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Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine bezaubernde Reise ins winterliche Paris und Venedig!

Das Café der kleinen Wunder
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Nelly studiert Philosophie und ist seit ihrem ersten Arbeitstag als Assistentin ihres Professors vor einem Jahr in ihn verliebt. Er ist zwar ein gutes Stück älter als sie, doch Nelly hat so viele Gemeinsamkeiten ...

Nelly studiert Philosophie und ist seit ihrem ersten Arbeitstag als Assistentin ihres Professors vor einem Jahr in ihn verliebt. Er ist zwar ein gutes Stück älter als sie, doch Nelly hat so viele Gemeinsamkeiten entdeckt, dass sie in ihren Augen einfach zusammengehören. Dummerweise muss sie sein Angebot, ihn auf eine Dienstreise nach New York zu begleiten, aufgrund ihrer Flugangst absagen. Gerade das wäre endlich eine Chance gewesen, mehr Zeit miteinander zu verbringen! Als sie kurze Zeit später endlich den Schritt wagen und ihre Gefühle gestehen will, macht sie eine Entdeckung, die sie völlig aus der Bahn wirft. Da hilft nur noch eins: Raus aus Paris! Auf den Spuren ihrer Großmutter reist Nelly für vier Wochen nach Venedig. Was sie dort wohl erwartet?

Ein Buch, das sowohl in Paris als auch in Venedig spielt? Das klang für mich gleich verlockend, sodass ich neugierig zu „Das Café der kleinen Wunder“ gegriffen habe. Gleich auf der ersten Seite lernt der Leser Nelly als Frau kennen, die in ihren Professor verliebt ist. Seit der ersten Begegnung ist sie überzeugt davon, dass sie wie geschaffen füreinander sind. Doch zu einem Geständnis ihrer Gefühle kann sie sich nicht durchringen, sie will es langsam angehen lassen und auf den richtigen Moment warten. Dumm nur, dass die größte Chance an ihrer Flugangst scheitert!

Schnell war ich mitten drin in der Geschichte und hatte einen guten ersten Eindruck von Nelly und ihrem Gefühlsleben gewonnen. Der Roman nimmt sich zu Beginn viel Zeit, den Leser an ihren Gedanken teilhaben zu lassen und ließ mich ihre Einstellung nachvollziehen. Gleichzeitig stimmte ich den Ratschlägen ihrer Umgebung zu, nun endlich einen Versuch zu wagen, um Gewissheit zu haben. Diese Ratschläge kommen zum einen von ihrer Schwester und zum anderen von einem lebenslustigen Musiker, den sie zufällig auf der Straße trifft. Eine wirklich unterhaltsame Begegnung und mein erstes kleines Highlight der Geschichte.

Bereits ein gutes Drittel des Buches ist gelesen, da geht es endlich nach Venedig. Darauf hatte ich mich von Beginn an gefreut. Mit den Beschreibungen dieser besonderen Stadt wurde bei mir schon bald das Fernweh geweckt. Nelly ist von der Atmosphäre des winterlichen Venedigs ebenfalls angetan. Nicht ganz so begeistert ist sie von den Avancen eines schönen Italieners, den sie als Gigolo einschätzt. Doch der zeigt Hartnäckigkeit und ungeahnte Facetten. Bald hoffte ich, dass sie doch noch zueinander finden. Mit hat es hat Spaß gemacht, das Hin und Her zwischen den beiden zu verfolgen.

Mein Lesefluss wäre noch besser gewesen, wenn der Autor die Geschichte etwas straffer und stringenter erzählt hätte. Immer wieder gab es für mich unnötige wortgleiche Wiederholungen von Fakten oder Feststellungen, die ich bereits kannte. Zudem macht das Buch Zeitsprünge und greift mit einer Ankündigung kurz vor, um dann sehr weit auszuholen, bis man wieder am Ausgangspunkt landet. Das hat mich mehr verwirrt als meine Neugier gesteigert.

Zum Ende hin steigert sich die Geschichte noch einmal deutlich. Die Situation spitzt sich zunehmend zu, sodass ich mithoffte und -bangte. Ein brisantes Zusammentreffen und verschiedene Entdeckungen verliehen dem Buch zusätzlichen Schwung. Auch in Bezug auf die Verbindung, die Nellys Großmutter zu Venedig hat und die ursprünglich der Anlass für Nellys Reise war, gibt es endlich berührende Enthüllungen. Alles in allem waren es ganz starke letzte Kapitel bis hin zu einem Luft-Anhalten-Moment zum Schluss, welche die Geschichte toll abgeschlossen haben.

„Das Café der kleinen Wunder“ erzählt die Geschichte von Nelly, die für vier Wochen von Paris nach Venedig reist, um den Kopf freizubekommen und mehr über die Vergangenheit ihrer Großmutter zu erfahren. Venedig nimmt Nelly ihre Melancholie; die Stadt zieht sie in ihren Bann und schafft die richtigen Voraussetzungen für einen emotionalen Neuanfang. Diese bezaubernde Liebesgeschichte weckt definitiv Fernweh!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine Wasserleiche in den Backwaters - das ist ein neuer Fall für David Hunter!

Totenfang
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Seit der forensische Anthropologe David Hunter im vergangenen Herbst bei Ermittlungen im Dartmoor unabsichtlich einen Skandal auslöste, bleiben für ihn die Aufträge aus. Erst Monate später meldet sich ...

Seit der forensische Anthropologe David Hunter im vergangenen Herbst bei Ermittlungen im Dartmoor unabsichtlich einen Skandal auslöste, bleiben für ihn die Aufträge aus. Erst Monate später meldet sich die Polizei aus Essex bei ihm. Eine Wasserleiche wurde in einer Flussmündung nördlich von Mersea Island gesichtet, die am nächsten Morgen bei Ebbe geborgen werden soll. Die Polizei steht unter Druck, denn sechs Wochen zuvor ist der Sohn einer wohlhabenden, einflussreichen Familie verschwunden. Dieser wird wiederum verdächtigt, mit dem Verschwinden einer Frau mehrere Monate zuvor in Verbindung zu stehen. David bringt sich nicht nur mit seinem Wissen, sondern bald auch mit weiteren Entdeckungen in die Ermittlungen ein. Denn die tückischen Backwaters haben so manches Geheimnis lang genug bewahrt.

Endlich ein neuer Thriller rund um David Hunter! Fünf Jahre lang haben Fans wie ich sehnsüchtig auf einen neuen Fall gewartet, und ich habe mich riesig über die Nachricht gefreut, dass es nun so weit ist. Neugierig stürzte ich mich sofort in die Geschichte. Im Roman sind seit dem letzten Fall nur einige Monate vergangen, die für David allerdings höchst ernüchternd waren. Denn seit den Ereignissen im Dartmoor ist er als Unruhestifter in Verruf geraten. Auch die Universität scheint nicht sonderlich erpicht, jemanden mit seinem Ruf noch länger zu beschäftigen. Als auch noch bei ihm eingebrochen wird und ihm eine Party inklusive Verkupplungsabsicht bevorsteht, ist seine Frustration vollkommen. Doch da kommt die erlösende Nachricht, dass er für eine Leichenbergung angefordert wurde.

Im Nu war ich als Leserin wieder mitten drin in einer neuen Ermittlung. Nach wenigen Seiten macht sich David auf den Weg in die Backwaters und unterstützt bei der Bergung einer Wasserleiche. Dabei erhält man umfassende Einblicke in die Frage, was mit Leichen geschieht, wenn sie eine Weile im feuchten Nass gelegen haben. Bei den detailreichen Schilderungen wird jedem Hunter-Liebhaber das Herz aufgehen. Schnell fühlt es sich so an, als wäre unser liebster forensischer Anthropologe nie weg gewesen.

Zwar erhält David auch die Gelegenheit, sein Wissen im Labor auf die gereinigten Knochen anzuwenden. Das spielt in diesem Buch allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen ist er viel vor Ort unterwegs, macht wichtige Beobachtungen und Funde und erfährt in Gesprächen mehr darüber, was die Anwohner über die kürzlichen Ereignisse denken. Ständig erhält man eine neue Sicht auf die Dinge, was die Geschichte in Schwung hielt. Doch mit Zufall konnte die Masse an neuen Erkenntnissen bald nicht mehr zufriedenstellend erklärt werden, hier verlor die Geschichte für mich etwas an Glaubwürdigkeit.

Neben David Hunter fand ich auch Rachel Darby sehr sympathisch. Die Schwester der Vermissten behält trotz der angespannten Situation meist einen kühlen Kopf und versteht es sehr gut, die Lage zu analysieren. Andere Charaktere bleiben hingegen undurchschaubar und waren gerade deshalb interessant. Was geht im Kopf von Edgar vor sich, der sich um verletzte Tiere kümmert und auf andere Menschen kaum reagiert? Oder in dem von Sir Stephen, der von einer Hausdurchsuchung nichts wissen will?

Den Spannungsbogen fand ich überaus gelungen, da die Geschichte immer wieder in eine neue Richtung gelenkt wird oder Dinge in anderem Licht erscheinen lässt. Ich wage zu behaupten, dass es nahezu unmöglich ist, vorzeitig alle Zusammenhänge zu erraten, und doch fallen mit den entscheidenden Enthüllungen zum Ende des Buches hin alle Puzzlestücke an ihren Platz. Trotz ruhigerer Phasen konnte mich die Geschichte deshalb bis zum Schluss begeistern.

Mit „Totenfang“ erscheint endlich ein neuer Fall für David Hunter, der zu überzeugen weiß. Ein kluger Handlungsaufbau mit vielen unvorhersehbaren Wendungen macht die Geschichte interessant, und auch wer auf neue Einblicke in die Welt der forensischen Anthropologie gewartet hat, kommt auf seine Kosten. Trotz eines Zuviel an Zufällen konnte mich das Buch durchweg fesseln. Ich spreche eine klare Leseempfehlung an alle Hunter-Fans aus!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Der Computer in deinem Kopf - Fluch oder Segen?

Bluescreen
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Marisa lebt im Los Angeles des Jahres 2050, in dem der Großteil der Bevölkerung durchgängig online ist. Mithilfe eines sogenannten Djinnis, einem Implantat im Kopf, kann man sich jederzeit im Netz bewegen ...

Marisa lebt im Los Angeles des Jahres 2050, in dem der Großteil der Bevölkerung durchgängig online ist. Mithilfe eines sogenannten Djinnis, einem Implantat im Kopf, kann man sich jederzeit im Netz bewegen und sich per Kopfbuchse direkt an Geräte anschließen. Am liebsten spielt sie mit ihren Freunden das virtuelle Kampfspiel Overworld oder setzt ihre Fähigkeiten als Hackerin ein. Doch dann nimmt ihre Freundin Anja eine virtuelle Droge namens Bluescreen zu sich. Statt nach dem Kick kurz bewusstlos zu sein, beginnt sie zu schlafwandeln und gefährliche Dinge zu tun. Was steckt dahinter? Sind noch mehr betroffen? Marisa und ihre Freunde beginnen mit den Nachforschungen und stechen damit in ein Wespennest…

Das Cover des Buches ist schlicht und futuristisch und passt sehr gut zu der digitalen Welt, in welcher ich mich zwischen den Buchdeckeln wiederfand. Die Geschichte startet temporeich, denn der Leser wird mitten in eine Schlacht hineingeworfen. Aus der Unterhaltung zwischen Marisa und ihrer Freundin Sahara konnte man bald schließen, dass das Gefecht online stattfindet. Im Kontrast dazu wirkt die echte Welt, die man kurz darauf kennenlernt, farblos und langweilig. Schnell habe ich nachvollziehen können, was für Jugendliche wie Marisa an der Möglichkeit, durchgängig online zu sein, so reizvoll ist.

Die Geschichte nimmt sich zunächst die Zeit, dem Leser die Charaktere vorzustellen. Die Protagonistin Marisa ist eine ausgezeichnete Hackerin, die ihre Fähigkeiten gern dazu einsetzt, ihre Anwesenheit in der Schule vorzutäuschen. Ihre große Familie ist ihr wichtig, sie hilft oft im Restaurant ihrer Familie aus und es schmerzt sie, dass ihr großer Bruder mit ihrem Vater gebrochen hat. Ihre besten Freundinnen sind Saraha, die immer von zwei Kameranulis begleitet wird, um ihren Videofeed zu füttern, und Anja, die Tochter eines der reichsten und mächtigsten Männer der Stadt. Außerdem gibt es noch Bao, Marisas einzigen Freund ohne Djinni, und Omar, der Sohn des Mafiabosses von Mirador. Sie alle sind sich nicht immer über die nächsten Schritte einig, müssen sich aber vor dem Hintergrund der Ereignisse zusammenraufen und an einem Strang ziehen.

Dan Wells hat seinen Weltentwurf bis ins letzte Detail durchdacht und gibt dem Leser mit Liebe zum Detail ausführlichste Einblicke in sein futuristisches Setting. Autos fahren von selbst, Nulis haben einen Großteil der Jobs übernommen und ein Chip in jedem Kleidungsstück enthält Informationen, wie es gewaschen und verstaut werden soll. Die Erklärungen sind begrenzt, was ein bestimmter Begriff bedeutet und wie Dinge funktionieren muss man oft aus dem Zusammenhang schließen. Wer sich für Technologie in Science Fiction interessiert, ist hier genau richtig. Für mich persönlich hätten die technischen Beschreibungen aber knapper ausfallen können.

Die Geschichte braucht seine Zeit, um in Schwung zu kommen. Bald testet Anja zum ersten Mal die Droge Bluescreen, dann vergeht noch mal etwas Zeit, bis die reale Gefahr, die davon ausgeht, offensichtlich wird. Als die groben Zusammenhänge klar waren, fand ich es dann richtig spannend. Offensichtlich kann es auch erhebliche Nachteile haben, immer online zu sein. Können Marisa und ihre Freundinnen herausfinden, wer hinter all dem steckt? Hier kommen Marisa ihre Hackerfähigkeiten sehr zugute. Ich fand es allerdings erstaunlich, wie einfach ihr all dies gelingt. Wo hat sie das gelernt? Wieso können sich Unternehmen und Softwarehersteller nicht besser schützen? Trotz dieser offenen Fragen habe ich neugierig weitergelesen bis hin zu einem großen Finale, in dem alles auf dem Spiel steht.

„Bluescreen“ bietet ausgeklügelte Sci Fi und nimmt den Leser mit ins Jahr 2050, in dem fast jeder durchgängig online ist. Bald zeigt sich aber, dass die neue Technologie auch große Gefahren birgt. An der Seite der furchtlosen Protagonistin Marisa begibt sich der Leser auf Verbrecherjagd – sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt. Für mich waren die technischen Einblicke etwas zu ausführlich und ich vermisste Antworten auf einige Fragen, die sich mir aufdrängten. Insgesamt war das Buch aber spannend und konnte mich zunehmend fesseln. Technologieaffine Sci Fi Fans werden hier voll auf ihre Kosten kommen! Ich vergebe vier Sterne für den Zeitsprung in eine Welt, in welcher man seinen Computer im Kopf trägt und durchgängig mit dem Netz verbunden sein kann.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Ist diese Gesellschaft wirklich so perfekt, wie sie sein will?

Flawed – Wie perfekt willst du sein?
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Die siebzehnjährige Celestine ist mit ihrem Leben rundum zufrieden: Sie stammt aus einer einflussreichen Familie, hat tolle Noten und mit Art einen süßen Freund. Arts Vater Bosco Crevan ist einer der mächtigsten ...

Die siebzehnjährige Celestine ist mit ihrem Leben rundum zufrieden: Sie stammt aus einer einflussreichen Familie, hat tolle Noten und mit Art einen süßen Freund. Arts Vater Bosco Crevan ist einer der mächtigsten Männer im Land, er ist der oberste Richter der sogenannten Gilde, die beurteilt, ob Menschen fehlerhaft sind, sich also in der Gesellschaft moralisch oder ethisch falsch verhalten haben. Bislang hat sich Celestine darum nicht allzu viele Gedanken gemacht und findet das Vorgehen der Gilde grundsätzlich richtig. Doch als ihrer Nachbarin und Klavierlehrerin der Prozess gemacht wird, kommt sie ins Nachdenken. Schließlich gerät sie in ein Dilemma und muss sich entscheiden, ob sie nach Bauchgefühl und Überzeugung handelt oder sich an die Regeln hält. Celestines Sicht auf die Gilde wird danach nicht mehr dieselbe sein…

Als ich hörte, dass Cecilia Ahern ihren ersten All-Age-Roman beziehungsweise gleich eine Dilogie in diesem Genre geschrieben hat, war mein Interesse sofort geweckt. Eine Gesellschaft, die nach Perfektion strebt und dabei Fehlerhaften den Prozess macht, klang nach einer spannenden Grundidee. Die Protagonistin Celestine lernt man bei einer Feier kennen, zu der ihre Eltern ihre Nachbarn, die Crevans und die Tinders, eingeladen haben. Was als unterhaltsames Abendessen geplant ist endet aber schon vor dem ersten Gang im Fiasko, denn Angelina Tinder wird von Whistleblowern abgeholt, die vermeintlich Fehlerhafte in Gewahrsam nehmen. Celestines heile Welt bekommt nach wenigen Seiten erste Risse.

Sehr schnell bekam ich als Leserin einen ersten Überblick darüber, was die Gilde tut und was es heißt, von ihr als fehlerhaft verurteilt zu werden. Im Gegensatz zu Kriminellen werden sie nicht eingesperrt, sondern je nach Art ihres Vergehens an einer anderen Stelle gebrandmarkt und sind zu einem isolierten Leben inmitten der Gesellschaft verdammt. Das Prinzip ist schnell verstanden, doch ich hätte mir noch mehr Informationen zur Gesellschaft gewünscht. Wie kam es dazu, dass die Gilde zu einer permanenten Institution wurde und vom Großteil der Bevölkerung so befürwortet wird?

Schnell merkt man als Leser, dass das Vorgehen der Gilde alles andere als fair, ja eigentlich ziemlich willkürlich ist. Und Celestine, die bislang ziemlich naiv wirkte, scheint eine der wenigen zu sein, denen das auffällt. Der Anlass, der die Dinge ins Rollen bringt, stand für mich in keinem Verhältnis zu den Reaktionen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es in all den Jahren noch keinerlei offenen Protest gab, durch diese vereinfachten Darstellungen verlor das Buch für mich an Glaubwürdigkeit. Als es dann auch noch einige eklige Szenen gab, geriet mein Lesefluss zunehmend ins Stocken.

In der zweiten Buchhälfte hat die Geschichte dann noch einmal deutlich zugelegt und meine Gunst stückweise zurückerobert. Endlich bricht Celestine aus der abgeschirmten Welt aus, in der sie all die Jahre gelebt hat, und sie und der Leser erfahren mehr über die politischen Vorgänge und gut gehütete Geheimnisse. Die Protagonistin, die sich schon früh als überraschend mutig offenbart hat, macht eine tolle Entwicklung durch und wählt ihre Kämpfe klug und sorgfältig aus. Dass sie immer noch ein Teenager ist, wird in Momenten klar, in denen sie ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Das machte sie nahbar und hat mir gut gefallen. Neben all den turbulenten Vorgängen rund um die Gilde, Presse, Vertrauen und Verrat spielt ihre Familie und ihr Freund eine wichtige Rolle und es gab einige berührende Momente. Die Mischung zwischen Celestines Agieren in der Öffentlichkeit und im Privaten, verbunden mit verschiedensten Herausforderungen, ist der Autorin absolut gelungen.

Indem ich immer mehr darüber erfuhr, was in der Politik geschieht und welche Pläne einzelne Personen verfolgen, verstand ich Zusammenhänge zunehmend besser und die Spannung stieg an. Wer wird sein Ziel erreichen, wer wird von den anderen gestoppt? Wem kann Celestine vertrauen, und wer nutzt sie für seine Zwecke aus oder will sie nur aushorchen? Der erste Teil endet mit einem vielversprechenden Cliffhanger, der große Lust machte, im zweiten Teil weiter nach Antworten auf diese Fragen zu suchen.

„Flawed. Wie perfekt willst du sein?“ erzählt die Geschichte von Celestine, die in einer Gesellschaft lebt, in der moralische oder ethische Fehltritte mit Brandmarkung und gesellschaftlicher Ächtung bestraft werden. Als die Protagonistin beginnt, Dinge zu hinterfragen, wird es für sie bald gefährlich. Das Buch bietet eine gute Mischung aus Gefühl, Spannung und so manchen Szenen, in denen man gemeinsam mit Celestine leidet. Für den ersten Teil der Dilogie vergebe ich knappe vier Sterne.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Geniale Idee mit abwechslungsreicher Umsetzung

Weltenriss
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Seit einem Ereignis vor bald einhundert Jahren, das gemeinhin als Große Disruption bekannt ist, ist die Welt eine andere. Sie wurde in zahlreiche Teile gerissen, die alle in unterschiedliche Zeitalter ...

Seit einem Ereignis vor bald einhundert Jahren, das gemeinhin als Große Disruption bekannt ist, ist die Welt eine andere. Sie wurde in zahlreiche Teile gerissen, die alle in unterschiedliche Zeitalter katapultiert wurden. Sophia lebt im Boston des Jahres 1891, in einem Land namens Neu-Okzident. Seit ihre Eltern vor vielen Jahren bei einer Forschungsreise zu den Päpstlichen Staaten verschwunden sind, lebt sie bei ihrem Onkel, dem berühmten Kartologen Shadrack Elli.

Als das Parlament von Neu-Okzident beschließt, in wenigen Wochen die Grenzen zu schließen, beginnt Shadrack, Sophia im Lesen besonderer Karten zu unterrichten. Gemeinsam wollen die beiden vor der Schließung das Land verlassen, um nach Sophies Eltern zu suchen. Doch dann wird Shadrack entführt. Um ihn zu retten, muss sich Sophia allein auf den Weg ins Unbekannte machen…

Der Geschichte vorangestellt sind einige Karten, die mich neugierig auf die im Buch zu entdeckende Welt machten. Man sieht die uns bekannte Welt, jedoch mit ungewöhnlichen Bezeichnungen wie „Alt-Patagonien“ über Südamerika oder „Verbotenes Empire“ über Nordeuropa. Der Prolog ist ein Augenzeugenbericht von Elizabeth Elli, Sophias Urgroßmutter, die vom Moment der Großen Disruption erzählt, in welchem die Erde auseinanderbrach. Wie es sich wohl in so einer durcheinandergebrachten Welt lebt? Darüber wollte ich gern mehr erfahren.

Sophia, die Protagonistin der Geschichte, lernt man an einem Tag kennen, der die Dinge entscheidend ins Rollen bringt. Trotz einer flammenden Rede ihres Onkels beschließt das Parlament mit der Begründung, sich von Räubern aus den Brachlanden im Osten und Piraten von den Westindischen Inseln im Süden schützen zu wollen, die Schließung der Grenzen. Grund genug für Shadrack, Sophia endlich das Kartenlesen beizubringen und die Suche nach ihren Eltern vorzubereiten, bevor eine Ausreise nicht mehr möglich ist. Schnell war ich mittendrin in dieser fantastischen Geschichte und verstand die Konsequenzen der Vermischung verschiedenster Zeitalter auf der Erde. Meine Entdeckerlust war geweckt und ich wollte schnellstmöglich aufbrechen.

Die Vorbereitungen zogen sich für mich ein wenig in die Länge, bis schließlich Shadrack entführt wird und sich die Ereignisse überschlagen. Gut fand ich, dass Sophie trotzdem nicht allein aufbricht, sondern von dem mysteriösen und faszinierenden Theo, einem Jungen aus den Brachlanden, begleitet wird. Im ersten Moment wirkt er aufrichtig und wurde mir gleich sympathisch, doch dann macht Sophie einige Beobachtungen, welche die Frage nach seinen wahren Motiven aufwerfen. Mit dem Aufbruch der beiden kommt die Geschichte zunehmend in Schwung. Die beiden machen so manche Bekanntschaft, sowohl von der angenehmen als auch von der gefährlichen Sorte. Durch die Vermischung der Zeitalter – auch solcher aus der Zukunft – gab es hier ein riesiges Potenzial, und ich lernte unter anderem Piraten, klagende Geister und Menschen mit wundersam erscheinenden Merkmalen kennen.

Während Sophia Shadracks Hinweisen folgt, kommt es immer wieder zu spannenden Verfolgungsjagden, überraschenden Entdeckungen und interessanten Einblicken in Kultur und Geschichte der von ihr bereisten Gegenden. Parallel erfährt man, wie es Shadrack in der Zwischenzeit ergeht. Immer wieder gibt es ruhigere Phasen, doch die Bedrohung aus verschiedenen Richtungen wird zunehmend konkreter. Gespannt las ich weiter, um zu erfahren, ob Sophia ihr Ziel rechtzeitig erreicht und was genau sie herausfinden wird. Als schließlich alle Karten auf dem Tisch liegen, stieg das Tempo noch einmal deutlich an und mir wurde ein rasantes, unterhaltsames Finale geboten. Dieses beantwortet die wichtigsten Fragen und macht mit einigen Hinweisen große Lust auf den nächsten Teil dieser Trilogie.

„Weltenriss. Die Karten der verlorenen Zeit“ entführt den Leser in eine fantastische Welt, in der verschiedene Zeitalter durcheinander geraten sind. Die Idee hat mir sehr gefallen und habe Sophia gern auf ihrer abenteuerlichen Reise begleitet. Das Buch braucht etwas Zeit, um in Schwung zu kommen und bietet dem Leser dann eine tolle Mischung aus Spannung, Freundschaft und Einblicken in eine fantastische Welt. Ein gelungener Roman für alle, die Lust auf ein ideenreiches Abenteuer haben.