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Veröffentlicht am 20.02.2022

Wir sind alle der Bösewicht in irgendjemandes Geschichte

Vicious - Das Böse in uns
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Ich bin ja eigentlich nicht so der Superhelden Fan, aber dieser Ansatz der “Umkehrung” von Held und Bösewicht fand ich interessant genug, um das Buch lesen zu wollen.

Vergangenheit und Gegenwart
Ich ...

Ich bin ja eigentlich nicht so der Superhelden Fan, aber dieser Ansatz der “Umkehrung” von Held und Bösewicht fand ich interessant genug, um das Buch lesen zu wollen.

Vergangenheit und Gegenwart
Ich las als neugierig drauf los. Die Geschichte wird von Anfang an auf zwei Zeitebenen erzählt, zum einen die Vergangenheit, genauer gesagt 10 Jahre zuvor und zum anderen die Gegenwart. An jedem Kapitelbeginn steht in welcher Zeitebene wir uns gerade befinden, jedoch muss man bei den Gegenwartskapiteln ein bisschen genauer hinschauen, da auch diese Ebene mehrere Tage umfasst, wobei die Angaben aber einen bestimmten Tag als Bezugspunkt haben, was dazu führt das man am Kapitelanfang Angaben hat wie “zwei Tage zuvor” oder “Heute Morgen”. Das ist im ersten Moment tatsächlich etwas verwirrend und ich hatte zu Beginn des Buches Schwierigkeiten mich zwischen den ganzen Zeitebenen zurechtzufinden.
Dies wurde noch dadurch verstärkt, dass die Kapitel extrem kurz sind. Häufig gehen sie nur über 2-7 Seiten, über zehn Seiten geht kaum ein Kapitel hinaus. Man switcht also gerade in der ersten Hälfte des Buches quasi im Sekundentakt von einer Zeitebene zur anderen. Da kann einem schon mal der Kopf schwirren und ich gebe zu, dass ich mich an diesen Stil erst gewöhnen musste.

Wir sind alle der Bösewicht in irgendjemandes Geschichte
Hat man sich aber erstmal eingefuchst, wird man mit einer spannenden und vor allem vielschichtigen Story belohnt. Die ganz große Stärke dieses Buches ist definitiv das Spiel mit den klassischen Schemata von Gut und Böse, Held und Bösewicht. Kein einziger Charakter ist eindeutig als das eine oder andere zu benennen, alle vereinen sowohl gute, als auch schlechte Eigenschaften in sich, wobei ich persönlich schon zugeben muss Victor über Eli deutlich zu favorisieren, was vor allem daran lag, dass Victor sich völlig im Klaren ist, dass er moralisch bedenklich handelt (es stört ihn bloß nicht) während Eli sich für einen waschechten Helden hält, aber eben auch in Wahrheit nicht besser ist. Aber das ist nur meine persönliche Meinung, objektiv lässt sich sagen, dass beide Charaktere wirklich sehr, sehr gut ausgearbeitet sind. Man bekommt als Leser/in einen tiefgreifenden Blick in ihre Denkweise, ihre Wünsche, Ziele und Motivationen inklusive aller Abgründe, die darin liegen. Es hat schon fast eine Tragik dabei zuzusehen, wie Ehrgeiz, Rivalität und der Wille etwas Unvergessliches zu erschaffen, die Beiden gleichermaßen in den Abgrund ziehen, aber genau das macht das Buch gleichzeitig auch so fesselnd.
Es bekommt der Geschichte gut, dass die Autorin ihren Fokus auf nur eine handvoll Charaktere setzt, diese aber ausführlich und glaubhaft ausarbeitet. Natürlich geschieht das bei Protagonisten immer im größeren Ausmaß, las bei Nebencharakteren, das ist hier nicht anders, trotzdem haben manche Nebencharaktere aus Vicious mehr Tiefe, als manch anderer Protagonist aus anderen Büchern und das hat mir mehr gut gefallen.

Auch was die Spannung angeht, konnte ich fast nicht klagen. Trotz der vielen, vielen Rückblicke blieb für mich die Spannung meistens hoch. In dieser Hinsicht waren die kurzen Kapitel wohl sogar förderlich, denn dadurch, dass Geheimnisse und häppchenweise gelüftet wurden, war man immer neugierig auf mehr, auf das große Ganze, dass sich nur Stück für Stück entfaltet. Kurz nach der Hälfte gab es für mich einen kleineren Einbruch. Es wirkte, als hätte die Autorin ihre Figuren bereits für das Finale positioniert und musste jetzt noch ein bisschen Zeit tot schlagen. Im letzten Drittel zieht das Tempo dann aber nochmal ordentlich an und gipfelte in einem gut gelungen Showdown am Ende, dessen Ausgang ihr natürlich selbst herausfinden müsst.

Fazit:


Vicious: Das Böse in uns überzeugt mit einem kreativen Spiel von Superheldenklischees, Moralvorstellungen und dem Gut und Böse Schema. Tiefgründige Charaktere und ein zumeist guter Spannungsbogen fesseln den/die Leser/in. Lediglich für einen holprigen Start und einen kleinen Hänger würde ich je einen halben Punkt abziehen.

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Kein Highlight, aber solide YA-Fantasy für Zwischendurch.

Rabenprinz
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Jugendbücher und ich, das ist ja mittlerweile so eine Sache. Ein bisschen eine Hassliebe. Oft habe ich bei YA-fantasy mittlerweile das Gefühl, dass mich entweder das Geschilderte kaum noch anspricht, mir ...

Jugendbücher und ich, das ist ja mittlerweile so eine Sache. Ein bisschen eine Hassliebe. Oft habe ich bei YA-fantasy mittlerweile das Gefühl, dass mich entweder das Geschilderte kaum noch anspricht, mir die Probleme zu banal und oberflächig sind, und/oder dass ich den Plot so oder so ähnlich schon x-fach gelesen habe. Und wenn ich ehrlich und objektiv bin, trifft beides auch auf Rabenprinz zu. Trotzdem hat es mir gut gefallenen, wovon ich selbst wohl am meisten überrascht war. So richtig sagen kann ich auch gar nicht wieso weshalb warum, weshalb mir die kommende Rezension sehr schwerfällt, aber ich werde es mal trotzdem mal versuchen.

Das Mädchen und der Elfenprinz
Normalerweise fange ich ja meist mit dem Worldbuilding an, heute möchte ich aber zuerst über die Charaktere sprechen. Protagonistin Isobel war mir am Anfang sehr sympathisch. Sie wirkte pragmatisch und erwachsen, ließ sich vom Glanz der Elfen nicht einwickeln und dachte nach, bevor sie etwas tat oder sagte. Ein Teil dieser Eigenschaften behält sie auch das ganze Buch über bei, was ich zu den Gründen zählen würde, warum mir das Buch letztendlich doch gefiel. Ganz besonders ihre Abneigung der Unsterblichkeit gegenüber fand ich großartig. In wie vielen Fantasybüchern wird das unsterbliche Leben als etwas Tolles und Erstrebenswertes dargestellt? Selten wird thematisiert, was Unendlichkeit wirklich bedeutet und welche negativen Aspekte ein ewiges Leben mit sich bringt, doch Isobel gibt sich in der Hinsicht keinerlei Illusionen hin und das hat mir wirklich gut gefallen.
Leider ist sie dann mit Auftauchen von Rook doch nicht gegen alle Teenie-Schwämerei gewappnet und lässt sich trotz ihrer eigentlich klugen und resoluten Art für meinen Geschmack unnötig oft zur Damsel in distress machen.

Wo wir dann auch gleich bei Rook wären. Konnte mich Isobel noch zum großen Teil überzeugen, muss ich bei ihm im Nachhinein gestehen, dass er etwas zu blass blieb. Der Grund, warum er für mich trotzdem halbwegs in der Geschichte funktionierte war eigentlich nur der, dass es der Autorin gut gelingt den Kontrast zwischen ihm und Isobel darzustellen. Aus dieser Ambivalenz zwischen dem pragmatischen Menschenmädchen und dem von der Glanz- und Glimmerwelt verwöhnten Prinzen entstanden auch die meisten humorvollen Szenen. Die Szene, bei der er durch das simple Braten eines Kaninchens über dem Feuer fast drauf geht, bleibt bis zuletzt mein Liebling. (Die Szene mag vielleicht gar nicht so witzig gemeint sein, ich fand sie aber urkomisch).

Von aufrichtiger Kunst und schummelnden Schein
Kommen wir nun doch zum Worldbuilding. Dieses hat mir nämlich in vielen Aspekten gut gefallen. Am meisten haben mich die Elfen selbst begeistert. Das Elfen, gerade auch in der originalen Folklore, eher zwieträchtige Wesen sind, ist prinzipiell nichts Neues, doch wie Rogerson diese innere Verderbtheit auch nach außen trägt und ihre Elfen unter deren Glitzer zu faulenden, verrottenden Wesen macht, fand ich genial. Der Ausdruck “der schöne Schein” bekommt ihr nochmal eine ganz andere Ausdruckskraft und die Art und Weise wie die Autorin ihre Elfen unter deren magischen Masken beschreibt war für mich ein Punkt, der das Buch fürwahr von anderen Elfenbüchern abhebt. Tatsächlich führte die Beschreibung der Elfenwelt auch dazu, dass ich das eher ruhigere Tempo der Handlung, gerade im Mittelteil, gar nicht wirklich als störend empfand. Dazu hatte ich zu viel Spaß dabei hinter den Glanz ins Antlitz des Verderbten zu blicken.

Ein weiterer positiver Punkt, den ich nun beim Schreiben doch noch benennen kann, ist wie Isobel als Malerin bez. die Malerei allgemein dargestellt wird. Ich mag Bücher, in denen Figuren ein Handwerk oder einer Kunst nachgehen und bei denen man die Liebe zu diesem Handwerk auch spürt. Man merkt auch, dass sich Rogerson mit der Malerei im Mittelalter/der frühen Neuzeit beschäftigt hat. Während Malen und Zeichnen ein im YA-Bereich sicherlich häufig anzutreffendes Hobby ist, wird selten so ausführlich auf die Maltechniken und die Farbherstellung eingegangen und diese kleinen Details waren es, die Isobel als Künstlerin für mich greifbar und vor allem glaubhaft machten.

Fazit:


Rabenprinz ist sicherlich kein perfektes Buch. Es folgt in seiner Handlung so manchem altbekannten YA-Muster und der titelgebende Rabenprinz blieb doch erstaunlich blass. Nichtsdestotrotz konnte mich die Geschichte in ihren Bann ziehen, was nicht zuletzt an der wirklich gelungenen Darstellung der Elfen, eine spürbare Liebe zur Kunst und einer, zumindest größtenteils gelungenen Protagonistin lag. Es mag keine Offenbarung oder ein Alltime-Favourite sein, bietet in meinen Augen aber kurzweilige Unterhaltung für ein paar schöne Lesestunden.

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Veröffentlicht am 18.02.2022

Sollte auch in Deuschland bekannter sein

Little Women. Beth und ihre Schwestern
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Little Women stand schon lange auf meiner Leseliste. Leider gab es bisher kaum anständige deutsche Ausgaben von dem Buch. Während Little Women im englischsprachigen Raum weit bekannt ist, haben die March ...

Little Women stand schon lange auf meiner Leseliste. Leider gab es bisher kaum anständige deutsche Ausgaben von dem Buch. Während Little Women im englischsprachigen Raum weit bekannt ist, haben die March Schwestern hierzulande bedauerlicherweise (noch) nicht ganz so viel Bekanntheit erlangt. Bisher war Alcotts Jugendroman hierzulande vor allem unter dem Titel “Betty und ihre Schwestern” verlegt worden. Ein furchtbarer Titel, wie ich finde, da ich zu einem keinen Grund sehe, warum Beth als Betty eingedeutscht werden musste, während andere typisch englische Namen wie Amy bestehen blieben und zum anderen suggeriert er, dass Beth die Hauptperson sei, was aber nicht stimmt, da alle Schwestern im Fokus stehen und nicht nur Beth/Betty.
Umso erfreuter war ich, dass dieses Jahr einige Neuauflagen des Buches erschienen sind. Ob das nun der neuen Verfilmung mit Emma Watson oder einem gesteigerten Interesse an Klassikern liegt, sei dahingestellt, die Hauptsache ist, dass Meg, Jo, Beth und Amy endlich auch bei uns die Gewandung bekommen, die sie verdient haben.

Kurz ein paar Worte zu dieser Ausgabe: Der erste Vorteil liegt ganz klar darin, hier eine Gesamtausgabe in den Händen zu halten. Little Women ist nämlich ursprünglich in zwei Teilen erschienen (Teil 1 Little Women und Teil 2 Good Wives) wurde später aber dann im englischsprachigen Raum eigentlich immer zusammen als Little Women verlegt. In der deutschen Übersetzung wird aber offenbar immer noch gerne die ursprüngliche Teilung beibehalten (so z. B. bei der ebenfalls neuen Atrium Ausgabe). Hier haben wir jedoch beide Teile vereint. Zusammen, was zusammen gehört eben. Zudem gibt es keine sinnlose Kein Eindeutschung von Namen.Natürlich gefällt mir diese Ausgabe auch deshalb so gut, weil sie einfach wunderhübsch ist. Der Umschlag ist schon hübsch, aber darunter sieht es noch viel besser aus, mit bedrucktem Einband, den zahlreichen, Illustrationen und Seiten, die optisch handgeschöpftes Papier nachempfunden und den farblich abgesetzten Briefen im Text.

Das einzige, was ich an dieser Ausgabe weniger gut finde ist, dass es zwar einen Anhang mit erklärenden Ergänzungen gibt, man im Text aber nirgends Verweise zu ihnen findet, das ist leider sehr schlecht gemacht.

Nun aber zum Inhalt. Little Women ist vor allem deshalb auf meiner Leseliste gelandet, weil es bez. die Schriftstellerin oft in einem Atemzug mit Lucy Maud Montgomery (Anne auf Green Gables) und Jean Webster (Lieber Daddy-Long_Legs) genannt wird. Sowohl Anne, als auch Daddy-Long-Legs habe ich bereits gelesen und geliebt und habe, wie so viele andere vor mir auch schon, insbesondere die für die jeweilige Zeit sehr fortschrittlichen Position im Hinblick auf Frauenrechte und die Selbstbestimmung der Frau geschätzt. Zwar sind auch Anne und Judy am Ende verheiratet, aber die Suche nach einem passenden Mann stand nie im Vordergrund, stattdessen versuchen beide Romanheldinnen vordergründig ihre beruflichen Ziele und Träume zu verwirklichen und sich ein unabhängiges Leben aufzubauen. Ähnliches erwartete ich daher auch von Little Women, was ich dabei jedoch nicht bedachte war: Das Buch ist gut 50 Jahre älter als Anne oder Daddy Long-Legs. Doch was bedeutet das genau?

Es bedeutet vor allem, dass sich die Lebenswelten der Charaktere doch noch sichtlich unterscheiden. Das häusliche Glück für die Frau spielt hier noch eine wesentlich größere Rolle und über das ganze Buch verteilt wird immer wieder betont, dass im resoluten Führen des eigenen Haushaltes und dem Dasein für die eigene Familie das größte Glück einer Frau liegt, vermischt mit starken religiösen Mahnungen und Predigen hat das Buch schon manchmal den unangenehmen Beigeschmack einer Moralapostelpredigt. Doch das ist der oberflächliche Blick. Sicherlich, vieles, was Alcott in ihrem Roman anpreist, ist aus unserer heutigen feministischen Sicht nicht mehr akzeptabel, aber ich finde es sowieso immer schwierig ein 150 Jahre altes Werk, nach heutigen feministischen Maßstäben bewerten zu wollen. Stattdessen sollten wir uns lieber vor Augen führen, was die Autorin TROTZ ihres Zeitalters bereits geleistet und “vorgedacht hat”, denn wenn man genau hinschaut lässt sich da so einiges finden.

Den meisten Leser*Innen würde da bestimmt als erstes Jo einfallen und das auch zurecht. In ihr zeigt Louisa May Alcott wie bei keinem anderen Charakter, was sie sich für die Zukunft von Frauen wünscht: Unabhängigkeit, die Freiheit auch mal wild zu sein und zu toben, die Auflockerung von Anstandsregeln und vor allem die Möglichkeit zur beruflichen Selbstbestimmung. Eine Protagonistin wie Jo, die so “jungenhaft” ist, so unkonventionell und sich gegen bestehende gesellschaftliche Normen auflehnt UND TROTZDEM ein positiv behafteter Charakter bleibt, hat es zuvor noch nie gegeben, hier zeigte Alcott klar feministische Pionierleistung und schaffte ein Vorbild für viele junge Mädchen ihrer Zeit und noch weit drüber hinaus.

Darüber hinaus lassen sich zwischen den Zeilen viele weitere moderne Denkansätze finden, so zum Beispiel der positive Einfluss von Frauen. In einer Zeit, in der der Mann das Oberhaupt der Familie und der Herr des Hauses war, war es noch schwer vorstellbar, dass seine Frau ihn positiv beeinflussen könnte. Das Bild der Femme Fatale, die Männer verführt und zum Schlechten verleitet, ja das kannte man, doch ein positiver Einfluss, nein das lief doch genau umgedreht, dachte man. Doch an Laurie zeigt Alcott subtil aber deutlich, dass es eben doch in beide Richtungen funktioniert und dass ein Mann auch, oder besser gesagt vor allem, durch den Einfluss von Frauen erst einen guten Charakter ausbildet. Das hebt die Rolle von Frauen in der Familie, von Arbeitskraft und “Seelsorgerin” auf Erziehungsfigur und das ist ebenfalls ein neuer Meilenstein, galt die Erziehung, gerade von Söhnen doch als Sache des Vaters.

Doch auch abseits großer feministischer Gedanken und Ideen lohnt sich das Buch auf jeden Fall. Zum einen überzeugte mich auch der sozialkritische Charakter des Buches, den Einfluss von Dickens, den Alcott mal als ein literarisches Vorbild nannte, lässt sich deutlich spüren und während Dickens sich doch damit begnügte den Sozialrealismus aus männlicher Perspektive zu schildern wie z.B. in Oliver Twist, führt Alcott das ganze mit weiblicher Perspektive fort (ja, ja da bin ich ja schon wieder beim Feminisms, sorry, not sorry)

Und auch wer einfach nur Unterhaltung und etwas für’s Herz sucht, kann beherzt zu Little Women greifen, denn neben alldem, was ich gerade genannt habe, ist Little Women vor allem eine Geschichte über Schwesternliebe, Freundschaft, familiärer Zusammenhalt und dem Chaos des Erwachsenwerdens und gerade bei letzterem mögen sich die Details im Laufe der Zeit geändert haben, die großen Kernfragen jedoch wie z.B. Wer bin ich? Was will ich mit meinem Leben anfangen? Etc. sind noch genauso aktuell wie vor 150 Jahren und können damit auch heute noch junge Menschen ansprechen, was Little Women einfach zeitlos macht.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

In einem Wort: Lesenswert!

Eingefroren am Nordpol
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Weiter geht’s in meinem Sachbuch Leseplan. Nach all den Büchern mit feministischen Themen, hatte ich Lust mich mal in einem gänzlich anderen Thema zu belesen und als ich dann diesen Expeditionsbericht ...

Weiter geht’s in meinem Sachbuch Leseplan. Nach all den Büchern mit feministischen Themen, hatte ich Lust mich mal in einem gänzlich anderen Thema zu belesen und als ich dann diesen Expeditionsbericht entdeckte, war meine Neugierde sofort geweckt. An die Rückkehr der Polarstern erinnerte ich mich wage aus den Nachrichten, sonst wusste ich aber bis dato kaum etwas über die MOSAIC Expedition und beschloss, dass es höchste Zeit war, dies zu ändern.

Ein Jahr Arktis
Der Bericht gleicht mehr einem Tagebuch, denn eines richtigen Logbuchs, aber das ist auch gut so, denn wer will schon die ganzen nautischen Einträge wissen, die zu einem echten Logbuch gehören? Nein, es ist viel interessanter zu lesen, was Expeditionsleiter Markus Rex und sein Forschungsteam in den Weiten der Arktis erleben. So begeben wir uns an der Seite der Polarstern auf die Suche nach einer passenden Scholle (schon gleich schwieriger, als zuerst angenommen), bauen das Forschungscamp auf, treffen und verjagen Eisbären, erleben Stürme und Eisverschiebungen und erforschen das Klima der Welt.

Das Alles mitzuverfolgen macht vor allem deshalb Spaß, weil Markus Rex einen wirklich angenehmen Schreib- und Erzählstil hat. Er trifft genau die Balance zwischen Wissenschaft und Abenteuer. Auf der einen Seite erzählt er relativ ausführlich, was genau die Forscher da auf ihrer Scholle eigentlich tun, bleibt dabei aber immer für den Laien verständlich. Auf der anderen Seite lässt der Polarforscher auch sehr viel Zwischenmenschliches durchblicken. So erzählt er auch von der Belastung monatelang in absoluter Dunkelheit zu leben, aber auch von dem Zusammenhalt des Teams und wie die Forscher zusammen spielen, lachen und feiern. Diesen Einblick in das Alltagsleben der Expeditionsteilnehmer fand ich ebenso interessant wie die Forschungsarbeit.
Tatsächlich wurde die ganze Expedition so facettenreich beschrieben, dass ich eine unbändige Lust empfand, ebenfalls an solch einem internationalen Forschungsprojekt in der Arktis teilzunehmen und das, wo ich eigentlich der totale Sommermensch bin! Ich fürchte nur, wenn man in Zukunft nicht plant am nördlichsten Punkt der Erde ein Museum zu eröffnen, wird es für eine Museologin wie mich keinen Bedarf auf der Polarstern geben 😅.

Aktuell wie nie
Was mir weiterhin an dem Buch sehr gefallen hat, ist die Aktualität und damit meine ich nicht, dass die MOSAIC Expedition erst vor kurzem beendet wurde, sondern vor allem die Erkenntnisse, die schon jetzt daraus gewonnen wurden. Nirgendwo sonst erwärmt sich die Erde schneller, als in der Arktis, irgendwo sonst lässt sich der Klimawandel deutlicher mit bloßem Auge beobachten, dass macht Markus Rex deutlich und anschaulich klar. Dabei hat er es nicht nötig mahnend oder belehrend auf den/die Leser/in einzureden, nein, die schlichte Schilderung von dem, was das Team in der Arktis vorfand, reicht aus, dass einem das Herz schwer wird. Ob nun dann, wenn die Expedition schon kaum zu Beginn kaum eine Scholle findet, die dick genug für ihr Vorhaben ist, oder wenn ihnen im Sommer die Scholle schneller wegschmilzt, als das Team arbeiten kann. Diesem einzigartigen Lebensraum rennt in erschreckendem Tempo die Zeit davon und der einmalige Datensatz, den die Polarstern gesammelt hat, unterstreicht dies nochmal mit einem dicken Rotstrich. Die Wissenschaft hat geliefert, jetzt ist die Politik dran und es bleibt nur zu hoffen, dass die Warnrufe nicht ungehört verhallen. Doch nicht nur im Thema Klimawandel zeigt sich die Aktualität des Buches, auch von die Auswirkungen von Corona für die Expedition, erzählt uns der Polarforscher.

Informativ und toll anzuschauen
Als Letztes möchte ich noch auf die Ausstattung und Gestaltung des Buches eingehen und auch hier kann ich nur Worte des Lobes finden. Auf dem vorderen Vorsatzpapier finden wir eine Karte der Region mit der Route der Polarstern eingezeichnet. Die ist sehr hilfreich, wenn z.B. von den zwei großen Driftmöglichkeiten die Rede ist. Was mir als Leserin aber noch viel mehr beim Visualisieren des Geschildertem geholfen hat ist, was sich auf dem hinteren Vorsatzpapier befindet, nämlich ein (etwas schematisierte) Plan des Forschungscamps. Wenn Markus Rex von den diversen Forschungsstationen spricht (die vom Team liebevolle Namen, wie Ballon Town oder Ocean City bekamen), die zusammen fast eine ganze kleine Forschungsstadt bilden, hat es mir sehr geholfen ein ungefähres Bild vor Augen zu haben.
Aber auch sonst kann sich das Buch optisch sehen lassen. Das Papier ist dicker und farbintensiv, dadurch kommen die zahlreichen Farbfotos gut zur Geltung. Unter diesen Fotos befinden sich u.a. tolle Aufnahmen von Eisbären, faszinierende Fotos von “Eis Fata Morganas” und viele viele weitere Fotos, die das, was uns der Expeditionsleiter erzählt deutlich greifbarer machen.
Und last but not least ein letztes Lob für die zahlreichen Infoboxen im Buch, die manche Sachverhältnisse nochmal kurz, knapp und aufschlussreich intensiver erklären. Super lehrreich und sehr spannend.

Fazit:


Mit Eingefroren am Nordpol liefert uns Markus Rex einen faszinierenden Einblick in die größte Arktis Mission der Geschichte. Informativ und doch unglaublich nahbar erzählt und mit einem Thema, das aktueller nicht sein könnte, ist dies ein Sachbuch, das ich jedem ans Herz legen kann.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Unterhaltsam, könnte aber tiefgründiger sein

Ich, Ariadne
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Griechische Mythologie ist mein Ding, das werde ich nicht müde immer wieder zu sagen und auch wenn es auch im Jugendbuch Bereich einige herausragende Adaptionen griechischer Mythen gibt, bin ich doch sehr ...

Griechische Mythologie ist mein Ding, das werde ich nicht müde immer wieder zu sagen und auch wenn es auch im Jugendbuch Bereich einige herausragende Adaptionen griechischer Mythen gibt, bin ich doch sehr froh, dass auch die erwachsene Literaturwelt das Thema für sich entdeckt hat und das insbesondere mit feministischem Blick. Saints Ariadne wird dabei in der englischsprachigen Buchbubble meist in einem Atemzug mit Millers Ich bin Circe genannt, mein Jahreshighlight 2021, daher war ich sehr aufgeregt, als ich die Übersetzung entdeckte, doch hielt ich hier ein weiteres Meisterwerk in der Hand?


Auch für Mythologie Einsteiger geeignet
Zuerst wieder der “Ehemlige-Klassische-Archäologie-Studentn-Pingeligkeits-Test”, sorry da müssen alle Mythologie Bücher durch, aber Ich, Ariadne hat nichts zu befürchten, denn die Autorin hat ihre Hausaufgaben gemacht und ich bin mit der Adaption der Originalmythen zufrieden. Es erreicht zwar nicht die Tiefe und Komplexität von Circe (ich weiß, man sollte Bücher nicht an anderen messen, aber wenn der Verlag so offensichtlich an das Buch anknüpfen will, muss man auch leben damit verglichen zu werden), aber man spürt trotzdem, dass die Autorin die Originalmythen gelesen hat und nicht nur aus Halbwissen rund um Theseus geschrieben hat, daher kann ich nicht meckern und für all jene, die in den antiken Mythen nicht so sattelfest sind, wie ich, dürfte es bestimmt auch ganz angenehm sein, nicht von hundert weiteren mythologischen Randfiguren und deren Namen überflutet zu werden. Lediglich in Bezug auf Dädalus und Ikarus bin ich enttäuscht wie kurz und am Rande deren Schicksal abgehandelt wurde, hier hätte man sich doch noch ein paar Seiten mehr nehmen können.


Ariadne und Phädra
Doch kommen wir zur eigentlichen Geschichte. Der Klapptext stellt Ariadne ins Rampenlicht, aber eigentlich haben wir in dem Buch zwei Protagonistinnen, denn neben Ariadnes, bekommen wir als Leser/innen auch die Gedanken und Gefühle ihrer Schwester Phädra vermittelt. Die beiden Schwestern sich dabei von sehr unterschiedlicher Natur. Während Ariadne zurückhaltend, träumerisch und bodenständig ist, ist Phädra extrovertiert, zielstrebig und ehrgeizig. Der Kontrast zwischen den Schwestern ist gelungen dargestellt und hat mir sehr gut gefallen. Zum Teil werden die Schwestern mit ähnlichen Problemen und Situationen konfrontiert, reagieren aber ganz unterschiedlich auf diese. Dies wird insbesondere beim Thema Mutterschaft deutlich und ich finde es richtig klasse, dass die Autorin nicht nur die positiven Gefühle beschreibt, die damit einhergehen, sondern auch dem Stress, der Müdigkeit, der Angst und den Einschränkungen Raum gibt bez. sogar so weit geht fehlende Muttergefühle zu thematisieren, denn ja das gibt es.

"Ich hatte schon viel über die Qualen der Geburt gehört, aber niemand hatte mir gegenüber je das Elend erwähnt, das darauf folgte. Als sie mir das Kind in die Arme legten, war ich verwirrt. […] Ich hatte Schmerzen, war völlig erschöpft. Ich sehnte mich nach Schlaf, mehr als nach allem anderen […] und fragte mich, warum, ales was ich empfinden konnte, eine Mischung aus Verzweiflung und schwachem Mitleid für diesen winzigen, zornigen Säugling war, der so enttäuscht zu sein schien, sich in meiner Gegenwart wiederzufinden."
(Ich, Ariadne von Jennifer Saint, List Verlag, 2021, S.272)

Nicht für jede Frau sind Kinder ein Segen, das sollte und muss die Gesellschaft akzeptieren. Das Aufgreifen dieser Thematik in der Belleristik kann dazu beitragen dies mehr Leuten bewusst zu machen, daher ein großes Lob an dieser Stelle an Jennifer Saint, dass sie diesen Aspekt in ihr Buch eingebracht hat.

Um wieder auf die Schwestern zurückzukommen, muss ich sagen, dass mir im gesamten tatsächlich Phädra besser gefalle hat, als Ariadne. Letztere war mir zwar sympathischer, aber ich fand, dass sie im Vergleich zu ihrer Schwester die geringere Entwicklung durchmacht. Dafür, dass sie im ersten Kapitel noch groß angekündigt, wie Medusa lieber ihre Feinde in Schrecken zu versetzten, als sich wie ihre Mutter zu ducken, bleibt sie bis zum Ende des Buches erstaunlich passiv. Auch hier fällt es mir schwer Ariadne nicht mit Circe zu vergleichen. Beide landen ungerechterweise und von Männern verdammt auf einer einsamen Insel, doch während sich Circe ihre Insel untertan macht, bleibt Ariadne bis zum Schluss nur ein Gast auf der ihren. Ein letzter, anders hindeutender Satz auf der letzten Seite kann an diesem Eindruck auch nichts mehr ändern.


Den Preis, den die Frauen zahlen
Ein Aspekt, der mir wiederum sehr gut an dem Buch gefallen hat, ist, die zutreffende und ernüchternde Sichtweise auf das Schicksal von Frauen in der griechischen Mythologie.

"Damals wusste ich noch nicht, dass ich auf eine grundlegende Wahrheit des Frauseins gestoßen war: Ganz gleich, wie tadellos unser Leben war, die Leidenschaften und Begierden der Männer konnten uns jederzeit in den Ruin stürzen, ohne dass wir etwas dagegen zu unternehmen vermochten."
(Ich, Ariadne von Jennifer Saint, List Verlag, 2021, S.21)

Medusa, Pasiphae, Io, Kalisto … Die griechische Mythologie ist voll von Frauen, die für Dinge bestraft wurden, die Männer getan haben, ganz zu schweigen von nochmal doppelt so vielen Frauenfiguren, die direkt Gewalt von Männern erfahren. Und es sind nicht nur die Götter oder Schurken, die dieses Leid verursachen, auch die Heroen haben, um es salopp zu sagen, gewaltig Dreck am Stecken, allen voran Herakles und Theseus, also ausgerechnet die Heroen, die im antiken Griechenland am meisten verehrt wurden.
Ich finde es daher immer gut, wenn in modernen Adaptionen das Narrativ des glorreichen Helden aufgebrochen wird. Die Ent-Idealisierung von Theseus gelingt der Autorin auch sehr gut, wobei ich mir wahrscheinlich auch gerade deswegen noch mehr Entwicklung bei Ariadne gewünscht hätte, denn in meinen Augen reicht es nicht in einem Buch, die Männer alle, als schlecht darzustellen, um wirklich feministisch zu sein. Vielmehr möchte ich sehen, wie Frauen sich über diese Normen erheben und Einschränkungen überwinden, nicht nur real, sondern auch in ihren eigenen Deckweisen und das kam mir hier eben doch zu kurz. Auch fände ich es immer schöner, wenn es auch positive männliche Figuren gibt, denn wenngleich es manche Gegner glauben mögen, beim Feminismus geht es schließlich nicht darum alle Männer zu verteufeln. Wenn ich schon auf ein Problem hinweise, kann ich mir auch die künstlerische Freiheit nehmen Verbesserungen darzustellen, selbst wenn der Mythos selbst es nicht hergibt.

Fazit:


Ich, Ariadne kann durchaus unterhalten und ist gerade für Mythologie Neulinge einsteigerfreundlich. Zudem greift es einige wichtige Themen auf, wenngleich es mir da manchmal nicht tief und differenzierend genug in die Materie geht und ich mir gerade bei der Protagonistin mehr Entwicklung gewünscht hätte. Dadurch beschert das Buch beschert einem zwar einige amüsante Stunden, ihm fehlt jedoch der letzte Schliff, um lange nachzuhallen, trotzdem würde ich jeden Mythologie-Interessierten raten, sich selbst ein Bild zu machen und empfehle das Buch gerne und guten Gewissens weiter.

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