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Veröffentlicht am 17.10.2020

Zeitreise ins Sardinien des Jahres 1922

Die sardische Hochzeit
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Der Ligurier und Kriegsveteran Leo Lanteri reist nach Sassari auf Sardinien mit dem Auftrag, dort als Erbe einer Olivenplantage nach der geheimnisvollen Olivensorte „pecora nera“ zu suchen. Vor allem aber ...

Der Ligurier und Kriegsveteran Leo Lanteri reist nach Sassari auf Sardinien mit dem Auftrag, dort als Erbe einer Olivenplantage nach der geheimnisvollen Olivensorte „pecora nera“ zu suchen. Vor allem aber musste er untertauchen, weil er im Streit einen Faschisten getötet hat. Die politischen Unruhen machen auch vor der Insel nicht halt, in Sassari Erstarken die Faschisten und gehen gegen die Kommunisten vor. Auch der Gutsherr des Landguts Soriga, der ihm bei der Suche nach der „pecora nera“ helfen könnte, erweist sich Unterstützer Mussolinis. Darüber hinaus verliebt sich Leo auf den ersten Blick in seine Tochter Gioia. Doch die soll in ein paar Tagen jedoch Gavino heiraten, dessen Familie ein Gestüt besitzt und königstreu ist.

Die Situation gleicht einem Pulverfass und ich bangte mit den Charakteren. Man erhält beim Lesen vielfältige Einblicke in die Zeit kurz vor Mussolinis Machtergreifung und dem Erstarken des Faschismus. Leo möchte eigentlich nur abwarten, bis sich die Wogen in seiner Heimat geglättet haben, und sich währenddessen nützlich machen, indem er die „pecora nera“ findet. Doch er trifft auf alte Kriegskameraden und macht neue Bekanntschaften, was ihn bald zwischen die Fronten bringt. Gioia träumt unterdessen davon, sich ein neues Leben aufzubauen und sieht ihren Verlobten Gavino als Mittel zum Zweck. Doch nach ihrer Begegnung mit Leo, der sich wie sie für Ragtime interessiert, geht ihr dieser nicht mehr aus dem Kopf. Den Kapiteln vorangestellt sind kurze Erläuterungen sardischer Bräuche und Überzeugungen, die sich in den Einstellungen und dem Handeln der Personen wiederspiegeln. Politische Einblicke, eine Liebesgeschichte und sardische Traditionen werden hier zu einer abwechslungsreichen Geschichte verwoben, die ich gerne an historisch interessierte Leser weiterempfehle!

Veröffentlicht am 17.10.2020

Was ist echt, und was ist nur Teil der Show?

Love Show
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Die siebzehnjährige Ray lebt auf Aroha Island und hat die Insel noch nie verlassen. Die Natur ist traumhaft schön und alle Inselbewohner sind wie eine große Familie - warum sollte sie woanders sein wollen? ...

Die siebzehnjährige Ray lebt auf Aroha Island und hat die Insel noch nie verlassen. Die Natur ist traumhaft schön und alle Inselbewohner sind wie eine große Familie - warum sollte sie woanders sein wollen? Doch dann machen Ray und ihr bester Freund Noah einige Entdeckungen, die sie ins Stutzen bringen. Der auf der Insel eintreffende Besucher Liam, dem sie die Insel zeigen soll, bringt Ray schnell auf andere Gedanken. Was sie nicht ahnt: Ihr ganzes Leben ist eine Reality-Show, außer ihr und Noah sind alle Inselbewohner Schauspieler. Und Liam wurde geschickt, damit die „Love Show“ ihrem Namen gerecht wird.

Auf den ersten Seiten taucht man ein in Rays heile Weilt auf Aroha Island, wo jeder jeden kennt und sie am liebsten zusammen mit ihrem besten Freund Noah über die Insel streift. Ein Brand im Diner, über dem sie mit ihrem Onkel Jim wohnt, führt dazu, dass sie die Nacht bei Noah verbringen soll. Doch seine Annäherungsversuche blockt sie entscheiden ab - sehr zum Verdruss von Mr. X, der seinem Publikum Liebesszenen bieten will.

Das Tempo ist von Beginn an sehr hoch. Der Brand im Diner wird auf einer einzigen Seite geschildert und kurz darauf schläft Ray schon in Noahs Zimmer ein, nachdem sie ihm klar gemacht hat, dass sie ihn nicht küssen wird. Auf die Gefühle und Gedanken der Handelnden wird nur oberflächlich eingegangen und Entscheidungen werden nicht groß erklärt. Ich hatte in der Folge häufig Probleme damit, das Verhalten der Charaktere nachzuvollziehen.

Die Schilderungen des Insellebens haben Feelgood-Charakter und nehmen viel Platz ein. Als Liam auf der Insel eintrifft mit dem Ziel, Ray zu verführen, erhält diese die Aufgabe, ihm die Insel zeigen. Sie nimmt ihn mit zu all ihren Lieblingsplätzen, die genau beschrieben werden, sodass man sich vorstellen kann, in welch toller Natur Ray lebt. Das führt allerdings auch dazu, dass Noah ganz schön eifersüchtig wird. Ich wartete unterdessen ungeduldig darauf, dass endlich die Wahrheit über die Show ans Licht kommt. Dies geschieht aber erst recht spät und dann überstürzen sich die Ereignisse so sehr, dass nur wenig Zeit für die Reflektion rund um die Frage „Wer bin ich, wenn andere über mein Leben bestimmen?“ bleibt.

Beim Lesen der Buchbeschreibung denkt man schnell an „Die Truman Show“ und der Ansatz ist tatsächlich ähnlich. Jedoch schöpft die Geschichte das Potenzial eines Buches gegenüber eines Films nicht ausreichend aus und bleibt für meinen Geschmack zu sehr an der Oberfläche. "Love Show“ bietet durch seinen paradiesischen Schauplatz zahlreiche Feelgood-Momente, bleibt im Hinblick auf die Handlung aber hinter meinen Erwartungen zurück.

Veröffentlicht am 16.10.2020

Eine bittersüße Geschichte über die erste große Liebe

Für einen Sommer unsterblich
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Für die achtzehnjährige Claude steht eine Zeit des Umbruchs an: In acht Tagen ist ihre Abschlussfeier und danach will sie mit ihrer besten Freundin Saz einen Roadtrip machen, bevor die beiden im Herbst ...

Für die achtzehnjährige Claude steht eine Zeit des Umbruchs an: In acht Tagen ist ihre Abschlussfeier und danach will sie mit ihrer besten Freundin Saz einen Roadtrip machen, bevor die beiden im Herbst Ohio verlassen und auf unterschiedliche Universitäten gehen. Doch dann kommt alles anders als gedacht: Claudes Eltern lassen sich scheiden und Claude soll den Sommer mit ihrer Mutter auf einer kleinen Insel vor der Küste Georgias verbringen, auf der einst ihre Urgroßmutter und Namensgeberin Claudine lebte. Die Insel hat nicht viel zu bieten, bis Claude dort Jeremiah Crew begegnet...

Das Buch beginnt acht Tage vor Claudes Abschlussfeier in Mary Grove, Ohio. Claude ist hin- und hergerissen zwischen der Begeisterung für den bald startenden neuen Lebensabschnitt und dem Bedauern, dass sie dann nicht mehr in derselben Stadt leben wird wie ihre beste Freundin Saz. Die beiden haben bislang alles gemeinsam gemacht und erlebt und sich auch vorgenommen, zur selben Zeit zum ersten Mal Sex zu haben. Claude ist zwar schon ein paarmal mit einem Jungen auf Tuchfühlung gegangen, aber weiterzugehen fühlte sich für sie bislang falsch an.

Mit der Ankündigung ihrer Eltern, sich scheiden zu lassen, bricht Claudes Welt zusammen. Weil ihre Mutter sie mit nach Georgia nimmt wird sie Saz nun früher als geplant nicht mehr regelmäßig sehen. Auf der Insel gibt es kaum Empfang und dann hat Saz plötzlich eine feste Freundin, die immer da ist, wenn Claude anruft. Mit all diesen Veränderungen muss sich Claude arrangieren.

Ihre Begegnung mit Jeremiah Crew sorgt für zusätzliches Gefühlschaos. Zwischen ihr und dem geheimnisvollen Einzelgänger funkt es schnell. Weil beide nur einige Wochen auf der Insel sind nehmen sie sich vor, sich nicht zu verlieben. Ob das gut gehen kann? Die Geschichte fokussiert sich ganz auf Claude und Jeremiah und nimmt den Leser mit durch eine emotionale Zeit.

Das Setting bietet noch weiteres Potenzial, das leider nicht ganz ausgeschöpft wird. Ich hätte zum Beispiel gerne noch mehr über die anderen Inselbewohner und das Verhältnis von Claude zu ihrer Mutter erfahren oder ein Familiengeheimnis im Hinblick auf Claudes Urgroßmutter aufgedeckt.

„Für einen Sommer unsterblich“ erzählt die Geschichte von Claudes Sommer nach dem Schulabschluss, den sie ungeplant mit ihrer Mutter auf einer Insel verbringt, weil ihre Eltern sich scheiden lassen. Doch mit Jeremiah Crew entdeckt sie nicht nur die Insel, sondern auch neue Gefühle. Wer nach einer bittersüßen Geschichte über einen unvergesslichen Sommer und die erste große Liebe sucht, der wird hier fündig!

Veröffentlicht am 10.10.2020

Düsteres und actionreiches Fantasy-Highlight!

Crescent City – Wenn das Dunkel erwacht
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Die dreiundzwanzigjährige Bryce ist halb Fae und halb Mensch und lebt in Crescent City, wo Engel, Hexen, Vampire, Meerwesen und viele weitere Spezies zusammenleben. Ihre beste Freundin Danika ist eine ...

Die dreiundzwanzigjährige Bryce ist halb Fae und halb Mensch und lebt in Crescent City, wo Engel, Hexen, Vampire, Meerwesen und viele weitere Spezies zusammenleben. Ihre beste Freundin Danika ist eine mächtige Wolf-Gestaltwandlerin, mit der sie liebend gern auf Partys geht. Als Bryce eines Abends frisch getrennt, betrunken und unter Drogen stehend in ihre gemeinsame WG zurückkehrt, findet sie ein Blutbad vor: Danika und ihr Rudel wurden brutal ermordet.

Die Ereignisse ziehen Bryce den Boden unter den Füßen weg und machen aus dem Partygirl eine vorsichtige Einzelgängerin. Als zwei Jahre später ein Vampir auf ähnliche Weise ermordet wird wie Danika wird Bryce von Erzengel Micah damit beauftragt, den Mörder zu suchen. Zur Unterstützung und als Schutz stellt er ihr Hunt Athalar zur Seite. Der als Todesschatten bekannte Engel arbeitet eigentlich als Auftragsmörder. Auch der Kronprinz der Fae, Ruhn Danaan, will Bryce unterstützen. Können sie Danikas Mörder endlich auf die Spur kommen?

Mit „Cresent City“ hat die Autorin Sarah J. Maas erstmals ein Fantasy-Buch für Erwachsene veröffentlicht. Entsprechend ist das Buch von Beginn an noch düsterer und brutaler als ihre bisherigen Veröffentlichungen. Bryce wurde mir als sorgloses Partygirl nicht sofort sympathisch. Nach rund 100 Seiten erwartet den Leser jedoch der erste große Schockmoment und eine totale Kehrtwende, nach der nichts mehr ist wie zuvor. Der Rest der Geschichte spielt zwei Jahre später.

Diese neue Fantasy-Welt wird von einer großen Vielzahl an Spezies bewohnt, die alle unterschiedliche Fähigkeiten und Interessen haben. Mir hat dieses bunte Treiben sehr gefallen und ich fand es schön, dass es so vielfältige Charaktere gibt. Die Autorin nimmt sich Zeit, den Leser sowohl die drei Hauptcharaktere - Bryce, Hunt und Ruhn - als auch einige interessante Nebencharaktere besser kennenlernen zu lassen. In Summe ist die Zahl der auftretenden Charaktere recht hoch - wer schnell den Überblick verliert wird sich damit schwertun.

Die Suche nach Danikas Mörder zieht sich als roter Faden durch das Buch. Bryce folgt verschiedenen Spuren, die sie in die sehr unterschiedlichen Viertel von Crescent City und zu einigen mächtigen Wesen führen, die nicht daran interessiert sind, dass Staub aufgewirbelt wird. Einiges erweist sich als Sackgasse, an anderer Stelle führen neue Informationen zu weiteren Vermutungen. Ich fand es spannend, diese ungewöhnlichen Ermittlungen zu begleiten.

Daneben spielen eine ganze Reihe weiterer Themen eine Rolle: Allen voran Liebe, aber auch Freundschaft und Familie, Loyalität und Verrat, Zusammenhalt und Rache. Mit der Liebesgeschichte wurde ich erst im Laufe der Zeit warm und ich bin gespannt, wie sich diese in den Folgebänden weiterentwickeln wird. Viele unvorhergesehene Wendungen sorgen dafür, dass die Geschichte abwechslungsreich blieb und ich durch die Seiten flog.

Mit „Crescent City“ hat mich Sarah J. Maas erneut begeistern können. Ich finde es super, dass die Protagonistin diesmal Mitte Zwanzig ist und das ganze Buch deutlich erwachsener als die bisherigen, denn seit ich die achtzehnjährige Celaena Sardothien kennenlernte sind inzwischen sieben Jahre vergangen. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung und weitere Abenteuer in Crescent City!

Veröffentlicht am 04.10.2020

Gelungenes Porträt des Raketenvaters Hermann Oberth

Die Erfindung des Countdowns
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Hermann Oberth gilt heute als einer der Begründer der wissenschaftlichen Raketentechnik. Als er zu Beginn des 20. Jahrhunders in Siebenbürgen im heutigen Rumänien aufwächst, stößt sein Interesse für Physik ...

Hermann Oberth gilt heute als einer der Begründer der wissenschaftlichen Raketentechnik. Als er zu Beginn des 20. Jahrhunders in Siebenbürgen im heutigen Rumänien aufwächst, stößt sein Interesse für Physik bei seinem Vater allerdings auf wenig Begeisterung. Als Direktor des örtlichen Spitals schwebt ihm für seinen Sohn ein Medizinstudium vor. Doch Oberth setzt sich durch und treibt seine Raketenforschung voran. Für dieses neumodische Thema lässt sich jedoch kein Lehrstuhl finden, der seine Dissertation annimmt. Dennoch macht er weiter und inspiriert auch andere, unter ihnen Wernher von Braun.

Der Roman schildert auf fiktive Weise das Leben von Hermann Oberth, der mir vor der Lektüre kein Begriff war, auf dem Gebiet der Raketentechnik aber eine wichtige Rolle spielt. Schon als Junge lässt ihn Vernes „Reise zum Mond“ nicht los und er findet sogar einen entscheidenden Fehler in dessen technischen Überlegungen.

Das Buch besteht aus elf Kapiteln, die gemäß eines Countdowns absteigend nummeriert sind. Sie schildern Episoden aus Oberths Leben, und zwischen ihnen gibt es größere Zeitsprünge, sodass der Leser in hohem Tempo durch das Leben des Wissenschaftlers fliegt. Dieser macht seinen Schulabschluss, heiratet, geht zum Studieren nach Deutschland und versucht, Unterstützer für seine Experimente zu finden.

Oberths Raketenforschung kommt nur langsam in Gang, denn seine Ideen werden belächelt und die Deutschen behandeln ihn wie einen Ausländer, obwohl er sich selbst als Volksdeutscher sieht. Seine Frustration in Angesicht der beständigen Ablehnung wurde für mich nachvollziehbar gemacht, ebenso seine Hoffnung, als er im neu gegründeten Verein für Raumschiffahrt endlich auf Gleichgesinnte trifft. Die Geschichte gibt viele interessante Einblicke in die Anfänge der deutschen Raketenforschung und ist spannend geschrieben, sodass ich geradezu durch die Jahre rauschte.

Oberth wird als etwas verschrobenen Wissenschaftler dargestellt, der ganz in seiner Forschung aufgeht und dabei alles um sich herum ausblendet. Frau und Kinder bekommt er kaum zu Gesicht und Oberths Verhältnis zu ihnen wird kaum thematisiert, was ich schade fand. Politik scheint ihn wenig zu interessieren, doch ab Ende der 1930er Jahre forscht er für das Deutsche Reich und damit für die Nationalsozialisten. Die Schilderungen des Autors erlauben eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Tatsache. Als die von ihm prophezeite bemannte Raumfahrt schließlich Realität wird, ist er ein alter Mann, der über die Rechenleistung von Computern nur staunen kann und feststellen muss, dass er zwar als einstiger Vordenker bewundert wird, aber nun andere die Forschung vorantreiben werden.

„Die Erfindung des Countdowns“ erzählt auf spannende und berührende Weise das Leben des Raketenforschers Hermann Oberth und versorgt den Leser gleichzeitig auf unterhaltsame Weise mit Wissen zu den Anfängen der Raketentechnik. Sehr gerne empfehle ich diesen Roman weiter!