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Veröffentlicht am 06.04.2021

Altbekannt und doch ganz eigen

Knochendiebin (Die zwölf Kasten von Sabor 1)
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Auch wenn ich momentan bei Jugendbüchern etwas zurück stecke, war Knochendiebin ein Buch, dass ich gleich, als ich es bei den Neuerscheinungen entdeckte lesen wollte. Letztendlich hatte es zwar etwas länger ...

Auch wenn ich momentan bei Jugendbüchern etwas zurück stecke, war Knochendiebin ein Buch, dass ich gleich, als ich es bei den Neuerscheinungen entdeckte lesen wollte. Letztendlich hatte es zwar etwas länger gedauert, bis ich mir das Buch nun zu Gemüte geführt habe, dafür wurde ich mit einer tollen Geschichte belohnt.

Altbekannt und doch ganz eigen
Auf den ersten Blick ist Knochendiebin ein recht gewöhnliches YA-Fantasybuch. Wir haben eine Waise als Protagonistin, ein Kastensystem mit Magie und einen Prinzen auf der Flucht vor einem Komplott gegen ihn. Alles sehr “klassische” Ya-Fantasy-Elemente und doch fühlt sich dieses Buch beim Lesen nicht verbraucht an. So ist das Kastensystem zwar nichts Neues, die Benennung nach Vögeln jedoch interessant. Ebenso ist es mit der Magie: Das verschiedene Klassen verschiedene Magie besitzen ist ebenfalls altbekannt, die Knochenmagie der Krähen, die die Nutzung aller anderen Talente ermöglicht wirkt hingegen wieder sehr originell und hat mir gut gefallen.
Der Autorin gelingt es durchgehend in ihrem Weltenentwurf, den Charakteren und auch dem Plot zwar auf bekannte Elemente zurückzugreifen, verpasst ihnen aber einen eigenen individuellen Anstrich, sodass man beim Lesen dennoch gut unterhalten wird.

Aus dem Leben einer Krähe
Ein weiter Grund, warum mir dieses Buch sehr gut gefalle hat, waren die Charaktere. Gut, an die Namen der Krähen muss man sich erstmal gewöhnen, denn sie tragen das Schimpfwort, mit dem sie zuerst im Leben bedacht wurden als Namen, damit das Wort ihnen nichts mehr anhaben kann und so heißt die Protagonistin eben Stur (im Original eigentlich Fie, was so viel wie pfui bedeutet, keine Ahnung wie man da in der Übersetzung auf stur kam) und ihre Krähenkollegen haben Namen wie Scheusal oder Galgenstrick. Sind die Namen anfangs gewöhnungsbedürftig, gewöhnt man sich tatsächlich recht schnell an sie und sobald man einen größeren Einblick in das Leben der Krähen bekommen hat, versteht man auch die Namensgebung und ihre Bedeutung.
Überhaupt fand ich die ganze Krähenkaste sehr gut ausgearbeitet. Auf der einen Seite sind sie als Einzige, die immun gegen die Seuche sind und die Toten wegschaffen können absolut unerlässlich für das Land, auf der anderen Seite werden sie gemieden, gedemütigt und bedroht. Das ganze zeigt deutlich Paraellen zu Berufen wie Henker, Totengräber oder Gerber im Mittelalter. Auch diese waren notwendig, die Ausübenden wurden jedoch vom Rest der Gesellschaft gemieden. (Funfact: Optisch sind für die Krähen sicherlich die Pestdoktoren des 13. Jh. Inspiration gewesen, die wurden jedoch deutlich besser behandelt). Diese historischen Parallelen haben mir gut gefallen.

Aber zurück zu den Charakteren. Stur war mir als Protagonistin sehr sympathisch. Ich mochte ihr Pflichtbewusstsein und wie sie sich stets für die Krähen einsetzte. Allgemein fand ich den geschilderten Zusammenhalt und das Familiengefühl zwischen den Krähen ganz klasse geschildert. Ich empfand es erfrischend, dass es mal weniger um einen persönlichen Rachefeldzug ging, sondern vielmehr um die Gemeinschaft und die Verbesserung der Bedienungen für alle. Stur agiert dabei auch deutlich reifer, als für ihre 16 Jahren üblich, wodurch ich mich besser in sie einfühlen konnte.
Auch die wohl in Jugendbüchern unvermeidbare Liebesbeziehung lief hier angenehm im Hintergrund ab. Sie ist präsent, steht jedoch nicht im Fokus und gefiel mir dadurch umso besser.

Fazit:


Knochendiebin erfindet das “Ya-Fantasy-Rad” nicht neu, schafft es aber dennoch zu unterhalten und doch individuelle Details im Gedächtnis zu bleiben. Das Buch macht Spaß und ist flott durchgelesen, was will man mehr (außer dem zweiten Band 😂).

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Gute Fortsetzung, nur minimal schwächer, als der Auftakt

Die Quellen von Malun - Blutsohn
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Der erste Band der Die Quellen von Malun Reihe wurde von mir 2019 zum Jahreshighlight gekürt ist aber leider immer noch ein Geheimtipp, ebenso dieser Folgeband. Daher bedeutet mir die Rezension, die ich ...

Der erste Band der Die Quellen von Malun Reihe wurde von mir 2019 zum Jahreshighlight gekürt ist aber leider immer noch ein Geheimtipp, ebenso dieser Folgeband. Daher bedeutet mir die Rezension, die ich heute schreibe noch ein bisschen mehr, als sonst, denn eins verrate ich euch vorab: Diese Reihe hat wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient!

Zurück in Ruan
Es ist nun eineinhalb Jahre her, dass ich den ersten Band von Malun las, und zugegeben, ich brauchte ein paar Seiten, um wieder in die Geschichte hineinzukommen. Bei einer so komplexen Geschichte, wie diese, wäre vielleicht eine kurze 1-2 seitige Zusammenfassung der Ereignisse aus Band eins nicht schlecht gewesen, denn diese Fortsetzung setzt nahtlos dort an, wo ihr Vorgänger endete und durch die vielen Figuren muss man anfangs erstmal wieder kräftig sein Gedächtnis ankurbeln, immerhin, das Glosar war dabei ganz hilfreich, trotzdem hätte ich zusätzlich gern noch noch eine kurze Zusammenfassung gehabt.

War ich dann aber erstmal wieder in Ruan angekommen, hat mich das Buch auch wieder in seinen Sog gezogen. Daniela Winterfeld hat ein Talent dafür den Leser in den Bann zu schlagen. Sie schreibt eindringlich und anschaulich, verzichtet jedoch auf unnötige Ausschmückungen. Ein Stil, der hervorragend zur düster, brutalen Welt von Ruan passt.
Trotz dieses Sogs, habe ich aber einen kleinen Kritikpunkt, der auch der Grund warum es einen Punkt Abzug gibt. Kurz gesagt: Im ersten Drittel des Buches ist mir das Verhältnis von Informationen und Handlung zu unausgewogen. Die Autorin nutzt diese Seiten vorrangig, um Fragen aus dem ersten Band zu beantworten, uns Hintergründe zu eröffnen und näher auf das Magiesystem und die Götter einzugehen. Das ist prinzipiell eine tolle Sache, ich bin immer für mehr Background zu haben, leider wird für meinen Geschmack diese Informationsflut mit zu wenig Handlung verknüpft. Gerade bei den Passagen von Tailin hat man öfters das Gefühl einen Erklärbär vor sich sitzen zu haben, der die (zwar nicht uninteressanten) Infos runterrattert. Hier hätte ich mir mehr “Show, don’t tell” gewünscht. Es ist jetzt nicht so, dass das meinen Lesefluss komplett zerstört hätte, aber es war eben ein Punkt, der zur Perfektion gefehlt hat,

Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo noch Schlimmeres daher
Nachdem wir als Leser aber erstmals mit neuen Hintergründen, Geheimnissen und Hinweisen gefüttert wurden, geht es wieder ordentlich zur Sache und um es mal ganz unverblümt zu sagen, ist die Kacke so richtig am dampfen. Wer denkt, dass Ruan im ersten Band schon ein gelinde gesagt ungemütlicher Ort war, sollte sich warm anziehen (oder eher ausziehen, bei der Hitze dort 🤭), denn auf unsere Lieblingscharaktere kommt so Einiges zu und immer wenn ich dachte “So, das ist jetzt der Tiefpunkt, jetzt muss es mal langsam wieder bergauf gehen, damit das am Ende der Reihe noch irgendwie gelöst werden kann”, haut die Autorin noch etwas raus. Nochmal einen Schlag in die Magengrube. Selbst jetzt, wo ich die Brutalität und Grausamkeit dieser Welt schon gut kennengelernt habe, schafft es die Autorin mich trotzdem noch mit Wendungen zu überraschen und das finde ich ganz große Klasse! Und ganz ehrlich? Ich habe echt null Plan, wie diese verworrene Situation am Ende aufgelöst werden soll und das macht mich ganz kribbelig vor Vorfreude.

Als Letztes möchte ich nochmal etwas besonders positiv hervorheben, was mich auch schon beim ersten Band begeistertet und das ist die Art und Weise, wie Gewalt, deren Entstehung und Auswirkung in diesem Buch dargestellt wird. Die in diesem Buch dargestellten Grausamkeiten dienen nicht einfach nur der “Unterhaltung durch Schocker” wie in einem Splatter-Film, vielmehr verdeutliche sie ein komplexes Geflecht aus Machtmissbrauch und Unterdrückung. Niemand wird böse geboren, das wird in dieser Reihe mehr als deutlich. Vielmehr entsteht Hass fast immer aus anderem Hass heraus, Gewalt beantwortet selbst erlittene Gewalt. Dieser Teufelskreis und die Mechaniken, die dahinter stecken, werden wie auch schon im ersten Band, auch in dieser Fortsetzung sehr gut dargestellt und machen die Reihe so komplex, tiefgründig und empfehlenswert.

Fazit:


Auch der zweite Band der Malun Reihe konnte mich wieder überzeugen. Die Reihe hat eine Sogwirkung und Komplexität, die in der Fantasywelt ihresgleichen sucht, da lässt sich auch die etwas zu viel geratene Informationsflut am Anfang leicht verschmerzen. Die Reihe ist und bleibt eine absolute Empfehlung!

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Einfach nur großartig!

Ich bin Circe
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Die Antike war schon immer ein Steckenpferd von mir und damit liebe ich auch die griechische Mythologie, daher wanderte Ich bin Circe in dem Moment auf meine Wuli, als ich es entdeckte und musste auch ...

Die Antike war schon immer ein Steckenpferd von mir und damit liebe ich auch die griechische Mythologie, daher wanderte Ich bin Circe in dem Moment auf meine Wuli, als ich es entdeckte und musste auch sofort gelesen werden, als ich es mir endlich zulegte.

Für Mythologie Fans und jene, die es werden wollen
Als Archäologin im Herzen bin ich persönlich bei Mythologie Adaptionen immer etwas eigen. Ich habe nichts gegen künstlerische Freiheiten und Abänderungen, aber ich muss beim Lesen des Romans spüren, dass die Autorin oder der Autor sich intensiv mit den Originalmythen auseinandergesetzt hat und deren Kerninhalte verstanden hat. Solange die “Essenz” der Mythen erhalten bleibt, bin ich offen für Abwandlungen und Eigeninterpretationen. Rick Riordan kann das hervorragend und Madeline Miller ebenfalls.
Mit Ich bin Circe gibt sie einer mythologischen Gestalt eine Stimme, die in den Überlieferungen eigentlich “nur” eine Randfigur ist. Ihr Buch stützt sich auf Homers Odyssee, bez. teils auch der Ilias, aber auch der fragmentarisch erhaltenen Telegonie, oder des vielfach überlieferten Theseus Mythos. Da in all diesen Quellen Circe stets nicht die Haupt-, sondern eine Nebenperson ist, hat die Autorin in ihrem Roman sich allerhand Freiheiten und Auslegungen herausgenommen. Trotzdem spürt man, dass sie die Quellen intensiv studiert hat. Ein erster Punkt, der mich an dem Buch begeisterte.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Art und Weise, wie die Autorin ihre Leser in die Welt der Götter einführt. In dem Roman treffen wir auf etliche mythologische Gestalten und auch wenn es für mich als Kennerin der Mythen etwas schwer zu beurteilen ist, glaube ich dennoch, dass auch jene, die sich noch nicht großartig mit der griechischen Mythologie auseinandergesetzt haben, keine Verständnisprobleme geben sollte. Madelien Miller zeigt in dem Roman ein hervorragendes Talent dafür durch Circes Monologe und Erinnerungen die Beziehungen der mythischen Figuren untereinander und die Verknüpfungen diverser Mythen aufzuzeigen und zu erläutern, ohne dass Circe wie ein “Erklärbär” wirkt. Stattdessen fühlt sich das Buch tatsächlich so an, als würde man die Memoiren von Circe lesen, als hätte sie tatsächlich gelebt. Die Autorin lässt damit die Welt der griechischen Antike und deren Mythen lebendig werden, wie kaum jemand Anderes.

Eine Göttin auf der Suche nach sich selbst
Doch dieses Buch ist nicht nur eine nette Nacherzählung griechischer Mythologie, es ist soviel mehr. Es ist die Geschichte einer Frau, die in einer pa­t­ri­ar­cha­lischen Welt ihren Platz zu finden versucht. Es ist eine Geschichte von Selbstfindung, Liebe und der Suche nach Selbstbestimmtheit, aber auch Schmerz, Verlust und Ängsten. Wir begleiten Circe von ihrer Geburt an. Erleben eine Kindheit voller Missachtung und Hänseleien, die Naivität der Jugend und begleiten anschließend Circe dabei, wie sie Stück für Stück ihre eigene innere Stärke findet. Dieser Prozess ist mit Hürden und Rückschlägen verbunden, aber dadurch wird die Entwicklung, die Circe durchmacht nur noch eindringlicher und glaubhafter. Es bereitete mir als Leserin größtes vergnügen, an Circes Seite zu stehen, mit ihr mitzuführen und sie auf ihren Weg und ihrer Suche nach sich selbst zu begleiten.

All die Jahre war ich ein Weber ohne Wolle, ein Schiff ohne Meer. Doch jetzt seht her, wohin ich segele.
(Ich bin Circe von Madeline Miller, Eisele Verlag, S. 108)

Allein das hätte schon einen großartigen Bildungsroman ergeben, doch Miller flechtet überdies noch aktuelle feministische Themen mit ein, beweist aber auch hier wieder ein feines Gespür dafür, diese Themen in die Geschichte und der Welt einzubetten, ohne dass sie wie Fremdkörper wirken. Ein großes Thema ist Selbstbestimmtheit, dass in vielen Facetten aufgegriffen wird. Da hätten wir u.a. das Losreißen der Bevormundung durch Männern, aber auch die freie Wahl von Partnern, ohne sich binden zu lassen, wenn man das nicht möchte. Was ich wirklich großartig finde ist, wie die Autorin durch ihre Figur zeigt, dass es beim Feminismus nicht darum geht, die Männer zu verbannen oder komplett zu verteufeln. Nein, es geht darum im Umgang mit ihnen selbstbestimmt sein zu können. Die Wahl zu haben, was man tun und lassen möchte. Es geht darum, ohne Vorurteile und Bevormundungen für sich selbst einstehen zu können und eigene Ziele frei und eigenständig verfolgen zu können.

Viele Redensarten bezeichnen Frauen als zarte Geschöpfe, als Blumen, Eier, alles, was womöglich schon bei der kleinsten Unachtsamkeit zerbricht. Wenn ich daran jemals geglaubt hatte, war es damit jetzt vorbei.
(Ich bin Circe von Madeline Miller, Eisele Verlag, S. 411)

Als letzten Punkt möchte ich noch ein paar Worte zu der Erzählweise dieses Romans verlieren. Es sei gleich gesagt: Ich bin Circe ist ruhig. Gerate die Tage auf Aiaia sind wirklich sehr ruhig, trotzdem war mir zu keinem einzigen Zeitpunkt langweilig. Das lag nehmen der Sympathie zu Circe auch an Millers Schreibstil der wunderschön und poetisch, aber nie zu blumig oder überladen ist. Zwei Zitate seht ihr hier ja in der Rezension, aber eigentlich hätte ich das halbe Buch zitieren können, so schön formuliert und pointiert waren viele von Circes Gedanken.

Fazit:


Ich bin Circe war mein erstes Buch in diesem Jahr und ist gleich nicht nur das Monatshighlight des Januars, sondern auch ein heißer Kandidat für den Titel Jahreshighlight geworden. Eingehüllt in einer wunderschönen poetischen Sprache erzählt Madeline Miller nicht nur einfach nur einen Mythos neu, sondern gibt vielmehr einer Frau eine Stimme, die sinnbildlich für viele Frauen dieser Welt steht. Eine Frau, die sich selbst finden muss, die der Bevormundung durch Männern zu entfliehen versucht und ihre eigene Stärke findet. Eine deutliche Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Gute Ansätze, aber ausbaufähig

Nocturna - Das Spiel des Fuchses
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Auf dieses Buch bin ich, wie gesagt, durch das Cover aufmerksam geworden, der Klapptext sprach mich jedoch auch gleich an und als ich es dann in den Händen hielt, freut ich mich auf ein spannendes Fantasyabenteuer.

Spanien ...

Auf dieses Buch bin ich, wie gesagt, durch das Cover aufmerksam geworden, der Klapptext sprach mich jedoch auch gleich an und als ich es dann in den Händen hielt, freut ich mich auf ein spannendes Fantasyabenteuer.

Spanien oder Südamerika?
Als Erstes möchte ich mit etwas beginnen, mit dem das Buch groß beworben wird. Der Verlag preist das Buch als “ungewöhnlichen High-Fantasy-Serie mit lateinamerikanisch angehauchtem Setting” an. Diesen Aspekt fand ich sofort interessant, da mir lateinamerikanisch inspirierte Fantasywelten bisher eher weniger untergekommen sind und ich es toll finde, wenn nicht nur das westliche Mittelalter als Vorbild dient. Allein für diese Idee bin ich daher schon bereit, einen Punkt zu vergeben.
In der Umsetzung hapert es dann aber leider. Denn abgesehen von ein paar spanischen Zaubersprüchen und eins, zwei erwähnten Gerichten ist von Lateinamerika in diesem Buch nichts zu spüren. Weder Flora, noch Fauna, noch die Kultur erinnern geben einen Hinweis auf das angebliche Vorbild. Es hätte ebenso gut spanisch oder kubanisch inspiriert sein, da die paar spanischen Floskeln tatsächlich die einzige Anlehnung sind, was ich sehr schade finde, hier wurde eine Menge Potenzial verspielt. Was eigentlich auch im Ganzen für das Worldbuilding gesagt werden kann, denn es sind viele wirklich gute Ideen da. Neben dem Setting kann auch das Magiesystem mit interessanten Ansätzen und Ideen aufwarten, aber auch hier, könnte es mehr ausgearbeitet werden. Die Ideen sind da, aber es fehlt das Auge für Details.

Die Diebin, der Prinz und der Psychopath
Jetzt habe ich zuerst über einen Kritikpunkt gesprochen, dabei beginne ich lieber mit etwas Positiven. Da wäre zum Beispiel die Entwicklung der Beziehung zwischen Finn und Alfie (ja, wie so viele andere, finde ich den Namen auch doof und zu kindlich für einen 23-Jährigen). Diese konnte mich nämlich auf ganzer Linie überzeugen, da sie erfrischender Weise nicht gleich ins Romantische schwenkt. Stattdessen nimmt die Autorin sich Zeit eine aufrichtige Verbundenheit in Freundschaft aufzubauen. Das hat mir an dem Buch am besten gefallen.

Doch so sehr mir das Zusammenspiel von Finn und Alfie gefiel, hatte ich leider trotzdem auch Kritikpunkte an der Charakterzeichnung. Von Alfie wissen wir, dass er 23 sein müsste, Finn soll wohl ein klein wenig jünger sein, also vielleicht 18 oder 19. Leider verhalten sich die Charaktere nicht diesem Alter entsprechend. Häufig wirken beide, als seien sie noch fest in den Fängen der Pubertät. Bei Alfie hat mich zudem noch diese extreme Naivität gestört.
Ja die Charaktere sind Sympathieträger, aber meine Stirn wurde schon ganz rot, so viele Facepalms bescherten mir die Beiden, da sie gefühlt auch eher durch die Handlung stolpern und sich Probleme eher durch Glück, als durch durchdachtes Handeln lösen.

Als Letztes aber nochmal ein Lob und das geht an den Antagonisten. Klar, zum “lieb haben” ist der überhaupt nicht, aber ich finde ihn wahnsinnig gut ausgearbeitet. Seine verdrehten Ansichten zu Liebe, die zu Hass und Besitzansprüchen auswuchern ist wirklich gut und glaubhaft dargestellt. Er ist so ein richtiger Psychopath, trotzdem machen seine Motive und Handlungen aus seiner verquirlten Sicht tatsächlich Sinn, was Ignacio zu einem sehr interessanten Gegenspieler macht.

Fazit:


Nocturna hat viele wirklich gute Ansätze und Ideen, denen es jedoch noch an Ausarbeitung fehlt. Die Stärke des Buches liegt klar bei dem Zusammenspiel der Protagonisten (und dem wirklich gelungen Antagonisten), die Protagonisten können jedoch ihrem angeblichen Alter entsprechend noch etwas mehr Reife vertragen.

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Veröffentlicht am 05.03.2021

Nett, aber der Pepp fehlt

Die Bibliothek der flüsternden Schatten - Bücherstadt
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Akram El-Bahay ist mir als Autor in der deutschen Fantasyszene zwar bekannt, gelesen hatte ich bisher jedoch noch nichts von ihm, war jedoch seh neugierig und gewillt das zu ändern und mit Bücherstadt ...

Akram El-Bahay ist mir als Autor in der deutschen Fantasyszene zwar bekannt, gelesen hatte ich bisher jedoch noch nichts von ihm, war jedoch seh neugierig und gewillt das zu ändern und mit Bücherstadt kam ich diesem Vorsatz auch noch mit einem Buch nach, das selbst über Bücher handelt. Da konnte doch nichts schiefgehen, oder?

Eine unterirdische Stadt der Bücher
Das Buch beginnt, wie so viele Fantasybücher, mit einem Diebstahl, der nicht ganz so läuft wie geplant. Im Zuge dessen lernen wir gleich unseren Protagonisten Samir kennen, der das Diebeshandwerk auch prompt an den Nagel hängen will und sich deshalb eine Anstellung bei den Wachen sucht. Als er jedoch in die unterirdische Stadt der Bücher versetzt wird, begeistert ihn das so gar nicht. Denn während wir Büchernarren von einem solchen Ort nur träumen können, lassen Samir als Analphabet dicke Wälzer völlig kalt. Doch so langweilig, wie Samir dachte, ist die Stelle als Wächter der Bibliothek ganz und gar nicht.
Für den Anfang seines Romans, wählt der Autor ein gutes Tempo, wir lernen Samir und die Bibliothek kennen. Bei beiden werden schon gleich Geheimnisse angedeutet, die uns der Autor aber noch nicht verrät, was schon zu Beginn eine solide Grundspannung erzeugt. Ebenfalls positiv fand ich die Atmosphäre, die der Autor in der Bücherstadt Paramythia schuf. Man hatte die riesigen Gänge und hallen voller Bücher sehr gut vor Augen und konnte die widerhallenden Schritte zwischen den Gängen beinah selbst hören.

Verschenktes Potenzial
Akram El-Bahay hat also eine großartige, atmosphärische Kulisse geschaffen. Leider hat man beim Lesen das Gefühl, dass er nicht mal halb so viel Energie in die Charaktere und Handlung gesteckt hat. Protagonist Samir wirkt wie aus dem Fantasybaukasten zusammengesetzt und hat praktisch null individuelle Persönlichkeit. Selbiges trifft auf Kani zu. Das erschwerte das Lesen deutlich, da man zu keinem von beiden wirklich eine Bindung aufbaut. Ebenso bleiben Nebencharaktere und Antagonisten blass und farblos. Die Bösen scheinen Dinge zu tun, weil sie halt böse sind. Motive und Ziele bleiben bis zum Schluss unklar, hier kann man vielleicht noch auf die Folgebände hoffen.
Auch die Handlung lässt an einigen Punkten zu wünschen übrig. Trotz brisant geschriebener Actionszenen stellt sich ungefähr ab der Hälfte des Buches eine gewisse Monotonie ein. Die Handlung verläuft einfach zu linear, die nächsten Schritte sind stets absehbar und vorherbestimmt. Es gibt keine Kniffe oder Plottwist, weshalb selbst die rasantesten Actionszenen nicht verhindern können, dass Langeweile aufkommt und zumindest ich persönlich auch zunehmend das Interesse verlor, wie die Sache denn nun endet.

Fazit:


Bücherstadt kann man lesen, muss man aber nicht. Es punktet mit einer tollen Grundidee, schafft es aber nicht wirklich ihr Leben einzuhauchen. Dafür sind die Charaktere zu blass und die Handlung zu linear. Ich würde es vor allem jenen empfehlen, die noch nicht ganz so viel Fantasy gelesen haben und für den Einstieg in das Genre etwas Einfaches suchen.

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