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Veröffentlicht am 30.10.2020

Geschichte um Geschichte wird ein Epos erzählt

Der Halbbart
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Es war einmal ein junger Mann namens Eusebius in einer fernen Zeit. Er lebte unweit des Benediktinerklosters Einsiedeln in der Schweiz und erzählte Geschichten.
So könnte man den Roman ‚Der Halbbart‘ ...

Es war einmal ein junger Mann namens Eusebius in einer fernen Zeit. Er lebte unweit des Benediktinerklosters Einsiedeln in der Schweiz und erzählte Geschichten.
So könnte man den Roman ‚Der Halbbart‘ von Charles Lewinsky sehr grob zusammenfassen, der es bis auf die Longliste des deutschen Buchpreises 2020 geschafft hat.
Das Werk von stolzen 677 Seiten, dass gedruckt wie Bibelpapier anmutet, umfasst 83 Kapitel. Man könnte sagen der Roman besteht aus 83 einzelnen Geschichten, die für sich fast alleine existieren könnten, aber als Summe aller Teile zu einem großen Gesamtmeisterwerk verschmelzen.
Sebi, so nennen Eusebius alle aus dem Dorf, ist der Ich-Erzähler des Romans und nimmt uns mit auf eine Reise durch seine Lebenswelt. Er erzählt Geschichte um Geschichte, wo natürlich der titelgebende Halbbart eine tragende Rolle spielt. Aber nicht nur von ihm erfahren wir viel, auch viele andere Personen tauchen auf, da sind die beiden Brüder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, es folgen Priester, ein Schmied mit Tochter, das Teufels-Anneli und viele andere. Das Ganze spielt um 1300 und wird auch dialektisch mit Helvetismen durchmengt um ein zeitgetreues Kolorit zu gewinnen. In der Tat schafft Charles Lewinsky mit diesem Roman ein brillantes Werk, in dem er den Zeitgeist durch die erzählten Taten lebendig werden lässt sowie deren damalige Bewertung. Wenn eine Vergewaltigung die Schuld des Opfers ist und der Raub von Kirchenmobiliar als schlimmste aller Greultaten empfunden wird, ist die Moral und die Ehrfurcht eine andere als die heutige.
Charles Lewinsky ist ein großer Erzähler, der es nonchalant schafft uns auf eine fiktive Reise in die Vergangenheit mitzunehmen, die ich fast als echt empfunden habe. Da klappte ich das Buch zu und dachte: Ja, so muss es sich zugetragen haben. Wie der Roman auch endet: „Das war eine sehr schöne Geschichte, Eusebius. Man wird sie bestimmt noch lange erzählen, und irgendwann wird sie die Wahrheit sein.“ (S. 677)
Spannend ist auch die Art der Erzählung, zwar ist Sebi der Haupterzähler, aber im Grunde genommen sind in diesem Roman die Figuren das Beiwerk und die Geschichten der rote Faden.
Lasst euch darauf ein – euer Geist wird es euch danken!

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Veröffentlicht am 23.10.2020

Baskische Jagd

Baskische Tragödie
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Ich muss es gleich vorwegnehmen, ich bin kein großer Fan von Verfolgungsjagden in Krimis oder Thriller. Dennoch hat mir auch der 4. Fall von Luc Verlain gefallen.

Besonders toll finde ich wie Alexander ...

Ich muss es gleich vorwegnehmen, ich bin kein großer Fan von Verfolgungsjagden in Krimis oder Thriller. Dennoch hat mir auch der 4. Fall von Luc Verlain gefallen.

Besonders toll finde ich wie Alexander Oetker es schaffte mich mental an einen der schönsten Ecken Europas mitzunehmen. Wer noch nie in San Sebastián und Umgebung im Baskenland war, bekommt hier einen stimmungsvollen Eindruck der Gegend (trotz Krimi!). Wer es kennt erinner sich gerne. Und wahrlich merkt der Leser, dass der Autor dieses Fleckchen Erde besonders liebt!


Luv Verlain ist wieder mit Haut und Haaren im Einsatz und das weit mehr als in vorangegangenen Fällen, denn es ist ein sehr persönlicher Fall der ihn auf die Probe stellt und an den Rand seiner Kräfte bringt.

Der Krimi startet mit einem traurigen Umstand, da ein Kind in Lebensgefahr schwebt und Verlain nimmt die Ermittlungen auf. Aber kurz darauf ist er selbst im Visier der Polizei, angeblich hat er einen Mord verübt. Die Jagd beginnt....

Spaß hat das Lesen auf jeden Fall gemacht, aber die vorherigen 3 Fälle haben mir besser gefallen.



Ein großes Lob möchte ich Stefanie Bokeloh aussprechen für die grandios künstlerisch guten Karten auf den Vor- und Nachsatzseiten. Da zeigt sich wieder einmal der Vorteil eines gedruckten Buches!


Fazit: Spannend ja, aber zu viel Action für meinen Geschmack und zu persönlich. Ich freu mich auf den nächsten Fall im dem er höchsten unausgeschlafen sein kann durch seinen Nachwuchs.

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Veröffentlicht am 23.10.2020

Lebendige Geschichte!

Kleist und die zerbrochene Klassik
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Allerorts steigen die Infektionszahlen und Eltern mit schulpflichtigen Kindern bangen, dass wieder das Unwort des Jahres in dem Mund genommen wird: Homeschooling. Trust me, dass braucht keiner dauerhaft! ...

Allerorts steigen die Infektionszahlen und Eltern mit schulpflichtigen Kindern bangen, dass wieder das Unwort des Jahres in dem Mund genommen wird: Homeschooling. Trust me, dass braucht keiner dauerhaft!

Wenn es doch kommen sollte oder ein Referat in der Mittelstufe ansteht, habe ich für uns die Bibliothek des Wissens aus dem Arena-Verlag entdeckt.

Es werden interessante Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen, historische Machtinhaber und viele mehr portraitiert. Immer kompakt auf etwas über 100 Seiten, leicht verständlich und greifbar für Mittelstufenlernende.

Und ich als Streber-Mom hab natürlich auch schon welche gelesen. Wunderbar, wie man endlich mal ein Leben vor Augen hat, wenn man Namen hört, die allseits bekannt sind.

Oder wußtest ihr, dass Kleist auch mal den Versuch gestartet hat in der Schweiz als Bauer Fuß zu fassen? Sehr ihr! Nicht für alle die einen Kopf kleiner sind als wir, denn Bildung tut IMMER gut!

So, nun steck ich die Nase in “Marie Curie”.

Und mit welchem startet ihr? Karl Marx? Edison? Archimedes? Napoleon?

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Veröffentlicht am 23.10.2020

Wissenschafts-Ethik für Leihen

Die Erfindung des Countdowns
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Es ist schier atemberaubend, was die NASA seit ihrer Gründung 1958 auf die Beine gestellt hat! Und wer begann mit der tollkühnen Idee ins Weltall, auf den Mond zu fliegen? Den vielen Nicht-Wissenschaftlern ...

Es ist schier atemberaubend, was die NASA seit ihrer Gründung 1958 auf die Beine gestellt hat! Und wer begann mit der tollkühnen Idee ins Weltall, auf den Mond zu fliegen? Den vielen Nicht-Wissenschaftlern fällt sicher gleich ein großer Name ein: Wernher von Braun, DER Raketenwissenschaftler. Aber da gab es noch einen vor ihm, der die Idee in die Welt trug, bei dem auch Wernher von Braun einst lernte, der deutsche Physiker Hermann Oberth. Eine moralisch und ethnisch sehr streitbare Person und somit der perfekte Stoff für einen Roman!
Daniel Mellem, der selbst Physiker und nun auch Literat ist, schrieb die Geschichte des Wissenschaftlers auf mit dem wunderbaren Titel: „Die Erfindung des Countdown“. Wohlbemerkt sein Debüt und schon mit dem Retzhof-Preis für junge Literatur und dem Hamburger Literaturförderpreis ausgezeichnet. Daniel Mellems Roman basiert auf der real existierenden Person Hermann Oberth, baut alle Details seines Lebens akribisch ein, aber es bleibt ein Roman! Auch merkt man, dass der Autor weiß wovon er schreibt und bringt auch die Physik mit in den Roman, aber keine Sorge es nimmt keine Überhand. Im Gegenteil, der Roman beleuchtet mehr die Person Oberth. Er lebte in unruhigen Zeiten und erlebte beide Weltkriege. Es ist fast mehr eine Fragestellung nach der Ethik der Wissenschaft. Wie weit darf man gehen als Wissenschaftler und sich noch als unpolitisch verstehen. Ein äußerst spanender Blickwinkel! Daher sollte dieser Roman in der breiten Masse gelesen werden und nicht (nur) von Naturwissenschaftlern, die ohnehin das Dilemma kennen und zu bewerten wissen.
Der Roman gliedert sich in 10 Kapitel und ist der Countdown seines Lebens. Zum Teil werden große Zeitsprünge gemacht, was ich sehr begrüßt habe, so bleibt der Roman spannend, intensiv in einzelnen Episoden und doch bekommt man ein gutes Gesamtbild.
Fazit: Für mich eine absolute Entdeckung und mit Sicherheit landet dieser Roman unter meinen persönlichen Top 10 im Jahr 2020!

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Fußball & Freundschaft - unschlagbar

Leselöwen 2. Klasse - Die besten Kicker der Welt
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Wer kenn das nicht mit den Kindern, dass das Lesen geübt werden muss um besser zu werden, aber so recht mag man die Erstleser-Bücher nicht….!? Zum Glück hat sich in den letzten Jahren einiges auf dem Markt ...

Wer kenn das nicht mit den Kindern, dass das Lesen geübt werden muss um besser zu werden, aber so recht mag man die Erstleser-Bücher nicht….!? Zum Glück hat sich in den letzten Jahren einiges auf dem Markt getan und Neuerscheinungen gibt es auch reichlich.
Mein Sohn ist momentan in der 2. Klasse und wir haben uns „Die besten Kicker der Welt“ herausgepickt, dass genau für sein Leseniveau konzipiert ist aus der altbekannten Reihe „Leselöwen“.
Er fand das Thema cool und die tollen Illustrationen und ich fand Sätze pro Seite und insgesamte Textfülle gut. Na dann mal los! Anja Kiel hat es wunderbar geschafft ein Lese-Lernbuch zu schreiben, dass die Leser, zumindest meinen Sohn, genau da abholt wo er mit seinen Lesekenntnissen ist. Die Wortwahl war insgesamt gut und das ein und andere Wort eine Herausforderung wie Training oder Foul. Aber so soll es ja sein. Vertiefen und dazulernen!
Die Geschichte ist niedlich, sehr sozial und was mich begeistert hat auf so neutrale Art ausgewogen ohne Bemüht zu wirken. Da gibt es Jungs wie Mädchen beim Fußball und einen Luca genauso wie einen Serkan. Das hat uns sehr gut gefallen. Genderfrei sowieso und daher ein Leselernbuch für alle – nicht nur für Jungs! Bunt gemischt und alle füreinander da - es braucht keine Ausgrenzung!
Einen besonderen Anreiz bilden die Sticker die ganz hinten im Buch kleben! Da war meiner scharf drauf und las dann den letzten Rest besonders schnell. Auch ist zum Schluss noch mal ein Abschnitt mit Fragen und Antworten für das Textverständnis und auch einige Begriffserklärungen. Super, aber wir finden, diese beiden Sektionen sollten lieber zwischen die Kapitel gebaut werden. Ist das Buch einmal gelesen, ist es „erledigt“.
Besonders lobend muss ich auch die Illustrationen von Elli Bruder erwähnen. Die haben uns beide sehr gut gefallen und unterstützen das Textverständnis ohne abzulenken und die Seiten zu überfrachten.

Ein rundum gelungenes Lesebuch für die 2. Klasse mit Spannung, Pfiff und Freundschaft!

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