Eine absolute Empfehlung
„Sandman – Das Puppenhaus“ hat ein Vorwort von Clive Barker und im Anschluss eine kleine „Was bisher geschah“ – Zusammenfassung von Neil Gaiman. Diese finde ich klasse, denn es ist nun schon eine Weile ...
„Sandman – Das Puppenhaus“ hat ein Vorwort von Clive Barker und im Anschluss eine kleine „Was bisher geschah“ – Zusammenfassung von Neil Gaiman. Diese finde ich klasse, denn es ist nun schon eine Weile her, seit ich „Sandman – Präludien & Notturni“ gelesen habe und diese knackige Auffrischung ist auch sehr erhellend. Denn es gibt ein paar zusätzliche Hintergrundinfos zum ersten Band, was ich sehr interessant finde.
„Sandman – Das Puppenhaus“ ist leichter zugänglich, das bemerke ich schon auf den ersten Seiten. Noch immer ist die Welt rund um Dream, dem Herrscher der Träume, komplex. Auch unterliegt alles bestimmten Regeln und die Verknüpfung zwischen realer Welt und dem Reich der Träume ist unglaublich faszinierend. Dieses Mal ist auch die Erzählart anders. Im ersten Sammelband waren es hauptsächlich einzelne Geschichten, die pro Kapitel erzählt wurden, hier dominiert eine Hauptgeschichte um die junge Rose Walker. Wie sehr sie im Mittelpunkt steht, kristallisiert sich erst später heraus. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt von „Sandman – Das Puppenhaus“.
Die große Hauptstory wird über mehrere Kapitel chronologisch erzählt. Dabei auch viele Nebenschauplätze beleuchtet, deren Erzählfäden wiederum in die Hauptgeschichte münden. Kein Detail wird zufällig platziert, selbst scheinbare Nebensächlichkeiten werden im Verlauf wichtig. Das ausgeklügelte System ist vielschichtig und mit jeder umgeschlagenen Seite offenbart sich immer mehr Neil Gaimans unglaubliches Talent, eine Geschichte zu erzählen, die sich immer weiter fortspinnt, ohne je langweilig zu werden.
In sich wird die in diesem Band erzählte Geschichte zum Schluss abgeschlossen sein. Die Vielfalt an integrierten Motiven ist groß. So fließen in manche Kapitel uralte Mythen mit ein, welche dann mit der Moderne so schlüssig verknüpft werden, dass es sich immer real anfühlt. So findet sich in „Sandman – Das Puppenhaus“ zum Beispiel eine alte irische Seemannslegende wieder oder ein bekannter englischer Dramatiker und Lyriker hat ein kurzes Gastspiel in diesem Comic.
In „Sandman – Das Puppenhaus“ werden viele neue Figuren eingeführt, teilweise sogar zum allerersten Mal ins DC-Universum. So wird unter anderem Prinzessin Barbara als Resultat nach Erscheinen dieses Comics sogar ihre eigene Reihe bekommen.
Manche Figuren allerdings kenne ich schon aus dem ersten Band und deren Geschichte wird wieder aufgenommen und glaubwürdig in das neue Handlungsgeschehen eingebettet. Das Wiedererkennen fällt mir leicht, denn obwohl hier mehrere Künstler an diesem Werk beteiligt sind, so wirkt doch alles aus einem Guss.
Obwohl sich die Hauptstory bisweilen sehr düster und brutal weiterentwickelt, gibt es dennoch immer mal wieder etwas zum Schmunzeln. Der Humor ist einzigartig und so manches Mal sehr, sehr fein.
Genial finde ich den Aufbau von „Sandman – Das Puppenhaus“. Zu Beginn erfahre ich mehr über Dream und seine Familie, die Ewigen. Am Ende schließt sich dieser Kreis wieder und bildet nicht nur einen gelungenen Abschluss, sondern hält auch eine packende Wendung bereit, die mich völlig aus dem Latschen haut. Mitten in der großen Hauptstory wird noch ein Kapitel eingeschoben, das völlig anders ist als der Rest der Graphic Novel.
Neil Gaiman gewährt einen Blick quer durch mehrere Jahrhunderte. Während es vordergründig um die Begegnung zwischen Dream und Hobbs, einem Mann, der nicht sterben will, geht, spielt sich im Hintergrund das gesellschaftliche Leben sowie all jene Themen, die die Menschen des jeweiligen Jahrhunderts beschäftigen, ab. Das ist sehr eindrucksvoll gezeichnet und auf den Punkt erzählt. Und es offenbart den genauen Betrachtenden nämlich vor allem eines: Der Mensch wird sich niemals ändern und oft reicht ein Menschenleben nicht aus, um einen Fehler zuerkennen und wieder gutzumachen. Interessanterweise wird in diesem Kapitel auch der Grundstein für eine weitere Geschichte innerhalb des Sandman Universums gelegt, welches im Folgeband „Sandman – Traumland“ aufgegriffen und erzählt werden wird.
Wer das Hörspiel „The Sandman“ parallel hört, wird übrigens feststellen, dass das Kapitel „Männer mit Glück und Geschick“ an einer anderen Stelle gespielt wird. Die Hauptgeschichte wird im Hörspiel in einem durcherzählt.
Wieder weiß mich das Artwork zu überzeugen. Text und Zeichnungen harmonieren miteinander und schaffen es, diese so komplexe Welt lebendig an mich zu transportieren. Einzig in einem Kapitel ist das gewählte Schriftbild einer Person so schrecklich lesbar, dass es mich sehr frustriert hat.
Der Aufbau der Panels ist bisweilen einzigartig. Sie unterstützen die Geschichte bildlich, kippen an Stellen, wo es relevant ist und so werde ich plötzlich Teil dieser Welt, wenn ich das Taschenbuch drehen muss. Ich würde daher die E-Book Version nicht empfehlen, denn es wirkt doch im Taschenbuch viel intensiver.
Das Spiel der Zeichner mit den Farben ist grandios. Vieles von den Hauptfiguren findet sich auch im Hintergrund wieder, der ebenso detailverliebt gezeichnet ist wie die wichtigsten Akteure. Es gibt in „Sandman – Das Puppenhaus“ wahnsinnig viel zu entdecken und zu erleben.
Fazit:
Eine gelungene Fortsetzung des ersten Bandes. Mit grandiosem Artwork und vielen großen und kleinen spannenden Geschichten wird eine fesselnde und sehr faszinierende Unterhaltung geboten.