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Veröffentlicht am 05.08.2017

Olivia arbeitet als Patissière im angesagten Emerson Club in Boston – bis sie an einem Abend mit einem flambierten Baked Alaska einen Brand verursacht. Noch in derselben Nacht flieht sie zu ihrer besten Freundin Hannah nach Guthrie in Vermont. Eigentlich

Die Zutaten zum Glück
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Olivia arbeitet als Patissière im angesagten Emerson Club in Boston – bis sie an einem Abend mit einem flambierten Baked Alaska einen Brand verursacht. Noch in derselben Nacht flieht sie zu ihrer besten ...

Olivia arbeitet als Patissière im angesagten Emerson Club in Boston – bis sie an einem Abend mit einem flambierten Baked Alaska einen Brand verursacht. Noch in derselben Nacht flieht sie zu ihrer besten Freundin Hannah nach Guthrie in Vermont. Eigentlich wollte Olivia dort nur für ein paar Tage bleiben. Doch als sie von Hannah erfährt, dass der nahegelegene Landgasthof „Sugar Maple Inn“ eine Patissière sucht, bewirbt sie sich. Die Besitzerin Margaret zeigt sich unbeeindruckt von Olivias bisheriger Karriere, gibt ihr aber eine Chance. Von allen Seiten schlägt ihr zunächst Skepsis entgegen, doch allmählich findet sie Freunde. Vor allem Martin, der wegen seines kranken Vaters vorübergehend in die Heimat zurückgekehrt ist, scheint mehr als nett zu sein…

Das Cover des Buches sieht wirklich zum Anbeißen aus. Da ich sehr gern backe war mein sofort Interesse geweckt, als ich las, dass sich das Buch um eine Patissière dreht. Die Protagonistin Olivia lernt man bei der Arbeit kennen, wo sie gerade ihre Spezialität, einen Baked Alaska, den Gästen präsentieren soll. Doch der brennende Nachtisch rutscht ihr aus den Händen und schon steht der Club in Flammen. Gut konnte ich verstehen, dass Olivia einfach nur weg will. Ihre beste Freundin Hannah steht ihr bei und will sie rasch davon überzeugen, doch erst mal länger bei ihr zu bleiben.

Da Olivia Geldsorgen hat, kommt ihr der neue Job im Sugar Maple Inn inklusive kostenloser Unterkunft gerade recht. Doch als Stadtkind muss sie sich erst einmal an das Kleinstadtleben in Guthrie gewöhnen, wo jeder jeden kennt und gelästert wird, was das Zeug hält. Außerdem scheint es zwischen der zugeknöpften Besitzerin Margaret und Jane White, gegen die Margaret nach zahlreichen Siegen seit drei Jahren im Backwettbewerb verliert, ein altes Zerwürfnis zu geben. Sicherheit gibt Olivia die Arbeit, die sie meisterhaft beherrscht: Brot backen, Desserts zubereiten und Torten herstellen. Die Beschreibungen ihrer Künste machten mir immer wieder Appetit und Lust, mich selbst in die Küche zu stellen.

Olivia findet bald auch Freunde: Den Milchlieferanten Tom, den Küchenchef Alfred und außerdem Dotty, Margarets beste Freundin, sowie ihren Mann Henry und ihren Sohn Martin. Vor allem die Musik hilft ihr dabei, denn sie tritt mit ihrem Banjo in Toms Band ein und lernt von Henry, eine Dulcimer zu spielen. Mit Martin versteht sie sich mehr als gut und verbringt immer mehr Zeit mit ihm und seiner Familie. Ich fand es schön, zu sehen, wie Olivia allmählich ankommt. In der Kleinstadt lernt sie auf ganz neue Weise, was Freundschaft und Zusammenhalt heißt. Ich konnte mich gut in sie einfühlen und habe es genossen, an ihrer Seite in der Küche zu stehen und durch die Stadt zu streifen.

Bald ziehen aber auch dunkle Wolken am Himmel auf. Hannah fühlt sich vernachlässigt und Jane White versprüht hr Gift. Schließlich überschlagen sich die Ereignisse und Olivia gerät in eine rasante, emotionale Berg- und Talfahrt. Ich fand ihr Verhalten in dieser Zeit allerdings nicht ganz nachvollziehbar. Sie trifft einige weitreichende Entscheidungen, die ich überhaupt nicht gut fand und bei denen ich ihr gerne ins Gewissen geredet hätte. Das übernehmen schließlich andere – für mich aber zu spät. Das Ende hält schließlich einige schöne Überraschungen bereit und konnte mich versöhnlich stimmen.

„Die Zutaten zum Glück“ erzählt die Geschichte von Olivia, die sich nach einem beruflichen Malheur aus Boston zu ihrer besten Freundin in die Kleinstadt Guthrie flüchtet und dank eines neuen Jobs beschließt, für eine Weile zu bleiben. Bald findet sie neue Freunde und vor allem der charmante Martin weckt ihr Interesse. Doch es schlägt ihr auch Missgunst entgegen, und so mancher hat seine Geheimnisse. Ein schöner Roman rund um Freundschaft, süße Speisen und Musik, der beim Lesen gute Laune macht!

Veröffentlicht am 05.08.2017

FLORA - Sei mutig!

Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden
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Flora Banks lebt nur im Hier und Jetzt, denn sie hat eine anterograde Amnesie. Sie ist siebzehn und speichert seit sieben Jahren keine neuen Erinnerungen mehr ab. Mittels Nachrichten auf ihren Händen, ...

Flora Banks lebt nur im Hier und Jetzt, denn sie hat eine anterograde Amnesie. Sie ist siebzehn und speichert seit sieben Jahren keine neuen Erinnerungen mehr ab. Mittels Nachrichten auf ihren Händen, ihrem Notizbuch, auf dem Handy und dem Computer erinnert sie sich selbst immer wieder daran, was gerade passiert und was ihr wichtig ist. Als sie eines Tages auf einer Party den Freund ihrer besten Freundin küsst, passiert etwas Unglaubliches: Sie erinnert sich am nächsten Tag noch daran! Allerdings ist Drake nun zum Studieren an den Nordpol gezogen und ihre beste Freundin spricht nicht mehr mit ihr. Als ihre Eltern sie dann völlig überstürzt allein zu Hause lassen, beginnt sie einen Mailaustausch mit Drake. Daraus entwickelt sich ein waghalsiger Plan…

Als ich zum ersten Mal von diesem Buch gehört habe, war mein Interesse sofort geweckt. Wie kann ein Mensch, der seit sieben Jahren keine neuen Erinnerungen mehr speichern kann, sein Leben organisieren? Nach einem kurzen Prolog, in dem sich die Protagonistin an einem rätselhaften und kalten Ort befindet, begegnet man ihr auf einer Party wieder. Floras kurzzeitige Erinnerungen löschen sich in regelmäßigen Abständen, und gerade ist es wieder passiert. Sie muss nun erst einmal herausfinden, wo sie ist, warum sie dort ist und wen sie kennt. Von Beginn an war ich überrascht davon, wie routiniert ihr das Lesen ihrer Notizen und die Neuorientierung von der Hand geht. Tatsächlich klappt das so gut, dass ich es am Anfang kaum glauben konnte. Nach Notizen zu suchen ist Flora trotz Amnesie in Fleisch und Blut übergegangen, auf diese Tatsache muss man sich als Leser einlassen.

Das Tempo ist zu Beginn des Buches hoch und Flora passieren viele Dinge, die sie so noch nicht erlebt hat. Am wichtigsten ist wohl der Kuss, an den sie sich plötzlich erinnern kann. Dieser führt jedoch zum Bruch mit ihrer besten Freundin Paige, und als ihre Eltern überstürzt abreisen und Paige bei ihr wähnen ist sie zum ersten Mal für längere Zeit allein. Wie sie das wohl meistern wird?

Die Autorin ermöglichte es mir, ganz nah bei Flora zu sein und zu verstehen, was in ihrem Kopf vorgeht. Sie versucht immer wieder auf Neue, sich selbst möglichst viele aussagekräftige Notizen zu hinterlassen, um später wieder zu verstehen, was gerade passiert und was ihr Ziel ist. So liest sie sich ein ums andere Mal zuerst durch die Notizen mit Grundwissen zu ihrem Leben und dann durch die spezielleren Nachrichten, die ihr die aktuelle Situation erklären. Dadurch gab es einige Wiederholungen, die aber gleichzeitig noch nachvollziehbarer machten, wie es in Floras Kopf aussieht. Dennoch zog sich die Handlung für mich hin und wieder etwas in die Länge.

Zu Beginn habe ich mich mit Flora etwas schwer getan. Warum küsst sie ohne nachzudenken einen Jungen, an den sie keine Erinnerung hat? Insgesamt verhält sie sich aufgrund ihres Handicaps sehr naiv, denn es steckt immer noch viel von der Zehnjährigen in ihr, an die sie sich erinnern kann. Beim Lesen entwickelte ich zunehmend Beschützerinstinkte und hätte Flora gern so manchen Rat gegeben. Gleichzeitig fand ich sie aber auch sehr mutig, denn plötzlich überlegt sie nicht mehr lang, sondern stürzt sich ins Abenteuer. Ich fand es toll, zu sehen, wie sie dank ihrer Erinnerungshilfen eine große Motivation entwickeln und sich auf eine längere Reise begeben kann.

Auf ihrem Abenteuer kann Flora zeigen, was in ihr steckt und dass sie an Herausforderungen wachsen kann. Es hat mir Spaß gemacht, sie dabei zu begleiten, auch wenn nicht alles so läuft wie geplant. Zum Ende hin gibt es dann noch mal einige gute und böse Überraschungen für Flora und den Leser. Es wird noch einmal vieles durcheinander geworfen, was man bislang zu wissen glaubte. Das war spannend, aber fast schon zu dramatisch für meinen Geschmack. Das hoffnungsvolle Ende rundet die Geschichte schließlich gelungen ab.

In „Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben sein“ kann Flora seit sieben Jahren keinen neuen Erinnerungen speichern – bis sie sich an einen Kuss mit einem Jungen erinnert, der nun zum Studieren an den Nordpol gezogen ist. Indem die Geschichte aus Floras Perspektive erzählt wird, wurde sie für mich zu einem besonders intensiven Leseerlebnis. Gut konnte ich nachvollziehen, was in Floras Kopf passiert und bewunderte, wie mutig sie trotzdem ihr Leben meistert. Gerne empfehle ich das Buch mit dieser ganz besonderen Protagonistin weiter.

Veröffentlicht am 05.08.2017

Auf dem Weg zum optimierten Selbst

Transition
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In einer nicht allzu fernen Zukunft haben Karl und seine Frau Genevieve ernsthafte Probleme damit, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Sie arbeitet als Grundschullehrerin, er als Ghostwriter für akademische ...

In einer nicht allzu fernen Zukunft haben Karl und seine Frau Genevieve ernsthafte Probleme damit, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Sie arbeitet als Grundschullehrerin, er als Ghostwriter für akademische Arbeiten. Trotz des doppelten Einkommens können sie kaum die Miete für ihre winzige Stadtwohnung bezahlen, geschweige denn an Kinder denken. Um sich einige Annehmlichkeiten zu leisten, hat Karl deshalb etwas nachgeholfen – nun steht er vor der Wahl, wegen Online-Betrugs und Steuerdelikten fünfzehn Monate ins Gefängnis zu gehen oder mit Genevieve an „Transition“ teilzunehmen. In diesem Selbstoptimierungsprogramm leben sie beide sechs Monate bei Mentoren und müssen deren Anweisungen befolgen. Das scheint Karl die deutlich bessere Wahl zu sein, ihre Mentoren Janna und Stu wirken aufrichtig interessiert. Doch dann entwickeln sich die Dinge anders, als es Karl lieb wäre…

Ein Programm, das eine umfassende Selbstoptimierung verspricht? Das klang für mich nach einem interessanten Aufhänger für einen Roman, zu dem ich deshalb neugierig griff. Zu Beginn des Buches lernt man Karl und Genevieve als zwei Menschen kennen, die finanziell trotz regelmäßigem Einkommen völlig ruiniert sind. Grund dafür ist die überteuerte, winzige Stadtwohnung – was ich bei der aktuellen Entwicklung der Mietpreise nachvollziehen konnte – aber auch ein gelegentliches Über-die-Stränge-Schlagen der beiden.

Karl wurde mir nicht allzu sympathisch mit seinen dubiosen Jobs wie gefaketen Produktrezensionen, Steuerung von Klick-Farmen und Ghostwriting für Studenten. Es war daher wenig verwunderlich, dass die ganze Sache irgendwann nach hinten losgeht und er sich nach wenigen Seiten wegen Online-Betrugs und Steuerdelikten verantworten muss. Transition scheint die perfekte Lösung für gescheiterte Existenzen wie Karl und Genevieve zu sein. Letztere scheint mehr auf Zack zu sein als Karl, macht sich aber ebenfalls nicht allzu viele Gedanken um Finanzen und Zukunft.

Gemeinsam mit den beiden startet man ins Transition-Programm, wo es von strahlenden Gestalten nur so wimmelt. Janna und Stu, die zugewiesenen Mentoren, machen sich eifrig und engagiert an die Einführung. Die beiden dürfen bei ihnen in einem schicken Haus wohnen und ihre Jobs behalten, doch ihre Finanzen werden ab sofort von Transition gesteuert. Hinzu kommen notwendige tägliche Tagebucheinträge, Haushaltspflichten, Sporteinheiten und ein tägliches Zeitungslesepensum. Genevieve stürzt sich begeistert in all das, während Karl es mit einer guten Portion Skepsis angeht. Ich wartete darauf, dass die Sache einen Haken hat, und konnte Karls Haltung deshalb gut nachvollziehen.

Karl macht bald einige merkwürdige Entdeckungen und beginnt, Nachforschungen zu vorherigen Teilnehmern anzustellen. Das Ergebnis verwirrte erst einmal mehr, als dass es Fragen beantwortet hätte. Ist Karl paranoid oder sind seine Zweifel vielleicht doch berechtigt? Gleichzeitig verhalten sich Janna und Stu in verschiedenen Situationen unangemessen und es wird klar, wie abhängig Karl von ihnen ist. Und trotzdem wächst ihr Einfluss auf Genevieve, die Karl zunehmend entgleitet. Die Geschichte schlägt einen ruhigen Ton an und ich wartete darauf, dass hinter der nächsten Ecke der große Knall wartet. Doch dieser bleibt aus, vielmehr befindet sich Karl auf einer kontinuierlichen Abwärtsspirale, die er mal mehr, mal weniger absichtlich aber beständig hinabrutscht.

Auch wenn es unter dem Strich lange keine herausstechend dramatischen Ereignisse oder völlig überraschenden Wendungen gab, konnten die kleinen Enthüllungen und Entwicklungen mein Interesse an der Geschichte erhalten. Der Leser wird behutsam an die Katastrophe herangeführt. Als diese schlussendlich eintritt und auch die größeren Zusammenhänge klar werden, hätte ich mir dann aber doch noch etwas mehr Schwung gewünscht. Doch die Geschichte endet genauso unaufgeregt, wie sie erzählt wurde und lässt mich mit einigem Stoff zum Nachdenken zurück.

„Transition. Das Programm“ erzählt die Geschichte von Karl und Genevieve, die finanziell ruiniert sind und als Alternative zu Karls Gefängnisaufenthalt sechs Monate zu Mentoren ziehen, die ihnen ein besseres Leben ermöglichen sollen. Doch mit welchen Schritten will Transition das erreichen, und was passiert, wenn man nicht bei allem mitziehen will? Eine interessante Geschichte zur Frage, wie weit Selbstoptimierung gehen könnte und sollte.

Veröffentlicht am 05.08.2017

Was sind die wahren Absichten von Roy und Betty?

Das alte Böse
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Roy und Betty sind beide über 80 Jahre alt und lernen sich mittels Online-Dating kennen. Im Nu sind sie zusammengezogen, um sich Gesellschaft zu leisten, auch wenn Roy hauptsächlich meckert und im Haushalt ...

Roy und Betty sind beide über 80 Jahre alt und lernen sich mittels Online-Dating kennen. Im Nu sind sie zusammengezogen, um sich Gesellschaft zu leisten, auch wenn Roy hauptsächlich meckert und im Haushalt nicht mithilft, ganz zum Missfallen von Bettys Enkel Stephen. Doch Betty ist entschlossen, das Arrangement beizubehalten. Roy hat unterdessen ganz eigene Pläne und zeigt auffälliges Interesse an Bettys finanzieller Situation. Hat er mit ihr die richtige Person gewählt?

Das Cover des Buches ziert eine Schlange, die in Kombination mit dem Titel verspricht, dass jemand nichts Gutes im Sinn hat. Die Geschichte startet ein wenig skurril mit dem Blind Date von Betty und Roy, die sich unter falschen Namen im Internet kennengelernt haben. Offensichtlich erfüllen sie die Kriterien des jeweils anderen, denn schon im nächsten Kapitel wohnen sie seit zwei Monaten zusammen.

Roy ist von Beginn an alles andere als ein sympathischer Zeitgenosse. Er ist meist mürrisch, starrt jungen Mädchen hinterher und lässt Betty seine Urinspritzer im Bad wegputzen. Schnell wird außerdem klar, dass er sich gebrechlicher gibt, als er ist. Will er sich damit nur vor den Haushaltsaufgaben drücken oder noch etwas anderes erreichen? Gleichzeitig begann ich mich zu fragen, warum die Betty das mit sich machen lässt. Sie ist gebildet, hat Witz und kann auch resolut auftreten. Wieso ist sie Roy gegenüber also so nachsichtig und bereit, mit ihm zusammenzuleben?

Die Geschichte springt bald in die Vergangenheit und man erfährt mehr über Roys bisheriges Leben. Dabei bestätigt sich der Eindruck, dass er wirklich kein angenehmer Kerl ist. Mit jedem Kapitel geht es in der Zeit ein Stück weiter zurück und ich erfuhr von verschiedensten Verbrechen, an denen er beteiligt gewesen ist. Dabei geht es meist um Betrügereien und Täuschungen, und mein negatives Bild von ihm wurde immer umfassender.

Zwischen den einzelnen Rückblicken erfährt man in der Gegenwart mehr über das weitere Zusammenleben der beiden Alten. Roy befragt Betty auffällig unauffällig zu ihrer finanziellen Situation aus und legt ihr seinen Berater ans Herz, der dem Leser schon aus der allerersten verbrecherischen Rückblende bekannt ist. Wird Betty darauf eingehen? Die Kapitel in der Gegenwart waren im Gegensatz zu den Rückblenden relativ kurz. Ich hätte mir ein etwas ausgewogeneres Verhältnis gewünscht. Bei der Schilderung von Roys Verbrechen nimmt der Autor immer viel Anlauf, wodurch sich die Kapitel für mich ein wenig gezogen haben.

Früh vermutete ich, dass noch irgendeine größere Überraschung auf mich wartet, und behielt Recht. Die Rückblenden in Roys Vergangenheit werden immer brisanter und schockierender, sodass die schon bekannten Betrügereien bald geradezu harmlos wirken. Und auch rund um Betty erlebte ich schließlich eine große Überraschung. Auf diese wartet man aufgrund zahlreicher Andeutungen von Beginn an, dennoch entwickelte ich erst kurz vor der Lüftung des Geheimnisses eine Ahnung, worum es sich drehen könnte. Es kommt zu einer genial angelegten Wendung, mit der mich der Autor begeistern konnte. Etwas enttäuscht war ich jedoch von den Konsequenzen. Das Verhältnis von Aufwand und Wirkung passte für mich nicht ganz und ich hätte insgesamt gern noch mehr darüber erfahren.

In „Das alte Böse“ lernen sich Roy und Betty, beide über 80 Jahre alt, via Online-Dating kennen und ziehen schon bald zusammen. Während Roys Absichten schnell klar sind und seine abstoßende Vergangenheit immer weiter enthüllt wird, fragt man sich, warum Betty überhaupt freiwillig mit ihm zusammenlebt. Trotz kleiner Längen und einem etwas enttäuschenden Schluss hat mich der Aufbau des Romans, sein schrittweises Annähern an die Wahrheit, sehr gut unterhalten können. Eine ungewöhnliche und eindringliche Geschichte über Verbrechen in der Gegenwart und aus alter Vergangenheit.

Veröffentlicht am 05.08.2017

Eine Nacht in Berlin – und alle sind auf der Jagd nach dir

AchtNacht
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Ben durchlebt gerade seinen persönlichen Albtraum. Seiner Tochter Jule mussten vor vier Jahren die Beine unterhalb der Knie amputiert werden, weil er einen Unfall gebaut hat, nachdem sein damaliger Manager ...

Ben durchlebt gerade seinen persönlichen Albtraum. Seiner Tochter Jule mussten vor vier Jahren die Beine unterhalb der Knie amputiert werden, weil er einen Unfall gebaut hat, nachdem sein damaliger Manager und Mitfahrer sie während der Fahrt angefasst hat. Jule schien sich an das Leben mit Einschränkung gewöhnt zu haben – doch warum hat sie sich dann vor wenigen Tagen mit dem Rollstuhl vom Dach ins Koma gestürzt? Gab es wirklich keine Fremdeinwirkung? Aber es kommt noch schlimmer: Ben wird von einer Webseite zum sogenannten AchtNächter ernannt, der eine Nacht lang vogelfrei ist und für den Gewinn von zehn Millionen Euro straffrei getötet werden darf. Die Mehrheit der Bevölkerung glaubt weder an den Gewinn noch an die Straffreiheit – doch einige selbsternannte Jäger machen sich auf die Suche nach ihm. Ebenso wie die mit ihm nominierte Arezu muss er die Nacht überstehen…

Ich habe mich riesig über die Nachricht gefreut, dass mit „AchtNacht“ so kurz nach dem letzten Buch von Sebastian Fitzek eine weitere Geschichte aus seiner Feder auf den Markt kommt. Das Buch wirft den Leser im Prolog mitten hinein in eine Szene, die „einen Monat danach“ stattfindet. Eine noch unbekannte Person befindet sich in der Psychiatrie und erhält den Anruf eines Toten. Das war reichlich mysteriös und weckte vollends meinte Neugier.

Danach springt die Geschichte in der Zeit zurück und der Leser lernt den Protagonisten Ben kennen. In seinem Leben scheint wirklich alles schief zu laufen. Selbst wenn er mit bester Absicht handelt, scheint es falsch zu sein. In seiner ersten Szene will er ein Mädchen retten, das daraufhin schrecklich wütend ist, denn sie hat für Geld zugestimmt, sich öffentlich und vor laufender Kamera misshandeln zu lassen. Ähnlich scheint es ihm mit allem zu gehen, was er tut – auch in Bezug auf seine Tochter Jule, die wegen eines von ihm verursachten Unfalls behindert ist. Dass er schließlich für die AchtNacht nominiert wird, scheint ein weiterer Schritt in seiner Chronik des Scheiterns zu sein.

Ich war zu Beginn sehr skeptisch, ob der Ablauf der AchtNacht plausibel erklärt werden kann. Unter welchen Umständen würden Menschen denn so verrückt werden und spontan Personen jagen, die von einer Webseite für vogelfrei erklärt werden? Dem Autor ist es gut gelungen, das Geschehen glaubhaft zu machen, indem er für die Handlung mit Berlin die bevölkerungsreichste Stadt des Landes wählt und getreut dem Motto „Ein paar Bekloppte gibt es überall“ eine Handvoll Menschen die Jagd aufnehmen lässt. Hinzu kommen zwei Charaktere, die auf eine andere Weise aus der Sache Profit schlagen wollen und mit ihren Entscheidungen für noch größere Spannung sorgen.

Mit Fortschreiten der Nacht nimmt die Jagd immer weiter an Fahrt auf und wird zunehmend dramatischer. Ben wird von der andere Nominierten Arezu schnell gefunden und die beiden versuchen, sich gemeinsam durchzuschlagen. Der Nervenkitzel blieb dadurch erhalten, dass man nie weiß, ob die Personen, denen die beiden begegnen, zu den Jägern gehören oder helfen wollen. Damit die beiden nicht zu schnell in Sicherheit sind, greift der Autor außerdem zu einem besonderen Mittel, dank dem die beiden in Bewegung bleiben.

Ich fand Bens Entscheidungen an manchen Stellen nicht ganz nachvollziehbar. Doch dank eben dieser Entscheidungen bleibt die Geschichte rasant und hochspannend. Ich fieberte mit, war Ben aufgrund einiger Perspektivwechsel meist einen Schritt voraus und wusste deshalb vor ihm, dass die nächste Hiobsbotschaft nicht weit entfernt ist. Das Buch konnte mich bis zum Schluss fesseln. Auch wenn ich einen zentralen Hintergrund recht früh erahnt habe, hatte die Geschichte zum Schluss noch Überraschungen für mich in petto und wurde damit zu einer runden Sache.

In „AchtNacht“ wird Ben, der in seinem Leben trotz guter Absichten schon einiges falsch gemacht hat, für eine Nacht von einer Webseite für ein hohes Preisgeld für vogelfrei erklärt. Es entsteht eine dramatische und temporeiche Jagd mitten in Berlin, deren Hintergrund plausibel gemacht wird. Mich konnte die Geschichte erschrecken und fesseln, schaudernd las ich mich durch die Seiten bis hin zu einem überraschenden Schluss. Fans des Psychothrillers sollten sich auch dieses Buch von Sebastian Fitzek nicht entgehen lassen!