Eine Kleinstadt hält den Atem an
Endlich habe ich es geschafft den 2. hochgelobten Roman der Schweizerin Simone Lappert zu lesen. "Der Sprung" handelt von einer jungen Frau, die eines Tages auf dem Dach eines Hauses steht und eine Kleinstadt ...
Endlich habe ich es geschafft den 2. hochgelobten Roman der Schweizerin Simone Lappert zu lesen. "Der Sprung" handelt von einer jungen Frau, die eines Tages auf dem Dach eines Hauses steht und eine Kleinstadt in der Nähe von Freiburg in helle Aufregung versetzt. Schnell ist die Polizei alarmiert, die versucht, die Frau von ihrem vermeintlichen Selbstmordversuch abzubringen. Derweil finden sich auf dem Platz vor dem Haus immer mehr Schaulustige ein, und das Ganze entwickelt sich zu einer Art morbidem Volksfest. Da werden Handyfotos geschossen und ein Jugendlicher schreit "Nun spring doch endlich". Picknickstühle werden hervorgeholt und der kurz vor der Pleite stehende Tante Emma Laden macht den Umsatz des Jahres.
Zu Beginn hat mich die Vielzahl der Protagonisten, es sind 10 Figuren um genau zu sein, noch sehr verwirrt. Jedes Kapitel ist überschrieben mit dem Namen der Person, in deren Leben wir als Leser gerade hineinschauen können. Es scheinen zunächst wahllose Geschichten zu sein, doch nach und nach entdeckt man, dass jeder Einzelne eine Verbindung zu der Frau auf dem Dach hat. Das hat Simone Lappert wirklich fantastisch hinbekommen. Bemerkenswert ist, dass die vermeintliche Selbstmörderin selbst gar nicht zu Wort kommt.
Bei den Figuren hat man das Gefühl einen Querschnitt der Gesellschaft dieses kleinen Ortes zu erleben. Nicht nur nahestehende Personen der Frau auf dem Dach kommen zu Wort, wie z.B ihre Schwester und ihr Freund, nein auch andere Personen, deren Leben in irgendeiner Form durch dieses" Ereignis" berührt wird. In gewisser Weise hält uns die Autorin mit ihren Charakteren einen Spiegel vor, denn wie oft bilden wir uns ein vorschnelles Urteil von einem Menschen, ohne zu wissen, welche Geschichte hinter seinem Verhalten steckt.
Mich hat das Buch sehr berührt und es hat riesigen Spaß gemacht zu sehen, wie die Autorin die ganzen losen Enden in ihrem Roman zu einem stimmigen Ganzen verwoben hat. Es lohnt sich die ersten 50-60 Seiten durchzuhalten, in denen einen die Vielzahl der Figuren vielleicht noch überfordert. Danach merkt man als Leser, dass man es tatsächlich schafft, den Überblick nicht zu verlieren und die Geschichte beginnt einen Sog zu entwickeln, dem man sich nicht entziehen kann.
Simone Lappert hat einen sehr detailreichen, bildhaften Schreibstil und durch die vielen Protagonisten und deren Schicksale bekommt man auch ein Gefühl der Stimmung und Atmosphäre, dieses warmen Maitages, der so viele Leben verändern wird.
Ich kann den Roman nur wärmstens empfehlen und werde die Autorin sicher weiterhin im Auge behalten.