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Veröffentlicht am 15.12.2024

Mit Nightingale und Gussie ins New York der 1920er

Eine Nachtigall in New York
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August Berrycloth-Young, Spitzname Gussie, erhält in New York überraschend Besuch von seinem ehemaligen Schulkameraden Thomas Nightingale. Dieser ermittelt im Fall eines verzauberten Saxophons, wobei ihm ...

August Berrycloth-Young, Spitzname Gussie, erhält in New York überraschend Besuch von seinem ehemaligen Schulkameraden Thomas Nightingale. Dieser ermittelt im Fall eines verzauberten Saxophons, wobei ihm Gussie helfen soll. Es sind die 1920er Jahre, und die Spur führt schnell in die Clubszene der Stadt. Durch die Hilfe von Gussies farbigem Partner Lucy, mit dem er eine heimliche Beziehung führt, erhalten die beiden Zauberer Zutritt zu Orten, an denen Weiße ansonsten nichts verloren haben. Als schließlich auch noch eine verzauberte Trompete auftaucht, verdichten sich die Hinweise, die zu mächtigen Männern führen, die in der Stadt im Hintergrund die Strippen ziehen…

Während die magische Welt rund um den Zauberlehrling Peter Grant immer komplexer wird und seine Erlebnisse in seitenstarken Romanen festgehalten werden, sind die Stories aus der magischen Welt für mich immer wieder eine willkommene Ergänzung. Diesmal reiste ich an der Seite von Thomas Nightingale ins New York der 1920er. Dort will er herausfinden, woher das verzauberte Saxophon, das er bereits konfisziert hat, stammt. Gemeinsam mit seinem ehemaligen Schulkameraden Gussie hangelt er sich von einem Hinweis zum nächsten und dabei quer durch die Stadt, mitten hinein ins Nachtleben und bis hin nach Long Island.

Gussie ist ein homosexueller weißer Charakter, der sich in einer Beziehung mit einem schwarzen Mann befindet. Seine Erlebnisse in der Stadt zwischen Heimlichkeit und ausgelassenem Dolce Vita bieten an sich schon einiges an Erzählstoff. Hinzu kommt die „klassische“ magische Ermittlungsarbeit, in der er und Nightingale Bekanntschaft mit einigen Fae machen sowie mit Männern, die nichts Gutes im Schilde führen. Actionreiche Szenen sorgen für spannende Momente und ich habe bis zum Schluss mitgefiebert. Für mich ist „Eine Nachtigall in New York“ wieder einmal eine absolut gelungene Ergänzung zur Hauptreihe, die sich Fans des Autors nicht entgehen lassen solllen.

Veröffentlicht am 13.12.2024

Wie kann es für Lila weitergehen?

Zwischen Ende und Anfang
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Lila tut sich schwer mit ihrer aktuellen Situation: Ihr Mann hat sie für eine andere Frau verlassen, kurz nachdem ihr Ratgeber für glückliche Beziehungen ein Bestseller geworden ist. Das Verhältnis zu ...

Lila tut sich schwer mit ihrer aktuellen Situation: Ihr Mann hat sie für eine andere Frau verlassen, kurz nachdem ihr Ratgeber für glückliche Beziehungen ein Bestseller geworden ist. Das Verhältnis zu ihren Töchtern ist angespannt, ihr Stiefvater ist seit dem Tod ihrer Mutter quasi bei ihr eingezogen und für ihr neues Buch ist noch kein Kapitel geschrieben. Als sie erfährt, dass ihr Mann mit seiner neuen Freundin ein Kind erwartet, denkt sie, dass dies die Spitze des Eisberges ist. Doch dann steht auch noch ihr leiblicher Vater vor der Tür, der sich jahrelang nicht hat blicken lassen und nicht mal bei der Beerdigung ihrer Mutter war. Damit ist das Chaos in Lias Leben perfekt. Sie muss sich fragen, wie es für sie weitergehen soll und was ihr wirklich wichtig ist.

Als Leserin wurde ich vom ersten Kapitel an mitten hineingeworfen in Lilas trubeliges Leben, mit dem sie aktuell alles andere als zufrieden ist. Nichts scheint nach Plan zu laufen und es kommen immer mehr unerfreuliche Entwicklungen hinzu. Eine wichtige Stütze für sie ist ihre beste Freundin Eleanor, die sie ermutigt, positiv nach vorn zu blicken und auf ein Date zu gehen. Doch davon will Lila zunächst nichts wissen. Das Buch beinhaltet viele herausfordernde Themen, gleichzeitig gibt es immer wieder amüsante Situationen, die der Lektüre eine gewisse Leichtigkeit geben.

Ich konnte zum einen gut nachvollziehen, dass Lila die Situation belastet, in der sie sich befindet und warum sie sich so schwer damit tut, die Weichen für ihre Zukunft zu stellen. Auf der anderen Seite hatte ich oft das Gefühl, dass sie wirklich an allem etwas auszusetzen hat und sie sich damit das Leben noch schwerer macht, was ich anstrengend fand. Im Hinblick auf ihr neues Buchprojekt trifft sie eine Entscheidung, über die ich nur den Kopf schütteln konnte und bei der ich die weiteren Ereignisse sehr vorhersehbar fand.

Wie der Titel andeutet, gibt es allmählich positive Entwicklungen, die Lila Hoffnung auf einen Neuanfang schöpfen lassen. Es erscheinen neue Charaktere auf der Bildfläche, welche neue Dynamiken in die Handlung bringen. Mit zwei Vätern im Haus und zwei Love Interests wird es plötzlich recht voll in Lias Leben. Es gibt viele tolle Figuren, die ich mit der Zeit immer mehr ins Herz schloss. Ich fand es schön, auch tiefere Einblicke zum Beispiel in das Leben von Lias Tochter Celie sowie ihrem Stiefvater Gene zu erhalten, sodass ich auch hier mithoffte, dass auch sie ihr Glück finden werden. Auch wenn es mir Lila als Protagonistin nicht immer einfach gemacht hat, so ist „Zwischen Ende und Anfang“ insgesamt ein warmherziger Roman mit einer guten Mischung aus unterhaltsamen und nachdenklich stimmenden Szenen, den ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 07.12.2024

Ein atmosphärischer historischer Roman voller Geheimnisse

Das Haus der Bücher und Schatten
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Im Jahr 1933 arbeitet Cornelius Frey in Leipzig als Nachtwächter in der Deutschen Bücherei. Einige Monate zuvor wurde er von den Nazis als Kommissar entlassen, weil er sich geweigert hat, den Mord an sechs ...

Im Jahr 1933 arbeitet Cornelius Frey in Leipzig als Nachtwächter in der Deutschen Bücherei. Einige Monate zuvor wurde er von den Nazis als Kommissar entlassen, weil er sich geweigert hat, den Mord an sechs Menschen den Kommunisten in die Schuhe zu schieben. Auf dem Heimweg von seiner Schicht kann er eine junge Frau davon abhalten, von einer Brücke aus vor einen Zug zu springen – nur um sie in der darauffolgenden Nacht erschossen vor der Deutschen Bücherei aufzufinden, mit einer Pistole gleich neben ihrer Hand. Gleich neben ihr liegt die ebenfalls erschossene Leiche von Kommissar Zirner. Cornelius darf in seinen alten Beruf zurückkehren, um die beiden Morde aufzuklären. Dabei dringt er tief in die okkulte Szene vor. Und was haben die Ereignisse im Jahr 1913, bei denen zwei Lektoren aus Leipzig den zurückgezogen lebenden Erfolgsautor Aschenbrand im Baltikum besuchen, um sein neues Manuskript abzuholen, damit zu tun?

Der neue historische Roman von Kai Meyer ist der inzwischen dritte rund um das Graphische Viertel in Leipzig. Von Beginn an legt er ein ordentliches Tempo vor: Schon nach wenigen Seiten wird der Protagonist Cornelius beauftragt, wieder bei der Polizei zu arbeiten, um im Fall des ermordeten Polizisten und des Mädchens zu ermitteln. Unterbrochen wird dieser Handlungsstrang von Kapiteln im Jahr 1913, in denen die Lektoren Paula gemeinsam mit ihrem Kollegen und Verlobten Jonathan die lange Reise aus Leipzig ins Baltikum zu dem von ihr betreuten Schriftsteller Aschenbrand auf sich nimmt. Sein neues Manuskript ist überfällig und sie soll dieses in Empfang nehmen.

Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Handlungssträngen ist lange nicht klar. Ich fand sie auch getrennt voneinander auf ihre Art spannend und interessant. Cornelius‘ Ermittlungen sind ein klassischer Kriminalfall, die ihn in die okkulte Szene führen, wo mächtige Männer die Strippen ziehen. Auch politische Entwicklungen und Verwicklungen sind immer wieder Thema. Von der Atmosphäre her erinnerte mich das ganze ein wenig an Babylon Berlin. Die Geschichte rund und Paula und Jonathan, die den Schriftsteller Aschenbach in einem abgelegenen Herrenhaus auffinden, bietet Mystery- und Gruselelemente. Woher stammen die seltsamen nächtlichen Geräusche und ist Aschenbach wirklich der, der er vorgibt zu sein? Zum Ende hin wird die Verbindung zwischen den Strängen klar, gleichzeitig dreht der Roman in Sachen Spannung und Drama noch einmal voll auf. Für meinen Geschmack wurde es aber zu wild, es hätten auf den letzten Seiten auch ein paar Leichen weniger sein dürfen.

Insgesamt ist „Das Haus der Bücher und Schatten“ ein atmosphärischer historischer Roman, in dem zahlreiche Geheimnisse darauf warten, gelüftet zu werden und der eine gute Mischung aus ruhigen und hochspannenden Szenen bietet.

Veröffentlicht am 03.12.2024

Gelungener Überblick über die wichtigsten gynäkologischen Themen

Das große Gynbuch
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Prof. Dr. Mandy Mangler ist seit einiger Zeit mit ihren Podcast „Gyncast“ erfolgreich. Viele der dort besprochenen Themen fasst sie nun in diesem fast 500 Seiten starken Buch zusammen. Es ist in drei Oberkategorien ...

Prof. Dr. Mandy Mangler ist seit einiger Zeit mit ihren Podcast „Gyncast“ erfolgreich. Viele der dort besprochenen Themen fasst sie nun in diesem fast 500 Seiten starken Buch zusammen. Es ist in drei Oberkategorien aufgeteilt: „Unser Körper“, „Themen & Phasen“ sowie „Gesundheit & Krankheit“. Der erste Abschnitt „Unser Körper“ gibt einen Überblick über die weiblichen Geschlechtsorgane und das Thema Sexualität. Auch wenn mir vieles davon schon bekannt war, fand ich die Aufbereitung der Themen sehr gelungen und habe auch noch einiges Neues erfahren. Die rund 50 Seiten zu lesen ist als Einstieg in das Buch auf jeden Fall lohnenswert.

Die beiden nachfolgenden Abschnitte können ebenfalls chronologisch gelesen werden, sie eignen sich aber aufgrund ihrer klaren Struktur auch zum spezifischen Nachschlagen. Da ich in Kürze ein Kind erwarte, habe ich vor allem die Abschnitte zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett mit großem Interesse gelesen. Für mich waren sie eine informative Ergänzung zu den Gesprächen mit meiner Hebamme und dem Geburtsvorbereitungskurs. Es sind auch Kapitel zu den Themen selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch und Aborte enthalten, bei denen ich es wichtig finde, informiert zu sein, auch wenn die Informationen für die momentane Lebenssituation gerade nicht relevant sind. Der letzte Abschnitt „Gesundheit & Krankheit“ gibt neben Informationen zum Thema Prävention vor allem viele Informationen zu den unterschiedlichsten Krankheiten von Endometriose über Blasenentzündung bis hin zu Krebserkrankungen.

Insgesamt ist „Das große Gynbuch“ ein sehr gut aufbereitetes Werk, das die wichtigsten gynäkologischen Themen gut strukturiert, informativ und anschaulich aufbereitet. Aufgrund der großen Bandbreite an Themen lohnt sich eine Anschaffung aus meiner Sicht in jeder Lebensphase.

Veröffentlicht am 23.11.2024

Lang aufgestaute Wut, die sich Bahn bricht

Verdammt wütend
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Bei einem Urlaub am Meer wird es der dreiundvierzigjährigen Britt zu viel. Sie schreit alle an: Ihren Mann Espen, ihre achtjährige Tochter Elise sowie die Freunde, mit denen sie verreist sind. Anschließend ...

Bei einem Urlaub am Meer wird es der dreiundvierzigjährigen Britt zu viel. Sie schreit alle an: Ihren Mann Espen, ihre achtjährige Tochter Elise sowie die Freunde, mit denen sie verreist sind. Anschließend verlässt sie das Sommerhaus, in dem sie alle untergekommen sind, um an den Strand zu gehen und sich auf den Wellen treiben zu lassen. Hier begegnete ich ihr als Leserin im Prolog. Die genauen Worte ihres Ausbruchs erfuhr ich nicht, im Folgenden wurde mir jedoch begreiflich gemacht, wie Britt an diesen Punkt gekommen ist und wie ihr Umfeld darauf reagiert.

Britt ist eine Person, die es über Jahre hinweg stets allen recht machen wollte. Die Erlebnisse in ihrer Kindheit und die Erwartungen, die an sie als Mädchen und Frau im Laufe der Zeit an sie herangetragen wurden, haben sie dahingehend geprägt. Insbesondere ihr Mann Espen hat dies in ihrer Beziehung häufig ausgenutzt – mal mehr, mal weniger bewusst. Mit seinem Verhalten wirkt er wenig sympathisch und hat meine Geduld beim Lesen arg strapaziert. Immer wieder fragte ich mich, wie Britt überhaupt so lange gute Miene zum bösen Spiel machen konnte und war beim Lesen dankbar für meine eigene gleichberechtigte Partnerschaft.

Was die Autorin in diesem Roman schildert ist ein plakatives Beispiel für eine Partnerschaft, in welcher der Mental Load und die Care-Arbeit zum allergrößten Teil von der Frau übernommen wird. Ich konnte Britts Wut über diese Situation gut nachvollziehen. Gemeinsam mit Nico, der das Sommerhaus gehört und mit der Espen seit der Schulzeit befreundet ist, bricht Britt zu einem Roadtrip auf – ganz ohne jemandem Bescheid zu sagen, wohin sie wollen und was sie vorhaben und ohne auf dem Handy erreichbar zu sein. Britt konnte die alleinlebende Nico eigentlich nie leiden – doch nun wird sie zur unerwarteten Verbündeten und zum präsenten Beispiel für einen ganz anderen Lebensentwurf ohne Abhängigkeiten. Die Szenen mit den beiden Frauen haben mir besonders gut gefallen.

Der Roman besteht aus kurzen, kraftvollen Kapiteln und nutzt oftmals eine poetische Sprache mit Sätzen, die hängenbleiben. Insgesamt besteht er vor allem aus Erinnerungsfragmente und Momentaufnahmen, die wie ein Mosaik wirkten. Die einzelnen Szenen hätten für meinen Geschmack noch stärker auserzählt sein dürfen, um mich mehr in einen Lesefluss zu bringen. Ein aufrüttelnder Text über einen Befreiungsschlag und das Recht, wütend zu sein und das auch zu zeigen, den ich weiterempfehlen kann!