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Veröffentlicht am 28.02.2022

Bedrückend realitätsnah - und macht doch Hoffnung

Wie du mich siehst
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Wie auch V. E. Schwab steht diese Autorin schon einige Jahre weit oben auf meiner irgendwann-mal-Liste. Dieses Frühjahr habe ich mir endlich Zeit für eines ihrer Bücher nehmen können: Wie du mich siehst.

Wir ...

Wie auch V. E. Schwab steht diese Autorin schon einige Jahre weit oben auf meiner irgendwann-mal-Liste. Dieses Frühjahr habe ich mir endlich Zeit für eines ihrer Bücher nehmen können: Wie du mich siehst.

Wir begleiten Shirin in ihrem Highschool-Alltag und erleben mir ihr erstmals zarte Gefühle einem Jungen gegenüber. Doch Shirin führt nicht das “normale” Leben einer weißen amerikanischen Sechzehnjährigen, denn sie ist Muslima und trägt ein Kopftuch. Das führt zu sehr unangenehmen Situationen, um es mal sehr, sehr vorsichtig auszudrücken. Ihre Familie zieht außerdem häufig um, weshalb sie sich inzwischen keine Mühe mehr gibt, Anschluss zu finden. Und dann ist da plötzlich Ocean. Der Typ aus ihrem Bio-Kurs, der sie nicht von vornherein zu verurteilen scheint. Kann sie ihm trauen? Und viel wichtiger: kann sie ihren Schutzschild öffnen?

Triggerwarnung: Dieses Buch behandelt die Lebensrealität einer jungen Muslima in den USA und die damit zusammenhängenden Diskriminierungen. Folgende Themen werden explizit beschrieben: Rassismus, Sexismus, Mobbing, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt gegen weiblich gelesene Menschen, anti-islamische Gewalt, Machtmissbrauch von Autoritätspersonen. Sexualisierte Gewalt kommt NICHT vor.
Diese Szenen können vor allem von betroffenen Personen als verstörend empfunden werden. Bitte schätzt selbst ein, ob ihr euch damit konfrontieren könnt oder möchtet.
In meiner Rezension versuche ich, weitestgehend auf genauere Beschreibungen zu verzichten. Teilweise ist das jedoch nicht möglich, wenn ich auf bestimmte Details eingehen möchte. Mein Fazit ist spoilerfrei und ohne triggernde Inhalte.

Meine Perspektive

Ich möchte betonen, dass ich nur sehr begrenzt wirklich nachvollziehen kann, was Shirin erlebt. Unsere Lebensrealität als Sechzehnjährige sah vollkommen unterschiedlich aus. Ich bin weiß, in der Theorie christlich erzogen, trage keine Merkmale irgendeines Glaubens an meinem Körper, steche nicht aus der Masse hervor. Shirin dagegen ist nicht-weiß, trägt einen Hijab, geht auf eine Schule, die anscheinend hauptsächlich von Weißen besucht wird. Und ihre Geschichte spielt ein Jahr nach 9/11 in den USA.

Aber Shirin ist auch mit Dingen konfrontiert, die ich selbst erlebe oder erlebt habe: Sexismus zum Beispiel. In einer Szene beschreibt sie, wie ihr Bruder nach einer Prügelei mit keinerlei sozialen Konsequenzen leben muss, aber ihr die Menschen mit noch mehr Ablehnung begegnen als zuvor. Dabei war sie an der Prügelei nicht einmal beteiligt – ihr Bruder hat sich in ihrer Abwesenheit und ohne, dass sie ihn dazu aufgefordert hätte, einen Mitschüler vorgeknöpft, der Shirin ein Gebäckstück an den Kopf geworfen hatte. Trotzdem gab man ihr die Schuld daran. Rassimus ist das nicht mehr, der hätte auch ihren Bruder getroffen. Nein, das Mädchen, das Kopftuch trägt, ist schuld.

Es ist natürlich irgendwie Sinn des Buches, heftiges Mobbing und verstörende Erlebnisse zu beschreiben und dann über die möglichen Folgen aufzuklären. Mafi hat laut Verlag einen autobiografischen Ansatz verfolgt und aus meiner oben beschriebenen Perspektive erscheint mir alles davon sehr authentisch und realistisch. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – habe ich das Lesen oft unterbrechen müssen, weil ich erst mal ein paar Kapitel verarbeiten musste

Sehr lehrreich

Weniger emotional aufgeladen und damit entspannter zu lesen sind die Szenen, in denen Shirin ihr Hobby beschreibt: Breakdance. Für meinen Geschmack war es etwas zu viel “neuer dance move hier, spannender dance battle dort”, aber das liegt an meinem persönlichen Geschmack. Gut gefällt mir aber an diesem Aspekt, dass er den Figuren ein Leben gibt, das außerhalb von Diskriminierungserfahrungen stattfindet – auch, wenn die Furcht vor solchen immer in der Luft liegt.

Ich mag auch, dass Ocean nicht der klischeehafte reiche, weiße happy-go-lucky Sonnyboy ist, in dessen Leben alles perfekt läuft. Auch er hat ein problematisches Umfeld, mit dem er zu kämpfen hat. Dass er auch tatsächlich kämpfen sollte, wird ihm aber erst so richtig klar, als er sich mit Shirins Lebensrealität auseinandersetzen muss. Das hat Ocean für mich realer gemacht, greifbarer und weniger schablonenartig, wie es sonst leider oft mit Jugendbuchcharakteren ist. Und das macht auch die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Shirin und Ocean nahbarer.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Wie du mich siehst für Teenager sehr lehrreich ist und augenöffnend wirkt: das Buch erklärt nicht nur den Privilegierten viel über die von Privilegierten verursachten Probleme im Alltag der Betroffenen und regt damit dazu an, aktiv dagegen anzugehen (aka “break the wheel”) , sondern beinhaltet auch so einige Lektionen in Bezug auf Selbstreflexion der Betroffenen. Okay, das war ein komplizierter Satz. Kurzgefasst: Jeder Leserin dieses Buches kann viel daraus mitnehmen, ob betroffen oder nicht. Und dabei hebt die Autorin nicht den sprichwörtlichen Zeigefinger und sagt “du musst xy machen/mit xy aufhören!”, sondern baut das sehr geschickt in Shirins Geschichte ein.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich aus Büchern mit Protagonistinnen im Highschool-Alter herausgewachsen bin. Mir fällt es inzwischen oft schwer, die Probleme von Sechzehnjährigen gespannt zu verfolgen und mit jeder Entwicklung mitzufiebern. Da bei Wie du mich siehst der Fokus aber weniger auf den so oft so klischeehaft beschriebenen Problemen von Schülerinnen liegt (heimliche Schwärmerei, erste Liebe, Cliquenkrieg, Verrat unter “Freundinnen”, wer mit wem, der Lehrer mag mich nicht, meine Eltern erlauben mir gar nichts, …) habe ich mich trotz des recht langsamen Leseflusses nicht gelangweilt. Auch das Ende passt gut zur Geschichte und zum Stil, in der diese geschrieben ist. Ich hätte mir trotzdem etwas mehr closure gewünscht.

Fazit

Wie du mich siehst ist bedrückend, realitätsnah und beängstigend – und gibt doch Hoffnung darauf, dass es besser werden kann. Dass man selbst es besser machen kann. Das Buch regt an, die eigene Haltung kritisch zu betrachten und den Mund aufzumachen, wo es nötig ist. Ich werde es so schnell nicht vergessen und in den nächsten Monaten jeder
m Jugendlichen empfehlen, die*der mich nach einem Buchtipp fragt.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Achtung, Triggerwarnung im Buch fehlt!

Wir für uns
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Wir für uns tanzt bei den Büchern, die ich meistens lese, etwas aus der Reihe. Denn die Protagonistinnen sind sehr viel älter als ich: eine ist über vierzig, die andere längst im Rentenalter. Ich fand ...

Wir für uns tanzt bei den Büchern, die ich meistens lese, etwas aus der Reihe. Denn die Protagonistinnen sind sehr viel älter als ich: eine ist über vierzig, die andere längst im Rentenalter. Ich fand den Klappentext, der Selbstfindung und Selbstbestimmung versprach, aber spannend genug, um dennoch nach dem eBook zu greifen.

[Klappentext]

Auch nach der Lektüre gefällt mir die Idee, die hinter Wir für uns steckt und die hier im Klappentext beschrieben wird. Die Umsetzung bereitet mir aber Bauchschmerzen, denn leider wird mit verletzender Sprache gearbeitet und zwei elementare Aspekte der Handlung werden in dieser Beschreibung nicht einmal genannt. Da ich in meiner Rezension darauf eingehe, beachtet bitte die Triggerwarnung an dieser Stelle.

Triggerwarnung: Wir für uns verwendet verletzende Sprache. Diese betrifft die Ablehnung von Homosexualität durch einen Elternteil und Rassismus gegen immigrierte Personen sowie (stellenweise) abwertende Begriffe in Bezug auf Trisomie 21. Das Buch selbst hat keine Triggerwarnung.
Diese Wortwahl kann vor allem von betroffenen Personen als verstörend empfunden werden. Bitte schätzt selbst ein, ob ihr euch damit konfrontieren könnt oder möchtet.

Protagonistinnen und dörfliches Leben

Mir gefällt die Idee der Autorin, in Wir für uns zwei Frauen vor neue Herausforderungen zu stellen – und zwar vor dem Hintergrund, dass diese Frauen nicht mehr Anfang zwanzig sind. Josie hat mit Anfang Vierzig seit neun Jahren eine Affäre mit einem verheirateten Mann und ist unerwartet schwanger. Was nun? Kathi muss damit fertig werden, ihr Leben von jetzt auf gleich ohne ihren Mann zu verbringen und erinnert sich an einen alten Wunsch, der aber nicht so einfach umzusetzen ist. Beide sind auf unterschiedliche Art an gesellschaftliche und familiäre Erwartungen geknüpft und müssen mit der Entwicklung von Plan B erst lernen, den eigenen Wert zu erkennen und für sich selbst einzustehen. Dieser Aspekt hat mir sehr gefallen.

Die Beschreibung des dörflichen Lebens ist sehr realitätsgetreu. Kunrath schafft es, das Gefühl von jeder-kennt-jeden sehr treffend zu beschreiben. Leider kommen dabei auch Vorurteile und die Ablehnung alles Neuen und Individuellen nicht zu kurz. Wenn ich mich an meine Kindheit auf dem Dorf zurückerinnere und mal überlege, welche Haltung viele der (meist, aber nicht ausschließlich, älteren) Ortsansässigen selbst heute noch vertreten – puh. Die Darstellung ist also realistisch, aber teilweise ziemlich schwere Kost. Denn es ist eine Gratwanderung zwischen guter Beschreibung der Realität und Verletzen durch Sprache. Hier hätte es zumindest mehr Reflexion der verletzenden Sprache geben müssen, und zwar nicht nur durch eine selten auftretende Nebenfigur.

Verletzende Sprache und ungenügendes Lektorat

Denn die Wortwahl in Wir für uns ist mir sehr, sehr negativ aufgefallen. Im Allgemeinen schreibt die Autorin ganz normal, wie man im Alltag eben spricht. Aber wenn es um die Homosexualität eines Mannes geht oder um Immigrantinnen, an einer Stelle auch um die schwarze Hautfarbe einer Person, dann verwendet Kunrath leider ein mindestens problematisches, wenn nicht sogar abwertendes Vokabular aus der untersten Schublade.

Mein Erklärungsversuch (der keineswegs als Entschuldigung gelten kann und soll, es geht mir nur um eine Hypothese, wie es dazu kam): Die Autorin ist 1960 geboren und wie jeder andere Mensch auch ein Kind ihrer Zeit. Sie ist mit einer anderen Wortwahl aufgewachsen als es heute üblich ist. Und zusätzlich hat das Buch vielleicht kein ausführliches Lektorat bekommen. Das ist, wie gesagt, nur eine Vermutung und wird bitte auch als solche verstanden!

Woran ich diese Vermutung festmache: nicht nur inhaltlich gibt es Dinge, die im Lektorat hätten geändert oder entfernt werden können/müssen, sondern auch formal. So hat das eBook, das mir via NetGalley vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde, einen falschen Titel. Das Cover ist das gleiche, aber der Titel im Inneren des Buches, der auch oben auf jeder Seite in der Kindle-App angezeigt wird, ist falsch: dort steht Wir werden bleiben anstelle von Wir für uns. Wahrscheinlich wurde der Titel im Lauf des Entstehungsprozesses gewechselt, aber in einem Buch, das als fertiges Produkt an Leser
innen geht, sollten solche Fehler nicht mehr vorkommen. Besonders, wenn es auf jeder einzelnen Seite falsch dasteht.

Aber kommen wir zurück zur Sprache. Man könnte jetzt argumentieren, dass die Figur, aus deren Perspektive diese problematische Wortwahl überwiegend stammt, über sechzig und deshalb mit anderen Gebräuchlichkeiten aufgewachsen ist. Genau wie ich es oben mit der Autorin gemacht habe. Nur verwendet auch die zweite Protagonistin verletzende Worte. Und selbst wenn es eine wirkliche Begründung gäbe, warum Figur X auf diese Weise reden und denken müsste: eine Triggerwarnung im Buch fehlt trotzdem.

An dieser Stelle möchte ich nicht mehr um den heißen Brei herumreden und ganz klar zeigen, welche Begriffe mich stören. Für diesen Zweck schreibe ich die Worte ausnahmsweise aus. Dazu möchte ich aber auch betonen, dass ich nicht persönlich betroffen bin und nur nach meinem Bauchgefühl und jeweils einer kurzen Begriffsrecherche gehe. Das bedeutet, dass auch Autorin und Lektorat nicht mehr als 2 Minuten pro Begriff/Szene gebraucht hätten, um zu wissen, dass es so nicht geht.

[ENTHÄLT SPOILER]

“Asylanten – Wie kleine Kinder – ‘Seit die da wohnen, schließe ich mich abends immer ein. Man fühlt sich ja nicht mehr sicher'”
Die Aussage, Immigrantinnen seien wie kleine Kinder, stammt von Kathi. Sie kritisiert Hilde in Gedanken für deren “man fühlt sich nicht mehr sicher”, aber verwendet trotzdem selbst abwertende Sprache. Kathi spricht zusätzlich von “Asylanten”, was oft im negativen Sinn verwendet wird. Entweder hat die Autorin bewusst so entschieden oder sie sieht die Problematik des Begriffes nicht. Und der Vergleich von erwachsenen Menschen mit “kleinen Kindern” – ich hoffe, ich muss nicht erst erklären, was daran nicht okay ist?

“Egal, wie man es nennt, es klingt schäbig.”
Max ist Kathis Sohn. Und Kathi ist diejenige, die diesen Satz denkt. Auch hier sehe ich eigentlich keinen Erklärungsbedarf.

“mongoloid”
Die Rede ist von Trisomie 21. Babette ist die Schwester von Josie, die vor Josies Geburt starb, weshalb in ihrer Familie nicht über Babette gesprochen wird. Und Josie erfährt jetzt erst, dass ihre Schwester das Down-Syndrom hatte. Die Aussage, die ich hier markiert habe, trifft ihr Bruder, und es wird an keiner Stelle weiter darauf eingegangen, dass der Begriff problematisch ist. Denn “mongoloid” sagt man heute nicht mehr im Zusammenhang mit Trisomie 21. Das hätte spätestens im Lektorat korrigiert werden müssen.

Besonders bitter finde ich die Verwendung deshalb, weil die Autorin in ihrem Nachwort betont, wie intensiv sie zu diesem Thema recherchiert habe. Sie scheint zwar reflektiert genug zu sein, um das potenzielle Minenfeld der Sprache zu erkennen. Und doch ist ihr dieser veraltete, abwertende Begriff in einem Buch aus dem Jahr 2021 durchgerutscht.

In dem Nachwort geht es übrigens ausschließlich um den Umgang mit Behinderung, die anderen hier aufgeführten Probleme finden keine Erwähnung. Ich zitiere:

“Soll ich Trisomie 21 schreiben oder Down-Syndrom? Dürfen äußerliche Merkmale aufgezeigt werden, oder verletze ich damit Betroffene? […] Im Austausch mit meinen Lektorinnen habe ich alle Momente, die dieses Thema berühren, noch einmal genau angeschaut. Mir war wichtig, dass im Text immer sichtbar bleibt, dass es sich um Josies individuelle Perspektive handelt. Emotional, reflektiert, dabei aber stets liebevoll. […]
[W]eder der Text als Ganzes noch ich als Autorin heißen Stigmatisierung und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung gut. […] Sollte der Text dennoch jemanden verletzen, bitte ich an dieser Stelle um Verzeihung. Es geschah nicht mit böser Absicht. Es zeigt jedoch, wie weit wir alle noch bis zu diesem gleichwertigen Miteinander gehen müssen und wie tief Behindertenfeindlichkeit auch in der Sprache steckt.”

“farbige”
Josie erzählt, dass sie von ihrer Mutter ein Buch geschenkt bekommen hat. Darin geht es um “eine junge, farbige Frau, die von ihrem Vater abgelehnt wird, weil er glaubt, sie sei ein Kuckuckskind.” Erstens hat dieses Buch keinerlei Relevanz für die Handlung, man hätte diesen Absatz also einfach rausstreichen können. Und zweitens spricht man nicht von “farbigen” Menschen, schon allein wegen der Historie des Begriffs. Auf den beschriebenen Plot des Buches im Zusammenhang mit einem
r schwarzen Progagonist*in gehe ich gar nicht erst ein.

“zu dieser Zeit noch strafbar”
Die Rede ist erneut von Babette, Josies Schwester. Ihre Mutter habe über Abtreibung nachgedacht, als sie die Information bekam, dass ihr Baby Trisomie 21 haben würde. Und hier wird in der Vergangenheitsform geschrieben, dass Abtreibung damals strafbar war. Das allein ist erstmal völlig richtig.

Viel wichtiger ist aber, dass hier impliziert wird, dass es heute anders sei. Und das ist nicht der Fall! Es steht sogar in der Wikipedia, sodass nicht einmal eine tiefergehende Recherche nötig ist um das zu korrigieren: “Der Schwangerschaftsabbruch wird in Deutschland […] mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.” Präsens. Ja, es gibt Mittel und Wege. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man eine Abtreibung durchführen (lassen). Aber strafbar ist sie nach geltendem Recht selbst heute noch, was Kunrath hier falsch darstellt.

Diese Stellen sind mir besonders negativ aufgefallen, aus verschiedenen Gründen: sachlich falscher Inhalt, rassistische Sprache, homofeindliche Sprache. Das alles sind für mich Dinge, die schlicht nicht hätten sein müssen. Man hätte Ablehnung und Vorurteile auch ausdrücken können, ohne diese Worte zu verwenden. Stattdessen haben sowohl die Autorin als auch das Lektorat entweder nicht genau genug hingeschaut, keine Lust auf/Zeit für Korrektur und die damit einhergehende Recherche gehabt oder aber sie wussten es nicht besser. Und ich weiß wirklich nicht, welche Variante ich am schlimmsten finde.

Fehlt im Klappentext komplett: Umgang mit Trisomie 21 und Homosexualität als wesentliches Handlungselement

Der Umgang mit Trisomie 21 und Homosexualität sind sehr wichtig in Wir für uns, weil sie beide Protagonistinnen grundlegend beeinflussen. Und doch werden sie einfach Null Komma gar nicht im Klappentext erwähnt. Oder in der Beschreibung des Verlags auf Online-Plattformen. Nirgendwo. Man muss das Buch erst lesen, um zu merken, dass das handlungstreibende Aspekte sind, dass sie überhaupt vorkommen.

Abgesehen von dem Zitat oben geht die Autorin meiner Meinung nach ganz gut mit dem Thema Trisomie 21 um. Sie hat eine Nebenfigur geschrieben, die die restlichen Charaktere aufklärt, was Vorurteilen schnell den Wind aus den sprichwörtlichen Segeln nimmt. Jedenfalls bei Charakteren, die erstmals mit dem Thema konfrontiert werden. Figuren, die Vorurteile schon verinnerlicht haben, korrigieren diese nicht so schnell.

Aber die Homosexualität einer weiteren Figur wird ganz anders behandelt. Hier gibt es nur Ablehnung, Verwirrung, wochenlanges Schweigen, gedankliche Kämpfe gegen die verinnerlichte Abscheu, alles aus der Sicht eines Elternteils, das erstmals von der Homosexualität dieser Figur erfährt. Nach dem Motto “warum tut er mir das an” oder “was habe ich in der Erziehung falsch gemacht”. Bis zum Ende gibt es keine vollkommene Akzeptanz. Es ist einfach grauenhaft. Und das sage ich als nicht betroffene Person. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was diese Beschreibungen in Menschen lostreten können, die selbst mit solcher Ablehnung leben müssen! Auch hierfür fehlt eine Triggerwarnung.

Fazit

Wir für uns ist vor allem dank des flüssigen Schreibstils gut zu lesen und erscheint mir (leider) sehr realistisch. Aber die verletzende und vor allem abwertende Wortwahl stört mich zu sehr, um das Buch und die schöne Grundidee genießen zu können. Da hätte das Lektorat stärker eingreifen oder zumindest eine Triggerwarnung platzieren müssen.

PS: Triggerwarnung

Das Thema Triggerwarnung ist seit Jahren im Gespräch, in der Buchbranche, in den Sozialen Medien, gefühlt überall. Auch ist halbwegs bekannt, welche Themen sensibel genug sind, dass ein entsprechender Hinweis hilfreich wäre. Und wenn man unsicher ist, dann braucht man nur 2 Minuten mit Google und vielleicht 4 Minuten mit Ecosia, um Auflistungen von Themen oder gar ganze Anleitungen zu finden. Ich habe das in den letzten Monaten für meine Rezensionen ausführlich getestet. Es ist wirklich nicht schwer.

Dass große Verlage (in diesem Fall der Fischer Verlag) das aber nicht tun, finde ich schlimm. Ich weiß nicht, ob man es einfach nicht besser wusste, ob man nicht daran gedacht hat, dass man Menschen mit diesem Buch verletzen kann. Oder ob bewusst die Entscheidung getroffen wurde, nicht zu warnen. Das Ergebnis ist jedenfalls nicht in Ordnung. Ich glaube, ich schreibe demnächst mal eine Kolumne zu dem Thema. Denn allein in den letzten Monaten habe ich mehrfach Bücher gelesen, für die ich mir eine Triggerwarnung gewünscht hätte, die aber keine hatten.

https://buchstabensalat.net/rezension-wir-fur-uns/

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Nette Unterhaltung, nicht ganz so tolles Hör-Erlebnis

A Reason To Stay
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A Reason to Stay ist das erste Hörbuch seit einigen Monaten, das ich nicht nur zum Einschlafen angemacht habe, sondern dem ich aktiv lauschen wollte. Im Rahmen einer Challenge von NetGalley habe ich die ...

A Reason to Stay ist das erste Hörbuch seit einigen Monaten, das ich nicht nur zum Einschlafen angemacht habe, sondern dem ich aktiv lauschen wollte. Im Rahmen einer Challenge von NetGalley habe ich die neue App des Portals ausprobiert und das Hörbuch getestet. Da die Hörbücher, die ich aktuell zum Einschlafen höre, allesamt im Fantasy-Bereich anzusiedeln sind (z. B. Mercy Thompson oder Die Krone der Dunkelheit), brachte dieses Buch auch etwas inhaltliche Abwechslung:

[Klappentext]

Triggerwarnung: A Reason to Stay behandelt folgende Themen: psychische Erkrankungen, Depression, Suizid, zerrüttete Familienverhältnisse, Manipulation, sexualisierte Gewalt. Die Protagonistin Billy ist schwarz, was stellenweise zwar relevant ist, doch sie erlebt keinen extremen Rassismus.

Diese Elemente können vor allem von betroffenen Personen als verstörend empfunden werden. Bitte schätzt selbst ein, ob ihr euch damit konfrontieren könnt oder möchtet.

Zur Handlung

Die Chemie zwischen Billy und Cedric gefällt mir gut. Es wirkte nichts wirklich abgedroschen und ausschließlich sexbezogen wie aktuell in sehr vielen New Adult Romanen. Stattdessen habe ich den beiden ihre aufkeimenden Gefühle abgekauft. Auch die inneren und äußeren Konflikte ergeben Sinn für mich. Da hat die Autorin ein gutes Händchen bewiesen.
Gut gefällt mir auch, dass Billy nicht auf ihre Hautfarbe reduziert wird, aber sie auch nicht komplett irrelevant ist. Beispielsweise erfährt Billy Vorurteile von verschiedenen Seiten und Cedrics Schwester fragt sie nach Paaren mit einem/einer weißen und einem/einer Schwarzen Partner/in.

Dass Billy ständig “oh my” sagt, während der Rest des Textes komplett deutsch ist, hat mich irgendwann etwas genervt. Dass die Geschichte in Großbritannien spielt erkennt man nämlich auch ohne solche gezwungenen deutsch-englischen Phrasen: es werden häufig Ortsnamen genannt.

Und ich muss leider sagen, dass das Ende mir nicht so gut gefällt. Es passiert zu viel auf einmal und vor allem zu schnell ohne Ankündigung. Bestimmte Wendungen habe ich vorzeitig geahnt, weshalb sie für mich nicht so überraschend kamen wie wahrscheinlich von der Autorin geplant. Anderes wurde viel zu schnell und vor allem viel zu einfach aufgelöst und es wirkte geradezu so, als hätte das Buch entweder schnell fertig oder auf eine bestimmte Seitenzahl gekürzt werden müssen. Das Ende kann jedenfalls mit dem Anfang nicht so richtig mithalten.

In anderen Rezensionen zu A Reason to Stay habe ich mehrfach gelesen, dass es zu viele ernste Themen auf einmal seien; dass die Autorin sich lieber eines hätte aussuchen sollen. Ich finde die Tatsache, dass es so viel auf einmal ist, allerdings ziemlich gut gemacht. Denn so ist es in der Realität nun mal: es kommt immer alles auf einmal und das meiste davon kann man von außen nicht erkennen. Ich hatte nicht das Gefühl, von ernsten Themen wie psychischen Erkrankungen, Suizid, elterlichem Versagen oder Adoption erschlagen zu werden.

Mir hat die Mischung gut gefallen und vor allem der Umgang der Autorin damit. Diese Dinge wurden thematisiert und nicht unterdrückt, es wurde sensibel damit umgegangen und gerade dadurch wirken sie sehr normal. Diese Normalisierung ohne Totschweigen begegnet mir leider sehr selten – in der Literatur wie im realen Leben.

Anscheinend ist A Reason to Stay der erste Band von mindestens zweien. Das wusste ich aber vorher nicht und ich habe es auch an keiner Stelle gemerkt. Dieses Buch lässt sich hervorragend als Einzelband lesen. Wenn ich raten müsste, würde ich vermuten, dass sich Band 2 um die besten FreundIinnen der ProtagonistIinnen aus diesem Band dreht.

Hörbuch-Spezifika

Gelesen wird das Hörbuch von Julian Mill und Maren Ulrich. An beide musste ich mich erst gewöhnen, aus unterschiedlichen Gründen: Mill wirkte oft gelangweilt, was es mir erschwerte, mich zu konzentrieren und Ulrich übertrieb es öfter mal mit ihrer absichtlich quietschigen Stimme. Besonders Billys beste Freundin Olivia konnte ich kaum ertragen, obwohl sie mir charakterlich mit am besten gefällt. Dadurch konnte ich mich mit Mills Kapiteln besser anfreunden als mit Ulrichs. Ziemlich befremdlich fand ich dagegen, dass die Charaktere und damit auch die Sprechenden stellenweise ein paar Verse gesungen haben. Aber sie haben dabei fast geflüstert. Das ging schon fast ein bisschen in Richtung ASMR, was mir so gar nicht liegt.

Insgesamt war es “typisch Hörbuch” für mich. Wie ich zu Hörbüchern stehe, habe ich in meiner letzten Kolumne ja schon ausführlich beschrieben. Darüber hinaus habe ich vergessen, dass man die Geschwindigkeit anpassen kann, und habe für mein Gefühl viel zu lange gebraucht. Hätte ich das Buch gelesen anstatt das Hörbuch zu hören, wäre ich innerhalb von 2-3 Tagen durch gewesen – mit dem Hörbuch hatte ich gute 4 Wochen zu tun. Das ist aber “menschliches Versagen”, wenn man so will. Das liegt nicht an diesem Hörbuch. Der Vollständigkeit halber möchte ich es trotzdem erwähnen.

Eine technische Schwierigkeit jedoch gab es: in der NetGalley-App konnte ich das Hörbuch nicht vollständig vor dem Anhören herunterladen. Stattdessen stockte die Geschichte mindestens alle 2 Kapitel, weil wieder ein bisschen heruntergeladen werden musste. Das funktionierte auch nur, wenn ich mein Tablet in die Hand genommen und die Bildschirmsperre entfernt habe.

Ich wünsche mir, dass ein vollständiger Download vor dem Anhören möglich ist. Das macht nicht nur das Hörerlebnis angenehmer, sondern sorgt auch dafür, dass sich die App für unterwegs eignet, wenn man nur wenig Datenvolumen auf dem Mobilgerät hat. So, wie es jetzt ist, eignet sich die App – und aktuell gibt es noch keine andere Möglichkeit, Hörbücher von NetGalley anzuhören – nur für Zuhause.

Fazit

Die Geschichte von Billy und Cedric habe ich gern verfolgt, aber am Ende hatte ich den Eindruck, dass zu viel zu plötzlich aufgelöst werden sollte, und die “überraschenden” Wendungen waren leider zu vorhersehbar. Die beiden Hörbuch-Sprecher*innen haben ihren Job ganz gut gemacht. Das stockende Laden der Kapitel in der App hat mich etwas gestört.

https://buchstabensalat.net/rezension-a-reason-to-stay/

[Ich kann leider mit den Lesejury-Formatierungen nicht mit dem Stern gendern, deshalb habe ich an einigen Stellen das Binnen-I verwendet.]

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Die Rettung aus der Leseflaute!

Night Rebel 3 - Gelübde der Finsternis
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Jeanine Frost ist eine bekannte Größe in meinem Bücherregal – zumindest im digitalen. Ich habe die gesamte Cat & Bones–Reihe mitsamt Ablegern gelesen (einzige Ausnahme: Night Prince 4) und als in der Verlagsvorschau ...

Jeanine Frost ist eine bekannte Größe in meinem Bücherregal – zumindest im digitalen. Ich habe die gesamte Cat & Bones–Reihe mitsamt Ablegern gelesen (einzige Ausnahme: Night Prince 4) und als in der Verlagsvorschau von blanvalet Night Rebel angekündigt wurde, war es für mich gar keine Frage, OB ich die Bücher lesen würde, sondern WANN. Rückblickend war das eine sehr gute Entscheidung. Denn diese Bücher haben mich nicht nur gut unterhalten, sondern sogar aus einer Leseflaute herausgeholt.

Kontext in der Reihe um Cat & Bones

Wie Lexy (s. “Weitere Meinungen …” auf meinem Blog, Link unten) war auch mir vor dem Lesen nicht auf den ersten Blick klar, dass Night Rebel komplett mit der Geschichte von Cat und Bones verknüpft sein würde. Das lag daran, dass es so lange her war, dass ich die Bücher gelesen hatte. Ian war mir noch ein Begriff und auch bei dem Namen Veritas klingelte etwas bei mir, aber der restliche Inhalt des Klappentextes war mir fremd. Deshalb hatte ich eher damit gerechnet, dass Night Rebel wirklich ein Ableger oder Spin-Off der Reihe würde und nicht Teil davon. Besonders, da es als “Der spektakuläre Auftakt der neuen Reihe von …” beworben wird (O-Ton Verlagsseite).

Tatsächlich hat die Reihe um Cat & Bones bereits mehrere Einzelbände hervorgebracht, in denen die Beziehungen anderer Paare aus derselben Welt entwickelt wurde. Diese wurden aber sowohl optisch als auch in der Beschreibung fester mit der Ursprungsreihe verknüpft, weshalb ich einfach den Bezug nicht direkt hergestellt habe. Auch, weil diese drei Bücher komplett andere Cover verpasst bekommen haben. Allein das Symbol zwischen dem Namen der Autorin und dem großen Titel Night Rebel findet sich auch auf den restlichen Covern der Reihe, der ganze Rest sieht komplett anders aus.

Zeitlich ist die Handlung nach der Geschichte von Cat und Bones angesiedelt. Das bedeutet: Um der Geschichte von Ian und Veritas problemlos folgen zu können, sollte man die übrigen Bücher kennen. Figuren und Verbindungen zwischen einzelnen Personen sollten bekannt sein. Eine Figur, die erst recht spät in der Reihe um Cat und Bones auftaucht, spielt zum Beispiel in Veritas’ Motivation eine große Rolle.

Ein (Re-)Read der letzten paar Bände lohnt sich also meiner Meinung nach sehr, bevor man mit Night Rebel anfängt. Ich hätte eine kurze Auffrischung meiner Erinnerungen gut gebrauchen können. Ich habe zwar in den letzten Monaten immer mal wieder in die englischen Hörbücher zu der Reihe hineingehört, aber nachdem ich euch neulich von meinen Schwierigkeiten mit Hörbüchern erzählt habe sollte es nicht verwunderlich sein, dass das bei mir nicht viel brachte.

Wer sich einen besseren Überblick verschaffen möchte, welche Bücher es in der Reihe gibt und um welche Paare sich diese drehen, sollte mal einen Blick auf die Verlagsseite zur Reihe werfen. Dort sind sie gut sortiert aufgeführt.

Inhalt und Figurenentwicklung

Während Cat und Bones immer einen besonderen Platz in meinem Bücherherz haben werden – schon allein, weil sie das erste Paar waren, das mich in Kontakt mit Jeanine Frost gebracht hat -, mag ich Ian und Veritas tatsächlich noch ein kleines bisschen mehr. Die beiden verbindet zwar am Anfang in erster Linie ihre jeweilige Rache an dem Dämon Dagon (übrigens klingeln bei dem Namen in dem Kontext meine “Das gab’s schon in Supernatural!”-Glöckchen), für die sie sich zusammentun. Je weiter die Geschichte aber voranschreitet, desto näher kommen sie sich und desto inniger wird die Beziehung. Night Rebel ist übrigens ein sehr treffender Name, sowohl für Ian als auch für Veritas.

Es wäre kein Jeanine Frost-Roman, wenn es nicht auch eine ordentliche Portion Sex und Erotik gäbe. Aber diesen beiden kaufe ich ihre Beziehung sofort ab, während es bei allen anderen Paaren der Reihe für meinen Geschmack einen Tick zu plötzlich, zu aufgesetzt wirkte. Ian und Veritas haben die nötige Zeit, die es braucht, um eine echte Verbindung aufzubauen, obwohl sie sich gefühlt zu 75% der Geschichte nicht am selben Ort aufhalten. Das fand ich sehr angenehm zu lesen.

Auch fühlen sich Ian und Veritas vielschichtiger an als beispielsweise Denise und Spade. Ihre Charaktere wirken ausgereifter. Gerade auch Veritas’ Hintergrundgeschichte bringt eine ganz neue Ebene zur Handlung hinzu. Die übrigen Pärchen der Reihe haben ab und zu ihren kleinen Fan-Service-Auftritt, aber der Fokus liegt, wie in dieser Reihe üblich, auf dem Hauptfiguren-Paar.

Ich möchte nicht zu viel über den Inhalt sprechen, ganz einfach um Spoiler zu vermeiden. So viel sei aber gesagt: Die Entwicklung der Handlung über die drei Bände ist schlüssig, sowohl alleinstehend betrachtet als auch im Kontext der ganzen Reihe. Die Figuren – sowohl die Protagonist*innen als auch die Nebencharaktere – sind interessant oder erfüllen zumindest den ihnen zugedachten Zweck, die Gespräche amüsierten mich mehr oder weniger immer und die Sexszenen haben es in sich.

Fazit

Ich mag die Art und Weise, wie Jeanine Frost Vampire schreibt. Diese Bücher unterhalten mich jedes Mal aufs Neue und, wie ich schon erwähnt hatte: sie haben mich dieses Mal sogar aus einer Leseflaute gezogen. Ian und Veritas sind ein tolles Paar mit großen Problemen, deren Geschichte ich sehr gern verfolgt habe.

Rezension auf dem Blog mit funktionierenden Verlinkungen: https://buchstabensalat.net/rezension-night-rebel-reihe/

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Unnötig in die Länge gezogen

Nevernight - Das Spiel
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Band 1 von Nevernight hat mich gut unterhalten, aber nicht so richtig vom Hocker gehauen. Trotzdem wollte ich nach dem echt fiesen Cliffhanger wissen, wie es mit der jungen Assassinin Mia Corvere in Das ...

Band 1 von Nevernight hat mich gut unterhalten, aber nicht so richtig vom Hocker gehauen. Trotzdem wollte ich nach dem echt fiesen Cliffhanger wissen, wie es mit der jungen Assassinin Mia Corvere in Das Spiel weitergeht.

ACHTUNG, MÖGLICHE SPOILER FÜR BAND 1!

[Klappentext]

Dieser kurze Klappentext verrät schon, worauf der Fokus in Das Spiel liegt: während Band 1 sich zwar stark an historischen römischen Elementen orientiert hat, steigen wir jetzt so richtig in die Gladiatorenkampf-Kultur ein und durchlaufen mit Mia so einige schwere Etappen auf dem Weg zu ihrer Rache.

Triggerwarnung: Das Spiel behandelt unter anderem folgende Themen: Sklaverei, explizite Beschreibungen von Gewalt, (Auftrags-) Mord. Diese Beschreibungen nehmen teilweise sehr grafische Ausmaße an, die wirklich nicht jede Person ertragen kann. Stellenweise ist Game of Thrones im Vergleich ganz angenehm …
Bitte schätzt selbst ein, ob ihr euch damit konfrontieren könnt oder möchtet.

Arenakämpfe und Gewalt

Das alte Rom gehörte zu meinen Lieblingsthemen im Geschichtsunterricht und ich finde auch heute noch die Kultur und die Erfindungen dieser Zeit sehr spannend. Im Kontext dieses Fantasy-Romans wurde es mir aber öfter mal zu viel. Mir fehlte, um es auf den Punkt zu bringen, die kreative Ausschmückung der altrömischen Elemente anstelle von einfachem Abschreiben vorhandener Strukturen. Charaktere mit lateinischen Namen; eine Politik mit Konsuln und Senat; Arenen, in denen Sklaven und Berufskämpfer*innen (die meist auch Sklaven waren, zumindest aber als solche ihren Anfang gemacht hatten) den nach Gewalt gierenden Massen als Unterhaltung dienen – das alles ist so dicht an der echten historischen Vorlage, dass es mir schnell langweilig wurde.

Ich vermisste in Das Spiel viel von der fantasievollen, dramatischen Erzählweise aus dem ersten Band. Klar, ich habe interessiert Mias Weg verfolgt, aber ich habe nicht wirklich mitfiebern können. Vieles war mir total egal. Teilweise bestanden ganze Kapitel nur aus Gemetzel und ein, zwei kurzen Momenten, die einen Funken Hoffnung auf feinfühlige Intrigen aufblitzen lassen haben. Aber es fehlte das gewisse Etwas, das Band 1 Die Prüfung so besonders gemacht hatte. Wer auf reine Brutalität ohne tieferen Sinn steht, der ist mit diesem Mittelteil der Trilogie gut bedient. Für mich reichte es einfach nicht aus.

Dunkelinn und bekannte Gesichter

Das Einzige, was mich inhaltlich bei Laune gehalten hat, war die Weiterentwicklung von Mias Dunkelinn-Kräften. Ihr ständiger Schlagabtausch mit ihren beiden Schattenbegleitern Eclipse und Herr Freundlich hat mich öfter zum Schmunzeln gebracht. Auch die Begegnung mit einer weiteren Person mit Dunkelinn-Kräften, die aber nichts davon wissen will, hat für Spannung gesorgt.

Die Wiederkehr einiger Figuren aus Band 1, die ich teilweise erwartet, mich an anderen Stellen aber überrascht haben, konnte nur kurz meine Stimmung heben. Denn nach ein, zwei Kapiteln haben mich auch diese Interaktionen ziemlich gelangweilt. Insgesamt gab es vielleicht fünf Kapitel, die mich fesseln konnten.

Zu lang, zu leer

Ich finde, das Buch hätte auf die Hälfte gekürzt und die Handlung so ordentlich gestaucht werden können, und es wäre wirklich rein gar nichts verloren gegangen. Ich meine, es hat über 700 Seiten! Die sind absolut nicht nötig – und das sage ich als eine Person, die gern lange Romane liest! Schade eigentlich, denn Mias Geschichte von Rache und persönlichem Wachstum mit einer Prise Magie hat so viel Potenzial. Aber leider hat Das Spiel wohl dasselbe Schicksal wie so viele Mittelteile von Trilogien.

Schade finde ich auch, dass die Fußnoten beim eBook nicht funktionieren. Also, die Links funktionieren schon, das ist nicht da Problem. Aber die Fußnoten sind gesammelt am Ende des Buches und mit jedem Klick auf den Link springt man nach hinten, nur um herausfinden zu müssen, wo man stehen geblieben war. Das Konzept funktioniert im Print wesentlich besser. Ich habe es deshalb irgendwann aufgegeben, die Fußnoten zu lesen (was ich aber auch beim ersten Band nicht komplett durchgezogen hatte).

Ich muss zugeben, dass der Cliffhanger wieder sehr gelungen ist. Trotzdem nehme ich gedanklich erst mal Abstand von der Idee, den dritten und finalen Band der Trilogie zu lesen.

Fazit

Mich hat Das Spiel überwiegend gelangweilt und die Handlung zog sich unnötig in die Länge. Es macht den Anschein, als sei das Ziel des Buches nur das Unterbringen von möglichst viel Gewalt gewesen und als wollte man Mia nur noch mehr metaphorische Steine in den Weg legen. Stark gekürzt und mit wesentlich mehr nicht-römischen, fantastischen Elementen versehen hätte Das Spiel für mich besser funktioniert. Wenn ich es in Sternen ausdrücken müsste, könnte ich mir gerade so 3 von 5 abringen.

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