlich auf sich allein gestellt ist und null Ahnung von irgendwas hat. Auch sonst bringt sie keinerlei nennenswerte Fähigkeiten mit, weshalb ich es mit Fortschreiten der Handlung immer schwieriger fand sie zu begleiten, ohne in einem fort genervt aufzustöhnen.
Insgesamt muss man leider auch sagen, dass die beiden Charaktere auch sehr blass blieben. Sie haben kaum Hintergrund und auch keine wirklichen Ziele, Träume, Wünsche etc. Das gilt für Ariadne genauso, wie für Sanghyun, der einfach ein netter kleiner Sunnyboy ist, aber genauso unwissend wie Ariadne, was mitunter schon gefährlich wird: Als Ariadne nämlich, nachdem sie schlechtes Fleisch gegessen hat, Magenprobleme bekommt, sagt Sanghyun: “Ich weiß zwar nicht was du hast. Nimm aber sofort irgendwelche Medizin, egal was!” Ähm ja, ist klar. Es ist ein wahres Wunder, dass keiner von den Beiden Darwin Award mäßig draufgegangen ist.
It’s a Match
Kommen wir zurück zur Handlung. Ich gebe zu, die ersten 30 Seiten in denen Ariadne sich allein in einer menschenleeren Welt bewegt und zwischen Tollerei, Wahn und Verzweiflung schwankt waren noch ganz unterhaltsam, doch damit ist es dann vorbei, sobald sie online auf Sanghyun trifft. Was folgt ist eine Liebesgeschichte im Chat/Skype Style die praktisch genauso auch ohne Apokalypse funktioniert hätte. Statt spannendes Endzeitabenteuer mit einer Prise Liebe, bekam ich Liebestory im Tinderyle mit einer Prise Endzeit. Wenn denn wenigstens der Austausch zwischen den Beiden interessant gewesen wäre, hätte ich es dem Roman ja noch verzeihen können und die Schuld dem Verlag fürs falsche Marketing zugeschoben, aber sie sind es nicht. Der Großteil ist langweiliges Gesülze ohne Tiefe, gepaart mit ein paar ach so witzigen Sprüchen. Schon nach der Hälfte des Buches (ich erinnere, es sind sowieso grade mal 272) habe ich begonnen immer dann vorzublättern, wenn die Beiden sich kontaktieren und ich habe inhaltlich überhaupt nichts verloren, was nur zeigt wie belanglos und inhaltsleer diese Gespräche waren.
Logikfehler wohin man sieht
“War denn wenigstens das Endzeitszenario spannend?”, fragt ihr euch jetzt vielleicht. Naja, nicht wirklich, was vor allem daran lag, dass die Autorin es auf Kosten der Logik ihren Figuren sehr leicht machte. Bis auf eine selbst verursachte Lebensmittelvergiftung und ein paar aggressiven Hunde läuft es eigentlich ganz okay in der Apokalypse. Der Strom ist noch monatelang da und fällt nur vereinzelt aus, ein paar Brände brechen aus, aber auch das vereinzelt. Schon allein diese Schilderung ist völlig unlogisch.
Nehmen wir den Strom. Die meisten Kraftwerke haben einen automatisierten Schutz vor Überspannung der Leitungen, dieser sorgt dafür, dass Kraftwerke vom Netz gehen, sollte genügend Strom bereits vorhanden sein. Da in den Stunden vor dem Verschwinden normal produziert wurde und von einer Sekunde zu anderen der Verbrauch drastisch sank, dürften die meisten fossilen Kraftwerke schon nach einigen Stunden vom Netz gegangen sein. Auch Solar- und Windkraftwerke schalten sich nach einigen Tagen ohne Wartung ab. Nichts da also mit monatelangem Strom oder Handynetz, wie im Buch, den letzteres gäbe es ohne Strom auch nicht mehr
Noch gravierender dürften die Atomkraftwerke sein. Deren Kühlwasser dürfte nach a. einem Monat aufgebraucht sein. Hat das Kraftwerk keinen Schutz für diese Fälle überhitzt der Reaktor und es kommt zum Supergau (vereinfacht gesagt, so geschehen in Tschernobyl), heutzutage haben zwar viele Atomkraftwerke eine Automatik, die in diesem Fall den Reaktor runterfährt, allerdings durch die eben erwähnten Schutz vor Überspannung kann diese gestört werden und es kommt ebenfalls zum Supergau (so geschehen in Fukushima). Lille, die Stadt in der Ariadne lebt, liegt zwischen zwei Atomkraftwerken: Chooz (in Luftlinie ca. 136 km entfernt) und Gravelines (ca. 77 km). Das ist zwar außerhalb der jeweiligen Todeszonen, wenn aber dutzende Kraftwerke in Europa gleichzeitig ihren Gau haben, dürfte trotz der Schutzhüllen der Reaktoren so einiges an nuklearen Material entweichen. Ariadne hätte es also trotz Stromausfall mit einem strahlenden Europa zu und ich bezweifle, dass es in China besser aussähe.
Dann wären da noch die Tiere, auch in Punkt der immer wieder im Roman Erwähnung findet und völlig unrealistisch behandelt wurde. Im Roman sterben nur die Tiere, die gefangen sind. Allem, was sich befreit oder auf einer Weide stand, gehts halbwegs gut. Vom kleinen Terrier bis zum Pony. Tatsächlich wären die kleinen Hunderassen wie Chihuahua, Bulldoggen, Minipudel etc., schon nach kurzer Zeit tot, da sie sich im Kampf um Nahrung mit den größeren Tieren nicht messen könnten.
Und wenn man jetzt sagt “Ja du bist halt ein Nerd, dass du sowas weiß” Nein bin ich nicht. Alles was ich gerade genannt habe beruht auf ca. 30 min Recherche im Internet, mehr nicht. Und wenn ich das schaffe, kann man von einer Autorin ja wohl auch erwarten, wenigstens minimale Rechercheanforderungen zu erfüllen. Zumal im Roman auch so einige Fehler sind, die einfach nur zum Haare raufen sind. So wird zum Beispiel behauptet, man könne erkennen, dass jemand kein naturblondes Haar hat, weil diejenige braune Augen hat. Aha. Es gibt also nur blauäugige blonde Menschen? Das grenzt ja schon an den Quatsch vom Arier Ideal, auch wenn ich in dem Fall der Autorin nichts unterstellen möchte und eher denke, dass das “einfach” eine Ausgeburt von Unwissenheit, oder schlechter Formulierung war. Ich hoffe es zumindest.
Und das Ende vom Lied
Ich fasse also mal zusammen: Wir haben zwei Toastbrot blasse Protagonisten, die in einem unlogischen udn aufgeweichten Endzeitszenario eine 0815 Liebestory ohne Tiefe nachkommen. Als Leser schleppt man sich zwischen Süßholzgeraspel und semigefährlichen Situation dahin, denn a) ist das Buch ja nicht lang und b) will man wenigstens wissen, was mit den Menschen passiert ist und dann kommt das Ende. Ja, was soll ich dazu sagen, außer: Was für eine Zeitverschwendung. (erneute Warnung: Fetter Spoiler:) Am Ende stellt sich nämlich raus, Ätschibätsch ist alles nicht passiert. Die Uhr wird nahtlos zurückgedreht, alle Menschen sind wieder da. Nur Ariadne und Sanghyun erinnern sich an die vermeintliche menschenleere Zeit und lieben sich jetzt natürlich sehr. Wieso weshalb, warum das ganze? Wer weiß. Immerhin werden wir nicht mit einer fadenscheinigen Erklärung abgespeist, die Autorin gibt nämlich einfach gar keine. So kann man es natürlich auch machen … Nicht.
Fazit:
Im ersten Moment dachte ich: “Ok vielleicht sollte ich einfach die Jugendbücher sein lassen, ich bin zu alt dafür” Aber im nächsten dachte ich an zahlreiche Jugendbücher, die mich auch heute noch begeistern und komme zum Schluss, es liegt nicht an mir, sondern diesem Buch. Es ist einfach nicht gut. Zu flach, zu fad und voller Logikfehler. Das einzig unterhaltsame sind die Tiere und die vernünftigsten sind sie auch und das sagt doch schon alles. Ein Punkt gibt’s von mir und einen für den Fall, das ich mich irre und doch einfach nur zu alt dafür bin.
Dieses Buch fand seinen Weg als Überraschungspost zu mir aber ich hätte es mir auch so oder so zugelegt, denn es ist mir schon im Winter, als ich die Neuerscheinungen dieses Jahres durchging ins Auge gesprungen. ...
Dieses Buch fand seinen Weg als Überraschungspost zu mir aber ich hätte es mir auch so oder so zugelegt, denn es ist mir schon im Winter, als ich die Neuerscheinungen dieses Jahres durchging ins Auge gesprungen. Und an Bücher mit Bezug zum antiken Griechenland/der griechischen Mythologie kann ich sowieso nicht vorbeigehen. Daher begann ich dieses Buch voller Freude und mit hohen Erwartungen, doch konnten diese erfüllt werden?
Ein Fest für jeden “Antike-Nerd”
Ich habe das ja schon mal bei meiner Rezension zu Ich bin Circe erwähnt: Als ehemalige Klassische Archäologie Studentin bin ich bei Mythologie Adaptionen etwas pingelig. Ich gestehe jedem Autor/in künstlerische Freiheiten zu, aber ich mag es absolut nicht, wenn ich beim Lesen spüre, dass der Autor oder die Autorin sich nur Sachen aus der Mythologie herausgepickt hat, sich aber nicht wirklich mit ihnen und den Quellen beschäftigt hat.
Zum Glück musste ich mir darüber in Die Götter müssen sterben überhaupt keine Sorgen machen, denn dieses Buch strotzt nur so vor guter Recherche. Ich glaube Nora Bendzko hat neben Standardwerken wie die Ilias wohl gefühlt jede Überlieferung und Quelle zu den Amazonen gelesen, die es gibt. Das spürt man auf jeder einzelnen Seite und hat mich schwer begeistert. Selbstverständlich ist ihre Geschichte keine eins zu eins Adaption des Amazonenmythos oder der Ilias, aber die Autorin flechtet wirklich gekonnt allerhand Figuren und Ereignisse aus den Mythen ein. Auch wenn sie die Handlung deutlich von den Überlieferungen unterscheidet, fühlt es sich trotzdem wie eine natürliche Ergänzung an. Eine Erweiterung der Mythen, die nicht im Widerspruch zu ihnen steht, eine neue Perspektive im Kanon, eine Stimme für jene Gestalten, die sonst zu kurz kommen. Wirklich, ich habe hier absolut nichts zu meckern.
Es lebe die Diversität!
Diese Liebe zur Mythologie ist ein guter Grund Die Götter müssen sterben zu lesen, ein weiterer Grund ist auf jeden Fall die Diversität in diesem Buch. Zum einen ist ein Großteil der Charaktere PoC, was ja auch Sinn ergibt, wo die Amazonen von den Griechen in Anatolien, Libyen und am schwarzen Meer verortet wurden. Dann spielen diverse Formen von Sexualität und Geschlechteridentitäten eine Rolle. So werden in diesem Buch Homosexualität, Asexualität, Nichtbinäre Geschlechtsidentität oder auch Polyamorie behandelt. Die Amazonen sind in dieser Hinsicht eine sehr offene und tolerante Gesellschaft und die Autorin behandelt alle Identitäten udn Sexualitäten sehr respektvoll und umsichtig. Das wird besonders deutlich, wenn die Autorin von ihren Vielseligen spricht, Menschen, die beim Amazonenvolk leben und sich weder als Frau, noch als Mann identifizieren. Anstatt seltsame sie/er Doppelkonstellationen oder das herabwürdigende “es” zu benutzen, nutzt die Autorin einfach das Pronomen sier, also eine Mischung aus beidem. Beim ersten Lesen stolpert man noch ein bisschen darüber, aber die Autorin nutzt diese s Pronomen so konsequent und natürlich, dass es einem bald schon gar nicht mehr auffällt. So leicht kann es gehen! Und da sage noch jemand, gendern störe den Lesefluss.
Als wäre das noch nicht genug, baut Nora Bendzko aber noch weitere sensible Themen ein. So findet z. B. auch das Thema Depression Beachtung. Bei all dieser Fülle könnte man denken, dass es zu überladen oder gewollt wirken würde, oder nicht mehr in das antike Setting passt, aber dem ist nicht so. Die Autorin beweist hier großes Schreibtalent, indem es ihr gelingt diese Vielzahl an Themen elegant zu verknüpfen und mit ihrem Amazonenmythos zu verweben. An dieser Stelle möchte ich auch explizit das Nachwort loben. In diesem geht die Autorin nämlich nochmal genauer auf den Umgang mit diesen Themen ein, schreibt aber auch viel über ihre eigene Auseinandersetzung mit diesen und auch ihre Recherche. Selten habe ich ein so eindrückliches Nachwort gelesen, das hallt bei mir fast schon ebenso sehr nach, wie der ganze Roman.
Auch die Amazonen sind nicht perfekt
Bei all der Fortschrittlichkeit in Bezug auf der Auslebung der eignen Sexualität, idealisiert sind Bendzkos Amazonen trotzdem nicht. Sie bleiben ein Produkt der Antike und leben daher zu einem Teil auch weiter deren Norm. So finden sich Sklaverei, Gewalt, Ausgrenzung und starke Hierarchien auch in der Amazonengesellschaft. Ich habe schon kritische Stimmen zu diesem Punkt gelesen, aber mir hat es ehrlich gesagt gefallen. Eine vollkommen offene, in allen Punkten tolerante und fortschrittliche Gesellschaft, hätte ich innerhalb dieses Settings als zu idealisiert und unpassend empfunden, daher finde ich, dass die Autorin hier einen guten Mittelweg gefunden hat. Zudem werden genannte fragliche Praktiken ja auch nicht idealisiert oder verherrlicht, im Gegenteil es finden sich immer wieder Figuren, die die grausamen Rituale oder die Sklaverei bei den Amazonen kritisieren.
Wo wir beim Thema Brutalität wären. Da ich schon so einige Dark Fantasy Romane gelesen habe, bin ich da wohl nicht der Maßstab für. Tatsächlich empfand ich die Beschreibungen von Gewalt im Vergleich zu anderen Romanen des Genres noch ganz erträglich, aber wie gesagt, ich bin da echt kein Maßstab.
Als Letztes möchte ich ganz kurz noch etwas zur Handlung sagen, denn hier findet sich der einzige Punkt, den man von meiner Seite aus als Kritik werten könnte, denn nach einen überragenden Einstieg gestaltet sich die erste Hälfte etwas ruhiger, fast schon zu ruhig. Wir lernen die Amazonen und ihre Lebensweise kennen, dafür nimmt sich die Autorin viel Zeit, aber gerade als ich begann mein Interesse zu verlieren und mir mehr Tempo zu wünschen, bekommt die Handlung eine Wendung und das Tempo wird spürbar angezogen, weswegen ich nicht wirklich dafür einen Punkt abziehen möchte. Es sei trotzdem festgehalten, dass die zweite Hälfte noch etwas besser als die erste ist, und wer beim Lesen der ersten 200 Seiten spürt, wie Langeweile aufkommt, sollte durchhalten, es wird besser, viel besser.
Fazit:
War die erste Hälfte des Buches noch unterhaltsam, aber nicht überragend, konnte mich das Buch mit der zweiten Hälfte völlig überzeugen. Besonders die Diversität der Figuren, der Umgang mit sensiblen Themen und auch die enge Nähe zu den ursprünglichen Mythen haben mich begeistert. Aber auch wer nur einen richtig spannenden Dark Fantasy Roman lesen will, kann hier beherzt zugreifen, denn oft ist Die Götter müssen sterben auch “einfach nur” spannend, blutig und mitreißend.
Vor 44 Jahren hat Günther Wallraff zum ersten Mal die Machenschaften und schockierenden Methoden der BILD Zeitung aufgedeckt. Doch hat sich seit 1977 bei der BILD etwas geändert? Dieser Frage gehen die ...
Vor 44 Jahren hat Günther Wallraff zum ersten Mal die Machenschaften und schockierenden Methoden der BILD Zeitung aufgedeckt. Doch hat sich seit 1977 bei der BILD etwas geändert? Dieser Frage gehen die Autoren Schönauer und Tschermak in diesem Buch nach. Die Beiden sind "BILD Experten", denn beide Autoren sind bez. waren Chefredakteur des BILDblog, einem Blog der aufmerksam die Berichterstattung des Boulevardblattes verfolgt, auf Fehler, Lügen und Ungenauigkeiten hinweist und korrigiert.
BILD dir deinen Hass
Nun stellt sich vielleicht bei einigen die Frage, warum braucht es überhaupt dieses Buch? Wer liest denn schon noch Zeitung, alles halb so wild, mag man vielleicht denken und es stimmt, die Auflage der BILD Zeitung geht stetig zurück (wie auch von allen anderen Printzeitungen). Doch BILD.de hingegen wächst immer weiter. Im Mai 2021 war BILD.de mit 477,3 Mio Seitenaufrufen im Monat die mit Abstand meistbesuchte Nachrichtenseite Deutschlands. Zum Vergleich: Der Zweitplatzierte n-tv.de kam gerade mal auf 273,79 Mio Seitenaufrufe (Quelle: Statista). BILD wird also doch gelesen.
Was will ich mit diesem langen Vorgerede eigentlich sagen? Ganz einfach: Dass wir das Buch von Matts Schönauer und Moritz Tschermak brauchen!
Ich selbst habe nie die BILD Zeitungen gelesen und schon von dem, was ich an Schlagzeilen am Kiosk an den Aufstellern sah, rollen sich mir die Zehnnägel hoch. Doch welche Ausmaße das krude System dahinter annimmt, das wurde mir erst nach dieser Lektüre klar. In dem Buch werden die Methoden der BILD offengelegt, das System dahinter entlarvt und der Umgang mit Opfern, Tätern bez. schlicht anderen Menschen kritisiert. Ich könnte jetzt eine lange Liste von den Themen aufzählen, bei denen BILD fragwürdige Methoden einsetzt, könnte Feindbilder aufzählen, die BILD erschafft und Grenzen, privat wie gesellschaftlich, die BILD überschritten hat, aber all dies findet sich weitaus anschaulicher im Buch, als ich es euch jetzt sagen könnte. Nur soviel sei gesagt: Die BILD hat ihre Rolle als vierte Gewalt schon längst verlassen, statt zu informieren, zu mahnen und kontrolliert und konstruktiv die Politik zu kritisieren, wie es die Funktion der vierten Gewalt ist, versucht sie immer wieder aktiv selbst die Politik und Gesellschaft in eine bestimmte Richtung zu drängen. Die Folge sind Polarisation und Spaltungen in unserer Gesellschaft.
Was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat war, dass die Autoren sich nicht nur damit begnügen die zahlreichen Vergehen der Boulevardzeitung aufzudecken, nein sie stellen Lügen, Ungenauigkeiten und Weglassungen wichtiger Information auch direkt richtig. Das ist wichtig, damit man gefährliche Narrative nicht einfach nur reproduziert. Ich hätte mir noch gewünscht, dass die Schilderungen noch ein bisschen mehr in den Kontext von sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse gesetzt worden wären. Die Ansätze waren dafür da, oft ging es aber dann doch vordergründig um die Offenlegung des Systems BILD, aber gut, das ist eher persönliche Geschmacksache, weswegen ich das nicht direkt als Kritikpunkt werden würde. Zudem, dass muss ich auch sagen, ist das Buch, so wie es jetzt ist auch sehr zugänglich für ein breites Publikum. Man muss sich weder mit Journalismus, noch mit Politik und Gesellschaft intensiv auseinandergesetzt haben, um die Argumentationsketten in diesem Buch nachzuvollziehen. Dies wird umso mehr von dem Schreibstil der Autoren unterstützt. Das Buch liest sich leicht, der Ton ist zwar sachlich, aber auch locker und angenehm.
Als wirklich einzigen Kritikpunkt würde ich lediglich den allerletzten Satz ansehen, in dem nach dem großen Warum gefragt wird und suggeriert wird, dass einige Menschen die Welt einfach nur brennen sehen wollen würden. Das erscheint mir doch arg vereinfacht, da aber alles bis zu diesem letzten Satz sachlich, schlüssig und hervorragend recherchiert war, verbuche ich das mal als emotionalen Ausreißer.
Fazit:
Es ist die traurige Wahrheit, das dieses Buch absolut wichtig und nötig ist. Auch nach 44 Jahren seit Wallraff hat sich an den Methoden der Bild kaum etwas geändert, im Bereich Politik und Gesellschaft, das zeigt dieser erschütternder Bericht, sind sie sogar noch polarisierender geworden. Aus diesem Grund würde ich dieses Buch am liebsten jeden einzelnem BILD und BILD.de Leser in die Hand drücken. Denn wer dieses hervorragend recherchierten und mit stichhaltigen Beweisen argumentierende Buch gelesen hat, der kann sich eigentlich nicht mehr von der morbiden Berichterstattung dieses Boulevardblattes hinters Licht führen lassen.