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Veröffentlicht am 18.04.2019

Ich komme wieder

Mehr als tausend Worte
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Lilli Beck hat mich auch mit ihrem neuen Roman „Mehr als tausend Worte“ wieder berührt und in eine Zeit mitgenommen, die man nie vergessen sollte.
Die Jüdin Aliza Landau lebt mit ihren Eltern, Bruder Harald ...

Lilli Beck hat mich auch mit ihrem neuen Roman „Mehr als tausend Worte“ wieder berührt und in eine Zeit mitgenommen, die man nie vergessen sollte.
Die Jüdin Aliza Landau lebt mit ihren Eltern, Bruder Harald und Großeltern in Berlin. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November wird ihr Großvater von der Gestapo abgeholt. Die ganze Familie leidet unter den Repressalien der Nazis. Ihr Vater darf als Arzt nur noch Juden behandeln und wird degradiert zum Krankenbehandler. Harald kann sein Studium nicht mehr fortsetzen und auch Aliza muss die Schule verlassen. Ihre Eltern sind sehr besorgt und da Aliza noch keine 17 Jahre alt ist, kann sie mit den Kindertransporten nach England ausreisen. Aliza wäre lieber bei ihrer Familie und ihrer großen Liebe Fabian geblieben, doch er hat einen Einberufungsbescheid zum Wehrdienst erhalten und überredet Aliza die Reise anzutreten. Zum Abschied schenkt er ihr ein Taschentuch, dass mit dem Duft „Je Reviens – ich komme wieder“ besprüht ist. Doch wird ihre Liebe den Krieg überdauern?

Die Geschichte umfasst einen Zeitrahmen von November 1938 bis 1945 und spielt in Berlin sowie England. Der Schreibstil hat es mir ermöglicht schnell in die Geschichte abzutauchen und mir das schicksalhafte Leben der Familie Landau vorzustellen. Es ist so gefühlvoll gezeichnet, dass ich einfach mit der Familie über das ganze Buch mitleiden musste. Die Autorin hat es mit ihren Worten geschafft, die immer passende Atmosphäre und die verschiedenen Stimmungen fantastisch einzufangen. Sie beschreibt sehr gekonnt, den Druck, den die Juden während des Krieges ausgesetzt waren, die Ungewissheit und die Ablehnung, die Aliza in England ertragen muss sowie über falsche Freunde, vor denen man sich kaum schützen kann.

Die Charaktere waren meiner Meinung nach sehr gut ausgearbeitet, sowohl bildlich als auch genau beschrieben, so dass jeder eine eigene Persönlichkeit hatte. Ich konnte mit ihnen mitfühlen oder leiden, aber auch meine Wut an ihnen auslassen.

Eine klare Leseempfehlung für dieses berührende Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen hat.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Ein gut recherchierter historischer Roman

Die Perlenfischerin
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In ihrem neuen historischen Roman „Die Perlenfischerin“ führt Sabine Weiß die Leser zum Anfang des 13. Jahrhunderts. Die Handelsstadt Bardowick wird von Herzog Heinrich mit Gewalt eingenommen und zerstört. ...

In ihrem neuen historischen Roman „Die Perlenfischerin“ führt Sabine Weiß die Leser zum Anfang des 13. Jahrhunderts. Die Handelsstadt Bardowick wird von Herzog Heinrich mit Gewalt eingenommen und zerstört. Wer kann. flüchtet aus der Stadt. In diesen Kriegswirren wird Ida von ihrer Familie getrennt. Das alte Wurzelweib Neslin findet das kleine Mädchen mit Brandwunden übersät am Ufer der Ilmenau auf. Sie nimmt sie mit nach Hause und pflegt sie gesund. Ida hat keine Erinnerungen mehr an ihre Familie und so bleibt sie bei Neslin, die ihr zeigt im Einklang mit der Natur zu leben. Im Laufe der Zeit lernt Ida das Tauchen nach kostbaren Perlmuscheln, die nicht nur als Zierrat Verwendung finden, sondern auch als Heilmittel gelten. Als Neslin spürt, dass ihr Leben zu Ende geht, erzählt sie Ida, was sie in Bardowick über ihre Familie herausgefunden hat. Nach dem Tod von Neslin macht sich Ida gemeinsam mit ihren Jugendfreund, den Slawen Esko, auf die Suche nach ihrer Familie.

Sabine Weiß hat es wieder geschafft, einen großartigen historischen Roman zu schreiben. Es ist ihr wieder meisterlich gelungen die verworrenen politischen Verhältnisse der damaligen Zeit in eine spannende Geschichte einzubinden, so dass ein anschauliches Bild entsteht. Der flüssige Schreibstil macht das Lesen zum Vergnügen, so dass die Seiten nur dahin fliegen. Die Charaktere sind vielfältig gezeichnet und entwickeln sich im Laufe der Handlung weiter.

Bevor ich dieses Buch gelesen habe, war mir nicht bewusst, dass es in Deutschland früher Flussperlmuscheln gab und auch heute noch kleine Vorkommnisse vorhanden sind, die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen. Sabine Weiß hat dieses Buch all denen gewidmet, die sich für konsequenten Naturschutz einsetzen, um die Flussperlmuscheln zu retten.

Mich hat dieser lesenswerte, gut recherchierte historische Roman von der ersten bis zur letzten Seite wieder überzeugt und in längst vergangene Zeiten entführt.

Veröffentlicht am 11.04.2019

Eine Reise nach La Gomera

Der Wind nimmt uns mit
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Nach einem abgebrochenen Biologiestudium reist Maya durch die Welt und verdient sich ihr Geld als Reisebloggerin. Zu ihrer Mutter Karoline hat sie die Verbindung abgebrochen, seit dem sie überraschend ...

Nach einem abgebrochenen Biologiestudium reist Maya durch die Welt und verdient sich ihr Geld als Reisebloggerin. Zu ihrer Mutter Karoline hat sie die Verbindung abgebrochen, seit dem sie überraschend durch eine Blutspende erfahren hat, dass sie nicht blutsverwandt sind. Karoline lebt auf La Gomera, eine Insel auf die Maya nie reisen möchte. In Taipeh trifft Maya auf den charmanten Tobi und verbringt eine Nacht mit ihm. Wochen später stellt Maya fest, dass sie schwanger ist. Als sie erfährt, dass sich Tobi auf La Gomera aufhält, springt Maya über ihren Schatten und reist auf die Kanarische Insel in der Hoffnung, ihrer Mutter nicht zu begegnen. Doch die Reise wird zu einem Wendepunkt in ihrem Leben.

Katharina Herzog erzählt die Geschichte in zwei Zeitebenen. Zum einen von Maya, deren Handlung in der Gegenwart spielt und zum anderen bekommt der Leser Einblicke in das Leben von Karoline Mitte der 1980er Jahre.

Mit Maya konnte ich nicht richtig warm werden. Man spürt, dass sie durch das ständige Reisen vor der Wahrheit davon läuft und sich nicht die Zeit nimmt, in Ruhe mit ihrer Mutter zu sprechen. Sie wirkte teilweise auf mich wie ein störrisches Kind, etwas naiv, aber nicht wie eine erwachsene junge Frau. Die Erzählebene von Karoline gefiel mit deutlich besser, da es der Autorin gelungen ist, die Atmosphäre gut zu transportieren.

Die Handlungen sind zeitlich und per Kapitel getrennt. Die Übergänge wirkten fließend und keineswegs abgehackt. Die Personen auf La Gomera empfand ich teilweise etwas überzeichnet. Ich hatte meistens das Gefühl, es gibt nur Jubel, Trubel, Heiterkeit und der Ernst des Lebens läuft an ihnen vorbei. Die Landschaftsbeschreibungen waren wirklich wunderbar, so dass man als Leser sich unmittelbar nach La Gomera versetzt fühlt. Man sieht die Sonnenuntergänge, hört die Gelbschnabel-Sturmtaucher und lauscht dem Meeresrauschen.

Da ich bereits ein anderes Buch der Autorin gelesen habe, war ich etwas enttäuscht. Es ist eine seichte Sommerlektüre ohne Tiefgang, die vorhersehbar und mit einem positiven Ausgang für alle Protagonisten endet.

Veröffentlicht am 07.04.2019

Aufregung in Neuharlingersiel

Zum Teufel mit den fiesen Friesen
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„Zum Teufel mit den fiesen Friesen“ ist bereits der 6. Ostfriesen-Krimi aus der Feder der Autorinnen. Diesen Krimi kann man auch gut lesen, ohne die vorherigen Bände zu kennen, denn die Fälle sind in sich ...

„Zum Teufel mit den fiesen Friesen“ ist bereits der 6. Ostfriesen-Krimi aus der Feder der Autorinnen. Diesen Krimi kann man auch gut lesen, ohne die vorherigen Bände zu kennen, denn die Fälle sind in sich abgeschlossen.

Rosa Moll ist laut singend in ihrem Fiat 500 unterwegs, als ihr auf der Landstraße ein Motorrad entgegen kommt. Nur knapp kann sie einen Zusammenstoß vermeiden. Das Motorrad landet samt Fahrer in den Büschen. Die Aufregung in Neuharlingersiel ist groß, als sich herausstellt, dass der Biker Tjark Ukena nicht durch einen Unfall ums Leben kam, sondern er während der Fahrt von einer Kugel getroffen wurde. Doch es bleibt nicht bei einem Todesfall, auch die Kiterin Antje Marie Plumhoff wird auf dem Wasser durch Schüsse getötet. Die beiden Mordopfer haben Verbindung zur Partei der frechen Friesen, die gegen ein geplantes Logistik-Zentrum und einen Windpark sind. Für die Wittmunder Kripo und den Dorfpolizisten Rudi Bakker gibt es viel zu tun. Rudi erhält wie immer Unterstützung von der Lehrerin Rosa und dem Postboten Henner.

Durch einen leichten flüssigen Schreibstil wurde ich wieder nach Neuharlingersiel entführt, so dass die Seiten nur dahin flogen. Den etwas unangenehmen Kommissar Helmut Schneppel, Rudi, Rosa und Henner durfte ich bei den Ermittlungen begleiten. Dabei habe ich aufregende Momente erlebt und gleichzeitig etwas über das Häuptlingswesen in Ostfriesland erfahren. Neben der spannenden Unterhaltung kam natürlich auch der Humor keinesfalls zu kurz. Es gab einige überraschende Wendungen, die mich bei der Suche nach dem Täter auf falsche Spuren führten, so dass ich bis zum Schluss mit raten konnte. Am Ende des Buches gibt es noch ein Personenregister und einige friesische Rezepte, die Appetit machen auf mehr.

Der Ausflug an die ostfriesische Küste hat mir wieder gefallen und mir unterhaltsame sowie spannende Lesestunden bereitet.

Veröffentlicht am 03.04.2019

Zerrissene Gefühle

Die leuchtenden Tage am Bosporus
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In ihrem neuen Roman „Die leuchtenden Tage am Bosporus“ entführt uns Lucy Foley nach Istanbul in die 1921er Jahre. Der Krieg ist vorbei und seit drei Jahren leidet die Stadt unter der Besetzung der Westmächte. ...

In ihrem neuen Roman „Die leuchtenden Tage am Bosporus“ entführt uns Lucy Foley nach Istanbul in die 1921er Jahre. Der Krieg ist vorbei und seit drei Jahren leidet die Stadt unter der Besetzung der Westmächte. Die Bewohner haben teilweise ihre Häuser verloren und die meisten leisten ihren Widerstand gegenüber den Besatzern, indem sie sie einfach ignorieren.

Die junge Witwe Nur hat auch ihr Zuhause verlassen müssen und lebt nun gemeinsam mit ihrer Mutter sowie der Großmutter in einer kleinen Wohnung. In einem abgebrannten Haus findet Nur einen verwaisten Jungen, den sie mit nach Hause nimmt, obwohl die Familie kaum genug für sich selbst hat. Als der Junge an hohem Fieber erkrankt, muss sie ihren Stolz überwinden und in dem britischen Militärhospital den Stabsarzt George um Hilfe bitten. Gegen ihren Willen entwickeln sich zarte Bande.

Die Autorin hat einen sehr wortgewaltigen, teils fast poetischen Erzählstil, der durch bildhafte Beschreibungen den Leser hundert Jahre zurück in die ehemals schillernde Metropole nach Istanbul versetzt. Man spürt auch die innere Zerrissenheit der Menschen in dieser Nachkriegszeit, egal ob Freund oder Feind. Lucy Foley hat es gekonnt geschafft, diese gegensätzlichen Gefühle in Worten meisterhaft auszudrücken.

Die Geschichte wird in kurzen Kapiteln von fünf unterschiedlichen Protagonisten erzählt. Die ständigen Perspektivwechsel geben den Roman Lebendigkeit und die Kapitelüberschriften helfen, nicht den Faden zu verlieren. Mich haben aber die permanenten Wechsel teilweise in meinem Lesefluss gestört, da man sich innerhalb kürzester Zeit auf die jeweilige Person einstellen musste.
Ansonsten ein brillant geschriebenes Buch mit leisen, einfühlsamen Worten und voller Poesie.