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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2023

Ein sehr tiefgründiger Kriminalroman

Kinder der Wut
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Dieser Kriminalroman ist anders. Das ist schon gleich zu Beginn spürbar. Die Struktur ist ungewohnt, direkte Rede wird nicht wie gewohnt mit Anführungsstrichen sichtbar gemacht. Stattdessen wird sie mithilfe ...

Dieser Kriminalroman ist anders. Das ist schon gleich zu Beginn spürbar. Die Struktur ist ungewohnt, direkte Rede wird nicht wie gewohnt mit Anführungsstrichen sichtbar gemacht. Stattdessen wird sie mithilfe eines Gedankenstrichs kenntlich gemacht, doch nach dem Reden wird nahtlos ins Erzählerische gewechselt. Das hat mich anfänglich irritiert, weil ich noch kein Gespür habe, wann die wörtliche Rede endet. Doch das gibt sich relativ schnell und ich kann gut in die Geschichte abtauchen.
Selbstverständlich machen mir auch ein paar typische tschechische Begrifflichkeiten und Namenseigenheiten Schwierigkeiten. Dadurch ist das Lesen manchmal etwas herausfordernd, aber mit ein bisschen mehr Konzentration komme ich durch diese kleinen Unebenheiten gut durch.

„Kinder der Wut“ hat einen spannenden Aufbau. Es gibt mehrere verschiedenen Erzählfäden, welche ein gut konzipiertes Handlungsgerüst ergeben und durch pfiffig überlegte Rückblenden Nähe zu den unterschiedlichen Charakteren schaffen. Hinzukommt die sehr interessant ausgestaltete Kulisse von Ostrava. Sie ist eine Großstadt in Tschechien, die ich persönlich aber noch nie besucht habe. Das von Nela Rywiková gezeichnete Bild ist eher düster und beklemmend, ich bin mir nicht sicher, ob dies der Stadt wirklich gerecht wird. Dem Setting und der Geschichte aber steht die Atmosphäre sehr wohl.

Innerhalb der Geschichte gibt es zwei Zeitebenen. Beide entwickeln sich in ihrer Zeit chronologisch weiter. Lange bleibt unklar ob, und wie diese beiden Stränge zueinanderpassen. Das schmälert aber nicht den Leseeindruck, denn ich finde die Idee dahinter sehr klug durchdacht. Erst am Ende wird sich alles so klar auflösen, dass ein spannender Aha-Effekt auftritt.

Der historische Erzählfaden berührt mich sehr. Er ist nicht so stark ausgeprägt wie jener aus der Gegenwart und hierbleibt überwiegend dieselbe Person im Fokus des personalen Erzählers. Der Blick auf die tschechische Kriegs- und Nachkriegsvergangenheit geht mir nahe. Im Zentrum steht eine deutsch-jüdische Familiengeschichte, die beschämend aufzeigt, wie grausam die Verfolgung damals war. Auch wie die Auswirkungen auf das unmittelbare Umfeld der Betroffenen waren und wie schnell sich der Wind drehen kann, ist erschütternd. Ich habe mit den Figuren gelitten und es ist durchgängig spürbar, dass hier ein realistischer Blick in die Vergangenheit geworfen wurde.

In der Gegenwart dominieren mehrere Figuren das Handlungsgeschehen. Lange war mir nicht klar, wie manche Charaktere zum Kriminalfall passen. Spannend ist hier, dass Nela Rywiková die Beschreibung der Nebenfiguren nicht so ausführlich ausgestaltet hat wie die der Hauptakteure. Es gelingt ihr dennoch, alles Wichtige auf den Punkt genau zu konzentrieren, auch wenn ich bei dem ein oder anderen Nebencharakter gerne mehr Informationen gehabt hätte.

Sehr deutlich wird allerdings bei dem Gegenwartsstrang, dass sich offenbar zwei Welten überschneiden. Die soziale Ungerechtigkeit kommt in vielen kleinen Details zum Vorschein, die geschickt im Handlungsgeschehen eingebettet werden. So wird recht deutlich, wie stark die Schere bei der sozialen Unterschicht und der modernen Elite auseinanderklafft.

Die Welt der Sozialschwachen ist interessant und vielschichtig beschrieben. Die Authentizität ist berührend und ich meine hier auch den sozialkritischen Unterton herauslesen zu können. Manchmal lasse ich mich davon ein wenig ablenken, sodass in meinem Hinterkopf der Kriminalroman ein bisschen aus dem Fokus rutscht.
Generell erinnert die Geschichte eher an einen klassischen Detektivroman, der sich mit einer Reihe von persönlichen Schicksalen vermengt. Nela Rywiková richtet ihr Augenmerk viel auf die Tragödie des echten Lebens, wodurch der Mordfall manchmal nur die zweite Geige spielt. Das Ermittlerteam um Adam Vejnar und seiner Kollegin Zuzana Turková holt diesen aber immer wieder in mein Gedächtnis. Der Einblick in die Ermittlungsarbeit der hiesigen Polizei ist interessant, besonders auch die internen Ränkespielchen.

Was mir sehr gefällt, ist, dass sich Nela Rywiková Zeit genommen hat, eine sensible Analyse von verschiedensten mentalen Entwicklungsprozessen der Charaktere durchzuführen. So lebt „Kinder der Wut“ förmlich und macht die Geschichte richtig greifbar.
Stück für Stück entblättert sich so eine unglaubliche Tragödie, deren Wurzeln tief und weit reichen.

Das Finale ist unglaublich packend, die Ereignisse überschlagen sich und „Kinder der Wut“ gipfelt in einem Meer aus Blut und verlorenen Träumen. Das Ende ist unglaublich berührend und sehr realistisch. Die Auflösung ist genial. Denn im Grunde offenbart sich am Ende, worauf Nela Rywiková die ganze Zeit hingearbeitet hat und das Motiv für den Mord und die Zurschaustellung des Opfers erklärt sich fast von alleine.

Fazit:
Der Kriminalroman ist nicht immer leicht zu lesen und lenkt oftmals auch vom eigentlichen Fall ab. Dafür stehen im Blickpunkt immer wieder einzelne Schicksale, was den Krimi unglaublich lebendig und mitfühlend macht.

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Veröffentlicht am 06.07.2023

Flache Story und überbordende Gewalteskalation

Keep Me - Verwandelt
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In meinem vollen Enthusiasmus habe ich mir die Trilogie komplett als Sammelband gekauft. Das Cover verrät dabei genauso wenig über den Inhalt, wie es die Covergestaltungen der einzelnen Teile tun. Ich ...

In meinem vollen Enthusiasmus habe ich mir die Trilogie komplett als Sammelband gekauft. Das Cover verrät dabei genauso wenig über den Inhalt, wie es die Covergestaltungen der einzelnen Teile tun. Ich mag beide Varianten, allerdings finde ich die Gestaltung mit den Rosen ein Tick schöner. Da hört dann aber leider auch fast meine positive Meinung zu dem Buch auf.

Im Grunde setzen die Ereignisse von „Keep Me – Verwandelt“ direkt dort an, wo „Twist Me – Verschleppt“ endet. Eine kleine Zusammenfassung der Ereignisse gibt es von beiden Hauptfiguren Julian und Nora, sodass ich dieses Mal um eine weitere Erzählperspektive bereichert werde.
Im ersten Teil war einzig Nora die Erzählerin über die ganzen Ereignisse und da hat sie schon keinen guten Eindruck bei mir hinterlassen. Julian rangiert dabei allerdings noch tiefer, ihn finde ich einfach nur zum Brechen.
Nun also darf ich auch einen Blick in seine kranke Seele nehmen.

Die Erzählperspektive ist konsequent in der Ich-Form gehalten und Julian sowie Nora erhalten immer ihre eigenen Kapitel, in denen sie mir von den aktuellen Ereignissen, ihren Gefühlen und seltsamen Gedanken berichten. Ich finde beide Charaktere nach wie vor sehr unsympathisch. Nora, die mir als naives Dummchen und ihrem Gefasel von wahrer Liebe den letzten Nerv raubt.
Aber auch Julian macht das Ganze nicht besser. Die Rechtfertigung für seine Verdorbenheit und seine ungesunde Fixierung auf Nora ist voller Klischees und völlig überdreht. Er macht einfach, was ihm gefällt, klar als Gangsterboss eines riesigen kolumbianischen Waffensyndikats auch kein Wunder. Nora wirkt dagegen einfach nur völlig verblendet und durch wilde sowie brutale Sexspiele einfach gefügig gemacht.
Da nützt es auch wenig, dass Anna Zaires die gute Nora sogar studieren lässt. Selbstverständlich im goldenen Käfig, denn das liebste Spielzeug von Julian muss immer schön bewacht werden.

Im Grunde gibt es kaum Weiterentwicklung zum ersten Band. Die Geschichte von „Keep Me – Verwandelt“ wird von Julians extremen Besitzdenken dominiert, die regelmäßig in völlig abgedrehten Eifersüchteleien enden, in denen er Nora wieder seinen Willen aufzwingt. Sie schluckt das alles immer recht zügig, das kurze Aufbegehren und wehren wird gleich mit erotischen Sessions im Keim erstickt. Zurück bleibt eine von Glückshormonen durchflutete Nora, die rosarot gefühlsduselig sich der Illusion eines schönen Lebens hingibt. Selbstverständlich wird sie dabei von Mitarbeitern Julians immer wieder belehrt und darin bestärkt, dass es doch die einzig wahre Liebe zwischen ihnen ist.

„Keep Me – Verwandelt“ ist in mehrere Teile untergliedert und Stück für Stück wird die Autorin immer brutaler in ihrer Ausgestaltung der Geschichte. Im Verlauf wird es erst recht abenteuerlich und der Handlungsstrang aus dem letzten Drittel des ersten Bandes wieder zum Leben erweckt. Ab da erleidet die Autorin einen Overkill. Die Brutalität und Gewalt gipfelt in einem wahren Schlachtfest mit noch böseren und verdorbenen Menschen. Selbstverständlich wird auch hier tief in die Klischeekiste gegriffen, wenn schon, denn schon.
Die Mixtur schaukelt sich zu einem völlig überzogenen Ende hoch, das dann wenig überraschend für mich mit einem faden Beigeschmack endet.

Zwischenzeitlich ist mir beim Lesen die Buddy-Read-Partnerin abgesprungen, sodass ich das Buch alleine beenden musste. Im Nachhinein weiß ich nicht, warum ich nicht einfach „Keep Me – Verwandelt“ zur Seite gelegt habe, wahrscheinlich hatte ich einen Funken Hoffnung, dass das Ganze doch noch zu einem manierlichen Abschluss kommt. Tut es nicht und ich werde mir den dritten Teil wohl nicht mehr geben.

Fazit:
Flache Story, keine nennenswerte Weiterentwicklung der Charaktere und eine überbordende Gewalteskalation. Lediglich der flüssige Schreibstil trägt mich sicher zum langersehnten Ende des zweiten Bandes.

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Veröffentlicht am 06.07.2023

Das hier ist weder ein Liebesroman noch Dark Romance !!!

Twist Me - Verschleppt
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Die Covergestaltung des Einzelbandes unterscheidet sich vom Sammelband, aber ich finde beides gelungen. Sie sehen in der Farbgestaltung schön aus, verraten aber nichts über den Inhalt der Geschichte. Die ...

Die Covergestaltung des Einzelbandes unterscheidet sich vom Sammelband, aber ich finde beides gelungen. Sie sehen in der Farbgestaltung schön aus, verraten aber nichts über den Inhalt der Geschichte. Die Story um Julian und Nora wird in drei Bänden erzählt. Die Titel der einzelnen Bücher geben schon einen kleinen Aufschluss, was das Kernthema sein wird. Im ersten Band, „Twist Me – Verschleppt“ lerne ich die einzige Erzählerin Nora kennen. Es ist die erlebende Erzählperspektive in der Ich-Form.

In „Twist Me – Verschleppt“ bleibt die Anzahl der Figuren sehr übersichtlich und beschränkt sich im Kern auf gerade mal drei Personen. Dabei dreht sich alles um Julian, den gut aussehenden „Bad-Boy“ und die gerade erwachsen gewordene Nora. Beide Charaktere bleiben mir bis zum Schluss völlig unsympathisch. Ich empfinde sie als eindimensional gestaltet und voll mit Klischees beladen.
Julian hingegen soll den klassischen erotisierten Bösewicht mimen, der trotz seiner blendenden Schönheit und seines gestählten Körpers eine tiefschwarze Seele hat, die mit dunkeln sexuellen Gelüsten beladen ist.

So treffen die beiden sich zum ersten Mal in einem Klub, die Atmosphäre heizt sich auf, Nora spürt, dass von Julian Gefahr ausgeht. Sie fürchtet sich, fühlt sich gleichzeitig aber wie die Motte vom Licht angezogen. Es vergeht ein wenig Zeit, ich lerne Nora und ihren Alltag ein bisschen näher kennen, kann die junge Frau aber dennoch nicht richtig greifen. Sie wirkt auf der einen Seite schon recht reif für ihr Alter, aber gleichzeitig auch schrecklich naiv und dümmlich.
Julian dagegen bleibt ein Mysterium. Er soll furchteinflößend, aber auch gleichzeitig liebevoll sein. An sich schließt das eine das andere ja nicht aus, aber hier wirkt das alles völlig unglaubwürdig.

Der Schreibstil von Anna Zaires ist einfach, aber schön flüssig verfasst, sodass sich die Zeilen flott lesen lassen. Eigentlich die idealen Bedingungen, um einen schönen Liebesroman mit dunklen erotischen Elementen zu erzählen. Wäre da nicht das völlig falsch transportierte Bild der körperlichen Unterwerfung mithilfe von Sex.
Nora ist unschuldig im wahrsten Sinne des Wortes und wird von Julian entführt und auf seine private Insel verschleppt. Warum und wieso klärt sich später. Viel wichtiger ist Julian von Anfang an, dass Nora sein neustes Spielzeug für seine Libido wird. Zu diesem Zweck muss er sie natürlich „trainieren“, damit sie seine Bedürfnisse erfüllen kann. Selbstverständlich sorgt Julian dafür, dass auch Nora dabei Lust empfindet und mir wird beim Lesen einfach nur schlecht.

„Twist Me – Verschleppt“ ist voll von diesen sexuellen Begegnungen zwischen den beiden. Diese werden immer extremer und Anna Zaires greift hier und da in die BDSM-Kiste und vermittelt dadurch ein völlig falsches Bild von Menschen, die sich bewusst und aus freien Stücken für so eine Spielart entscheiden. Stattdessen nötigt sie ihre Hauptfigur Julian dazu, Nora einfach zu ihrem „Glück“ zu zwingen. Er bestimmt einfach, dass sie eine masochistische und devote Ader hat. Nora hinterfragt das nicht ein einziges Mal. Ihre Fluchtgedanken sind so schnell weggespült wie Fußspuren am Strand. Völlig unglaubwürdig.
Aber am meisten hat mich entsetzt, dass in „Twist Me – Verschleppt“ ernsthaft der Vergleich zu Frauen gezogen wird, die tagtäglich unter den schlimmsten nur möglichen Bedingungen zur Prostitution gezwungen werden. Es werden die Unterschiede zwischen Nora und den Sexsklavinnen herausgearbeitet, die mich einfach nur sprachlos machen. Damit wird Julians Handeln bagatellisiert und auch noch als romantisch vermarktet. Wer das als erregend empfindet, hat sich über Missbrauch und seine Facetten noch nie Gedanken gemacht.
Und nein, „Twist Me – Verschleppt“ hat nichts mit Dark Romance zu tun. Nur weil die männliche Hauptfigur kriminell und bösartig ist und sein Spielzeug zu Orgasmen bringt, ist das noch lange kein Dark Romance. Die heftigen Sexszenen dienen hier überhaupt nicht zur Entwicklung der Figuren, sondern sollen nur voyeuristisch unterhalten.

Mir fehlt es in „Twist Me – Verschleppt“ an so vielem. Die Thematik wird einfach nicht ernst genommen, sie wird heruntergespielt und als nicht so schlimm dargestellt. Hier reiht sich eine sinnlose Sexszene an die nächste. Hauptsache es wird brutaler und noch orgasmusreicher. Die Rahmenhandlung wird zum Hintergrundrauschen, Nora lebt in den Tag hinein und langweilt mich mit den Erzählungen aus ihrem sonnigen Alltag und den dunklen Stunden im Bett bei Nacht mit Julian.
Nicht mal der Plot Twist, der plötzlich auf einen ganz anderen Gaul umschwenkt, kann hier noch etwas retten. Stattdessen frage ich mich ernsthaft, was das wieder soll.
Es wird so abstrus, dass ich eigentlich den Rest nur noch überfliege. Logische Entwicklung eines Handlungsgerüstes suche ich vergeblich. Es geht in „Twist Me – Verschleppt“ nur um das Toppen an Gewalt ohne Sinn und Verstand.

Fazit:
Das Buch ist so weit von Dark Romance entfernt wie der Lottogewinn von meinem Konto. Wer es mag, dass sexuelle Gewalt an Frauen bagatellisiert und als erotisch verkauft wird, kommt voll auf seine Kosten. Mich hat es nur erschüttert und den Kopf schütteln lassen.

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Veröffentlicht am 06.07.2023

Eine stimmungsvolle Mischung aus Krimi, Thriller und Liebesgeschichte

Sündige Gier
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Der Einstieg in „Sündige Gier“ ist supereinfach für mich und ich bin sofort mitten in einem schrecklichen Szenario. Sandra Brown schafft es, Adrenalinschübe und Dramatik von 0 auf 100 zu erzeugen und atemlos ...

Der Einstieg in „Sündige Gier“ ist supereinfach für mich und ich bin sofort mitten in einem schrecklichen Szenario. Sandra Brown schafft es, Adrenalinschübe und Dramatik von 0 auf 100 zu erzeugen und atemlos verfolge ich das Geschehen.
Nachdem Prolog flacht die Spannungskurve leicht ab, was der Einführung neuer Figuren geschuldet ist. Ich lerne mehrere Charaktere gleichzeitig kennen, da Sandra Brown aber für Vielfältigkeit sorgt, fällt es mir leicht, sie alle auseinanderzuhalten.

Der Handlungsaufbau von „Sündige Gier“ ist klasse durchdacht. Dank des personalen Erzählers begleite ich verschiedene Figuren, die jedoch durch die Kapitel voneinander getrennt sind. Auch ist für mich immer gleich erkennbar, wen ich begleite. Das gelingt übrigens auch sehr gut im Hörbuch, ich höre und lese „Sündige Gier“ im Wechsel. Anders als beim zweiten Teil „Blinder Stolz“ ist dieses Hörbuch ungekürzt, sodass ich viel Freude beim Lauschen der Geschichte habe, ohne das Gefühl zu haben, dass mir wichtige Details fehlen.

Beide Bücher der Mitchell & Associates Reihe sind völlig unabhängig lesbar. In „Sündige Gier“ steht der Anwalt Derek Mitchell im Vordergrund, während in „Blinder Stolz“ sein Ermittler Dodge Henley eine tragende Rolle spielt. Fast schon bedaure ich es, dass Dodge Henley erst sehr spät in „Sündige Gier“ seinen Auftritt hat, aber dafür ist die Geschichte auch ohne ihn einfach viel zu gut, um wirklich traurig darüber zu sein.

Der Puppenspieler ist von vornerein bekannt und doch habe ich keine Ahnung, wie er es angestellt hat, sowohl einen Menschen zu animieren, Paul Wheeler zu erschießen, noch als völlig unbeteiligt dazustehen. Das Katz und Mausspiel ist packend inszeniert und gelegentlich lässt mich Sandra Brown auch an den Ermittlungen der Polizei teilhaben. Es ist spannend, alle Seiten der Geschichte beleuchtet zu bekommen, sowohl die der Verdächtigen, die Sicht von einem Strafverteidiger sowie der Polizei und natürlich des Bösewichtes, der hinter alle dem steckt.
Der Thriller ist fantastisch ausgearbeitet und bietet reichliche packende Momente. Auch Filmfans kommen ebenfalls auf ihre Kosten, denn hier gibt es zahlreiche Filmzitate und Einblicke in einzelne Sequenzen von Thriller Klassikern. Aber keine Angst, alle werden benannt, sodass niemand sich sorgen muss, die Andeutungen nicht zu verstehen.
Eigentlich ist „Sündige Gier“ ein Erotikthriller. Aber die romantisch erotischen Szenen sind überschaubar und ergänzen den Thriller mit einer anderen Form der Leidenschaft. Ich mag die sinnlichen Sequenzen zwischen zwei Protagonisten, die selbstverständlich auch noch Zündstoff bereithalten.

Die Charaktere sind toll ausgearbeitet. Sie haben Tiefe und wirken glaubwürdig. Besonders Julie Rutledge mag ich, aber auch den toughen Strafverteidiger Derek Mitchell. Zwar ist die Weiterentwicklung der Figuren nur minimal, aber das ist für mich kein Problem. Immerhin geht es hier um gestandene Erwachsene. Da wäre eine zu große Veränderung im Kontext eher unstimmig.
Ganz am Rande wird noch ein kleiner Nebenhandlungsstrang gesponnen, der zum Ende ebenfalls aufgelöst wird.

Der Showdown gefällt mir unglaublich gut. Es wird brenzlig und nicht zu wissen, wie es enden wird macht das Ganze sehr spannend. Sandra Brown zückt kurz vor dem Ende noch ein ASS aus dem Ärmel und diese Wendung hat mich sprachlos gemacht. Grandiose Idee, meisterhaft umgesetzt. Sandra Brown hat mich gekonnt aufs Glatteis geführt.

„Sündige Gier“ ist meiner Meinung nach ein packender Thriller und auch als Hörbuch, gelesen von Martina Treger, ein Genuss. Martina Treger ist es wieder hervorragend gelungen, den Figuren Leben einzuhauchen und die Geschichte realistisch wirken zu lassen. Dank ihres Talentes, den sprechenden Charakteren unterschiedliche Stimmnuancen zu schenken, kann ich dem Ganzen wunderbar folgen. Alles in allem ist „Sündige Gier“ eine volle Leseempfehlung wert.

Fazit:
Ein Thriller, der Spannung wunderbar mit Nervenkitzel, Filmzitaten und -szenen sowie einer gediegenen Lovestory gekonnt miteinander verbindet und dadurch beste Unterhaltung schafft.

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Veröffentlicht am 06.07.2023

Eine absolute Empfehlung

Sandman - Der Comic zur Netflix-Serie
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„Sandman – Das Puppenhaus“ hat ein Vorwort von Clive Barker und im Anschluss eine kleine „Was bisher geschah“ – Zusammenfassung von Neil Gaiman. Diese finde ich klasse, denn es ist nun schon eine Weile ...

„Sandman – Das Puppenhaus“ hat ein Vorwort von Clive Barker und im Anschluss eine kleine „Was bisher geschah“ – Zusammenfassung von Neil Gaiman. Diese finde ich klasse, denn es ist nun schon eine Weile her, seit ich „Sandman – Präludien & Notturni“ gelesen habe und diese knackige Auffrischung ist auch sehr erhellend. Denn es gibt ein paar zusätzliche Hintergrundinfos zum ersten Band, was ich sehr interessant finde.

„Sandman – Das Puppenhaus“ ist leichter zugänglich, das bemerke ich schon auf den ersten Seiten. Noch immer ist die Welt rund um Dream, dem Herrscher der Träume, komplex. Auch unterliegt alles bestimmten Regeln und die Verknüpfung zwischen realer Welt und dem Reich der Träume ist unglaublich faszinierend. Dieses Mal ist auch die Erzählart anders. Im ersten Sammelband waren es hauptsächlich einzelne Geschichten, die pro Kapitel erzählt wurden, hier dominiert eine Hauptgeschichte um die junge Rose Walker. Wie sehr sie im Mittelpunkt steht, kristallisiert sich erst später heraus. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt von „Sandman – Das Puppenhaus“.

Die große Hauptstory wird über mehrere Kapitel chronologisch erzählt. Dabei auch viele Nebenschauplätze beleuchtet, deren Erzählfäden wiederum in die Hauptgeschichte münden. Kein Detail wird zufällig platziert, selbst scheinbare Nebensächlichkeiten werden im Verlauf wichtig. Das ausgeklügelte System ist vielschichtig und mit jeder umgeschlagenen Seite offenbart sich immer mehr Neil Gaimans unglaubliches Talent, eine Geschichte zu erzählen, die sich immer weiter fortspinnt, ohne je langweilig zu werden.
In sich wird die in diesem Band erzählte Geschichte zum Schluss abgeschlossen sein. Die Vielfalt an integrierten Motiven ist groß. So fließen in manche Kapitel uralte Mythen mit ein, welche dann mit der Moderne so schlüssig verknüpft werden, dass es sich immer real anfühlt. So findet sich in „Sandman – Das Puppenhaus“ zum Beispiel eine alte irische Seemannslegende wieder oder ein bekannter englischer Dramatiker und Lyriker hat ein kurzes Gastspiel in diesem Comic.

In „Sandman – Das Puppenhaus“ werden viele neue Figuren eingeführt, teilweise sogar zum allerersten Mal ins DC-Universum. So wird unter anderem Prinzessin Barbara als Resultat nach Erscheinen dieses Comics sogar ihre eigene Reihe bekommen.
Manche Figuren allerdings kenne ich schon aus dem ersten Band und deren Geschichte wird wieder aufgenommen und glaubwürdig in das neue Handlungsgeschehen eingebettet. Das Wiedererkennen fällt mir leicht, denn obwohl hier mehrere Künstler an diesem Werk beteiligt sind, so wirkt doch alles aus einem Guss.
Obwohl sich die Hauptstory bisweilen sehr düster und brutal weiterentwickelt, gibt es dennoch immer mal wieder etwas zum Schmunzeln. Der Humor ist einzigartig und so manches Mal sehr, sehr fein.

Genial finde ich den Aufbau von „Sandman – Das Puppenhaus“. Zu Beginn erfahre ich mehr über Dream und seine Familie, die Ewigen. Am Ende schließt sich dieser Kreis wieder und bildet nicht nur einen gelungenen Abschluss, sondern hält auch eine packende Wendung bereit, die mich völlig aus dem Latschen haut. Mitten in der großen Hauptstory wird noch ein Kapitel eingeschoben, das völlig anders ist als der Rest der Graphic Novel.
Neil Gaiman gewährt einen Blick quer durch mehrere Jahrhunderte. Während es vordergründig um die Begegnung zwischen Dream und Hobbs, einem Mann, der nicht sterben will, geht, spielt sich im Hintergrund das gesellschaftliche Leben sowie all jene Themen, die die Menschen des jeweiligen Jahrhunderts beschäftigen, ab. Das ist sehr eindrucksvoll gezeichnet und auf den Punkt erzählt. Und es offenbart den genauen Betrachtenden nämlich vor allem eines: Der Mensch wird sich niemals ändern und oft reicht ein Menschenleben nicht aus, um einen Fehler zuerkennen und wieder gutzumachen. Interessanterweise wird in diesem Kapitel auch der Grundstein für eine weitere Geschichte innerhalb des Sandman Universums gelegt, welches im Folgeband „Sandman – Traumland“ aufgegriffen und erzählt werden wird.
Wer das Hörspiel „The Sandman“ parallel hört, wird übrigens feststellen, dass das Kapitel „Männer mit Glück und Geschick“ an einer anderen Stelle gespielt wird. Die Hauptgeschichte wird im Hörspiel in einem durcherzählt.

Wieder weiß mich das Artwork zu überzeugen. Text und Zeichnungen harmonieren miteinander und schaffen es, diese so komplexe Welt lebendig an mich zu transportieren. Einzig in einem Kapitel ist das gewählte Schriftbild einer Person so schrecklich lesbar, dass es mich sehr frustriert hat.
Der Aufbau der Panels ist bisweilen einzigartig. Sie unterstützen die Geschichte bildlich, kippen an Stellen, wo es relevant ist und so werde ich plötzlich Teil dieser Welt, wenn ich das Taschenbuch drehen muss. Ich würde daher die E-Book Version nicht empfehlen, denn es wirkt doch im Taschenbuch viel intensiver.
Das Spiel der Zeichner mit den Farben ist grandios. Vieles von den Hauptfiguren findet sich auch im Hintergrund wieder, der ebenso detailverliebt gezeichnet ist wie die wichtigsten Akteure. Es gibt in „Sandman – Das Puppenhaus“ wahnsinnig viel zu entdecken und zu erleben.

Fazit:
Eine gelungene Fortsetzung des ersten Bandes. Mit grandiosem Artwork und vielen großen und kleinen spannenden Geschichten wird eine fesselnde und sehr faszinierende Unterhaltung geboten.

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