Der Klang von Feuerblau – eine tragische, farbenfrohe Geschichte
Der Klang von Feuerblau„Der Klang von Feuerblau“ ist ein Buch der Autorin Johanna Gerhard. Und es ist ein Buch, dessen Geschichte etwas Besonderes ist. Grund dafür ist die Protagonistin Kit, welche mit einer Synästhesie beschenkt ...
„Der Klang von Feuerblau“ ist ein Buch der Autorin Johanna Gerhard. Und es ist ein Buch, dessen Geschichte etwas Besonderes ist. Grund dafür ist die Protagonistin Kit, welche mit einer Synästhesie beschenkt ist. Wobei die Gabe eher Fluch und Segen zugleich ist, wie man im Laufe der Geschichte erfährt. Im Buch wird Kit vor verschiedenste Probleme gestellt, welche sie zu bewältigen versucht. Themen wie Trauerbewältigung, Verrat, Missbrauch, Angst und Vertrauen spielen eine große Rolle.
Ich bin durch eine Leserunde auf Lovelybooks auf das Buch aufmerksam geworden und habe es sehr genossen, mich mit anderen Lesern über das Buch auszutauschen und auch die Ideen der Autorin besser zu verstehen. Das hat mir noch einmal eine ganz andere Sichtweise auf das Gelesene ermöglicht.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr fließend und malend. Warum das gerade bei diesem Buch von Vorteil ist, erklärt sich wie folgt…
Wie bereits erwähnt leidet die Protagonistin Kit unter einer Synästhesie. Dabei handelt es sich um eine besondere Art der Wahrnehmung, in ihrem Fall dem sehen von Klängen in Form von Farben. Ich schreibe bewusst „leidet“, denn für Kit ist die Synästhesie nicht ausschließlich eine Gabe. Sie bedeutet Stress im Alltag, weil bereits die Klingel oder das Telefon eine Reizüberflutung sein können, und trotzdem arbeitet sie in einer Musikschule. Die Autorin beschreibt diese Reize so farbenfroh, dass mir die Vorstellung der Synästhesie sehr leicht viel. Passend zu den Szenen kamen mir die Farben bedrohlich, einhüllend oder tröstend vor und sie hat meinen Respekt, denn das zu schaffen ist nicht leicht. Immerhin haben die wenigsten Menschen ein Bild davon wie Synästhesie funktioniert und dennoch versteht man beim Lesen sofort, worum es geht.
Kit liebt die Musik, hat von ihrem Vater das Cembalospielen beigebracht bekommen und kann dem Instrument nur schwer widerstehen, nachdem sie sich nach einem Streit geschworen hat, nie wieder zu spielen. Ein wichtiger Punkt in der Handlung, denn um dieses Cembalo dreht sich viel.
Die Handlung ist voller Hoch und Tiefpunkte für die Protagonistin, wobei die Tiefpunkte vermutlich überwiegen. Kit redet seit einem Jahr nicht mehr mit ihrem Vater, dem großen, bekannten Musiker, als dieser an einem Herzinfarkt stirbt. Sie hatten sich gestritten und auch in ihrer Vergangenheit hat er sich ihr gegenüber nicht immer richtig verhalten. Nach seinem Tod erbt sie das Landhaus ihres Vaters und wird so mit ihrer verdrängten Vergangenheit konfrontiert. Ihr alter Freund Raffael versucht sie und ihre Probleme zu verstehen und ihr zu helfen. Ihre beste Freundin Maja ist mit ihrem Latein am Ende und als dann auch noch Kit´s Exfreund Stephan wieder auftaucht ist das Gefühlschaos perfekt. Und Kit vollkommen überfordert.
Und genau an diesem Punkt muss ich leider sagen, dass mir an dem Buch etwas gefehlt hat. Es war zwar nachvollziehbar, dass Kit all diese Dinge gefühlt hat und deshalb überfordert war, jedoch hatte ich in manchen Szenen das Problem, ihre Gefühle nicht nachempfinden zu können. Mir fehlten etwas Tiefe und ruhigere Szenen, in welchen die Protagonistin für sich ist. Diese Kritik ist selbstverständlich sehr persönlich und ich weiß aus der Leserunde, dass es viele gab, denen es leichtfiel mit Kit mitzufühlen.
Achtung Spoiler! (Das Fazit ist wieder spoilerfrei und ich habe es kenntlich gemacht)
In einigen Szenen war mir Kit zudem etwas unsympathisch. Beispielsweise ist die Freundschaft zwischen Maja und ihr häufig im Ungleichgewicht, weil Kit sehr egoistisch handelt und nicht auf die Bedürfnisse ihrer Freundin eingeht. So kriegt sie beispielsweise nicht mit, dass sich Maja verliebt und nun einen Freund hat, obwohl diese es ihr erzählt hat. Sie war nur zu sehr in Gedanken mit sich selbst beschäftigt. Und auch als Maja offen sagt, dass es ihr reicht, greift sie dennoch zum Telefon und erwartet, dass Maja immer für sie da ist, wenn etwas ist. Situationen in denen sie in dieser Freundschaft etwas gibt, gibt es im Buch nicht. Die Freundschaft endet in einer Funkstille. Kit ist wütend, dass Maja nicht mehr mit ihr reden will. Auch nicht, als sie sich später entschuldigen will. Ich hatte das Gefühl, dass Maja dadurch in ein schlechtes Licht gerückt wird. Sie ist diejenige, die sich von Kit abgewandt hat und schließlich will Kit sich ja entschuldigen… es wirkt etwas, als sei Maja die Schuldige. Und das hat mich am Ende des Buches gestört. Maja hat alles gegeben und sich ein einziges Mal für ihr eigenes Seelenheil entschieden. Es sollte von Kits Seite mehr Bemühungen um ein klärendes Gespräch geben, damit dieser Streit nicht so in der Luft hängt und deutlich wird, dass Kit wirklich verstanden hat, dass sie sich nicht immer richtig verhalten hat.
Und dann ist da noch Raffael… es ist schwierig. Zwischenzeitig dachte ich, dass sich zwischen ihm und Kit etwas entwickeln würde, aber ich denke auch, dass es richtig ist, dass das eben nicht der Fall war. Kit muss sich erstmal sortieren und über einige Dinge klar werden, bevor sie sich auf eine Beziehung einlässt. Und auch wenn Raffael definitiv mehr für sie empfindet wünscht man ihm nicht, dass sie ihn als Trostpflaster benutzt. Raffael ist ein sehr sympathischer junger Mann und ein toller Nebencharakter, der Kit eine gute Stütze ist. Er tut alles, um den Menschen um in herum glücklich zu machen, auch wenn das für ihn nicht immer leicht ist. Im Buch ist er mit Abstand mein Lieblingscharakter.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf Kit´s Streit mit ihrem Vater eingehen. Es ging dabei um so viel mehr als nur eine Kleinigkeit. Der Konflikt zwischen den Beiden hat sich über Jahre hinweg zusammengebraut und ist sehr facettenreich. Der Leser erfährt nach und nach immer mehr über das Vorgefallene. Begonnen bei dem Unfall ihres Vaters, den darauffolgenden Qualen beim Cembalounterricht und schließlich dem Aus zwischen Stephan und Kit, welches sie ihrem Vater in die Schuhe schiebt. Ich finde, dass dieser Konflikt sehr gelungen ist. Die Reue, welche Kit empfindet nachdem sie erfährt, was ihr Vater alles durchmachen musste und dass Stephan derjenige war, der Kit belogen hat, ist echt. Für mich eins der wenigen Gefühle, welche ich beim Lesen wirklich nachempfinden konnte. In der Hinsicht ist das Ende des Buches wirklich gelungen und die Schlussszene ist perfekt. Kit verzeiht ihrem Vater und widmet sich wieder der Musik.
FAZIT
Ich mochte das Buch, weil es durch die Thematik der Synästhesie besonders ist. Es bleibt in Erinnerung und das ist für mich das was zählt. Mir persönlich hat zwar etwas Gefühl gefehlt, aber das ist Ansichtssache. Dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe ist außerdem ein Zeichen dafür, dass ich gern darüber hinweggesehen habe. Ich habe den Schreibstil und die Farbenmalerei genossen und würde mich wieder für dieses Buch entscheiden.