Nettes Familiendrama, jedoch kein Thriller
The Couple Next Door„Sie spielt anderen etwas vor. Tut das nicht jeder? Alle Menschen geben vor, etwas zu sein, was sie nicht sind. Die ganze Welt basiert auf Lügen.“
Wer glaubt, er kenne die Menschen um sich herum, wird ...
„Sie spielt anderen etwas vor. Tut das nicht jeder? Alle Menschen geben vor, etwas zu sein, was sie nicht sind. Die ganze Welt basiert auf Lügen.“
Wer glaubt, er kenne die Menschen um sich herum, wird in diesem Roman eines Besseren belehrt. Denn als Anne und Marco von einer Party bei den Nachbarn nach Hause kommen, ist ihr Baby Cora nicht mehr da – doch wer hat sie entführt? War es Anne, die unter schweren postnatalen Depressionen leidet? Oder Marco, der mit seiner Firma in der Klemme steckt? Könnten die Nachbarn Cynthia und Graham in die Entführung verwickelt gewesen sein? Der Leser tappt im Dunkeln, genauso Detective Rasbach, der den Fall der verschwundenen Cora aufklären soll. Und auch der Leser weiß bald nicht mehr, wem er noch glauben kann…
Das Buch beginnt mit Coras Entführung und nimmt dann schnell seinen Handlungslauf. Allerdings will und will sich nicht so recht eine Stimmung beim Lesen einstellen, die einen unbedingt weiterlesen lassen will. Man möchte zwar wissen, wer Cora entführt hat, doch fehlt einfach die Spannung. Vielleicht liegt dies auch am sehr nüchternen Erzählstil der Autorin. In der Mitte des Buches wird die eine oder andere Wendung im Plot aufgedeckt, die allerdings zum Teil schon vorhersehbar waren. Erst am Ende wird der Leser überrascht. Einen Thriller nenne ich das Buch deshalb jedoch trotzdem nicht…
Auch die Figuren finde ich nicht allzu gut gelungen. Der Detective ist ein unglaublich flacher und eindimensionaler Charakter, der nur dazu da zu sein scheint, die Fakten immer wieder zusammenzufassen. Dies mag unter dem Umstand, dass man nicht weiß, wem man glauben soll, ganz sinnvoll sein, denn so bekommt man immer wieder in Erinnerung gerufen, was denn nun Tatsache ist. Doch leider wirkt der Detective sonst als absoluter Fremdkörper und überhaupt nicht wie ein Mensch. Die Eltern gehen einem recht schnell auf die Nerven. Anne ist von Anfang an unsympathisch, sie ist sehr weinerlich - was natürlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ihr Kind entführt wurde, auch verständlich ist. Trotzdem geht die Figur einem auf die Nerven. Marco versinkt mit der Handlung zunehmend in Selbstmitleid. Zu Beginn kann man an ihm noch am ehesten mitfühlen, doch verfliegt auch dieses Gefühl recht schnell. Tja, und mehr Personen gibt es im Grunde nicht, über die man als Leser wirklich etwas sagen könnte.
Alles in allem war das ein ganz nettes Buch – aber eben leider überhaupt kein Thriller. Familiendrama trifft es da schon eher. Nur wegen der Wendungen im letzten Teil und wegen des Finales auf den letzten Seiten kann ich letztendlich 3 Punkte geben.