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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2019

Ein Thriller der Extraklasse

Geblendet
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Manchmal macht man einen Glücksgriff, so ganz nebenbei und ohne Absicht. So ging es mir mit „Geblendet“. Ich fand die Leseprobe interessant, Schreibstil und Setting erinnerten mich entfernt an Grangé und ...

Manchmal macht man einen Glücksgriff, so ganz nebenbei und ohne Absicht. So ging es mir mit „Geblendet“. Ich fand die Leseprobe interessant, Schreibstil und Setting erinnerten mich entfernt an Grangé und das machte mir Lust auf diesen Thriller. Ich hatte viel erwartet und diese Erwartungen wurden noch übertroffen.

Ich habe es nämlich mal wieder geschafft, mitten in eine Serie zu platzen und hätte ich die anderen beiden Teile vorher gelesen, ich hätte bestimmt sehnsüchtig auf diesen dritten Teil gewartet. So ging ich ziemlich unbedarft zu meinem Meeting mit Jenny Aaron. Aber Andreas Pflüger hat zwischendurch immer mal ein paar wichtige Informationen aus der Vergangenheit eingestreut, so dass ich nicht das Gefühl hatte, irgendetwas verpasst zu haben.

Ich bin immer noch geflasht, die Sprache hat mich absolut umgehauen. So sanft und so präzise, so direkt und so poetisch. Was wie ein Widerspruch klingt, ist eine perfekte Symbiose von Schönheit und Präzision.
Denn „Geblendet“ ist nicht nur ein überaus spannender Thriller, der erfreulich unbrutal daher kommt und wenn es doch mal sein muss, dann ist es sehr ästhetisch formuliert. Natürlich kommt die Action nicht zu kurz und es ist schon eine Kunst, diese Szenen so zu beschreiben, dass ein Film vor meinem inneren Auge abläuft. Besonders als Jenny Aaron auf eine ihr ebenbürtige Kontrahentin trifft, bin ich absolut fasziniert. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Denn die „Abteilung“ ist eine absolute Elite-Einheit und das merkt man auch.

Aber gleichzeitig gewährt mir Andreas Pflüger auch tiefe Einblicke in die Psyche der blinden Jenny Aaron und beschreibt mit unheimlich viel Feingefühl ihre Situation, ihre Zweifel, ihre Emotionen. Und so wechseln sich die spannenden Passagen mit den nachdenklichen Passagen ab und das hat mir besonders gut gefallen.

Ein absolutes Thrillerhighlight, erfreulich anders mit einer so schönen und anspruchsvollen Sprache, die ich leider viel zu selten in spannenden Büchern finde.
Fazit: Einer der besten Thriller seit langem! Nicht ganz so einfach und daher auch nicht so schnell zu lesen, aber sowohl die Story als auch die Sprache haben mich absolut begeistert!

Veröffentlicht am 13.10.2019

Düstere Zukunftsvision

Der Store
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Buy Local ist in aller Munde, aber die Menschen kaufen aus lauter Bequemlichkeit lieber online. Davon spreche ich mich auch nicht frei und nach der Lektüre von „Der Store“ denke ich noch intensiver darüber ...

Buy Local ist in aller Munde, aber die Menschen kaufen aus lauter Bequemlichkeit lieber online. Davon spreche ich mich auch nicht frei und nach der Lektüre von „Der Store“ denke ich noch intensiver darüber nach als ich das ohnehin schon mache.

Wie so viele Bücher beginnt auch dieses mit einem Zitat, einem sehr alten Zitat von Benjamin Harrison, der von 1889 bis 1893 der 23. Präsident der Vereinigten Staaten war: „Wie armselig ist doch der Mensch, der einen Rock so wohlfeil verlangt, dass der Mann und die Frau, die das Tuch machen und das Gewand schaffen, dabei hungers leiden.“

Rob Hard greift hier also ein sehr aktuelles Thema auf und verpackt es in einen überaus spannenden Roman. Paxton und Zinnia bewerben sich aus unterschiedlichen Beweggründen bei Cloud und freunden sich schließlich an. Da beide in verschiedenen Positionen eingesetzt werden, lerne ich sehr viel über die Struktur und das System Cloud. Bisher ist das alles Dystopie, aber so weit entfernt scheint das gar nicht. Schon heute gibt es nicht nur ein riesiges Versandhaus und man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Arbeitsbedingungen dort sind. Natürlich ist die „normale“ Welt hier genau wie in anderen Büchern dieser Art nicht mehr lebenswert, der Unterschied zwischen arm und reich ist enorm.

Rob Hard erzählt in drei Strängen. Neben Paxton und Zinnia kommt auch Gibson zu Wort, der Gründer von Cloud. Er ist inzwischen ein alter kranker Mann und zieht in seinen Blogbeiträgen Resümee. Die Anfänge und seine Intention waren lobenswert und ich fange sogar an, ihn zu mögen. Oder drückt er nur auf die Tränendrüse?

Das Buch lässt mich mit etwas gemischten Gefühlen zurück. Einerseits finde ich es inhaltlich sehr authentisch, allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Ab da wurde es für mich ein bisschen zu übertrieben und das zerstörte für mich den bis dahin guten Eindruck etwas.

Die Geschichten von Zinnia und Paxton hingegen fand ich bis zum Schluss sehr spannend und glaubwürdig. Die zwei total unterschiedlichen Charaktere ergänzen sich unglaublich gut und beide hatten von Anfang an meine Sympathie.

Der Schreibstil ist sehr gut lesbar, Rob Hard schreibt schnörkellos und das passt fantastisch zu seiner düsteren Zukunftsvision.

Trotz der wenigen Kritikpunkte finde ich das Buch wichtig und gut lesbar. Es macht nachdenklich und bleibt lange im Gedächtnis.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Intensiv und authentisch

Der Sprung
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Das Buch startet heftig, der titelgebende Sprung wird fast schon viel zu schön beschrieben. Das ging mir total unter die Haut, hat mich etwas verwirrt und vor allen Dingen neugierig gemacht. Intensiv ist ...

Das Buch startet heftig, der titelgebende Sprung wird fast schon viel zu schön beschrieben. Das ging mir total unter die Haut, hat mich etwas verwirrt und vor allen Dingen neugierig gemacht. Intensiv ist das Wort, das mir schon nach wenigen Seiten im Kopf herumging und das sollte sich auch bis zum Ende nicht ändern.

Durch den Klappeninnentext weiß ich ja, wer auf dem Dach steht. Aber das nimmt dem Buch nicht die Spannung, ganz im Gegenteil, ich will unbedingt wissen, was diese junge Frau dazu bewegt hat, diesen Schritt zu gehen. Ich lerne Manu kennen und noch einige andere Mitmenschen aus der Kleinstadt, in der sie als Gärtnerin arbeitet. Aber wie das auch in kleinen Orten so ist, man kennt sich vielleicht vom Sehen und manchmal noch nicht mal das. Die einzelnen Reaktionen auf die junge Frau auf dem Dach sind so gut nachvollziehbar, obwohl sie mich teilweise unglaublich wütend und auch traurig gemacht haben.

Sprachlich ist „Der Sprung“ ein kleiner Leckerbissen. Simone Lappert hat eine sehr gute Beobachtungsgabe und sie schafft es, diese Beobachtungen sehr interessant und authentisch an den Leser weiter zu geben. Jedes Kapitel ist einer anderen Person gewidmet, die ich beobachte und manche Handlungen sind ganz zaghaft miteinander verzahnt. Ich mag diese stilistischen Mittel sehr. Insgesamt verweile ich nur 3 Tage in dem kleinen Örtchen und in dieser Zeit finden auffallend viele Veränderungen statt. Simone Lappert verdeutlicht hier, wie sehr unser aller Leben zusammenhängt und welche Auswirkungen die Entscheidungen haben, die wir ganz spontan treffen. Allein schon dafür finde ich das Buch besonders. Es hält uns einen Spiegel vor und manch einer wird sich wieder finden in einer der Persönlichkeiten.
Die einzelnen Charaktere wurden sehr authentisch dargestellt. Leider wurden hier auch einige Klischees bedient, aber das ist der Authentizität geschuldet und daher verzeihlich. Einige Personen mochte ich sehr, andere fand ich nichtssagend und wieder andere mochte ich überhaupt nicht. Aber das ist ganz individuell. Ich würde fast sagen, da ist für jeden jemand dabei, den er mögen oder nicht mögen kann.

„Der Sprung“ regt definitiv zum Nachdenken an, es ist so intensiv geschrieben, dass man es noch ein paar Mal lesen kann und immer wieder wird man Neues finden. Ich bin äußerst froh, dass ich diese besondere kleine Geschichte, die ich nicht so schnell vergessen werde, für mich entdeckt habe.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Raffiniert, mitreißend und sehr spannend

Die letzte Witwe
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Ich habe es mal wieder geschafft, mitten in eine Serie zu stolpern. Es handelt sich hier bereits um den siebten Teil der Georgia Serie. Aber das macht überhaupt nichts. Ich hatte zu keiner Zeit, das Gefühl, ...

Ich habe es mal wieder geschafft, mitten in eine Serie zu stolpern. Es handelt sich hier bereits um den siebten Teil der Georgia Serie. Aber das macht überhaupt nichts. Ich hatte zu keiner Zeit, das Gefühl, irgendetwas nicht zu wissen oder zu verstehen.

Karin Slaughter erzählt von Anfang an in 2 verschiedenen Strängen, einmal Sara und einmal Will. Als sie noch zusammen sind, finde ich das etwas überflüssig und langatmig, denn mir wird die Handlung einfach nur aus 2 Perspektiven erzählt. Aber das ändert sich schnell, denn als Sara gezwungen wird, mit den Entführern mitzufahren, über die ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts weiß, trennen sich ihre Wege. Und von da an wird es richtig spannend.

Der Plot ist sehr komplex und verdammt gut aufbaut. Es ist wie ein Puzzle, von dem so nach und nach die Teile aufgedeckt werden. Je mehr ich erfahre, um so ungeheuerlicher finde ich das Vorhaben des militanten Netzwerks. Dadurch, dass ich alles durch die Augen von Sara und Will entdecke, nähere ich mich von 2 Seiten, was ich sehr faszinierend finde.

Karin Slaughter glänzt durch interessantes Hintergrundwissen und mit einem Schreibstil, der mich sofort abholt. Sie erklärt alles sehr verständlich, lässt immer wieder ein paar Informationen über die Beziehung von Sara und Will einfließen und auch über alles andere, was ich hier wissen muss.

Ich kannte Sara und Will bisher noch nicht, kann mir aber gut ein Bild machen, wobei mir Will ein bisschen besser gefällt als Sara. Ich kann mich so gut in seine Situation hineinversetzen, vor allem als er hilflos mit ansehen muss, wie seine Liebste entführt wird. Sara ist ziemlich taff, ich hätte in so einer Situation viel früher kapituliert, aber sie meistert ihre Misere mit Bravour, was mich sehr beeindruckt hat. Die Beziehung zwischen Will und Sara wird ebenfalls thematisiert, dadurch wird die ganze Story ziemlich emotional und ich habe die ganze Zeit gehofft und mitgefiebert.

Der Gegenpart Dash ist eine ziemlich charismatische Persönlichkeit und ich musste mich anfangs zwingen, ihn nicht zu mögen. Da hat Karin Slaughter mit mir gespielt, aber je mehr über ich über Dash und seine Ziele erfahren habe, umso mehr konnte ich ihn verabscheuen. Es ist schon krass, wie manipulierbar Menschen sind und genau so krass ist es, wozu Menschen in der Lage sind.

Die Thematik Neofaschismus ist natürlich nicht neu, aber Karin Slaughter hat dem Terror hier ein neues Gesicht gegeben und ihren Thriller raffiniert aufgebaut und die Spannung immer weiter gesteigert. Dabei ist erstaunlich wenig Blut geflossen, was ich immer sehr begrüße. Sie erzeugt den Grusel hier auf eine viel effektivere und intelligentere Art.

Fazit: Schon lange habe ich keinen so intelligenten und mitreißenden Thriller mehr gelesen. Sehr interessante Thematik, beeindruckende Figuren und ein Plot, der noch lange Gänsehaut bereiten wird!

Veröffentlicht am 07.09.2019

Zu viel und doch zu wenig

Perfectly Broken
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Das Schlimmste, was passieren kann, ereignet sich an Brooklyns Geburtstag. Ihre große Liebe Thomas wird ihr durch einen Autounfall genommen. Mir standen beim Lesen des Prologs die Tränen in den Augen und ...

Das Schlimmste, was passieren kann, ereignet sich an Brooklyns Geburtstag. Ihre große Liebe Thomas wird ihr durch einen Autounfall genommen. Mir standen beim Lesen des Prologs die Tränen in den Augen und ich habe auf eine tragische und kitschfreie Liebesgeschichte gehofft. Mein Maßstab in diesem Genre ist schon seit vielen Jahren „P.S. Ich liebe Dich“, aber seitdem hat es kaum ein Buch geschafft, mich genau so zu begeistern.

Ein Jahr später geht es Brooklyn immer noch nicht viel besser und daher beschließt sie einen Ortswechsel. Ein neuer Job soll ihr helfen, gefühlsmäßig wieder auf die Beine zu kommen. Ein neuer Nachbar vielleicht auch?
Die Häuser in England sind schon etwas anders gestaltet als hier und so konnte ich mir die Altbauwohnung mit der Tür zwischen den beiden Wohnungen gut vorstellen. Die Idee, jemanden durch die geschlossene Tür und zunächst nur durch Gespräche kennen zu lernen, hat was und ich fand die ersten Annäherungsversuche durchaus gelungen.

Sarah Stankewitz lässt hauptsächlich Brooklyn in der Ich-Form erzählen, aber hin und wieder kommt auch Chase zu Wort. Es fällt schwer, die beiden jungen Leute nicht zu mögen, der sanfte fast schon liebevolle Schreibstil ist daran nicht ganz unschuldig.

Warum mir das Buch dann letztendlich doch nicht so gut gefallen hat?

Der Prolog war glaubwürdig und ging unter die tränennasse Haut. Aber die Tränen von Brooklyn auf gefühlt jeder zweiten Seite fand ich irgendwann nur noch nervig. Sie hat sich ein bisschen zu viel angestellt, obwohl ich ihre Intention ja sogar verstehen konnte. Chase war mir einfach zu viel der nette Junge von nebenan. Damit er nicht zu langweilig wird, hat Sarah Stankewitz dann noch ein bisschen mehr Dramatik eingebaut, aber das war mir schon zu viel des Guten.

Ich mag zwischendurch auch gerne mal eine Liebesgeschichte lesen und ich mag es auch mit ganz viel Gefühl. Aber hier war mir irgendwann einfach alles zu viel: zu viele Tränen, zu viele Klischees und zu viel Kitsch. Und zu wenig Inhalt! Das konnte mich nicht dauerhaft fesseln.

Wer einfach mal mit einer gefühlvollen Geschichte abschalten will, ist hier richtig. Ich brauche schon ein bisschen mehr, um ein Buch in diesem Genre wirklich gut zu finden.