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Veröffentlicht am 15.09.2016

Unterwegs in der Welt der Bücher

Die Buchspringer
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In den Sommerferien beschließen Amy und ihre Mutter Alexis spontan, Amys Großmutter Lady Mairead auf der schottischen Insel Stormsay zu besuchen. Diese hat Alexis nicht mehr gesehen, seit sie schwanger ...

In den Sommerferien beschließen Amy und ihre Mutter Alexis spontan, Amys Großmutter Lady Mairead auf der schottischen Insel Stormsay zu besuchen. Diese hat Alexis nicht mehr gesehen, seit sie schwanger mit Amy war und abgehauen ist. Auf der Insel angekommen, verlangt Lady Mairead, dass Amy in das Familiengeheimnis eingeweiht wird: Ihre Familie verfügt über die Gabe, in Bücher springen zu können. Auch wenn Alexis nur wenig begeistert ist, möchte Amy einen Sprung versuchen – und findet sich schon kurze Zeit später im Dschungelbuch wieder. Doch irgendetwas geht in der Buchwelt vor sich: Ein Dieb treibt sein Unwesen und bringt Geschichten völlig durcheinander. Kann Amy der Buchwelt helfen?

Als ich den Klappentext des Buches zum ersten Mal las, war ich sofort begeistert. Ein Buch über Bücher kann ich mir nicht entgehen lassen! Entsprechend neugierig startete ich in die Geschichte und fand mich gleich mitten im Geschehen wieder. Alexis und Amy treffen auf der winzigen schottischen Insel Stormsay ein und Amy trifft zum ersten Mal auf ihre Großmutter, die nicht das geringste Problem damit hat, dass die beiden nach Jahren einfach so vor ihrer Türe stehen. Sie ist nur daran interessiert, dass Amy über ihre Gabe erfährt und baldmöglichst am Unterricht für Buchspringer teilnimmt.

Schon nach wenigen Seiten lernte ich gemeinsam mit Amy Will und Betsy kennen, die Buchspringer der einzigen anderen Familie, die über die Gabe verfügt. Diese demonstrieren Amy kurz das Buchspringen, und schon findet sich auch Amy in der Buchwelt wieder und macht so manche interessante Bekanntschaft. Amys Bekanntschaften mit den verschiedensten Buchfiguren lassen sicherlich das Herz jedes Buchliebhabers höher schlagen – wer würde nicht gerne an ihrer Stelle sein? Gleichzeitig wurde mir aber viel zu wenig erklärt. Unter dem Motto „Die Gabe funktioniert eben einfach“ wird das hinein- und hinausspringen, vorblättern, Geschichtenwechseln, Geschichten umschreiben und so weiter nicht näher erläutert, sondern man muss es als Leser einfach so hinnehmen.

Durch den mysteriösen Dieb in der Buchwelt und den Fund einer Leiche kommt bald Spannung in die Geschichte. Der Dieb hastet in Windeseile durch die verschiedensten Geschichten, während Amy und ihre neuen Buchfreunde Werther und Shir Khan ihm auf den Fersen sind. Dabei macht man im Schnelltempo interessanteste Bekanntschaften mit unterschiedlichsten Buchfiguren, bevor man sich auch schon in der nächsten Geschichte wiederfindet.

Während der Charme des Stöberns durch die Buchwelt der große Pluspunkt der Geschichte ist, gibt es neben den mangelnden Erklärungen leider einen weiteren Aspekt, der meinem Lesespaß einen gehörigen Dämpfer verpasst hat. Die ganze Geschichte funktioniert in dieser Form nämlich nur, weil sämtliche Charaktere sich für mich ständig auf nicht nachvollziehbare Weise verhalten. Sie stolpern immer genau dann über ihre eigenen Füße, treffen offensichtliche Schlussfolgerungen nicht und behalten wichtige Informationen für sich, wenn es dafür sorgt, dass die Aufdeckung der Geheimnisse weiter verschoben wird. Dadurch machte die Geschichte auf mich einen extrem konstruierten Eindruck. Auf den letzten Seiten verzehnfachten sich dann auch noch einmal meine „Wie soll das denn jetzt schon wieder funktionieren“-Gedanken, sodass mich auch das abgeschlossene Ende nur bedingt versöhnlich stimmen konnte.

„Die Buchspringer“ ist eine Geschichte mit Charme, denn Amys Sprünge in die Buchwelt und ihre Bekanntschaften mit den unterschiedlichsten Buchfiguren lassen sicherlich das Herz jedes Buchliebhabers höher schlagen. Leider erlebte ich den Handlungsverlauf als extrem konstruiert, konnte das Verhalten und Denken der Charaktere oft nicht nachvollziehen und hätte mir noch einige Erklärungen zum Buchspringen gewünscht. Die schöne Grundidee hat für mich in der Umsetzung nur bedingt funktioniert, weshalb ich dem Buch nur 3 Sterne geben kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kann Violet ihrem Schicksal entkommen? - Noch besser als der Reihenauftakt!

Das Juwel - Die Weiße Rose
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Nachdem die Herzogin das Geheimnis von Violet und Ash gelüftet hat, steht den beiden Schlimmes bevor. Doch mit der Hilfe ihrer Unterstützer gelingt ihnen die Flucht. Gemeinsam mit Raven, die den für Violet ...

Nachdem die Herzogin das Geheimnis von Violet und Ash gelüftet hat, steht den beiden Schlimmes bevor. Doch mit der Hilfe ihrer Unterstützer gelingt ihnen die Flucht. Gemeinsam mit Raven, die den für Violet bestimmten Weg aus den Fängen ihrer Herrin genommen hat, machen sie sich auf den Weg. Lucien hat ihnen einen sicheren Zufluchtsort in der Farm versprochen. Doch vom Juwel bis dort ist es ein langer Weg, und die ganze Stadt sucht nach dem angeblichen Vergewaltiger Ash. Wie weit werden sie kommen? Und was erwartet die Verbündeten, wenn sie finden oder gefunden werden?

Schon das Cover des Reihenauftaktes war ein echter Hingucker, und das Cover dieses zweiten Teils ist einfach traumhaft. Das abgebildete Mädchen sieht schon deutlich selbstbewusster aus als auf dem Cover des Vorgängers, was toll zu der Entwicklung passt, die Violet in der Zwischenzeit durchgemacht hat. Weiterhin ist die Reihe alles andere als eine Prinzessinnen-Geschichte, doch im Laufe der Lektüre wurde deutlich, dass das Bild der weißen Rose bestens zum Buch passt.

Nachdem der erste Teil mit einem fiesen Cliffhanger endete, steigt die Erzählung nur kurze Zeit nach der fatalen Lüftung von Violets und Ashs Geheimnis ein. Violet ist verstört und weiß nicht, wie es für sie weitergehen wird. Dass die Herzogin ihr das Leben zur Hölle machen wird, führt diese gleich auf erschreckende Weise vor. Und auf Ash wartet nur der Tod. Doch Violet hat noch immer Unterstützer, sodass sie sich nach kürzester Zeit auf der Flucht befindet. Das geht so schnell, dass ich es in dieser Rezension (genauso wie der Klappentext) einfach erwähnen muss, um das Buch beurteilen zu können. Besonders gefallen hat mir dabei besonders Violets Hartnäckigkeit. Schon im ersten Band hat Lucien deutlich gemacht, dass er sie allein retten will, doch Violet will das nicht zulassen und weitere Personen in Sicherheit bringen, die ihr wichtig sind.

Trotz der schrecklichen Erlebnisse, die Violet durchmachen musste, ist sie ungebrochen und mutig. Dafür habe ich sie bewundert und sie gern auf ihrem Weg durch die Stadt begleitet. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass auch Ash ausführlicher zu Wort kommt. Man erfährt mehr über seine Vergangenheit und er ist für Violet eine wichtige emotionale Stütze. Auch Lucien lernt man besser kennen. Die Geschichten der beiden Männer zeigten mir deutlich, dass nicht nur die Surrogate in der Einzigen Stadt ein Leben gegen ihren Willen führen.

Die Flucht von Violet und ihren Freunden dauert relativ lang an und bietet dem Leser umfassende Einblicke in die verschiedenen Bereiche der Stadt. Man erfährt so einiges über das Leben der Menschen unterschiedlicher Schichten. Dadurch erhielt ich einen immer besseren Eindruck davon, welche Gesellschaft die einflussreichen Adelshäuser zu Lasten der restlichen Bevölkerung erschaffen haben. Das machte mir die folgenden Entwicklungen verständlicher und ich konnte gut verstehen, warum sich die Menschen dafür entschieden, aktiv Widerstand zu leisten.

Auf der Flucht kommt es immer wieder zu brenzligen, spannenden Situationen. Die zweite Buchhälfte hat mir aber noch ein Stück besser gefallen. Unfreiwillig macht Violet Bekanntschaft hier mit einer ganz neuen Kraft und muss überdenken, was sie bislang zu wissen glaubte. Neue Pläne werden geschmiedet und erste Schritte umgesetzt. Hier merkte ich, dass langsam etwas richtig Großes ins Rollen kommt! Auch gänzlich neue Charaktere werden eingeführt und alte Bekanntschaften vertieft, wodurch frischer Wind in die Geschichte kam. Doch während sich alle auf ihren nächsten Schritt vorbereiten, kommt es erneut zu einer bösen Überraschung. Mit dieser endet der zweite Teil, sodass ich am liebsten sofort weiterlesen würde. Für den finalen Teil der Trilogie wurde ein riesengroßes Potenzial geschaffen, sodass ich mich schon jetzt riesig darauf freue!

In „Das Juwel. Die weiße Rose“ versucht Violet, dem Juwel und ihrem Schicksal als Surrogat zu entkommen. Auf ihrer Flucht erfährt sie mehr über das Leben der verschiedenen Schichten in der Einzigen Stadt, vertieft ihre Freundschaften und macht erschreckende und hoffnungsvolle Entdeckungen. Mir hat diese Fortsetzung noch ein Stück besser gefallen als der Reihenauftakt. Wenn ihr den ersten Teil mochtet, dann dürft ihr euch dieses Buch auf keinen Fall entgehen lassen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Auf Spurensuche mittels Drohne

Elanus
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Jona ist siebzehn und hat es dank seiner extremen Hochbegabung mit einem Stipendium an die Victor-Franz-Hess-Privatuniversität geschafft. Mit seinen Eltern hat er sich darauf geeinigt, erst einmal bei ...

Jona ist siebzehn und hat es dank seiner extremen Hochbegabung mit einem Stipendium an die Victor-Franz-Hess-Privatuniversität geschafft. Mit seinen Eltern hat er sich darauf geeinigt, erst einmal bei einer Familie im Ort unterzukommen statt im Studentenwohnheim, denn im Kontakt mit seinen Mitmenschen stellt er sich immer wieder höchst ungeschickt an. Jonas ganzer Stolz ist seine Drohne Elanus, die er dazu benutzt, seine Kommilitonen ein wenig auszuspionieren. Dabei macht er eine brisante Entdeckung und wird kurz darauf in seinem Stolz verletzt. Er lässt sich dazu hinreißen, sein Wissen für einen Streich zu nutzen. Doch die Adressaten reagieren viel extremer als gedacht, und auch seine Gasteltern benehmen sich zunehmend merkwürdig. Hat Jonas mit seinem Handeln in ein Wespennest gestochen? Was geht hier wirklich vor?

Den Protagonisten Jona lernt man bei seiner Ankunft in der Stadt kennen, in der er künftig die Universität besuchen wird. Seine Gastmutter Silvia Helmreich kommt zu spät zum Bahnhof, um ihn abzuholen, worauf Jona extrem gereizt reagiert. Auch auf den folgenden Seiten gewinnt er keine Sympathiepunkte. Von den Helmreichs ist er schnell genervt, die Uni langweilt ihn und das erstbeste Mädchen auf dem Campus will er mit seinen Tricks um den Finger wickeln. Zwar wurde Jona mit seinem hohen IQ verbunden mit einer Schwäche im Zwischenmenschlichen wohl ganz bewusst als Charakter mit so manchen Ecken und Kanten gezeichnet, doch ich war schnell so genervt von ihm, dass mir der Einstieg ins Buch nicht leicht fiel.

Bald darf der Leser Elanus, Jonas Drohne, zum ersten Mal auf einem Flug begleiten. Dabei wurde mein Interesse allmählich geweckt, denn ich finde das Thema Nutzung von Drohnen spannend und war neugierig, was Jona durch Elanus‘ Einsatz herausfindet. Elanus ist dem heutigen Stand der Technik nur ein kleines Stück voraus – und wer weiß, vielleicht gibt es da draußen jemanden wie Jona, der das längst möglich gemacht hat? Den Einsatz der Drohne erlebte ich daher als recht realistisch. Gut fand ich zum Beispiel, dass der Akku nur eine Dreiviertelstunde hält. Jona kann sein Hilfsmittel also nicht unbegrenzt einsetzen und durch die allmählichen Erkenntnisse blieb die Spannung erhalten, was an der Universität vor sich geht.

Kurz nach Jonas Brief kommen die Dinge bald so richtig ins Rollen. Nach seiner anonymen Behauptung gegenüber verschiedenen Personen, ihr Geheimnis zu kennen, ereignen sich aufsehenerregenden Vorfälle, die Jona und auch dem Leser die Bedrohlichkeit der Situation bewusst machen. Hat Jona wirklich damit zu tun oder ist all das nur ein dummer Zufall? Er bleibt hartnäckig, nutzt Elanus und weitere Wege zur Nachforschung und sammelt so nach und nach Informationen, um den Hintergründen der Ereignisse auf die Schliche zu kommen. Dabei machte es mir zunehmend Spaß, ihn zu begleiten. Er tritt nicht mehr ganz so großspurig auf wie zu Beginn und seine gelegentlichen sozialen Patzer konnte ich gut als Eigenart akzeptieren.

Am meisten mochte ich aber Marlene. Sie geht wie Jona auf die Privatuniversität und besitzt wie er eine sehr analytische Denkweise. Doch das gleicht sie aus, indem sie täglich Punkte auf ihrer Liste abhakt, die Dinge enthält wie „Komfortzone verlassen“ oder „Zu jemandem nett sein, den ich nicht mag“. Das fand ich sehr sympathisch. Sie gibt Jona eine Chance auf Freundschaft und ich hoffte sehr, dass er sie mit seiner Art nicht vertreibt.

Mit der Zeit verloren die Drohnenflüge ein wenig von ihrem Reiz, doch gleichzeitig kommt Jona der Lösung des Rätsels näher. Neugierig wartete ich darauf, dass irgendjemand seine Maske fallen lässt und seine Pläne offenbart. Zwar habe ich ein Stück des Geheimnisses früh erahnt, trotzdem blieben einige Zusammenhänge lange unklar. Zum Ende hin wurde ich deshalb trotzdem überrascht und sobald alle Karten auf dem Tisch lagen wurde es noch einmal richtig spannend.

In „Elanus“ kommt Jona mit einer ganz besonderen Erfindung im Gepäck neu an die Uni. Seine selbst entwickelte Drohne kann bestimmte Handys orten, anfliegen und beobachten. Doch sind die fatalen Ereignisse an der Uni wirklich die Folge von Jonas Entdeckungen und seinem Streich? Ein Buch für alle, die sich mit der neuesten Technik und an der Seite von analytisch denkenden Charakteren auf Spurensuche begeben wollen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eintauchen ins Paris des 19. Jahrhunderts

Der Turm der Welt
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Paris im Oktober 1889: Die große, spektakuläre Weltausstellung nähert sich ihrem Ende, und immer mehr hochrangige Besucher strömen in die Stadt. Darunter befindet sich auch Friedrich von Straten als Teil ...

Paris im Oktober 1889: Die große, spektakuläre Weltausstellung nähert sich ihrem Ende, und immer mehr hochrangige Besucher strömen in die Stadt. Darunter befindet sich auch Friedrich von Straten als Teil der deutschen Delegation, der auf einen Auftrag im Rahmen seiner Tätigkeit für den Geheimdienst wartet, und der Constable Basil Fitz-Edwards, der den Sohn des britischen Thronfolgers begleitet. Doch dann werden zwei Ermittler des französischen Gemeindienstes tot aufgefunden – durchbohrt von den riesigen Zeigern der Uhr eines französischen Erfinders, die um fünf vor zwölf zum Stehen kam. Eine klare Drohung – ein weiterer Vorfall in der Öffentlichkeit könnte Paris ins Chaos stürzen und den instabilen Frieden in Europa gefährden. Wird es dem Deuxième Bureau gelingen, die Verantwortlichen rechtzeitig zu finden? Und welche weiteren Parteien schmieden ihre Pläne während dieser turbulenten Tage?

Gleich auf den ersten Seiten des Buches kam Spannung auf, denn zwei Tote werden in der Maschinenhalle der Ausstellung gefunden, die eine deutliche Nachricht an das Deuxième Bureau senden: Die Sicherheit der Weltausstellung und ihrer Abschlussfeierlichkeiten ist bedroht. Meine Neugier, was in der Stadt vor sich geht und ein weiterer Vorfall verhindert werden kann, war schnell geweckt.

Im Folgenden lernt man eine ganze Reihe an Charakteren kennen, die in das Geschehen eingreifen werden. Die Erzählung springt schnell zwischen den verschiedenen Perspektiven hin und her, sodass eine hohe Dynamik entstand. Die Charaktere im Fokus sind zudem höchst unterschiedlich, was für Abwechslung sorgte. Da gibt es zum Beispiel eine einflussreiche Vicomtesse und ihre Tochter, Ermittler aus Frankreich, Deutschland und England, ein Fotograf, eine Kurtisane und eine Hotelinhaberin. Zu Beginn musste ich etwas blättern, um die Charaktere sortieren zu können, doch schon bald hatte ich den Überblick und es kommt zu ersten interessanten Verbindungen zwischen den einzelnen Erzählsträngen.

Obwohl auf den 700 Seiten nur zwei Tage erzählt werden, verflogen die Seiten im Nu. Das historische Paris wurde vor meinem inneren Auge lebendig. Dem Autor ist es gelungen, mit seiner ausführlichen Recherche die Atmosphäre greifbar zu machen, ohne mich mit Details zu langweilen. Immer wieder gibt es mehr oder weniger angenehme Überraschungen, die mal Fragen aufwerfen und mal welche beantworten. Cliffhanger zwischen den einzelnen kurzen Kapiteln machten beständig Lust, weiterzulesen.

Meine Favoriten unter den Charakteren wechselten regelmäßig und ich verbrachte an der Seite eines jedes gern meine Lesezeit. Besonders gut gefallen hat mir zum Beispiel das Ermittlerduo des Deuxième Bureau. Die aus dem Ruhestand zurückgekehrte, kratzbürstige Legende Alain mit ihren eigenwilligen Ermittlungsmethoden und der junge, motivierte Pierre gaben ein unterhaltsames unfreiwilliges Duo ab. Auch mit der Kurtisane Madeleine fieberte ich mit, ihre Bekanntschaften werden ihr bald zum Verhängnis, sie wird zum Spielball eines Unbekannten und muss entscheiden, welches Wagnis das größere Übel ist.

Während aller Kapitel läuft beständig ein Countdown, der die Zeit bis zum Ende der Weltausstellung anzeigt. Was wird dann geschehen? Wird es eine heitere Abschlussfeier oder passiert etwas Schreckliches? Auch auf dem Weg dorthin gibt es immer wieder Highlights in Form von spektakulären sowie psychologischen Spannungsmomenten. Zum Schluss hin wurden schließlich die meisten der aufgeworfenen Fragen zu meiner Zufriedenheit beantwortet und ich erlebte den Abschluss als überaus passend.

„Der Turm der Welt“ lässt das historische Paris des 19. Jahrhunderts lebendig werden. An der Seite von verschiedensten Charakteren las ich mich durch Ermittlungen, Verstrickungen und Geheimnisse. Während die Brisanz der Situation stets gegenwärtig ist, ergab sich für mich nach und nach aus den zahlreichen Einzelsträngen ein großes Bild und immer mehr Puzzlestücke fielen an ihrem Platz. Mich hat die Geschichte bestens unterhalten, historisch interessierte Leser sollten sich diesen vielschichtigen Roman nicht entgehen lassen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nach der Zerstörung Großbritanniens kämpft sich Ed durch das verwüstete Land

Am Ende aller Zeiten
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Edgar Hill ist fünfunddreißig und strengt sich im Leben nicht sonderlich an. Als Vater zweier Kinder überlässt er die meisten Familienaufgaben seiner Frau, hat im Laufe der Jahre deutlich an Gewicht zugelegt ...

Edgar Hill ist fünfunddreißig und strengt sich im Leben nicht sonderlich an. Als Vater zweier Kinder überlässt er die meisten Familienaufgaben seiner Frau, hat im Laufe der Jahre deutlich an Gewicht zugelegt und sitzt in seinem Job die Zeit ab. Die Warnung vor Asteroideneinschlägen hört er mitten in der Nacht in betrunkenem Zustand, kurz bevor er einschläft – und kann sich mit seiner Familie wenige Stunden später erst im allerletzten Moment in den schützenden Keller retten. Doch jetzt ist das Leben ein anderes, Großbritannien ist völlig zerstört, er und seine Familie kämpfen ums Überleben. Als Ed zur falschen Zeit am falschen Ort ist, wird er von seiner Familie getrennt. Wenn er sie jemals wiedersehen will, dann muss er in wenigen Wochen das verwüstete Land durchqueren, von Schottland bis Cornwall. Wird Ed über sich hinauswachsen und sein Ziel rechtzeitig erreichen?

Mit FISCHER Tor geht in diesem Sommer ein neuer Programmbereich der S. Fischer Verlage an den Start. Neugierig habe ich mich durch das erste Verlagsprogramm geblättert, und dabei ist mir gleich „Am Ende aller Zeiten“ ins Auge gefallen. Das Buch klang nach einem spannenden Endzeitroman, in welchem der Protagonist über sich hinauswachsen muss. Gespannt, ob ihm das gelingen wird, startete ich mit der Lektüre.

Der Ed, den ich zu Beginn des Buches kennenlernte, war alles andere als ein Vorzeigevater. Er gibt selbst zu, seiner Frau die meisten Aufgaben in der Familie zu überlassen, mit Verweis auf seinen Job, in dem er sich aber auch nicht sonderlich anstrengt. Sonderlich sympathisch wurde mir Ed also erst einmal nicht. Nach diesem kurzen Kennenlernen bricht auch schon die Hölle los, Asteroiden schlagen ein und verwüsten das ganze Land. Hier kam schnell Endzeitstimmung auf. Minuten vor dem Einschlag spielen sich dramatische Szenen ab, Menschen werden panisch und aggressiv. Diese Szenen waren erschreckend, und ich bangte mit, ob Ed und seine ganze Familie das Drama überleben werden.

Ich fand es gut, dass der Roman nicht allzu lang in der Phase unmittelbar nach den Einschlägen verweilt. Statt eines ausführlichen Countdowns der verbleibenden Nahrungs- und Wasserressourcen beschreibt der Autor die Zeit im Keller in hohem Tempo und bringt den Autor bald in eine ganz neue Umgebung. Hier lernt man auch weitere Überlebende kennen und schließlich kommt es zu der schon im Klappentext vorweggenommenen Trennung von Ed und seiner Familie.

Ed, der sich auch nach der Katastrophe nicht allzu intensiv um seine Familie gekümmert hat, dessen Beziehung zu seiner Frau ich als abgekühlt erlebte, muss sich nun fragen, was er eigentlich will. Endlich kommt er zu dem Schluss, der ihn mir gleich viel sympathischer machte: Dass ihm seine Familie wirklich sehr am Herzen liegt, auch wenn er es bislang nicht gezeigt hat. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits ein gutes Viertel des Buches gelesen und schon so einiges passiert, aber eigentlich geht es hier erst richtig los.

Was folgt, ist ein anstrengender Weg quer durch das verwüstete Großbritannien. Gemeinsam mit anderen Überlebenden macht sich Ed auf den Weg. Nicht nur die zerstörten Straßen sind eine Herausforderung, sondern auch Begegnungen mit anderen Überlebenden. Sind sie feindlich gesinnt oder friedfertig? Und wem kann man innerhalb der Gruppe vertrauen? Ed und seine Freunde agieren wiederholt recht naiv und begegnen einigen sehr speziellen Gestalten. Immer wieder kommt es zu dramatischen Szenen, in denen weitere Tote zu beklagen sind. Die Beschreibungen von Kämpfen und Verletzungen sind eher oberflächlich, sodass es nicht allzu brutal und eklig wurde.

Etwas vermisst habe ich in diesem Buch ein innovatives, hervorstechendes Element. Durch den Wettkampf mit der Zeit wird die Spannung immer weiter erhöht, doch ich hatte das Gefühl, dass ich die meisten von Eds Erlebnissen in ähnlicher Weise schon mal in anderen Endzeitromanen gelesen habe. Das Buch beinhaltet viele klassische Elemente, weshalb es meiner Meinung nach ein gutes Buch für den Einstieg ins Genre ist. Auch das Ende als Spannungshöhepunkt bedient sich einiger Klischees, für mich ist der Autor hier in Sachen Drama über das Ziel hinausgeschossen. Schließlich lässt das Ende bewusst einige Fragen offen, was meiner Meinung nach gut zur Geschichte passte und Raum für eigene Gedanken ließ.

In „Am Ende aller Zeiten“ erlebt der nicht sonderlich ambitionierte Ed die Verwüstung seiner Heimat. In der Zeit nach der Katastrophe muss er über sich hinauswachsen und kämpft sich quer durch das verwüstete Land. Trotz vieler klassischer, wenig innovativer Elemente fieberte ich mit, ob er sein Ziel erreichen wird. Besonders gut gefallen hat mir die charakterliche Wandlung, die Ed durchmacht. Sehr gern empfehle ich das Buch weiter, vor allem an Einsteiger in das Genre Endzeitroman.