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Veröffentlicht am 27.05.2023

Einer meiner liebsten Klassiker

Louisa Mary Alcott, Little Women. Betty und ihre Schwestern - Erster und zweiter Teil. Schmuckausgabe mit Goldprägung
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Louisa M. Alcotts „Little Women“ habe ich schon in meiner Jugend geliebt und auch heute gehört die Geschichte immer noch zu meinen absoluten Lieblingsklassikern. Da ist es nur konsequent, dass auch die ...

Louisa M. Alcotts „Little Women“ habe ich schon in meiner Jugend geliebt und auch heute gehört die Geschichte immer noch zu meinen absoluten Lieblingsklassikern. Da ist es nur konsequent, dass auch die wunderschöne neue Ausgabe des Anaconda Verlags bei mir einziehen musste. Diese besticht als gebundene Version und mit Goldverzierungen auf dem Cover. Enthalten ist auf über 600 Seiten sowohl der erste Teil der Reihe („Little Women“), als auch der zweite („Good Wives“).

Im ersten Teil verfolgen wir die Kindheit und Jugend der vier March-Schwestern. Meg, die älteste, ist ernst und verantwortungsvoll; sie steht der Mutter bei der Erziehung der jüngeren Schwestern zur Seite. Jo, die nächste in der Reihe, ist mein persönlicher Liebling: wild, unangepasst, wenig damenhaft und mit dem großen Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Amy hat ein großes Talent für die Malerei, wirkt nach außen hin aber sehr verwöhnt und selbstverliebt. Beth, die jüngste, wird von allen als lieb und sanft beschrieben; sie liebt die Musik und opfert sich für andere auf.

Ein großer Teil der Handlung befasst sich damit, wie die Familie sich durchschlagen muss, nachdem der Vater als Pastor in den amerikanischen Bürgerkrieg gezogen ist. Die Mädchen müssen von nun an mit wenig Geld auskommen, ein wenig Unterstützung erhalten sie jedoch von Mr. Laurence, der mit seinem Enkel Theodore nebenan wohnt. Darüber hinaus spielen auch erste Liebesgeschichten und generell die Träume der Mädchen eine große Rolle. Der zweite Teil setzt schließlich 3 Jahre nach dem Ende des ersten ein und zeigt die Schwestern als inzwischen junge Erwachsene.

„Little Women“ basiert auf dem Leben der Autorin und ihrem Aufwachsen mit drei Schwestern. Obwohl vieles altmodisch anmutet und die Mädchen zu aufopfernden Christinnen und treu sorgenden Ehefrauen erzogen werden sollen, ist das Buch doch feministischer als gedacht. Alcott selbst schloss sich verschiedenen Frauenrechtsbewegungen an und kämpfte für die Abschaffung der Sklaverei. Vor allem in Jo March zeigt sie ihre eigenen Ansichten zur die Rolle der Frau und den Wunsch, mit ihrer Literatur etwas ganz eigenes zu schaffen. Für mich ein absolut lesenswerter Klassiker.

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Veröffentlicht am 25.05.2023

Nicht überzeugende Fortsetzung

Wer die Hölle kennt
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Alex Stern machen die Ereignisse der letzten Monate immer noch zu schaffen. Die Mordserie ist zwar aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, ihr Mentor Darlington bleibt aber verschwunden. ...

Alex Stern machen die Ereignisse der letzten Monate immer noch zu schaffen. Die Mordserie ist zwar aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, ihr Mentor Darlington bleibt aber verschwunden. Gemeinsam mit Dawes und (äußerst widerwillig) Polizei-Verbindungsmann Turner macht Alex auf die Suche nach einem Weg dorthin, wo sie ihn vermutet: die Hölle. Dabei muss sich sie auch ihren Dämonen stellen – und zwar wörtlich.

„Wer die Hölle kennt“ ist der 2. Band der Reihe um die Geheimorganisation „Haus Lethe“ von Leigh Bardugo. Wie auch in „Das neunte Haus“ fällt es mir schwer, die Autorin, die ich so für die „Six of Crows“-Dilogie liebe, mit diesen beiden Werken zusammen zu bringen. Was das Worldbuilding betrifft, hatte ich mir viel mehr Dark Academia erhofft. Was ich bekommen habe, ist aber hauptsächlich Dark und weniger Academia, Alex‘ Universitätsausbildung dient schließlich auch nur als Tarnung. Die wenigen Momente, in denen alte Texte recherchiert oder Geheimgänge auf dem Campus erkundet werden, kommen leider zu kurz.

Zu Alex als Protagonistin fällt es mir weiterhin schwer, eine Beziehung aufzubauen. Hals über Kopf stürzt sie sich in jede Aufgabe, ohne dabei Rücksicht auf die eigene oder die Sicherheit anderer zu nehmen. Sie riskiert ständig das einzige Leben, das ihr momentan bleibt, denn das Verhältnis zu ihrer Mutter ist weiterhin schwierig, Freunde hat sie keine. Umso besessener ist Alex von dem Gedanken, Darlington wieder zurück zu bringen. Darüber hinaus mutet Leigh Bardugo ihren weiblichen Figuren sehr viel Trauma und sinnlose Gewalt zu, das geht mir stellenweise zu weit und ist für den Fortgang der Geschichte unnötig.

Die Vorbereitungen für Darlingtons Rettungsaktion nimmt im Prinzip den ganzen Band ein, denn immer wieder treten Schwierigkeiten auf. Umso unverständlicher und frustrierender ist es, dass manches, was vorher auch mit Unterstützung unlösbar erscheint, auf einmal Alex allein spielend gelingt. Hier hat es sich die Autorin, meines Erachtens, zu einfach gemacht. Auch Handlungselemente aus Band 1 wiederholen sich; so gibt es wieder eine Mordreihe, Probleme mit Obrigkeiten und Alex‘ Vergangenheit. Schade!

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Veröffentlicht am 23.05.2023

Für mich leider enttäuschend

Du bist so schön, sogar der Tod erblasst
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Für Künstlerin Feyi soll es der Sommer ihres Lebens werden. Über Umwege lernt sie Nasir kennen, der anbietet, ihr eine Ausstellung ihrer Werke zu verschaffen. Das entsprechende Museum befindet sich praktischerweise ...

Für Künstlerin Feyi soll es der Sommer ihres Lebens werden. Über Umwege lernt sie Nasir kennen, der anbietet, ihr eine Ausstellung ihrer Werke zu verschaffen. Das entsprechende Museum befindet sich praktischerweise auf einer Insel in der Karibik und Feyi kann währenddessen in der Familienvilla mit Gartenanlage und Infinity Pool leben. Doch in ihrer Vergangenheit liegt ein traumatisches Ereignis, das ihr Leben in der Gegenwart überschattet. Kann Feyi es schaffen, sich davon zu lösen und neu anzufangen?

„Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ ist Akwaeke Emezis siebtes Buch und das dritte auf Deutsch erschienene. Es ist aus Feyis Perspektive in der dritten Person und der Vergangenheitsform verfasst und trägt die sehr moderne, unverfälschte Erzählweise der Protagonistin. Mit ihr reisen wir vom hektischen New York in das ruhige Inselparadies, erleben Glücksmomente und tiefe emotionale Krisen. In meinem Fall ist das mehr Fluch als Segen, denn Feyi war mir nicht unbedingt immer sympathisch.

Generell haben es mir die Charaktere im Roman nicht leicht gemacht. Über Feyi erfahren wir kaum etwas, das über den schweren Verlust, den sie erlitten hat, hinausgeht. Wir wissen nicht, was für ein Mensch sie darüber hinaus ist, was sie ansonsten noch ausmacht, denn auch ihre Kunst bindet stets das eigene Trauma ein. Das ist zwar durchaus verständlich, es eröffnet aber nicht unbedingt neue Blickwinkel auf Feyis Person. Auch den restlichen Figuren fehlt es an Tiefe, zum Teil hat man sogar das Gefühl, dass sie im Verlauf der Geschichte nur noch dazu dienen, die Handlungen der Protagonistin zu rechtfertigen.

Den Kern des Buches macht eine „verbotene“ Liebe aus. Feyi fühlt sich von dieser speziellen Person sofort sexuell angezogen, hinterher soll uns das aber als die große und wahre Liebe verkauft werden. Überhaupt scheint die Protagonistin hauptsächlich beim Sex in der Lage zu sein, sich wieder lebendig zu fühlen – wie gesund das ist und was das für wohl für eine Beziehung bedeutet, wenn mehrere Monate oder Jahre vergangen sind, muss wohl jeder für sich entscheiden. Ich persönlich hatte mir von dem Roman jedoch mehr erwartet und bleibe recht enttäuscht zurück.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Mittelmäßiger Abschluss des Quartetts

Der Traum von einem Baum
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2110, Longyearbyen, Spitzbergen. Der 18-jährige Tommy, seine 2 jüngeren Brüder und ein Schwesternpaar aus der Nachbarschaft – das sind die letzten Überlebenden in dem kleinen Ort. Schon lange wachsen dort ...

2110, Longyearbyen, Spitzbergen. Der 18-jährige Tommy, seine 2 jüngeren Brüder und ein Schwesternpaar aus der Nachbarschaft – das sind die letzten Überlebenden in dem kleinen Ort. Schon lange wachsen dort keine Bäume mehr, Obst und Gemüse gedeiht nur im Gewächshaus. Die Großmutter hat Tommy alles beigebracht, was er über Pflanzen wissen muss und ihm zudem ein Geheimnis anvertraut: sie ist die Wächterin einer Saatgutkammer, deren Inhalt die Welt retten könnte. Doch dann rafft eine Krankheit fast den gesamten Ort dahin. Können die 5 Überlebenden allein dort zurechtkommen? Oder sollen sie das Saatgut gegen ein neues Leben eintauschen?

Mit „Der Traum von einem Baum“ schließt Maja Lunde ihr im Jahr 2015 begonnenes Klimaquartett ab und führt einige lose Fäden wieder zusammen. So begegnen wir Tao aus Band 1 wieder, ebenso wie Lou aus Band 2 und 3. Erzählt wird dieses Mal jedoch in einem einzigen Handlungsstrang. Dabei kommt hauptsächlich Tommy zu Wort, während Tao uns Zugang zu Dingen gewährt, die außerhalb von Tommys Reichweite geschehen. Beide blicken zudem immer wieder in die Vergangenheit zurück.

Für Tommy ist seine Familie das Wichtigste. Longyearbyen ist sein Zuhause, das er nicht verlassen möchte – egal, wie die Lebensbedingungen dort aussehen. Diese Meinung teilte auch sein Vater, was oft zum Streit mit der Großmutter führte. Sie ist eine ruhelose Seele, die ihr Leben lang umhergezogen ist. Diese Sehnsucht teilt auch Rakel, eine der 5 Überlebenden und sie ist es auch, die letztendlich dem chinesischen Forschungsteam Zugriff auf das Saatgut verspricht – im Gegenzug für ein neues Leben. Die Handlung eskaliert, als Tommy und sie über diese heimlich getroffene Entscheidung in Streit geraten.

An den Vorgängerbänden mochte ich stets das jeweilige Umweltschutzthema. Hier stehen Bäume und die Saatgutkammer nur sehr lose im Mittelpunkt, vorrangig geht es hier um menschliche Schicksale. Dabei ist Tommy als Protagonist ungemein nervtötend und Tao eine eher unwichtige Rolle. Insgesamt habe ich mir vom großen Finale dieser Reihe einfach mehr erwartet – mehr Fakten, mehr Spannung, mehr Tiefe.

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Veröffentlicht am 18.04.2023

Sehr gute Kolumnensammlung

Habibitus
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Von 2016 bis 2022 war Hengameh Yaghoobifarahs Kolumne „Habibitus“ in der taz zu lesen. Nun ist bei Blumenbar eine Ausgabe von über 120 dieser Texte erschienen. „Habibitus“, das ist zunächst eine Zusammensetzung ...

Von 2016 bis 2022 war Hengameh Yaghoobifarahs Kolumne „Habibitus“ in der taz zu lesen. Nun ist bei Blumenbar eine Ausgabe von über 120 dieser Texte erschienen. „Habibitus“, das ist zunächst eine Zusammensetzung aus dem Habitus-Begriff von Bourdieu (Habitus als Auftreten einer Person aufgrund bestimmter Einflüsse und Faktoren) und dem arabischen „habibi“, was „Liebling“ bedeutet. Und dieser Kolumnenname ist eigentlich schon Programm, aber dazu später.

Die Sammlung beginnt mit einem Vorwort von Fatma Aydemir. Mit ihr gab Hengameh Yaghoobifarah übrigens den Essayband „Eure Heimat ist unser Albtraum“ heraus, den ich in diesem Kontext sehr als ergänzende Lektüre empfehlen kann. (Ebenso wie Yaghoobifarahs Debütroman „Ministerium der Träume“.) Aydemir beschreibt treffend den Witz der Kolumne, eine Art liebevollen Spott, der jedoch immer auch einen ernsten Hintergrund hat; sie nennt als Kontext der Kolumnen die Allgegenwärtigkeit rechter Gewalt, seien es die Anschläge von Halle und Hanau, der Einzug der AfD in den Bundestag oder die NSU-Prozesse. Yaghoobifarahs Humor dient also auch als Bewältigungsstrategie.

Das Buch ist in insgesamt 9 Unterthemen eingeteilt, zum Beispiel über das Leben in Deutschland, Astrologie oder Körperbilder, immer wieder verwischen aber auch die Grenzen. Es ist besonders der Rassismus, den Yaghoobifarah hier entlarvt. Wenn Menschen beispielsweise mehr Anteil daran nehmen, wenn NS-Symbole von einer Kirchenglocke entfernt werden, als es befremdlich zu finden, wenn eine rechtsextremistische Mordserie als „Dönermorde“ bezeichnet wird. Oder wenn Anschläge nur furchtbar zu sein scheinen, wenn sie auf Weihnachtsmärkten geschehen, nicht aber, wenn der Tatort ein Kiosk oder eine Shisha Bar ist. Hier legt Yaghoobifarah den Finger tief in die Wunde. Auf andere Kolumnen, z.B. zu Polizeigewalt, folgten sogar Strafanzeigen, Morddrohungen und Stalking. Dabei werden hier keine Einzelpersonen, sondern ein ganzes System kritisiert; stets nach oben getreten, nicht nach unten.

Es ist nicht einfach, in Deutschland witzig zu sein, sagt Fatma Aydemir in ihrem Vorwort. Hengameh Yaghoobifarah gelingt es dennoch vortrefflich. Deutsche Eigenheiten werden so herrlich eingefangen, Patriarchat und Kapitalismus auf die Schippe genommen. Und manchmal spricht Yaghoobifarah einem selbst mitten aus der Seele. Im Nachwort folgt dann auch noch einmal ein kritischer Blick: auf die eigenen Texte, die erhaltenen Reaktionen und die Grenzen der Kolumne an sich. Und das wäre auch mein kleiner Kritikpunkt: Als einzelner Text wirken diese umso stärker und stehen für sich allein. Als thematische Aneinanderreihung ergeben sich oft Wiederholungen und der Effekt der Kolumnen nutzt sich ab. Dennoch: Unbedingt lesen!

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