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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2023

Volle Leseempfehlung, hier ist Situationskomik und Spannung vorprogrammiert

Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody
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Als Erstes treffe ich auf Jean Luc, dessen Straßenname Skeeter lautet und Mitglied im Motorradclub der Demon Horde ist. Ich kenne ihn schon aus dem ersten Band, dort hatte er eine Nebenrolle inne. In „Demon ...

Als Erstes treffe ich auf Jean Luc, dessen Straßenname Skeeter lautet und Mitglied im Motorradclub der Demon Horde ist. Ich kenne ihn schon aus dem ersten Band, dort hatte er eine Nebenrolle inne. In „Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody“ wird er zu Hauptfigur, was ich unglaublich interessant finde. Skeeter erfährt ziemlich unsanft, dass er in Wahrheit Vater ist und obwohl er sonst bereit ist, gern mal Gesetze zu brechen, möchte er in diesem Fall alles richtig machen. Sein Ziel ist es, das Sorgerecht für seinen Sohn erhalten. Dazu benötigt er einen guten Anwalt, der sich in persona als Miriam Englestein anbietet. Ihr Vater ist der beste Strafverteidiger zwischen Los Angels und Seattle und Anwalt des Demon Horde MC. Weil Miriam aber auf keinen Fall Strafsachen übernehmen wollte, ist sie ins Familienrecht gewechselt.

Miriam und Skeeter kommen somit aus zwei verschiedenen Welten. Sarah Hawthorne gelingt es dabei, eine perfekte Balance zu finden, um mir mithilfe der vielen Hintergrundinformationen die Protagonisten näher zu bringen, aber gleichzeitig die Geschichte spannungsvoll voranzutreiben. Dabei kommt „Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody“ mit relativ wenig Action und Dramatik aus. Das finde ich klasse, da der Fokus somit auf dem zwischenmenschlichen Aspekt liegt und durch den Zusammenprall dieser beiden Welten eine unglaublich faszinierende Atmosphäre entsteht. Sie macht mich süchtig und ich lese das Buch innerhalb von nur zwei Tagen durch. Absoluter Seltenheitswert bei mir.

„Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody“ wird abwechselnd von Miriam und Skeeter erzählt. Ich erfahre, wie sie von und übereinander denken. Ihre Gefühle werden nachvollziehbar transportiert, besonders wenn es sich um ihre Bedenken, die sie bezüglich einer möglichen Beziehung haben, dreht. Ich kann all ihre Gedanken absolut nachvollziehen und verstehen. Ich liebe es, dabei zu sein, wie sich alles entwickelt und voranschreitet. Dabei ist nur wenig vorhersehbar, die überraschenden Wendungen machen alles noch aufregender und packender für mich.

Ich mag Skeeter. Er ist weit weg vom gängigen Klischee eines harten Bikers. Er ist fürsorglich aufgrund von Lebenserfahrungen, aber verschlossen. Dies sorgt für Schwierigkeiten, wenn es darum geht, sich zu öffnen. Verständlich, dass Skeeter somit lose Beziehung lieber sind und eine Miriam Englestein seine sorgfältigen Lebensstrategien gehörig durcheinanderwirbelt. Obwohl sich Skeeter in manchen Situationen unmöglich benimmt, hat er eine gute Selbstreflexion zu eigen und es gelingt ihm intuitiv, seine Fehler im Verlauf zu erkennen. Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als Skeeter fest ins Herz zu schließen.

Miriam ist ebenfalls eine interessante Persönlichkeit. Sie besitzt viel Wärme, eine große Portion Empathie und obwohl ihr die Erfahrungen in Beziehungen fehlen, weiß sie genau, was sie möchte und was nicht. Sie ist bereit, dafür einzustehen. Miriam macht keine Kompromisse, wenn etwas gegen ihr Gefühl spricht, was ich unheimlich an ihr schätze. Miriam ist mir sehr sympathisch und ihr Ehrgeiz ist bezaubernd.

Hauptsächlich liegt der Fokus auf der Entwicklung einer Beziehung zwischen den beiden Charakteren. Das Milieu eines Motorradclubs oder der Wirkungsbereich einer Anwältin im Familienrecht sind nur die Rahmenbedingungen. Die beiden Welten bleiben weitergehend unbeachtet. Dafür gelingt es Sarah Hawthorne, eine ganz eigene Welt zu erschaffen, in der die beiden unterschiedlichen Protagonisten aufeinandertreffen können. Dennoch gelingt es der Autorin, solch spannende Nebenschauplätze einzubetten, dass die Entwicklungen interessant bleiben und es zu keinen langatmigen Stellen kommt. Dafür erwarten mich oft ziemlich lustige Situationen, die mich zum Schmunzeln und Lachen bringen. Die Situationskomik ist klasse umgesetzt und ich habe viel Spaß beim Lesen.

Sarah Hawthornes Schreibstil ist leichtgängig zu lesen. Dank der Bildgewalt der beschriebenen Szenen werde ich förmlich mitgerissen. Erleichternd kommt dazu, dass die Kapitel angenehm knackig sind, was schnellere Perspektivwechsel ermöglicht und damit auch für die richtige Dosis Spannung sorgt.
Ich liebe diese Geschichte, denn sie übertrifft meine Erwartungen um Längen. Allerdings komme ich um einen Kritikpunkt nicht drumherum. Er betrifft aber weniger die Geschichte selbst. Der Klappentext verrät mir einfach zu viel von der Story. Besonders der eine Punkt gehört für mich nicht in den Klappentext, denn er mindert den Überraschungseffekt im letzten Teil des Buches. So schlussfolgere ich richtig einen Teil der Ereignisse. Ohne dieses Detail im Klappentext hätte ich diese Wendung so niemals kommen sehen.
Dennoch, die Umsetzung und die Idee in „Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody“ finde ich grandios. Die Art, wie dieses Vorkommnis aufgebaut wurde, lässt mich mitfiebern.

Ein großer Pluspunkt von „Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody“ ist, dass die Bücher unabhängig lesbar sind. Es sind keine Vorkenntnisse zum ersten Band nötig, relevante und wichtige Details werden so wiederholt, dass nicht der ganze erste Teil verraten wird. Wer allerdings den Start in die Trilogie zuerst liest, wird in „Demon Horde MC Teil 2: Rebel Custody“ mit einem schönen Wiedersehen einiger der Figuren aus dem ersten Teil belohnt. Ich fand es toll, die damaligen Protagonisten als Nebenfiguren wiederzutreffen und zu erfahren, wie es zwischenzeitlich mit ihnen weiterging.
Die erotischen Szenen sind wohldosiert und sinnlich geschrieben. Wer nicht so gern Erotik in Büchern liest, kann sie überblättern. Mir gefallen sie sehr, weil sie liebevoll und auf Augenhöhe geschildert werden.

Fazit:
Eine ungewöhnliche MC-Romanze mit viel Herzwärme, Humor und packenden Entwicklungen. Spannungsvolle Unterhaltung und glaubwürdige Charaktere runden diese Liebesgeschichte mit Tiefgang perfekt ab.

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Veröffentlicht am 07.03.2023

Ein fesselnder Thriller

Die Spur − Er wird dich finden
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Das Cover reiht sich optisch perfekt in die Björk und Brand Reihe ein. Mir gefällt es richtig gut und mit entsprechender Vorfreude beginne ich mit dem Lesen. Obwohl in relativ kurzer Zeit an verschiedensten ...

Das Cover reiht sich optisch perfekt in die Björk und Brand Reihe ein. Mir gefällt es richtig gut und mit entsprechender Vorfreude beginne ich mit dem Lesen. Obwohl in relativ kurzer Zeit an verschiedensten Schauplätzen eine Menge passiert, komme ich gut in das Buch rein. Dabei begleite ich unterschiedliche Personen, wodurch sich die Perspektive im Takt der Kapitel ändert. Erleichtert wird diese hohe Zahl an Perspektivwechsel dadurch, dass fast ausschließlich der personale Erzähler zu Wort kommt. Lediglich eine Ich-Perspektive findet sich in „Die Spur – Er wird dich finden“. Das ist geschickt von Herrn Beck gelöst, denn dieser Bruch innerhalb der Perspektive unterstreicht die Erzählebenen. Die Ermittlungen rund um die Taten sowie die Begleitung einiger Opfer geschehen in der Gegenwart. Andere Erzählungen von Ereignissen spielen in der Vergangenheit. Hierbei gelingt es Herrn Beck aber vorzüglich darzustellen, in welcher Zeitebene ich mich befinde. Erleichtert wird dies, da die Kapitel mit Orts- und Personenangaben versehen sind und übergreifend nach Ermittlungstagen zusammengefasst werden. So verliere ich nicht die Orientierung.

Der Aufbau der Rahmenhandlung ist klar, aber die unterschiedlichen Handlungsstränge sind so verschachtelt aufgebaut, dass sich erst zum Ende ein Gesamtbild abzeichnet. Das lädt mich dazu ein, eifrig zu spekulieren, mitzuraten und mögliche Verbindungen zu entdecken. Allerdings bin ich nicht sonderlich erfolgreich darin, denn bei vielem lag ich grandios daneben, bei anderem beinahe richtig. In Wirklichkeit habe ich die Zusammenhänge erst in dem Moment erkannt, als Jan Beck das auch so beabsichtigt hat.

Durch die kurzen Kapitel und die raschen Wechsel der Erzählperspektiven gelingt es Jan Beck „Die Spur – Er wird dich finden“ mit einem hohen Erzähltempo zu versehen. Zudem sorgen die außergewöhnlichen Schauplätze, die quer verstreute Orte innerhalb Europas sind, für eine spannungsvolle Dynamik. Die Mischung aus privaten und beruflichen Sequenzen der beiden Hauptermittler Björk und Brand sowie die Beleuchtung der Umstände der anderen Charaktere ist gut austariert. So wird der Thriller trotz seiner Komplexität zu einer flotten und actionreichen Unterhaltung.

Ich mag es, dass die beiden Ermittler Björk und Brand sich weiterentwickelt haben. Die Zusammenarbeit miteinander würde ich höflich als speziell beschreiben. Sie ergänzen sich perfekt und die Dynamik zwischen ihnen hat einen hohen Wiedererkennungswert. Besonders gut finde ich es, dass sie beide nicht perfekt sind, aber auch keine Lasten mit sich rumschleppen, wie es gern anderen Ermittlerduos aufgebürdet wird. So wirken Björk und Brand authentisch.

Eine Besonderheit in „Die Spur – Er wird dich finden“ ist, dass die Morde sich gar nicht so sehr in den Vordergrund drängen. Ja, sie werden teilweise beschrieben und das ist nichts für sehr zarte Gemüter. Aber der Fokus ruht eher auf der Vergangenheit und beleuchtet Ereignisse, die Auswirkungen bis in die Gegenwart haben. Dieses Wissen erleichtert es jedoch nicht, das Motiv hinter den Morden zu entdecken, was wiederum die Spannung erhöht.

Fazit:
„Die Spur – Er wird dich finden“ bringt alles mit, was ein fesselnder Thriller benötigt. Authentische Charaktere, ein besonderes Ermittlerduo, außergewöhnliche Settings und Mordmethoden, sowie einen temporeichen und komplexen Handlungsaufbau. Packende Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite.

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Veröffentlicht am 07.03.2023

Ein kleiner Blick auf die vielfältige Geisterwelt des feudalen Chinas

Die schöne Füchsin
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Das Cover finde ich wunderschön und auch haptisch liegt das Buch toll in der Hand. Die Kalligrafie zu den einzelnen Erzählungen wurden extra für diese Sammlung angefertigt und sehen richtig edel aus. Besonders ...

Das Cover finde ich wunderschön und auch haptisch liegt das Buch toll in der Hand. Die Kalligrafie zu den einzelnen Erzählungen wurden extra für diese Sammlung angefertigt und sehen richtig edel aus. Besonders mag ich es, dass „Die schöne Füchsin: Chinesische Geistergeschichten“ optisch super zu dem Buch „Die Weisse Schlange: Chinesische Mythen, Märchen und Legenden“ passt. Auch dieses Buch ist im Drachenhaus Verlag erschienen.

Der chinesische Volksglauben unterscheidet sich sehr vom europäischen und dazu muss ich nicht in „Die schöne Füchsin: Chinesische Geistergeschichten“ blicken, um das zu wissen. Diese Unterschiede sind es, die mich interessiert aufblicken lassen und mich neugierig auf diese Sammlung machen. Die ausgewählten Erzählungen in diesem Buch spiegeln nur einen Bruchteil der riesigen Fülle an verschiedensten Geistergeschichten aus China wieder. Im chinesischen Volksglauben tummeln sich einfach viel mehr Geister, Dämonen und göttliche Wesen als im europäischen Volksglauben. Daher verwundert es mich einwenig, dass sich viele dieser Geschichten in diesem Buch gar nicht gruselig oder gar schaurig sind. Oft finde ich sie amüsant, manchmal lesen sie sich wie eine Liebesgeschichte und gelegentlich gibt es auch eine Prise Erotik dazu. Diese besondere Mixtur gefällt mir sehr gut.

Die einundzwanzig Erzählungen haben eine angenehme Länge und liegen im Durchschnitt bei fünf Seiten. Zu Beginn dachte ich noch, dass ich zügig durch das Buch kommen würde, aber tatsächlich wollte ich mir dann beim Lesen viel Zeit nehmen. Denn obwohl die Geschichten verständlich und leicht formuliert sind, so ist doch das Füllhorn an Anspielungen, beschriebenen Traditionen, Regeln und Strukturen fremd für mich. So taste ich mich langsam vorwärts, sauge die einzelnen Erzählungen in mich auf und gelegentlich blättere ich ans Ende des Buches, wo mich interessante Hintergründe rund um die chinesische Kultur der Geistergeschichten erwarten. Das ist sehr hilfreich, um die unterschiedlichen Bereiche des Jenseits zu verstehen und wie im Glauben der Menschen die Welt dort funktioniert und aussieht. Besonders mag ich, dass diese Informationen mir helfen, die unterschiedlichen Erzählungen besser einordnen zu können und weshalb manches so geschildert wird. Interessant finde ich dabei auch den kritischen Unterton, der mitschwingt und sich oft an jene Zeit richtet, aus der die Erzählung stammt. Die Werte rund um Traditionen, Gerechtigkeit sowie moralische Leitlinien dahinter treten so greifbarer hervor und gewähren mir einen klitzekleinen Blick in die vergangenen Tage der alten Zeiten.

Jede der ausgewählten Erzählungen hat mir auf ihre eigene Art gefallen. Die Gedanken rund um die Wiedergeburt und Seelenwanderung sind bisweilen schön, manche wiederum schrecken mich ab und so entsteht ein schöner bunter Geschichtenmix.
Bei einigen Geschichten finde ich das Ende ziemlich abrupt und ich fühle mich etwas hängen gelassen. Gelegentlich erscheinen mir bestimmte Muster innerhalb der Erzählungen suspekt. So versterben viele Menschen recht rasch an Trauer, was für mich nicht greifbar ist. Das liegt durchaus an den kulturellen Unterschieden und macht deutlich, wie wenig Berührungspunkte ich zum chinesischen Volksglauben habe.
Besonders schaurig ist für mich „Die Leiche aus der Herberge“, bei „Die Grille“ bin ich emotional sehr nah an der Erzählung dran und ich habe schon früh die richtige Idee, in welche Richtung sich die Geschichte bewegen wird.
„Die Liebestorheit“ berührt mich sehr.

Fazit:
„Die schöne Füchsin: Chinesische Geistergeschichten“ ist mehr als nur eine Sammlung von 21 verschiedenen alten Erzählungen. Viel mehr gewähren diese einen Blick auf das feudale China, auf dessen Werte und Traditionen, ja sogar auf historische Lebensumstände. Gleichzeitig wissen die Geschichten zu unterhalten und werden am Ende sogar noch um Hintergrundwissen erweitert, damit der Kern der einzelnen Erzählungen verständlicher wird.

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Veröffentlicht am 07.03.2023

„Stigma“ ist nichts für schwache Nerven

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
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Visuell spricht mich „Stigma“ mit seinem düsteren Cover und der zerkratzten Optik direkt an. Hinter dem Namen Lea Adam verbirgt sich das Autorinnenduo Regina Denk und Lisa Bitzer und beim Lesen hatte ich ...

Visuell spricht mich „Stigma“ mit seinem düsteren Cover und der zerkratzten Optik direkt an. Hinter dem Namen Lea Adam verbirgt sich das Autorinnenduo Regina Denk und Lisa Bitzer und beim Lesen hatte ich nie den Eindruck, dass hier zwei unterschiedliche Personen am Werk gewesen sind. Alles liest sich wie aus einem Guss. Der Schreibstil ist einnehmend und flüssig, manchmal recht umgangssprachlich und wirkt dadurch salopp. Ich mag das, denn es ist erfrischend und leicht verständlich. Die beschriebenen Szenen sind sehr bildlich und berühren mich auf unterschiedlichste Weise. Hier sei auch gleich ein Wort der Warnung angebracht: In „Stigma“ wird das Thema sexualisierte Gewalt in den Fokus gerückt und Lea Adam scheut sich auch nicht davor, Vergewaltigungsszenen recht detailliert darzustellen. Daher sollte jeder Lesende zu Beginn die ausgesprochene Warnung sehr ernst nehmen.

Ich komme gut in „Stigma“ rein, was dadurch erleichtert wird, weil ich ausschließlich mithilfe des personalen Erzählers der Mordermittlerin Jagoda Milosevic, kurz Milo, bei der Ermittlungsarbeit über die Schulter schaue. Ich lerne sie und ihren Kollegen Vincent Frey kennen, wobei ich Milo näher als allen anderen Charakteren komme. Das liegt auch daran, dass ich Milo nicht nur beruflich begleite, sondern sie auch privat kennenlerne. Sie gefällt mir, obwohl sie recht verschlossen ist und in vielen Bereichen sehr forsch wirkt. Durch ihr Verhalten erscheint sie gelegentlich unfreundlich, was besonders dann stark auftritt, wenn ihr Kollege Vincent der Sonnenschein schlechthin ist. Generell ist Vincent das ganze Gegenteil von Milo. Freundlich und umgänglich, ein kleiner Womanizer. Ihn habe ich sofort ins Herz geschlossen.
Als Team agieren Vincent und Milo perfekt und es macht mir Spaß, die beiden bei ihrer mühseligen Ermittlungsarbeit zu begleiten.

Generell mag ich die Ausarbeitung der Charaktere. Sie sind vielschichtig und glaubwürdig dargestellt. Besonders die Erlebnisse der Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren müssen, sind so bewegend geschildert, dass ich nicht nur Wut gegenüber den Tätern empfinde, sondern auch die Gefühlswelt der Frauen beinahe ungefiltert abbekomme. Es schockiert mich davon zu lesen, ich spüre ihre lähmende Angst.
Die unverhohlene Kritik im Umgang mit Opfern rennt bei mir offene Türen ein und ich frage mich, wann wir endlich so weit sein werden, Frauen vor solchen distanzlosen Übergriffen zu schützen.
Was ich allerdings völlig überzogen finde, ist die Darstellung der Chefin des Ermittlerduos. Die Frau war gefühlt nur am schreien und das verlieh dem Ganzen einen nicht sehr professionellen Anstrich. Brüllende Vorgesetzte kann ich einfach nicht ernst nehmen und finde es in Kombination mit diesem heiklen Thema auch semigelungen. Natürlich lastet auf einer Leiterin der Mordkommission auch politischer Druck, aber die Umsetzung ist schon sehr aus der Klischeekiste gegriffen.

In „Stigma“ wird die Spannung sofort aufgebaut und bis zum Schluss aufrechterhalten. Daran ändert sich auch nichts, als mir irgendwann klar ist, in welchem Umfeld der Mörder der Männer zu suchen ist und was das Motiv hinter den Taten ist.
Das Erzähltempo ist hoch und vereinnahmt mich recht schnell. Die Ermittlungsarbeit empfinde ich als glaubwürdig und ich mag es, wie der Fall Stück für Stück aufgeklärt wird. Einzig die finale Auflösung zum Schluss überspannt für meinen Geschmack den Bogen.
Ja, die Beweggründe leuchten mir ein und sie sind, je nachdem, wie weit sich der Lesende darauf einlassen möchte, sicherlich zu Teilen nachvollziehbar. Aber in ihrer Gesamtheit finde ich es nicht mehr seriös. Hierbei geht es mir ganz klar um den Auslöser, der das Ganze ins Rollen gebracht hat. Meiner Meinung nach wird hier mit Doppelmoral gearbeitet und ich finde es sehr schade, dass Lea Adam dies nicht weiter aufgedröselt hat. Mir liegt dieser Punkt besonders schwer im Magen, da ich die Ansicht über die Schuld- / Unschuldsfrage einfach nicht teile. Die Motivation hinter den Morden bekommt für mich einen schalen Beigeschmack.

Das Ende von „Stigma“ ist mir persönlich auch zu ruppig. Zwar werden alle Fragen, die den Fall betreffen geklärt, aber mir fehlt ein richtiger Abschluss. Es wirkt noch nicht zu Ende erzählt, was vielleicht daran liegt, dass dies der erste Band einer Reihe ist.

Fazit:
Ein packender Thriller, der für ein wichtiges Thema sensibilisiert, es souverän mit dem richtigen Maß an Empathie und ungeschönten Tatsachen in die Geschichte webt. Das Ende überzeugt mich nur teilweise, dennoch ist der Start in die neue Thriller-Serie insgesamt gelungen.

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Veröffentlicht am 21.02.2023

Mein persönlicher Flop 2023

Ein wilder Schwan
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Es war einmal ein Mann, der hieß Michael Cunningham. Der dachte so bei sich, die ollen Märchen erzählen gar nicht alles und fand, es sei an der Zeit, selbst Hand an die alten Geschichten zu legen, um aus ...

Es war einmal ein Mann, der hieß Michael Cunningham. Der dachte so bei sich, die ollen Märchen erzählen gar nicht alles und fand, es sei an der Zeit, selbst Hand an die alten Geschichten zu legen, um aus ihnen Märchen für Erwachsene zu zaubern, die laut seiner Marketingexperten böse und hintersinnig sein sollten, abgerundet mit düsterer Raffinesse, Lustigkeit und einem Touch Sexyness. Es fand sich sogar eine japanische Künstlerin, die zu jedem dieser zehn aufgepimpten Geschichten eine handwerklich ziemlich schaurig schöne Illustration erschuf.
Vermutlich wurde das Werk des Michael Cunningham unterwegs von einer bösen Hexe verflucht, denn als ich es zur Hand nahm und las, da suchte ich verzweifelt die amüsante, schwarzhumorige Neuinterpretation der wahren Ereignisse hinter den bekannten Märchen.
Stattdessen purzelten mir Sätze entgegen, die stumpf waren und nur so von Frauenfeindlichkeit und ausgelebter Klischees trieften.
Bis auf eine Geschichte waren alle Nach- und Weitererzählungen negativ behaftet, teilweise sehr vulgär geschrieben und bediente Erotikfantasien aus Urzeiten. Die Charaktere hatten fast ausnahmslos schlechte Charaktereigenschaften, waren eifersüchtig, egozentrisch, geldgierig, selbstsüchtig und einfach nur abstoßend. Gesellschaftskritik? Wohl kaum. Die Geschichten hatten null Mehrwert, es gab kaum Entwicklung und der Sinn blieb mir schlicht verborgen. Nicht mal mit einem guten Gin-Tonic wollte sich mir das Buch offenbaren, es muss am Fluch der Hexe gelegen haben.
Das Einzige, was ich positiv fand, waren die Illustrationen von Yuko Shimizu. Sie waren kräftig gezeichnet und trotz verstörender Details gruselig-faszinierend. Die Detailverliebtheit stand in totalem Kontrast zum nichtssagenden Inhalt dieser zusammengeflickten Interpretationen.

Fazit:
Und wenn ich kein Buddy-Read gehabt hätte, dann würde das Buch in der Ecke verstauben, weil ich keine Lust mehr gehabt hätte, es weiterzulesen.

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