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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.07.2023

Veränderung im Alter

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Ein neuer Lebensabschnitt. Älter werden. Es selbst in die Hand nehmen. Mit Humor und reflektiert.
Das beschreibt diesen neuen Roman der tollen Autorin Doris Knecht recht gut aus meiner Sicht. Dieser widersprüchliche ...

Ein neuer Lebensabschnitt. Älter werden. Es selbst in die Hand nehmen. Mit Humor und reflektiert.
Das beschreibt diesen neuen Roman der tollen Autorin Doris Knecht recht gut aus meiner Sicht. Dieser widersprüchliche Romantitel: Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe` zeugt auch von ungemeiner Ironie. Es geht um die Reflektion eines Lebens, Mitte 40 einer Frau, die aus der österreichischen Provinz nach Wien ging um der Enge zu entfliehen. Gilt sie als „gescheitert“ weil sie alleinerziehend von einem Zwillingspaar war und nun alleine ist? Eine Aufarbeitung.
Nachdem die beiden nun auf dem Weg aus der mütterlichen Wohnung sind, die Tochter proaktiv alleine auszieht, hilft sie beim Sohnemann nach ein WG-Zimmer zu finden. Dann ist sie selbst an der Reihe von der großen Wiener Wohnung in eine kleinere Umzuziehen und das zieht ein physischen Ausmisten mit sich und inhärent mit einhergehen auch ein mentales Ausmisten.
Wunderbar beschreibt Doris Knecht, diese Ich-Erzählperspektive und nimmt uns in diesem Reflektionsbogen mit. Vor allem gelungen ist das reflektieren der einzelnen eigenen Rollen im Leben, sei es als Tochter, Schwester, Mutter, Freundin. Alles Rollen die es zu resümieren gilt.
Gelungen. Gut geschrieben. Bereichernd. Lesenswert.

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Veröffentlicht am 15.07.2023

Trügerische laue Sommernächte

Nachts erzähle ich dir alles
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Anika Landsteiner schrieb sich in mein -Herz mit `So wie du mich kennst`, seitdem MUSS ich alles von ihr lesen was kommt und nun in diesem Sommer ` Nachts erzähle ich dir alles`. Schon der Titel lässt ...

Anika Landsteiner schrieb sich in mein -Herz mit `So wie du mich kennst`, seitdem MUSS ich alles von ihr lesen was kommt und nun in diesem Sommer ` Nachts erzähle ich dir alles`. Schon der Titel lässt auf einen guten Roman hoffen.
Im Mittelpunkt steht Léa, die das Glück hat ein Haus in Saint Martin an der Côte d’Azur im Familienbesitz zu wissen. Hierhin flieht sie im Sommer und bringt so Abstand zwischen sich und ihre Familie, sich und dem deutschen trubeligen Alltag und ihrer Trennung und möchte hier Ruhe und Kraft schöpfen. Am ersten Abend steht Alice vor ihrer Tür, ein junges Mädchen mit dem Léa ins Gespräch kommt. Angenehm und locker bei einem Glass Wein. Die beiden wollen lose im Kontakt bleiben und dann passiert das unfassbare. Alice nimmt sich das Leben und hatte bereits ein weiteres Leben unter dem Herzen. Émile ihr Bruder sucht Léa auf und die beiden beginnen einen intensiven Austausch. Die beiden kommen sich nahe, haben beide verschiedene Themen zu bewältigen, er die Trauer und sie eine Trennung hinter sich. Es wird noch komplizierter…
Ich habe es unheimlich gerne gelesen, ich mag diesen Tonfall des Buches. Ein heißer Sog, der einen in den Bann zieht. Wie eine zu warme Bettdecke, die man wegstrampeln möchte, aber die man dann doch so gerne spürt. Es gibt immer wieder spannende Wendungen und Perspektiven, die es zu erkunden gilt.
Gelungen an dem Roman sind die Aufarbeitung der mannigfaltigen Beziehungen. Vor allem der Erzählstrang um die Nachbarin Claire, die sich in Abwesenheit der Familie um das Feriendomizil kümmert. Sie kommt zu Wort und richtet sich an Léa mit ihren Beobachtungen, ihrer Aufarbeitung wie Frauen miteinander agierten und zeigt wie die Vergangeneheit nachwirkt.
Wirklich sehr gelungen und je nachdem was im Bücherherbst noch folgt, könnte das in die Highlights 2023 einziehen!

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Veröffentlicht am 13.07.2023

Leben im „Nie-Wieder“-Land

Fremd
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Dieses Buch habe ich ausschließlich zur Hand genommen auf Grund einer Empfehlung von Maria Piwowarski. Sie stellte das Buch in der Folge 52 des blauschwarzberlin Podcasts vor. (Kann überall nachgehört ...

Dieses Buch habe ich ausschließlich zur Hand genommen auf Grund einer Empfehlung von Maria Piwowarski. Sie stellte das Buch in der Folge 52 des blauschwarzberlin Podcasts vor. (Kann überall nachgehört werden!). Und ich bin ihr dafür (wie immer!) sehr dankbar.
Nun aber zu ‚FREMD‘, ein extrem persönlicher Text von Michel Friedman. Ein Text, der tiefe Einblicke gewährt in das was ihn prägte, prägt und zu dem macht was er ist. Ein Mann, der als Kind zweier polnischer Holocaust-Überlebenden eine tiefe Verantwortung für seine Eltern empfindet, da die Familie außer in diesem Kern nicht-existent ist und dann auch noch in der Fremde. Erst Paris, dann Deutschland.
Alleine die Form des Textes ist grandios, denn es ist keine profane Prosa. Es sieht nach Lyrik aus und ist doch ein Text mit viel Tiefe und wenig Wörtern. Aus meiner Sicht eine große Kunst so komprimiert Stimmungsbilder und innere emotionale Zustände so auf den Punkt zu bringen!
„Papa sagt:
Sprache ist wichtig.
Sprache heißt dazuzugehören.
Freiheit.
Mitreden.
Mitschreiben.“
(S. 130)

Ganz ehrlich, diese Perspektive auf das Leben von Michel Friedman lässt ihn für mich noch mal in einem ganz anderen Licht erschienen. Leid und Freud liegt im Leben nah beieinander und hier ist ein sehr reflektierter Blick auf die eigene Vergangenheit zu lesen, die uns allen hilft unser Bewusstsein für das zu schärfen wie hier die Fremde wahrgenommen wird.

Ohne Frage: Lesenswert und arbeitet noch nach.

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Veröffentlicht am 02.07.2023

Für eine klimaresiliente Lebensweise

Über Leben in der Klimakrise
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Eine Frau ein Anliegen: Milena Glimbovski ist Gründerin des ersten Original Unverpackt Ladens in Berlin, Speakerin für Themen im Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt und hat auch die mentale Gesundheit im ...

Eine Frau ein Anliegen: Milena Glimbovski ist Gründerin des ersten Original Unverpackt Ladens in Berlin, Speakerin für Themen im Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt und hat auch die mentale Gesundheit im Blick und gründete den tollen „Ein guter Verlag“. Bewundernswert mit wie viel guter Energie sie voran schreitet um die Welt jeden Tag ein bisschen besser zu machen.
Nun gibt es das Sachbuch, dass den gleichen Titel trägt wie ihr Podcast „Über Leben in der Klimakrise“. Hier will sie nicht wachrütteln und überzeugen, dass wir den Klimawandel stoppen müssen. Sie hat den „point of no return“ im Blick und beschreibt was wir tun müssen, um uns den neuen Gegebenheiten anzupassen. Es gibt bereits heute viele Veränderungen, denen wir nicht mehr gegensteuern können und wir müssen handeln damit wir so wie die Natur heute ist, auch in Zukunft mit ihr leben können.
Insgesamt gibt sie Denkanstöße und handlungsfähige Ratschläge. Ein Buch, dass Menschen helfen kann, die sich bisher weniger mit dem Thema befasst haben und eine Ohnmacht erleben. So wie sie Milena Glimbovski umgetrieben hat. Das wird zu Beginn des Buches deutlich, die Wut kommt deutlich zu Tage und dann kippt das ganze uns sie will aktiv mit guten Ratschlägen und Lösungskonzepten uns allen ein wenig Licht am Ende des Tunnels zeigen.

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Veröffentlicht am 02.07.2023

Ohne Kakeibo geht nichts, sagt die Großmutter

3000 Yen fürs Glück
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Ich habe eine Schwäche für asiatische Literatur, das gebe ich gerne zu! Hier nun mal wieder eine Japanerin, Hika Harada, die auf ihrem Heimatmarkt mit ‚3000 Yen fürs Glück‘ für einen Bestseller gesorgt ...

Ich habe eine Schwäche für asiatische Literatur, das gebe ich gerne zu! Hier nun mal wieder eine Japanerin, Hika Harada, die auf ihrem Heimatmarkt mit ‚3000 Yen fürs Glück‘ für einen Bestseller gesorgt hat! Mit dem witzigen Untertitel „Ein Familienroman über die Kunst des Sparens“ war ich neugierig geworden.
Wir tauchen ab in die Familie Mikuriya, die in Tokyo lebt und betrachten diese zar immer über die monetären Aspekte des Lebens. Die Großmutter Kotoko und somit auch das Familienoberhaupt als Älteste, hat die Devise, dass es viel über einen Menschen aussagt was er/sie sich für 3000 Yen kauft. Übrigens (Stand Juli 2023) sind 3000 Yen, ca. 19 Euro wert. Sie steht vor der Herausforderung, dass ihre Rentenbezüge leider ihr Leben nicht abdecken, also muss sie arbeiten gehen trotz gut geführtem Kakeibo (Haushaltsbuch). Tomoko, Tochter von Kotoko, hat nun die Töchter aus dem Haus und will sich scheiden lassen – geht das finanziell? Miho möchte einen Hund und muss sich Gedanken machen, ob sie sich das überhaupt leisten kann. Ihre Schwester Maho hilft ihr beim finanziellen Überschlag. Beide sind die Enkelinnen von Kotoko.
Und so spinnt sich eine Familiengeschichte mit dem Fokus auf das Geld. Hört sich zunächst merkwürdig an, macht aber einen spannenden Blickwinkel auf. Denn es ist in der Tat so, dass man von finanziellen Handlungen auch auf Charaktereigenschaften schließen kann und so eine Betrachtung durch die Hintertür stattfindet. Eingeflochten sind Spartipps und gibt Leser:innen Anstoß über ihren eigenen Umgang mit Geld zu sinnieren.
Klar, für uns ist natürlich auch die japanische Familienstruktur und das japanische Umfeld an sich auch noch mal eine spannende Komponente in diesem Roman, da sie doch so ganz anders ticken.
Die gute Übersetzung aus dem Japanischen verdanken wir Cheyenne Dreißigacker!
Fazit: Wieviel Geld braucht man um glücklich zu sein?

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