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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.09.2024

Sonntagslektüre über Sonntage

Am See
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Sucht ihr nach einem Roman, der kurz ist, aber trotzdem einnimmt? Dann gerne zu „Am See“ von Maria Barbal greifen. Kurz, schön, gut, auch wenn nicht so viel passiert.
Es geht auf den nicht mal 200 Seiten ...

Sucht ihr nach einem Roman, der kurz ist, aber trotzdem einnimmt? Dann gerne zu „Am See“ von Maria Barbal greifen. Kurz, schön, gut, auch wenn nicht so viel passiert.
Es geht auf den nicht mal 200 Seiten um Nora, ein Mädchen, dass auf ihre sonntäglichen Ausflüge dem Erwachsen werden zum Greifen nahe ist. Sonntags macht sie sich mit dem Cousin ihrer Mutter, dessen Frau und Sohn sowie der Großmutter auf zu einem Seen in den katalanischen Pyrenäen. Mit von der Partie ein weiteres befreundetes Paar, Lídia und ihr Mann. Lídia ist eine Schlüsselfigur, denn die bildhübsche Frau ist nicht nur Nora nahe sondern weckt auch Begehren. Einerseits werden hier Beziehungen und Geflechte aus fast entwachsenen Kinderaugen toll beschrieben und andererseits auch naiv wahrgenommen. Interessant gewählte Perspektive.
Große Klasse sind die äußeren Umstände, der See, die Natur, wenn man die Augen schließt liegt man daneben am See. Die katalanische Autorin beschreibt es wunderbar, aber nicht ausschweifend. Ohnehin gut übersetzt von Heike Nottebaum aus dem Katalanischen, soweit ich das beurteilen mag.
Handlung ist wenig vorhanden, aber diese Stimmung dieser Sonntage wird großartig transportiert. Zum Ende hin wird ein Ereignis beigemengt, dass einen Abschluss und eine Veränderung herbeiführen. Ist aber ohnehin nicht das entscheidende bei diesem schmalen Band. Also, nicht auf die „Pointe“ warten, sondern den See genießen.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Autofiktion aus einer Klassensicht

Die Arbeiter
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Es geht um Martin, ein Kinder der Arbeiterklasse in Plettenberg, geboren in den 80er Jahren. Und ja, richtig gesehen der Autor heißt auch Martin und ist geboren in Plettenberg. Wie der Autor so schön formulierte: ...

Es geht um Martin, ein Kinder der Arbeiterklasse in Plettenberg, geboren in den 80er Jahren. Und ja, richtig gesehen der Autor heißt auch Martin und ist geboren in Plettenberg. Wie der Autor so schön formulierte: Viel Autobiographisches, nicht alles stimmt.
Martin Becker nimmt sein Aufwachsen als Blaupause für diesen Roman und taucht in Erinnerungen ab und macht sie uns zugänglich. Erläutert, wie (s)eine Familie mit wenig Mitteln sich ihrem Schicksal fügt und das beste rausholt. Für die Kinder, für das Reihenhaus. Schuften um ab und an die Beine hochlegen zu können. Am Nordseestrand.
Ein zeithistorisches Portrait einer ganzen Familie mit ihren Umgangsformen und wie sie das Leben meistern. Mal gut, mal schlecht. Wie trotz aller Limitationen ein Heimatgefühl in diesem Ort, Plettenberg, in den Menschen so tief verankert ist, dass sie sich wohl fühlen mit dem wie es ist und was sie haben.
Mich hat die nicht-lineare Erzählweise leicht aus dem Takt gebracht und eine seiner Schwestern, bei der ich den Faden verlor…wer den Roman kennt, weiß worauf ich anspiele. Ansonsten tonal literarisch gut geschrieben.
Es ist im Grunde ein Roman über die Arbeiterklasse ab den 80er Jahren in Deutschland. Eine Klasse, die durch die strukturellen Veränderungen so nicht mehr den breiten Bestand hat, aber natürlich noch vorhanden ist.
Ein spannender Einblick!

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Veröffentlicht am 15.09.2024

War es das?

Ava liebt noch
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„Ava liebt noch“ hat mich sehr angesprochen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich genauso alt bin wie die Protagonistin Ava. Wahrscheinlich liegt es daran, dass auch ich Kinder habe und sehr wahrscheinlich ...

„Ava liebt noch“ hat mich sehr angesprochen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich genauso alt bin wie die Protagonistin Ava. Wahrscheinlich liegt es daran, dass auch ich Kinder habe und sehr wahrscheinlich ereilen und in dieser Lebensphase oft Gedanken, die auch die Protagonistin Ava hat: War es das jetzt?
Ava, Mutter von drei Kindern, Mann und ein geregeltes Leben. Wo bleibt sie dabei? Auf der Strecke und da passiert es: Sie hat eine Affäre. Sie verliebt sich in den Schwimmlehrer der Tochter, Kieran. Sie fühlt sich wieder wahrgenommen und nicht nur als „Mutter von…“, liebt wieder mit Haut und Haaren. Aber was wird aus dieser Affäre? Was macht das mit Ava und wo führt es hin?
Ich fand den Roman sehr gelungen und habe ihn gerne gelesen. Vera Zischke fängt dieses Szenario gut ein und lässt uns auf diesen Seiten aus dem Alltag ausbrechen. Gut geschrieben!

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Veröffentlicht am 15.09.2024

Obsessives Verhalten

Mein Mann
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Was passiert, wenn man den Traum lebt und fatale Angst hat alles zu verlieren? Testet man seinen Gegenüber und fordert das Schicksal heraus?

Maud Ventura hat mit „Mein Mann“ aus meiner Sicht einen klassisch ...

Was passiert, wenn man den Traum lebt und fatale Angst hat alles zu verlieren? Testet man seinen Gegenüber und fordert das Schicksal heraus?

Maud Ventura hat mit „Mein Mann“ aus meiner Sicht einen klassisch französischen Roman geschrieben, in dem eine Frau im mittleren Alter im Fokus steht und die großen Liebes- und Lebensfragen aufkommen.

Unsere Protagonistin lebt ein Leben von dem alle träumen: Sie macht Karriere, wohnt großartig, bekam zwei tolle Kinder mit ihrem Traummann. Und hier beginnt das Drama. Denn sie hat Angst ihn zu verlieren, hat Angst er könnte sie weniger lieber, hat Angst betrogen und verlassen zu werden.

Um dieser Angst etwas entgegen zu setzen, beginnt sie ihn zu testen. Eine obsessive Spiel beginnt und wird immer fataler und endet in einer Eskalationsspirale. Man könnte psychologischen Horror nennen.

So wie die Protagonistin eine Obsession mit ihrem Mann hegt und sich auf dünnes Eis begibt, genau so hat sich auch das Lesen angefühlt. Einerseits waren die inneren Monologe leicht anstrengend, aber eben auch so einsaugend, dass ich als Leserin selbst zur obsessiven Leserin geworden bin.


Ohne Frage hat Maud Ventura mir gute Lesestunden bereitet!

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Veröffentlicht am 15.09.2024

Murano durch die Zeiten hinweg

Das Geheimnis der Glasmacherin
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Dieser Roman verbindet so einiges! Hier trifft Geschichte auf Phantasmen, hier trifft Familie auf Kunsthandwerk. Ein Ritt durch die Zeit der 1468 beginnt und uns nach Venedig bringt, nach Murano. Eine ...

Dieser Roman verbindet so einiges! Hier trifft Geschichte auf Phantasmen, hier trifft Familie auf Kunsthandwerk. Ein Ritt durch die Zeit der 1468 beginnt und uns nach Venedig bringt, nach Murano. Eine Insel auf der seit jeher die Glasbläserkunst zu Hause ist, weil die reiche Handelsstadt auch genügend Überschuss hatte sich Feines und Schönes zu leisten.
Im Mittelpunkt steht Familie Rosso. Der Patriarch stirbt, hinterlässt eine Manufaktur und keinen ausgebildeten Erben, der es weiterführen kann um die Familie zu ernähren. Somit sucht die Mutter einen Ausweg in dem sie ihre Tochter Orsola Glasperlen herstellen lässt, da Frauen die Werkstatt so nicht betreiben dürften…Der Erfolg gibt ihr Recht, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Der Roman erläutert das Kunsthandwerk inklusiver italienischer Phrasen und Wörter. Lesend tauchte ich hier in eine andere Welt ein, die bis heute ihr Handwerk der Glaskunst gekonnt der Welt präsentiert.
Ein Roman der im Jahr 1468 entspringt und dann bis in die Gegenwart seinen Lauf nimmt. Geopolitische Ereignisse treffen auf Venedig und besagter Familie. Und nun kommt das phantastische Element: denn wie dem Chronos entzogen verändert sich die Familie nicht, kein Altern keine Gebrechlichkeiten. Unsterblich durch alle Zeiten. Für uns Leser:innen von Vorteil, weil nicht immer wieder Tod und Geburt zur Fülle der Charaktere im Buch beitragen, aber eben ein surreales Element, dass auch nicht weiter thematisiert bzw. aufgelöst wird.
Geschrieben ist es wunderbar leicht lesbar und auch super übersetzt von Claudia Feldmann.
Tracy Chevalier hat wieder einen tollen Roman geschrieben, der viel beinhaltet, nutzt die literarischen Schaffensgrenzen um uns Murano mit seiner eigenen Welt ganz nahe zu bringen.

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