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Veröffentlicht am 19.12.2022

Unterhaltsamer Krimi

Geheimnis am Weihnachtsabend
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Die Psychiaterin und Ärztin Beatrice LeStrange Bradley verbringt die Weihnachtstage bei ihrem Neffen Carey auf dessen Hof Roman Ending in Oxfordshire. Schon am Tag ihrer gemeinsamen Anreise mit Chauffeur ...

Die Psychiaterin und Ärztin Beatrice LeStrange Bradley verbringt die Weihnachtstage bei ihrem Neffen Carey auf dessen Hof Roman Ending in Oxfordshire. Schon am Tag ihrer gemeinsamen Anreise mit Chauffeur George und ein riesigen Eberkopf auf dem Dach, gerät sie mit dem benachbarten Konkurrenten, dem alten Simith in Streit. Wie Carey ist der nämlich ein erfolgreicher Schweinezüchter, doch beide haben grundverschiedene Ansichten zur richtigen Herangehensweise. Dann kommt im Nachbarort auch noch ein Anwalt und Bekannter Careys zu Tode, der sich nachts auf die Suche nach dem berühmten kopflosen Geist des Dorfes gemacht hatte. Amateurdetektivin Mrs Bradley muss natürlich ermitteln und gerät von einem Dorfskandal in den nächsten.

„Geheimnis am Weihnachtsabend“ ist der siebte von über sechzig Bänden der beliebten Reihe der Schriftstellerin Gladys Mitchell rund um ihre Heldin Mrs Bradley. Erzählt wird die Handlung von einem allwissenden Erzähler, der hauptsächlich die Protagonistin bei ihren Ermittlungen verfolgt, manchmal jedoch auch Ereignisse schildert, die anderswo stattfinden. Sprachlich gesehen nimmt der Roman sich nicht allzu ernst und vor allem Mrs Bradleys Unterhaltungen mit den verschiedensten Charakteren sind sehr humorvoll und unterhaltsam. Störend ist jedoch, dass sie dabei immerzu „meckernd lacht“ und jeden um sie herum mit „Kind“ anspricht. Das ist aber vermutlich schon im Original so angelegt und nicht der Übersetzerin anzulasten.

Es ist nachvollziehbar, dass aufgrund des weihnachtlichen Settings genau dieser Band der Reihe ausgewählt wurde. Dennoch fehlt somit ein gewisser Teil der Vorgeschichte und als deutsche Leser/-innen wissen wir nicht, wie Mrs Bradley eigentlich zu ihrer Rolle als Amateurdetektivin kam. Für das Lesevergnügen ist das jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Der eigentliche Kriminalfall ist durchaus spannend und bietet mit zahlreichen Verdächtigen, Dorflegenden und Skandalen jede Menge spaßige Verwicklungen. Interessierte lernen zudem eine ganze Menge über Schweinezucht und den Morris-Tanz – unterhaltsam!

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.12.2022

Wichtiges Thema, blasse Figuren

Die Pachinko-Kugeln
1

Claire ist nach Japan gereist, um ihre koreanischen Großeltern, die schon seit 50 Jahren dort leben, zu besuchen und mit ihnen noch ein letztes Mal in die Heimat zu reisen. Der Großvater betreibt eine ...

Claire ist nach Japan gereist, um ihre koreanischen Großeltern, die schon seit 50 Jahren dort leben, zu besuchen und mit ihnen noch ein letztes Mal in die Heimat zu reisen. Der Großvater betreibt eine Pachinko-Halle und verbringt fast seine gesamte Zeit dort; die Beziehung zur Großmutter ist merklich abgekühlt – auch weil Großeltern und Enkelin keine gemeinsame Muttersprache haben. Um sich die Tage bis zur Abreise zu vertreiben, gibt Claire Mieko, einem zehnjährigen, stillen Mädchen Nachhilfe in Französisch.

„Die Pachinko-Kugeln“ ist nach „Winter in Sokcho“ der zweite ins Deutsche übersetzte Roman der Autorin Elisa Shua Dusapin, die – wie ihre Protagonistin – französische und koreanische Wurzeln hat. Die Handlung wird von Claire selbst in der Gegenwartsform und der Ich-Perspektive erzählt, so dass wir unmittelbar am Geschehen teilnehmen. Auf diese Weise entsteht eine persönliche, aber auch wenig literarisierte Textform, die an Tagebucheinträge erinnert.

Hauptthema der Geschichte ist sicherlich die Frage nach der eigenen Identität. Claires Großeltern sind schon so lange in Japan, dass sie den Bezug zu ihrem Heimatland fast verloren haben. Die Reise dorthin schieben sie immer wieder auf, denn was sollen sie nach so langer Zeit dort noch finden? Für die Japaner jedoch werden sie immer „Zainichi“ bleiben, koreanische Einwanderer. Enkelin Claire ist ihr Koreanisch verloren gegangen, als sie Französisch lernte – so fehlt eine gewisse sprachliche Verbindung zu den Großeltern.

So, wie Claire sich in Japan manchmal verloren fühlt, so verloren fühlte ich mich in der Handlung des Romans. Besonders der Sinn und Zwecks des Strangs um die zurückhaltende Schülerin Mieko wollte sich mir nicht recht erschließen. Die beiden verbringen zwar gemeinsam Zeit, eine Barriere bleibt aber stets bestehen. Die Mutter wünscht, ihre Tochter möge wie Claire ins Ausland gehen, was weiter geschieht, bleibt aber offen. Auch der Titel gebende Pachinko-Parlour des Großvaters taucht nur selten auf und wird zu einem Symbol seiner Hassliebe zu Japan.

Fazit: Wichtiges Thema, aber die Figuren bleiben blass.

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Veröffentlicht am 08.12.2022

Absolut skurril

Kafka und der Tote am Seil
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Was wäre, wenn Franz Kafka nicht an Tuberkulose gestorben wäre? Wenn er stattdessen in seinem Krankenhausbett aufgewacht wäre und seine Schöpfung, Gregor Samsa, neben ihm säße und mit einem Fieberthermometer ...

Was wäre, wenn Franz Kafka nicht an Tuberkulose gestorben wäre? Wenn er stattdessen in seinem Krankenhausbett aufgewacht wäre und seine Schöpfung, Gregor Samsa, neben ihm säße und mit einem Fieberthermometer hantierte. Was wäre, wenn dann noch ein Inspektor auftauchen und Kafka bitten würde, ihm bei der Aufklärung einer Mordserie zu helfen, in die ein so genannter „Hänge-Künstler“ verwickelt ist, der jeden Abend auf der Bühne zu sterben scheint?

Dieses mögliche Szenario erschafft Autor Jon Steinhagen in seinem ersten Roman „Kafka und der Tote am Seil“. Die Handlung folgt die meiste Zeit über dem Schriftsteller Franz Kafka, der versucht, sich in einem Leben zurecht zu finden, das er eigentlich gar nicht mehr führen sollte. Hin und wieder wird jedoch auch geschildert, was parallel an anderen Orten geschieht. Die Erzählperspektive ist eine allwissende, in der Vergangenheitsform und der dritten Person.

Dieses Buch ist einfach herrlich skurril! Vor allem die Anwesenheit Gregors und Kafkas trockener, satirischer Humor führen im Laufe der Geschichte immer wieder zu amüsanten, aber auch absurden Szenen. Die restliche Zeit über ist der Roman ein solider Krimi mit einem mysteriösen Hauptverdächtigen und jeder Menge Leichen. Ein großes Plus sind dabei auch die wiederkehrenden Anspielungen auf Kafkas Leben und Werk, wie zum Beispiel die Beziehung zu seinem Vater oder etwas offensichtlicher die auf „Die Verwandlung“ oder „Ein Hungerkünstler“.

Woran ich leider Kritik üben muss, ist der Schluss des Romans. Mit diesem macht der Autor es sich, in meinen Augen, unglaublich einfach, weil so bestimmte Elemente des Kriminalfalls ganz einfach erklärt werden können. Für mich ist das Mit-Raten ein zentraler Bestandteil einer solchen Geschichte – das wird hier völlig ausgehebelt. Ebenso verpufft die so stark aufgebaute, skurrile Handlung am Ende in der Frage nach dem „Warum“ und „Weshalb“ und lässt die Leser/-innen ein wenig ratlos zurück.

Fazit: Ein skurriles Lesevergnügen, wenn man sich darauf einlassen kann – mit Schwächen am Ende des Romans

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Veröffentlicht am 07.12.2022

Eine Haushälterin auf den Spuren von Hercules Poirot

Die Dreitagemordgesellschaft
1

Phyllida Bright ist als Haushälterin in Mallowan Hall angestellt, dem Anwesen der Schriftstellerin Agatha Christie und ihres Mannes Max Mallowan. Sie hat einiges an sich, was von ihrer Umwellt – und besonders ...

Phyllida Bright ist als Haushälterin in Mallowan Hall angestellt, dem Anwesen der Schriftstellerin Agatha Christie und ihres Mannes Max Mallowan. Sie hat einiges an sich, was von ihrer Umwellt – und besonders Männern – nicht geschätzt wird: feuerrote Haare, ein loses Mundwerk und zu allem Überfluss ist sie auch noch unverheiratet. Als während einer dreitägigen Festgesellschaft auf Mallowan Hall in der Bibliothek ein Toter gefunden wird, ist Phyllida sofort klar, dass sie in die Fußstapfen ihres großen Vorbildes Hercules Poirot treten und den Fall lösen muss.

„Die Dreitagemordgesellschaft“ ist der erste Band der Reihe rund um die selbstbewusste Haushälterin aus der Feder der Autorin Colleen Cambridge, die dieses Pseudonym für ihren Ausflug in das Krimi-Genre gewählt. Sie schreibt darüber hinaus auch Paranormal-, Romance- und Young Adult-Reihen und verwendet dabei hauptsächlich den Namen Colleen Gleason. „Die Dreitagemordgesellschaft“ wird in der dritten Person und der Vergangenheitsform erzählt. Die meiste Zeit bleiben wir bei der Protagonistin, springen aber auch zu anderen Personen, wenn Ereignisse dargestellt werden sollen, an denen Phyllida nicht teilgenommen hat.

Die Handlung des Romans ist auf der einen Seite ein klassischer Krimi mit einer Amateur-Ermittlerin. Phyllida verfolgt Spuren, befragt Zeugen und mischt sich – sehr zum Leidwesen des ermittelnden Inspektors Cork – auch sonst ständig ins Geschehen ein. Dabei war mir sehr sympathisch, dass sie dabei auch Fehler macht und eben nicht sofort die richtige Lösung erkennt. Auch für mich war die Auflösung des Fall bis zuletzt unklar und bescherte so einige Überraschungsmomente.

Neben der soliden Kriminalhandlung besticht „Die Dreitagemordgesellschaft“ aber vor allem durch seine Figuren. Phyllida an sich ist schon eine Naturgewalt, besonders amüsant sind ihre Interaktionen mit dem spießigen Butler Mr. Dobble und dem griesgrämigen Chauffeur Bradford – herrlich! Für Fans der „Queen of Crime“ kommt dann noch die freundschaftliche Beziehung Phyllidas zur Hausherrin und Anspielungen auf deren Leben und Werke hinzu. Ein tolles Leseerlebnis!

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Veröffentlicht am 04.12.2022

Schöner kleiner Roman über die Liebe zur Literatur

Die Katze, die von Büchern träumte
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Der Schüler Rintarō lebt bei seinem Großvater, der einen kleinen Buchladen führt. Eines Tages verstirbt dieser ganz plötzlich und Rintarō bleibt allein zurück. Eine Tante, die er noch nie gesehen hat, ...

Der Schüler Rintarō lebt bei seinem Großvater, der einen kleinen Buchladen führt. Eines Tages verstirbt dieser ganz plötzlich und Rintarō bleibt allein zurück. Eine Tante, die er noch nie gesehen hat, reist an, um sich um ihn zu kümmern und anstatt weiter zur Schule zu gehen, zieht er sich immer mehr in den Buchladen zurück. Die einzige Konstante in seinem Leben ist Klassensprecherin Sayo, die ihm täglich die Aufgaben bringt – bis plötzlich ein sprechender Kater vor ihm steht und ihn bittet, die Bücher zu retten.

„Die Katze, die von Büchern träumte“ ist der erste, ins Deutsche übersetzte Roman des Schriftstellers und Arztes Sosuke Natsukawa. Vermittelt wird die Handlung von einem allwissenden Erzähler in der dritten Person und der Vergangenheitsform. Die meiste Zeit bleibt dieser bei Protagonist Rintarō, verlässt diesen aber auch kurz, wenn die Geschichte es erfordert. Der Aufbau hat dabei etwas Märchenhaftes, weil der Schüler mehrere Prüfungen bestehen muss, erinnert aber auch stark an die Filme von Hayao Miyazaki. Unterstützt wird dies noch durch die wunderschöne Gestaltung des Vorsatzes und der Kapitelanfänge.

Vordergründig geht es hier sicherlich um die Liebe zu Büchern. Rintarō hat diese von klein auf von seinem Großvater gelernt und auch nach dessen Tod klingen seine Worte in ihm noch nach. Sie helfen ihm, die Aufgaben zum Schutz der Bücher zu bewältigen und dabei die unterschiedlichsten Gegner zu schlagen. „Die Katze, die von Büchern träumte“ ist aber auch eine Geschichte über Trauer. Rintarō will nicht mehr zur Schule gehen, er hat sein normales, vertrautes Umfeld verloren und zu allem Überfluss will seine Tante ihn auch noch mit zu sich nehmen. Klassenkameradin Sayo hilft ihm, sich seinen Gefühlen zu stellen und herauszufinden, was er sich eigentlich für die Zukunft wünscht.

Fazit: Ein zauberhafter kleiner Roman über die Liebe zur Literatur, dem es leider nicht ganz gelingt, eine Beziehung zu den handelnden Personen herzustellen. Auch die Prüfungen bleiben etwas abstrakt und erscheinen konstruiert – dennoch eine schöne Lektüre für die Vorweihnachtszeit.Der Schüler Rintarō lebt bei seinem Großvater, der einen kleinen Buchladen führt. Eines Tages verstirbt dieser ganz plötzlich und Rintarō bleibt allein zurück. Eine Tante, die er noch nie gesehen hat, reist an, um sich um ihn zu kümmern und anstatt weiter zur Schule zu gehen, zieht er sich immer mehr in den Buchladen zurück. Die einzige Konstante in seinem Leben ist Klassensprecherin Sayo, die ihm täglich die Aufgaben bringt – bis plötzlich ein sprechender Kater vor ihm steht und ihn bittet, die Bücher zu retten.

„Die Katze, die von Büchern träumte“ ist der erste, ins Deutsche übersetzte Roman des Schriftstellers und Arztes Sosuke Natsukawa. Vermittelt wird die Handlung von einem allwissenden Erzähler in der dritten Person und der Vergangenheitsform. Die meiste Zeit bleibt dieser bei Protagonist Rintarō, verlässt diesen aber auch kurz, wenn die Geschichte es erfordert. Der Aufbau hat dabei etwas Märchenhaftes, weil der Schüler mehrere Prüfungen bestehen muss, erinnert aber auch stark an die Filme von Hayao Miyazaki. Unterstützt wird dies noch durch die wunderschöne Gestaltung des Vorsatzes und der Kapitelanfänge.

Vordergründig geht es hier sicherlich um die Liebe zu Büchern. Rintarō hat diese von klein auf von seinem Großvater gelernt und auch nach dessen Tod klingen seine Worte in ihm noch nach. Sie helfen ihm, die Aufgaben zum Schutz der Bücher zu bewältigen und dabei die unterschiedlichsten Gegner zu schlagen. „Die Katze, die von Büchern träumte“ ist aber auch eine Geschichte über Trauer. Rintarō will nicht mehr zur Schule gehen, er hat sein normales, vertrautes Umfeld verloren und zu allem Überfluss will seine Tante ihn auch noch mit zu sich nehmen. Klassenkameradin Sayo hilft ihm, sich seinen Gefühlen zu stellen und herauszufinden, was er sich eigentlich für die Zukunft wünscht.

Fazit: Ein zauberhafter kleiner Roman über die Liebe zur Literatur, dem es leider nicht ganz gelingt, eine Beziehung zu den handelnden Personen herzustellen. Auch die Prüfungen bleiben etwas abstrakt und erscheinen konstruiert – dennoch eine schöne Lektüre für die Vorweihnachtszeit.

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