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Veröffentlicht am 23.05.2022

Ein tolles Kindersachbuch für neugierige Kids ab 8 Jahren und interessierte Erwachsene

Absolut rekordverdächtig
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Das auffällige Cover weckte sofort die Neugierde, aber gleichzeitig auch Befürchtungen. Würden zu viele Zahlen auf Dauer nicht knochentrocken und total langweilig sein? Und überhaupt, woher will Christoph ...

Das auffällige Cover weckte sofort die Neugierde, aber gleichzeitig auch Befürchtungen. Würden zu viele Zahlen auf Dauer nicht knochentrocken und total langweilig sein? Und überhaupt, woher will Christoph Drösser eigentlich wissen, ob die ganzen Zahlen auch zu uns persönlich passen?

Von diesen und weiteren Fragen getrieben war der Griff zum Buch unabwendbar. Schon in der Einleitung wurde klar, dass manche Werte einfach nicht auf den jeweiligen Lesenden zutreffen werden. All diesen Angaben wurde ein durchschnittlich achtzigjähriger Mensch zugrunde gelegt. Am Ende beim Kapitel „Woher kommen die Zahlen“ wird noch einmal genauer darauf eingegangen, dass dieses unter anderem die Werte von heute sind und sich zukünftige Zahlen sehr wohl noch im Laufe unseres Lebens ändern können. Ein super Beispiel war auch bald gefunden. So liest der durchschnittliche Deutsche etwa 750 Bücher in seinem Leben. Diesen Wert habe ich schon lange geknackt, da es bei mir allein pro Jahr mindestens 100 Bücher sind. Dennoch war die Neugierde ungebrochen.

Die bunten Seiten luden uns fröhlich zum Lesen ein und wir starteten bei 1. Klar, wir werden nur einmal geboren und sterben auch nur ein einziges Mal. Dafür schlägt unser Herz fast 3,4 Milliarden Mal und damit endet auch das Buch. Doch dazwischen haben wir so manch spannende Zahlen entdeckt und waren oftmals völlig sprachlos vor Erstaunen. Das schöne daran, dass „Absolut rekordverdächtig: Dein Leben in Zahlen“ ein Türöffner für ein interessantes Erwachsenen-Kind-Gespräch gewesen ist. So war das Gekicher natürlich groß, als wir lasen, dass wir täglich fast 14-mal pupsen. Und das Gesicht verzog sich, als enthüllt wurde, wie viele Liter Urin uns so im Laufe eines Lebens verlässt.

„Absolut rekordverdächtig: Dein Leben in Zahlen“ wurde kindgerecht und mit viel Gefühl für optische Reize aufgebaut. Wer Angst vor den ganzen Zahlen hat, den können wir beruhigen. Christoph Drösser gelang es hervorragend, die ganzen Werte mit sehr komplexen Themen wie menschliches Zusammenleben, Konsum und die damit einhergehende Umweltverschmutzung oder auch Nachhaltigkeit so zu verknüpfen, dass die Zahlen schmückendes Beiwerk waren.
Besonders die liebevoll gestalteten und stets absolut passenden Illustrationen von Nora Coenenberg machten die Texte und komplexen Zahlen alltagsnah und sehr begreifbar. Mir persönlich gefiel, dass durch die Infografiken nicht nur die Werte für Kinder deutlich fassbar wurden, sondern sie auch zum Nachdenken anregte. Das eigene Verhalten zu hinterfragen, weil die Denkanstöße so positiv formuliert wurden, war eine richtige Bereicherung.

Christoph Drösser wurde nie müde darauf hinzuweisen, dass die Zukunft in manchen Bereichen so ungewiss ist, dass die angegeben Zahlen womöglich nicht mehr stimmen würden. Aber auch, dass es manchmal gar nicht sinnvoll ist, Durchschnittswerte zu ermitteln. So sitzt das durchschnittliche Deutsche während seines 80-jährigen Lebens rund 23 Tage im Gefängnis. Eher unwahrscheinlich. Dennoch ein interessanter Punkt, der auch hier zum Reden einlud. Genauso wie die überraschenden Fakten über umweltschädliche Rekorde. So landen rund 376 Kilogramm Textilien im Laufe eines Lebens im Müll. Und wer jetzt sagt, dass er sie brav zum Altkleider-Container bringt, wird schnell aufgeklärt, dass dies nicht hilft, die Umweltverschmutzung einzudämmen.
Aber, und das war mir an dieser Stelle ganz wichtig, es wird zwar gemahnt, aber nicht ermahnt. Auf eine positive Art wird den Lesenden vermittelt, wie es besser gehen könnte und da wird manchmal sogar ein direktes Beispiel gebracht. So muss altes, trockenes Brot nicht in den Müll. Mit einem supereinfachen Rezept kann ein leckeres Mahl gezaubert werden.

„Absolut rekordverdächtig: Dein Leben in Zahlen“ ist unglaublich vielfältig und bietet mit seiner großen Bandbreite einen herrlichen Fundus an Wissen für Kinder und interessierte Erwachsene. Wer sich nicht von vorne nach hinten durchlesen möchte, hat die Möglichkeit, am Ende des Buches nach bestimmten Begriffen zu suchen und kann diese fix nachzuschlagen.

Fazit:
Eine faszinierende Momentaufnahme der verschiedensten Zahlen in einem durchschnittlichen deutschen Menschenleben. Locker aufbereitet für Kinder ab 8 Jahren mit einer Menge Wow-und-Aha-Effekten nicht nur für die Kids.

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  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 19.05.2022

Ein spannungsvoller Thriller

Todesschmerz
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„Todesschmerz“ passte mit seinem Cover optisch wieder super zu den restlichen Bänden der „Todesreihe“, auch wenn mir anfänglich nicht klar war, was die Fische zu bedeuten hatten. Aber ich kann euch schon ...

„Todesschmerz“ passte mit seinem Cover optisch wieder super zu den restlichen Bänden der „Todesreihe“, auch wenn mir anfänglich nicht klar war, was die Fische zu bedeuten hatten. Aber ich kann euch schon jetzt verraten, dass dies im Buch aufgeklärt wird und diesen Schachzug fand ich klug durchdacht. Interessant fand ich allerdings, dass zum ersten Mal eine Karte im Buch abgedruckt wurde. Zu sehen war Norwegen, dem neusten Schauplatz für Sneijder und sein Team. Aber wirklich benötigt habe ich die Karte beim Lesen nicht.
Für alle, die die anderen fünf Bände noch nicht kennen, sei verraten, dass die Bücher in sich abgeschlossen sind. Ihr könnt ohne Vorkenntnisse problemlos den Ereignissen folgen. Allerdings empfehle ich von vorne zu beginnen, da die Kernfiguren sich und miteinander im Verlauf weiterentwickelt haben.

Der Prolog war gleich voller Spannung aufgebaut, auch wenn ich den Handlungsverlauf an sich nicht überraschend empfand. Aber das war auch gar nicht notwendig, denn ein kleines Detail sorgte sofort dafür, dass ich voller Neugier auf die nächsten Ereignisse war. Außerdem war es mir eine wahre Freude, Sneijder und sein Team endlich wieder begleiten zu können. Mir sind sie alle mittlerweile sehr ans Herz gewachsen und der gemeine Klappentext lag mir da schon wie ein Stein im Magen. Was für grausame Dinge würden den Protagonisten widerfahren und warum muss so ein tolles Team wieder auseinandergerissen werden?
Die Geschichte entwickelte sich anfänglich eher gemütlich, wurde aber mit reichlich hitzigen und scharfzüngigen Dialogen gewürzt, die mir Freude bereiteten. Außerdem wurde der Radius der Erzählungen durch verschiedene Perspektivwechsel erweitert, sodass ich einen größeren Überblick über die Geschehnisse erhielt. Zusätzlich zum Gegenwartsstrang führte Andreas Gruber einen zweiten Erzählfaden ein, der sich von der Vergangenheit ins aktuelle Zeitgeschehen vorarbeite. Zwar lud dieser auch wieder reichlich zum Spekulieren ein, war aber lange nicht so raffiniert gesponnen worden, wie ich es sonst von der Todesreihe gewohnt bin.

„Todesschmerz“ ließ sich absolut flüssig lesen und die Dynamik innerhalb der Geschichte war rasant. Manche Ereignisse überschlugen sich förmlich, dennoch kamen die meisten Wendungen nicht überraschend für mich. Zwar büßte die Handlung nichts von seiner Spannung ein, aber ein Klitzekleines bisschen Enttäuschung machte sich schon breit. Natürlich freute ich mich, dass ich oft genau richtig lag, aber der Reiz bei Andreas Grubers Büchern ist eigentlich der, dass ich meistens daneben liege.
Dennoch hatte mich das Handlungsgerüst von „Todesschmerz“ überzeugen können. Andreas Gruber überließ nichts dem Zufall und das grenzt meiner Meinung nach schon extrem an Genialität. Nichts wird ohne Grund gesagt und alles führt am Ende auch zu etwas Neuem.
Einige Szenen waren ordentlich blutig und grauenhaft geschildert worden, sodass besonders empfindsame Lesende hier Probleme haben könnten. Dies steigerte meinen Adrenalinkick beim Lesen und ich fieberte mit den Protagonisten mit.

Insgesamt, trotz einiger Vorhersehbarkeiten konnte mich „Todesschmerz“ überzeugen. Die Verwicklungen und Entwicklungen machten mich letzten Endes sprachlos. Vor allem als mir bewusst wurde, dass besonders in diesem Metier der Strafverfolgung niemanden wirklich zu trauen ist. Besonders betroffen war ich vom Schluss, als überdeutlich wurde, dass der sonst so harte Maarten S. Sneijder auch ein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Mir ging besonders die letzte Szene sehr nahe, allerdings weckte sie auch meine Neugierde auf den siebten Teil. Denn der scheint intensiv mit „Todesschmerz“ verwoben zu sein.

Fazit:
„Todesschmerz“ glänzte wieder durch seinen raffinierten Aufbau und spannungsgeladenen Szenen. Vieles war vorhersehbar und nicht das beste Buch der Reihe, dennoch konnte mich der Thriller insgesamt überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2022

Ein Thriller voller ernster Thematiken

Artemis
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Im Gegensatz zu dem sehr spannenden und mitreißenden Einstieg in die Geschichte war das Cover sehr schlicht gehalten. Ich mochte das, denn es weckte in mir keine übertriebene Erwartungshaltung, sprach ...

Im Gegensatz zu dem sehr spannenden und mitreißenden Einstieg in die Geschichte war das Cover sehr schlicht gehalten. Ich mochte das, denn es weckte in mir keine übertriebene Erwartungshaltung, sprach mich jedoch auf eine angenehme, unaufdringliche Art an. Genauso wie Charlotte Charonnes Schreibstil, der durch seine bildliche Art gleich am Anfang eine düstere, lebendige Szenerie erschuf und mich sofort in das Geschehen katapultierte. So liebe ich es in eine Geschichte zu starten und war auch ganz froh darum. Denn das Personenregister zu Beginn war schon ein kleiner Schock für mich. Hatte ich doch Angst, dass ich bei der Vielzahl an Figuren den Überblick verlieren könnte. Aber diese Sorge war gänzlich unbegründet, denn der Autorin gelang es spielend leicht, mir Charaktere zu präsentieren, die durch ihre Vielfältigkeit leicht auseinanderzuhalten waren.
Außerdem kannte ich schon ein paar Personen aus „Asklepios“, sodass sich besonders das Treffen mit den Mitarbeitern des Kriminalkommissariats 12 wie nach Hause kommen anfühlte. Besonders im Gedächtnis geblieben waren mir die Kommissare Rubina Hiller, genannt Ruby und Simon Peick, der auf den Spitznamen „Spike“ hört. Ich freute mich sehr darauf, mit den beiden wieder ermitteln zu können.

Die verschiedenen Schauplätze und Perspektivwechsel sorgten für Spannung und einen umfassenden Blick über die vielen Ereignisse. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Täter schon von Anfang an bekannt sind. Und so glaubte ich, dass ich immer den Überblick hatte und vieles schon wusste. Aber dem war nicht so, denn Charlotte Charonne verstand es sehr geschickt, meine Erwartungen auf der einen Seite zu erfüllen, mich aber durch unvorhergesehene Wendungen zu überraschen. Zudem wurde die Geschichte mit reichlich sozialkritischen Elementen angefüllt, die schonungslos die gesellschaftlichen Probleme und deren Doppelmoral zutage förderten. Da bekam die Selbstjustiz von der selbsternannten Artemis einen ganz anderen Beigeschmack und warf die Frage auf, welche Strafen wirklich gerecht sind.

Sehr positiv aufgefallen war mir, dass sich Charlotte Charonne schriftstellerisch weiterentwickelt hatte. Noch immer blitzen Vergleiche hervor, die mich zum Schmunzeln brachten, aber insgesamt schraubte sie die Verwendung von Metaphern herunter, sodass ich das Lesen als angenehm empfand. Der ganze Handlungsaufbau war klug durchdacht und der Autorin gelang es, eindrückliche Augenblicke zu erschaffen, die realistische Szenenbilder widerspiegelten. Besonders mochte ich, dass es Charlotte Charonne in „Artemis“ gelang, die Themenfelder rund um Fremdenhass, Missbrauch sowie psychischen Erkrankungen mit viel Feingefühl in diese Geschichte zu integrieren. Das verlieh der Erzählung tiefe, durch die personale Erzählperspektive, aber auch einen gewissen Abstand, der in manchen Punkten auch nötig gewesen war.

Ein wenig Ablenkung vom Geschehen brachten auch die Privatangelegenheiten von Ruby und Spike. Jedoch muss ich sagen, dass besonders Ruby in meiner Gunst einen empfindlichen Dämpfer erhielt. Sie wurde mir im Verlauf immer unsympathischer. Ihre unzufriedene Art, die regelmäßig in Ungerechtigkeiten ihren Mitmenschen gegenüber gipfelte, begann mich zu nerven. So wirkte Ruby dauerhaft mürrisch und viel zu streng. Was sie damit auch zum kompletten Gegenteil von Spike machte, der mit seiner einfühlsamen und umgänglichen Art ein echter Sunnyboy war. Ihn mochte ich besonders gern und sein persönliches Liebesdrama brachte Abwechslung in die düstere Grundstimmung.
Zum Glück entwickelten sich die Charaktere in „Artemis“ weiter und besonders Rubys Wandlung am Ende söhnte mich mit der Protagonistin aus.

Das Finale überraschte mich. Meine Idee vom Schluss des Buches war nicht grundsätzlich verkehrt, dennoch schaffte es die Autorin, Elemente hinzuzufügen, mit denen ich nie gerechnet hätte. Sie wirkten aber meiner Meinung nach stimmig und realistisch.

Fazit:
Ein Thriller, der mehr durch seine leisen Töne unter die Haut zu kriechen vermag und sozialkritische Aspekte aufgreift, um sie zu einer spannenden Unterhaltung zu verweben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2022

Ein leichtgängigen Thriller mit einer ordentlichen Portion menschlicher Abgründe

Dunkle Botschaft: Thriller
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Mein innerer Monk weint immer vor Glück, wenn Cover passend zur Reihe gestaltet werden. „Dunkle Botschaft“ passte somit nicht nur optisch zur Reihe, sondern auch mit Cover und Titel perfekt zum neuen Fall ...

Mein innerer Monk weint immer vor Glück, wenn Cover passend zur Reihe gestaltet werden. „Dunkle Botschaft“ passte somit nicht nur optisch zur Reihe, sondern auch mit Cover und Titel perfekt zum neuen Fall der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz.
Generell können die Thriller von Catherine Shepherd unabhängig zu den einzelnen Bänden einer Reihe gelesen werden. Da sich aber die Hauptfiguren stetig weiterentwickeln, macht es schon Sinn, von Beginn an die Protagonisten zu begleiten.

Wie immer kam ich gut und schnell in der Geschichte an. Schon der Prolog berührte mich, denn es war offensichtlich, dass ich einen jungen Menschen begleitete, der in einer unangenehmen Situation war. In mir regte sich sofort Mitgefühl für das Kind und gleichzeitig befeuerten die Ereignisse meine Neugierde auf das Kommende.

Mir gefiel ausgesprochen gut, dass der Handlungsaufbau sich dieses Mal vom Rest der Julia-Schwarz-Reihe unterschied. Es gab nicht so viele Perspektivwechsel, was dafür sorgte, dass die Erzählungen viel konzentrierter wirkten.
Besonders intensiv empfand ich die Rückblicke in die Vergangenheit. Dabei wurde Stück für Stück klarer, welche Konsequenzen schwerer Missbrauch in der Kindheit für einen Menschen haben kann. Der Blick in den menschlichen Abgrund war deshalb nicht immer leicht zu ertragen. Dennoch gelang es Catherine Shepherd mit viel Gefühl herauszuarbeiten, wie der Mörder schlussendlich zu einem Monster wurde.

Aber auch Julia Schwarz begleitete ich wieder gern bei ihren Tätigkeiten. Gespannt verfolgte ich auch die Ermittlungen mit und ließ mich zu vielen Spekulationen hinreißen. Ich war jedoch bis zum Schluss nicht auf den Täter gekommen. Zwar waren einige meiner Überlegungen, was seine Motive hinter den Taten sein könnten, nicht komplett verkehrt, aber richtig durchschaut hatte ich das Ganze dennoch nicht.
Die unterschiedlichen Tötungsmethoden waren sehr interessant und abwechslungsreich, jedoch auch nichts für schwächere Nerven. Generell verstand es Catherine Shepherd, mich mit ihrem flüssigen und bildreichen Schreibstil an das Geschehen zu fesseln. Zudem luden mich die angenehm kurzen Kapitel dazu ein, eben noch schnell einen weiteren Abschnitt zu lesen.

Fazit:
Ein Thriller, der mich vom Anfang bis zum Ende super unterhalten konnte. Die Jagd nach dem Mörder und dabei dem Täter aus seiner Sicht so nah kommen zu können, war faszinierend.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Eine ungewöhnliche und unaufgeregte Story, aber sehr unterhaltsam mit unerwartetem Finale

Das gekaufte Leben
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„Das gekaufte Leben“ mit seinem knalligen Cover war schon ein echter Hingucker und eine Garantie dafür, dass ich mehr über den Inhalt wissen wollte. Mir gefiel die Idee, dass sich jemand ein fremdes Leben ...

„Das gekaufte Leben“ mit seinem knalligen Cover war schon ein echter Hingucker und eine Garantie dafür, dass ich mehr über den Inhalt wissen wollte. Mir gefiel die Idee, dass sich jemand ein fremdes Leben kaufen kann, von dem die Person meint, dass es so viel erstrebenswerter als das eigene Leben ist. Doch ist das tatsächlich so?

Clemens Freitag, typischer Antiheld, wird es in „das gekaufte Leben“ selber herausfinden. Denn er ist auf ganzer Linie gnadenlos gescheitert. Verschuldet mit einem verhassten Job im Schlepptau, kaum Freunde und dem ständig schlechten Gewissen seiner verstorbenen Eltern gegenüber, wandelt Freitag lust- und motivationslos durchs Leben. Klar, dass dann eine außergewöhnliche Anzeige sein Interesse weckt. Wie wäre es, sich ein komplettes neues Leben zu ersteigern? Mit allem, was der vorherige Besitzer des Lebens zu bieten hat? Freitag zögert nur kurz, zu verlockend ist dieses Angebot.

So startete ich gemütlich in diese ungewöhnliche Geschichte. Freitag war ein durchschnittlicher Losertyp, der völlig ziellos mit einem Haufen Problemen im Gepäck manchmal ziemlich verpeilt wirkte. Zudem hing Freitag emotional oft in der Vergangenheit fest, der frühe Verlust seiner Eltern hatte er bis zum heutigen Tage nie verkraftet. Hier spielte Tobias Sommer schon mit meiner Neugierde, denn er verriet nie wirklich, was genau vorgefallen war und warum Freitag so aus dem Tritt kam.

Der ruhige Plauderton des auktorialen Erzählers ließ mich in dem Moment an Freitags Leben teilhaben, als dieser beschloss, sich ein neues Leben zu ersteigern. Da der Fokus ausschließlich auf dem Protagonisten lag, lernte ich nicht nur ihn kennen, sondern stolperte gemeinsam mit Freitag in sein neues, ersteigertes Leben. Dies ermöglichte mir, seine Emotionen nachvollziehen zu können, aber nicht immer seine Gedanken und Handlungen. In manchen Situationen reagierte er so überraschend anders, dass ich zwischen erstaunen und Kopf schütteln schwankte. Das machte aber durchaus den Reiz von „das andere Leben“ aus, denn es brachte einen realistischen Charakter in die Erzählung.
Freitags Entwicklung fand ich faszinierend. Dadurch, dass ich quasi zwei Leben, nämlich das von Clemens Freitag und das von Götz Dammwald, der seins an Freitag verkaufte, gleichzeitig kennenlernte, gelang es Tobias Sommer, den Charakter Freitags voll aufzufächern. Das machte seine Entfaltung glaubhaft und logisch nachvollziehbar.

Die Kapitel waren in Wochentage unterteilt, sodass ich pro Abschnitt einen Tag an Freitags Seite verbrachte. Der eingängige, unaufgeregte und flüssige Schreibstil führte mich lockerleicht durch die Handlungen, wobei ich manchmal den Eindruck von einer gewissen Distanz zum Protagonisten spürte. Das war per se nicht schlecht, aber ich konnte an manchen Stellen nicht so mitfiebern und hatte dann das Gefühl mehr Zuschauerin zu sein. So ertappte ich mich dabei, dass mich die Szenerie an die Truman-Show erinnerte. Dort wurde die Hauptfigur auch Tag und Nacht in seinem Leben begleitet. Und dennoch, „das gekaufte Leben“ war ganz anders. Während es innerhalb der Kapitel beinahe schon gemütlich zuging, stieg gegen Ende eines jeden Abschnitts die Spannung ordentlich an. Ich konnte erahnen, dass nicht alles so herrlich war, wie es sich Freitag gerne ausmalte. Etwas Bedrohliches lag in der Luft, was weder ich noch der Protagonist richtig greifen konnten. Ich hatte keine Idee, wohin das Ganze uns führen würde, ich wusste nur, dass ich unbedingt wissen wollte, wie alles enden würde.

Nach etwa dreiviertel des Buches war die Spannung kaum noch auszuhalten. Ich war zwischenzeitlich genauso verwirrt wie Freitag. Was ist real? Was Lüge? Es war gar nicht so einfach hinter das Geflecht zuschauen und das Ende hatte mich wahrlich überrascht. „Das gekaufte Leben“ hatte zum Schluss den Charakter eines Psychothrillers. Bei mir hallte die Geschichte nach dem Schließen des Buches noch lange nach, da mich dieses Gedankenspiel zum Nachdenken anregte.

Fazit:
„Das gekaufte Leben“ konnte mich mit seiner rätselhaften Geschichte überraschen. Im Mittelpunkt ein Antiheld, der plötzlich die Chance und den Willen hat, sein Leben zu verändern. Spannend, unterhaltsam und nachdenklich stimmend.

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