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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.09.2019

Triviale Geschichte sprachlich brillant verpackt.

Gespräche mit Freunden
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Eigentlich erzählt dieser Roman sehr triviale Beziehungsgeschichten. Eigentlich. Und dann schaut man genauer hin und bemerkt den feinen Unterschied. Natürlich geht es voranging darum wer mit dem und welcher ...

Eigentlich erzählt dieser Roman sehr triviale Beziehungsgeschichten. Eigentlich. Und dann schaut man genauer hin und bemerkt den feinen Unterschied. Natürlich geht es voranging darum wer mit dem und welcher Zuneigungsgrad aktuell ist. Wenn man dann auch noch in Betracht zieht, dass zwei von 4 Hauptpersonen Collagstudentinnen sind, dann könnte man geneigt sein das Buch nicht mal aufzuschlagen. Aber dann tut man dem Roman unrecht, denn der Unterschied zu anderen Romanen die auf den ersten Blick einen ähnlichen Plot haben, ist enorm. Die Autorin Sally Rooney bringt uns diese Geschichte nicht durch eine klassische narrative Erzählweise näher, nein, sie skizziert ihre Gespräche. Daher ist der Titel auch absolut passend gewählt. Die 4 wichtigsten Personen sind im ständigen Kontakt miteinander und tauschen sich aus. Sally Rooney beschreibt aus der Sicht einer der Collegestudentinnen, Frances, wie gesprochen wird, welche Tonlage angeschlagen wird, welche Körpersprache zum Einsatz kommt. Dann kommt noch hinzu, dass dieser Roman mit den Beziehungen die dort geführt werden, das klassische bekannte Lebensmodell, Mann und Frau in einer Ehe, in Frage stellt. Der Roman eröffnet den Blick auf neue Beziehungsmöglichkeiten und lässt es so normal erscheinen. Für viele ist es so, aber ich glaube für ganz viele leider noch nicht. All das macht den Roman so anders und ein Stück mehr Literatur als nur Schmöker.
Allerdings muss ich auch zugeben, dass meine Erwartung an den Roman immens hoch war, da die britische Presse und Literaturszene diesen Roman in den Himmel gelobt haben. Die Latte lag leider etwas zu hoch durch die vielen überpositiven Stimmen. Wer mit weniger Informationen an den Roman herangeht wird belohnt.
Die Übersetzung ist von der mit sehr geschätzten Zoe Beck hervorragend gelungen.
Fazit: Wann habe ich zum letzten Mal ein Gespräch mit Hingabe mit einer/m Freund/in geführt? Der Roman inspiriert zum näheren und ehrlichen Austausch mit den wirklich wichtigen Menschen im Leben.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Veröffentlicht am 11.09.2019

Zwei Männer - zwei Biografien, aber alles richtig gemacht?

Alles richtig gemacht
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Es ist einer dieser nicht besonders überzeugenden Sprüche: „Alles richtig gemacht!“ Wieso sagt man so etwas? Um sich selber zu überzeugen? Oder um andere zu überzeugen, dass sie etwas nicht richtig gemacht ...

Es ist einer dieser nicht besonders überzeugenden Sprüche: „Alles richtig gemacht!“ Wieso sagt man so etwas? Um sich selber zu überzeugen? Oder um andere zu überzeugen, dass sie etwas nicht richtig gemacht haben? In der Summe führt es zum gleichen Ergebnis: ein unnötiger Ausspruch! Was zeichnet „richtig“ aus? Ist es Glück im Leben, sind es wertvolle Beziehungen, sind es die Freuden oder gar der eigene Besitz? Tja, das kann eben nur jeder selbst für sich entscheiden und daher ist „Alles richtig gemacht“ auch eine Aussage, die nur beim letzten Atemzug Sinn machen würde.
Dieser Roman von Gregor Sander trägt aber zurecht diesen Titel: „Alles richtig gemacht“, denn hier wird die Lebensgeschichte zweier Männer beleuchtet, die unterschiedlichere Entscheidungen nicht hätten treffen können im Leben. Der Titel ist fast eine Ironie der Lage.
Thomas und Daniel wachsen in Rostock zu DDR-Zeiten auf, dann verschlägt es sie nach Berlin und wohnen auch zusammen. Doch dann trennen und kreuzen sich die Wege auf unterschiedlichste Weise. Wir bekommen die Geschichte aus der Thomas-Perspektive erzählt und reisen mit ihm auch gedanklich in die Vergangenheit.
Gregor Sander lässt uns eintauchen in verschiedenste geschichtliche Ereignisse und bringt alles wie ein Erinnerungsfeuer zum Leuchten. Der 11.September in New York ist genauso Thema wie der G8 Gipfel in Heiligendamm oder wie die Rechtsradikalen in den 90er Jahren in Mecklenburg-Vorpommern gewütet haben, natürlich auch Veränderungen durch den Mauerfall. Ein wenig geschichtliche Vorbildung tut gut bei diesem Roman, auch wenn einige junge Leser all dies noch nicht miterlebet haben.
Sprachlich wunderbar durchgearbeitet, liest sich dieser Roman herrlich weg. Vor allem die Veränderungen in Berlin selbst werden hervorragend nebenbei erwähnt. Da gab es viele Orte die auch mich in Erinnerung schwelgen lassen. Auch Anmerkungen wie diese lassen mich schmunzeln: "So Schlumpf-Einfamilienhäuser mit jeweils einem tischtennisplattengroßen Garten. Warum wollen eigentlich die Leute in Berlin Mitte wie am Stadtrand von Hannover wohnen?" (S.199)
Fazit: Für alle, die gute Geschichten lieben vermengt mit historischen Eckpfeilern, etwas Wendeveränderung und viel Berlin-Bezug!
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Grundschüler für das Thema Müll sensibilisieren!

Weniger ins Meer
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Jeder spricht momentan über das Thema Müll und das es zu viel ist was wir produzieren in der heutigen Konsumgesellschaft. Zu Recht wie ich finde! Aber wie erklärt man schon den Jüngsten was da eigentlich ...

Jeder spricht momentan über das Thema Müll und das es zu viel ist was wir produzieren in der heutigen Konsumgesellschaft. Zu Recht wie ich finde! Aber wie erklärt man schon den Jüngsten was da eigentlich passiert, wenn man sagt, dass wird recycelt? Es fängt schon bei dem schweren Wort an: Recycling!
Und dann gibt es ja auch noch unterschiedliche Rohstoffe, hier gilt es auch noch zu differenzieren! Hannah Wilson nimmt sich genau dem an in ihrem Kindersachbuch „Weniger ist Meer“.
Sehr übersichtlich mit einer Einleitung wie unser schöner Planet vermüllt und was das Problem ist beginnt dieses übersichtliche Buch.
Dann folgt für jeden Rohstoff ein Kapitel (Plastik, Glas, Papier, Metall, Textilien, Lebensmittel) in dem zunächst erklärt wird um was es sich da eigentlich handelt. Dann wird in jedem Kapitel erklären wie es recycelt wir und Tipps für die Müllvermeidung bekommen die Kinder auch noch an die Hand. Zum Schluss sind Upcycling Ideen zum Basteln per Rohstoff aufgezeigt. Eine runde Sache, bei der Kinder ihr Wissen erweitern und mit den Tipps und Bastelanregungen sogleich aktiv werden können. Alles sehr anschaulich mit vielen Graphiken und Bildern um es verständlich zu machen. Auch gibt es einzelne Textboxen die alle einzeln gelesen werden können und einen Leseanfänger nicht überfordern. So kann ein Grundschüler sich das Buch immer wieder zur Hand nehmen und die Illustrationen anschauen und mal die eine mal die andere Box lesen. Natürlich eignet es sich auch bereits im Vorschulalter zum Vorlesen! Ganz hinten im Buch gibt es auch ein Glossar, dass Begriffe kindgerecht erklärt.

Fazit: Ein aufklärendes und bereicherndes Buch, das Grundschüler für ein so wichtiges Thema sensibilisiert!

Veröffentlicht am 07.09.2019

Ein Kleinstadtpanoptikum

Der Sprung
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Es gibt immer wieder Situationen, in denen wir Menschen begegnen und wir deren handeln und Aussprüche nicht nachvollziehen können. Aber was steht hinter diesen isoliert betrachteten Ausfällen? Es lohnt ...

Es gibt immer wieder Situationen, in denen wir Menschen begegnen und wir deren handeln und Aussprüche nicht nachvollziehen können. Aber was steht hinter diesen isoliert betrachteten Ausfällen? Es lohnt sich oft genauer hinzusehen und zuzuhören. Oft steckt etwas dahinter, dass Ausbrüche oder Abneigungen so extrem ausfallen. Sei es ein traumatisches Erlebnis, ein Umstand, eine desaströse Kindheit, eine Abneigung gegen etwas oder oder oder. Und genau das zeigt uns dieses Buch auf eine facettenreiche Art. Menschen sind geprägt durch ihre Lebenserfahrungen.
Auch gibt es Situationen, in denen einzelne etwas tun und andere dadurch beeinflusst werden, auch wenn es indirekt ist, eine Art Schmetterlingseffekt. Auch das ist ein zentrales Element in diesem Romans.
‚Der Sprung‘ von der Schweizerin Simone Lappert ist ein besonderes Buch. Die Autorin hat ein feinsinniges Gespür für Sprache. Sie schmeißt bekannte sprachliche Bilder in die Luft und setzt sie nonchalant auf neuartige Weise wieder kreativ zusammen. Ein Beispiel wäre auf Seite 171 zu finden, wo es heißt: „Du kommst ganz nach deinem Vater, dem hat auch der Feinsinn fürs Brachiale gefehlt.“ Oder auch auf Seite 90 „weil Tanzen Träumen mit den Füßen war“.
Aber kurz zum Inhalt. Zunächst einmal geht ein Spotlight an und wir bekommen ein Bild von einer Frau auf einem Hausdach zugetragen und wie sie springt. Dann werden wir 24 Stunden zurück in die Vergangenheit versetzt. In jedem Kapitel lernen wir eine neue Person kennen. Immer wieder wechselt die Perspektive. Zunächst zusammenhangslos wie einzelne Puzzlezeile, aber dann setzt sich das Bild nach und nach zusammen. Zum Schluss ist das Bild komplett und einige Dinge dann doch anders als gedacht.
Das Figurenpersonal ist vielfältig und umfangreich. Eine Lektüre in längeren Etappen lohnt sich, sonst verliert man den Faden recht schnell. Faszinierend an dem Roman ist, dass die Personen so vielschichtig entworfen sind, dass jeder Leser eine persönlichen Fokus zu legen scheint und Sympathien und Antipathien unterschiedlich verteilt werden – wie im echten Leben.
Fazit: Mich hat der Roman begeistert und ich habe ihn sehr gerne gelesen. Einerseits eine leichte Lektüre, andererseits immer mit doppeltem Boden und einem Aufruf Menschen zunächst urteilsfrei zu begegnen, weil jeder eine Lebensgeschichte im Gepäck hat.

Veröffentlicht am 26.08.2019

Ein Science-Fiction Roman in einem anachronistischen Gewand

Der Metropolist
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Abgefahren! Der Roman „der Metropolist“ sprengt die herkömmlichen Grenzen der gängigen Genre! Bei der erfreulichen Lektüre dachte ich so manches Mal das ist futuristische Science Fiction und dann las es ...

Abgefahren! Der Roman „der Metropolist“ sprengt die herkömmlichen Grenzen der gängigen Genre! Bei der erfreulichen Lektüre dachte ich so manches Mal das ist futuristische Science Fiction und dann las es sich teilweise wie ein Agententhriller aus den 50er Jahren, auf anderen Seiten hatte es etwas komödiantisches wie Men in Black. Mein Resümee ist: hier passt keine Schublade und die Klappentextüberschrift passt extrem gut mit „Pulp Fiction meets Science Fiction“.
Seth Fried, der unter anderem auch für den New Yorker schreibt, schickt in seinem Roman in nicht allzu ferner Zukunft den streberhaften Henry Thompson der Infrastrukturbehörde auf eine Mission nach Metropolis. Metropolis gerät ins Wanken, es gibt Anschläge und die Tochter des Bürgermeisters verschwindet. Nun soll Thompson mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz OWEN die Stadt retten. Leider ist OWEN exzentrisch, versoffen und Vorschriften respektiert er auch nicht. Alles in der Tat eine explosive Mischung auf sehr unterhaltsame Weise!
Weder zu technisch, noch zu düster wie viele Science Fiction Romane geht es hier zu. In der Tat gibt es eine künstliche Intelligenz, aber auch noch ausgedruckte papierhafte Memos. Dann wird immer noch geraucht und die Führungspositionen sind alle von Männern besetzt, wenn das nicht anachronistisch ist, dann weiß ich auch nicht. Gepaart ist das Ganze mit aberwitzigen Situation, die nicht vorhersehbar sind. Genau diese irre Mischung macht den Roman aus und lesenswert.
Weniger auf den Text bezogen, aber für mich als Leser immer auch wichtig ist die Seitengestaltung. Wenig Schrift pro Seite in großer Schriftgröße, ein handliches Softcover-Taschenbuch. Da hat der Heyne Verlag ein wirklich gutes Stück Arbeit produziert. Auch das Cover ist überzeugen!
Fazit: Wer also das nächste Mal in einer Buchhandlung steht, gerne etwas Spannendens lesen möchte, aber es kann gerne mal „anders“ sein – bitte zugreife.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.