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Veröffentlicht am 25.01.2018

Nachkriegsdrama - Spannend und eindrücklich

Heldenflucht
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1918 – Deutschland nach dem großen Krieg … Das Land wird von Hungersnöten geplagt, die Daheimgebliebenen warten sehnsüchtig auf die Kriegsrückkehrer. In dieser düsteren Zeit begibt sich die Kriegsberichterstatterin ...

1918 – Deutschland nach dem großen Krieg … Das Land wird von Hungersnöten geplagt, die Daheimgebliebenen warten sehnsüchtig auf die Kriegsrückkehrer. In dieser düsteren Zeit begibt sich die Kriegsberichterstatterin Agnes Papen in die Eifel, in ihr Heimatdorf, das von den Wunden des Krieges heimgesucht wird, wie sich bald zeigt. Als die Bewohner einen stummen französischen Soldaten stellen, kommt eine Spirale der Gewalt in Gang. Menschen verschwinden spurlos, und in den Wäldern wird eine Leiche gefunden. Agnes beschließt, sich auf die Suche nach der Wahrheit zu machen …

Der Autor:

Jan Kilman ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Spannungsautors. Für seinen historischen Krimi »Heldenflucht« recherchierte Kilman intensiv über die Themen Kriegstraumata und Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, begab sich an Kriegsschauplätze und las unzählige Feldpostbriefe dieser Zeit. (Quelle HEYNE Verlag)

Jan Kilman schreibt als Pseudonym von Autor Rudolf Jagusch.

Reflektionen:

Jan Kilman hat mit Heldenflucht einen spannenden Roman geschrieben, der vor allem das Leben, der unter Entbehrung lebenden und leidenden Menschen beleuchtet, die sehnsüchtig auf die rückkehrenden Soldaten aus dem ersten Weltkrieg warten. Er gewährt tiefe Einblicke in die verletzten und überstrapazierten Psychen der Dorfbewohner und Kriegsrückkehrer und hält damit die Spannungskurve auf einem ansehnlichen Niveau. Zu Zeiten, als es noch keine Elektrizität gab und die Einwohner der Eifel ihre Höfe bewirtschafteten, um sich überhaupt noch ernähren zu können, blüht der Schwarzmarkt und mit ihm Kummeleien.

Agnes Papen, ehemalige Kriegsberichterstatterin, kehrt in ihr Heimatdorf zurück. Sie pflegt ihren kranken Onkel, bis der spurlos verschwindet. Sie kümmert sich auch um einen französischen Soldaten, der in den Kriegsdramen zunächst seine Stimme verloren hat und den die Dorfgemeinde beinahe auf brutalste Weise aus dem Dorf vertrieben hätte. Agnes Papen wittert Geheimnisse und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.

In Heldenflucht sind Elemente verarbeitet, die man einem Kriminalroman zuordnet, doch insgesamt und rückblickend betrachtet, wäre das Genre Roman hier doch zuträglicher kategorisiert.

Jan Kilman mischt gut recherchierte, historische Geschichte mit Fiktion und baut seinen Roman chronologisch auf. Abwechslung bieten authentisch nachempfundene Briefe von der Front, in denen Soldaten ihren Alltag, die Schrecken des grausamen Krieges und ihre Vorfreude auf Heimat und Familie schildern. Doch die meisten dieser Soldaten werden noch fallen, obwohl die Nachkriegszeit bereits begonnen hat.

In einem flüssigen Schreibstil und in einer einfach gehaltenen literarischen Sprache, liest sich dieser Roman in einem leichten Fluss. Es ist zwar hochspannend und wirklich interessant, tiefe Einblicke in die damalige Gesellschaft und ihre Entwicklung nach dem Krieg zu erhalten, doch leider wartet dieser Roman auch mit ein paar Längen auf, während hin und wieder szenenabhängig Dramatik und Action die Vorherrschaft übernehmen.

Die Figuren spiegeln mit ihren Handlungen, ihren Gedanken und den gesprochenen Dialogen zwar gut und authentisch die damalige Zeit wieder und sie gestalten den Roman auf diese Weise besonders interessant und informativ, aber die meisten Charaktere bleiben doch weitestgehend blass. Eine intensivere, gleichbleibend gute Zeichnung der Charaktere und das Weglassen vieler Klischees, hätte dem Roman zu einer harmonischeren Gestaltung der Handlung verholfen.

Einem Kriminalroman gerecht, wird Kilman, indem er einer Figur extrem brutales, verbrecherisches Handeln zuschreibt. Bis fast zuletzt bleibt der Leser im Unklaren, wer hier Täter und wer Opfer ist. Intelligent kaschiert durch Wendungen und Verstrickungen, löst sich die Story zum Ende hin nachvollziehbar lückenlos auf, nach dem die Psyche des Täters, die die Schrecken des Krieges widerspiegelt, wie ein offenes Buch vor dem Leser liegt.

Fazit und Bewertung:

Heldenflucht ist ein Nachkriegsdrama. Weniger ein Kriminalroman als ein Roman, aber dennoch mit einer gesunden Spannung ausgestattet, die den Leser in die historisch interessante Zeit nach dem ersten Weltkrieg führt. Der Fokus des komplexen Romans liegt eindeutig in der Geschichte der Menschen, die unter den Entbehrungen dieser Zeit psychisch und körperlich leiden. Leider bleiben die Charaktere dennoch ein wenig blass, aber der flüssige, einfach gehaltene Stil garantieren angenehme Lesestunden.

Trotz der kritischen Anmerkungen, ist der Roman empfehlenswert.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 11.01.2018

Im Gespräch mit dem Modeschöpfer KL – Literarisch anmaßend oder brillant?

KL
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Drei fiktive Interviews mit schillernden Persönlichkeiten

Wer sieht uns an? Und was wird dadurch aus uns? Einer, der es wissen muss, ist der bekannte Modeschöpfer KL, eine Ikone der Unnahbarkeit, der ...

Drei fiktive Interviews mit schillernden Persönlichkeiten

Wer sieht uns an? Und was wird dadurch aus uns? Einer, der es wissen muss, ist der bekannte Modeschöpfer KL, eine Ikone der Unnahbarkeit, der seit Jahrzehnten nicht zu altern scheint und immer gleich aussieht. Ein namenloser Erzähler fährt nach Paris, um mit KL über Schein und Sein, über den Tod und das Leben als Bild gewordene Instanz zu sprechen. Doch KL ist einer der eigensinnigsten und launischsten Gesprächspartner deutscher Sprache. Das Gespräch ist mit zahlreichen Reglementierungen und Auflagen verbunden. Und entwickelt sich schließlich in eine ganz unerwartete Richtung.

Der Autor:

John von Düffel, geboren 1966 in Göttingen, promovierte 23-jährig über Erkenntnistheorie und war danach als Theater- und Filmkritiker, als Schauspieldramaturg und Übersetzer tätig. 1998 schrieb er seinen Debütroman ›Vom Wasser‹, eine große Hommage an das fließende Element, und wurde dafür u.a. mit dem aspekte-Literaturpreis des ZDF ausgezeichnet. Zur Zeit arbeitet er als Dramaturg am Deutschen Theater Berlin und ist Professor für Szenisches Schreiben an der Berliner Universität der Künste. (Quelle: dtv Verlag)

Reflektionen:

Bei der Betrachtung des Buchtitels KL Gespräch über die Unsterblichkeit und des Covers, auf dem ein gemaltes Portrait des Modedesigners Karl Lagerfeld abgebildet ist, könnte man annehmen, John von Düffel hätte mit Karl Lagerfeld ein philosophisches Gespräch geführt, doch dem ist nicht so. John von Düffels Gespräch mit KL, über die Unsterblichkeit, ist reine Fiktion. Wer sich also vom Buchtitel verleiten lässt, wird maßlos enttäuscht sein.

Das schriftstellerische Können des Autors steht bei diesem Werk außer Frage. John von Düffel schreibt mit einer Leichtigkeit, die angenehm und flüssig durch die Seiten führt. Der Stil ist schnörkellos und eher nüchtern. Der Ausdruck ist in einer klaren, guten deutschen Sprache formuliert und bisweilen glänzt er in einem anmutigen Stil.

Betrachtet man den Inhalt, wird man in der Leserschaft auf differenzierte Meinungen zum Buch stoßen. Die einen werden es anmaßend finden, wie von Düffel (glaubhaft) Interviews mit dem Designer KL führt, wie er Redensart, Alltagsmomente und die philosophische Intelligenz des Künstlers aufgreift, verarbeitet und inszeniert und wie er ihm Schwächen unterstellt.

An die hundert Seiten sind befüllt mit fiktiven, philosophischen Karl Lagerfeld-Gedanken. Und man stellt sich unweigerlich die Frage, ob ein Autor eine lebende, schillernde Persönlichkeit, die sich überwiegend der Öffentlichkeit enthält, auf unterstellende Art Gedanken und Dialoge führen lassen darf. Ganz unabhängig davon, ob man die Mode-Ikone mag oder nicht.

Die anderen werden es brillant empfinden, wie von Düffel glaubhaft Gespräche mit Karl Lagerfeld in Szene setzt, denn die philosophisch angehauchten, fiktiven Dialoge strotzen vor Authentizität, so dass es vorstellbar ist, Karl Lagerfelds persönliche Worte zu lesen.

Die Figur des namenlosen Interviewers reist mit dem Zug von und nach Paris, um KL zu treffen. Auf diesen Reisen trifft er auf eine bekannte deutsche TV-Moderatorin und auf eine ehemals berühmte, wenn auch gescheiterte, deutsche Politikerin, die jeweils in Natura anders aussehen und wirken, als im TV. Kurz erfrischen die Kapitel zwar, wenn man über Schein und Sein nachdenken möchte, doch insgesamt könnte man diese Kapitel leichtfüßig überspringen.

Der Fokus dieser Gegenwartsliteratur richtet sich ganz auf den Schein und Sein und auf die (Un-) Sterblichkeit. Was bleibt, wenn wir gehen, wie wirken wir auf andere und warum wirken andere anders? Stärke wird zur Schwäche und Schwäche zur Stärke.

Fazit und Bewertung:

KL Gespräch über die Unsterblichkeit von John Düffel ist durchaus interessante Gegenwartsliteratur, die durch literarisches Können, trotz fiktiven Geschichte, vor Authentizität nur so strotzt. Für mich persönlich ist dieses Werk gegenüber dem Modeschöpfer Karl Lagerfeld jedoch eine Spur zu anmaßend und sogar etwas pietätlos, ganz unabhängig davon, ob man den Designer brillant oder schrullig findet.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 07.01.2018

JONAS – Gegenteil von Held - Spannung gepaart mit vielschichtigen Charakteren

Jonas
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"Vor zwanzig Jahren war sie eine tolle, lebenslustige Frau, die mir das Gefühl gab, wichtig zu sein. Wichtig für sie. Ich hätte für sie getötet. Aber seit zehn Jahren geht es stetig bergab."

Jonas steckt ...

"Vor zwanzig Jahren war sie eine tolle, lebenslustige Frau, die mir das Gefühl gab, wichtig zu sein. Wichtig für sie. Ich hätte für sie getötet. Aber seit zehn Jahren geht es stetig bergab."

Jonas steckt fest. In seinem kleinbürgerlichen Leben. In seiner Ehe. Bis zu jener Nacht, als in einem Wald, ganz in der Nähe seines Hauses, ein Mädchen entführt und ein anderes misshandelt zurückgelassen wird. Jonas war dabei, als es geschah, doch er hat es nicht verhindert, sondern nur zugesehen.

Damit wendet sich das Blatt für ihn: Aus dem Zeugen wird ein Gejagter. Während eine Sonderkommission nach dem vermissten Mädchen sucht, gerät Jonas in einen Strudel aus psychopathischer Gewalt und Devianz. Er braucht also ein Versteck, einen Plan und Verbündete. Doch wem aus seinem näheren Umfeld kann er trauen, und wer spielt ein falsches Spiel?

Der Autor:

Marco Monetha, geboren 1975 in Bottrop und aufgewachsen in Bad Bederkesa, lebt in der Nähe von Bremerhaven. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Als gelernter Erzieher war er viele Jahre in einem Jugendwohnheim tätig. Er arbeitet als Koordinator für Flüchtlingsangelegenheiten und Freiwilligenarbeit beim Magistrat der Stadt Bremerhaven.

Reflektionen:

Vor einem Jahr feierte Marco Monetha sein erfolgreiches Debüt mit dem Thriller ERIC. Die Messlatte hatte er damit sehr hoch angesetzt und so war die Neugierde auf den zweiten Thriller von knisternder Spannung erfüllt.

Marco Monetha hat seine schriftstellerische Leistung, sowie die inhaltliche, angenehm komplexe Verschachtelung der Handlung positiv entwickelt. Sein Stil ist gefestigt und wortreich lässt er die Leser sofort tief in die Geschichte eintauchen.

JONAS erscheint zunächst insgesamt weniger brutal und bestialisch, doch das trügt. Während aus Eric seitenweise spannungsgeladenes Blut und andere Abscheulichkeiten flossen, entfacht Marco Monetha nun das Feuer im Kopfkino des Lesers und das zeugt von einer vielversprechenden literarischen Kraft.

Erneut bietet Marco Monetha ein breites Spektrum an lebendigen Figuren und kranken Seelen. Sehr gut und intensiv ausgearbeitete Charaktere befüllen interessante bis abstruse und außergewöhnliche Legenden. Literarisch intelligent verpackt, besitzt eine jede Figur eine sinnige Tiefe, auch wenn man manch schaurig sinniger Tiefe aus diesem Thriller nicht im real life und schon mal gar nicht im Dunkeln begegnen möchte. Psychiatrisch kranke, sadistische Seelen durchziehen diesen Thriller und man fragt sich ernsthaft, woher nimmt er bloß diese Ideen?

Jonas ist ein Pageturner, der bis zu Letzt auf einem hohen Spannungsniveau agiert. Marco Monetha versteht es mit Perspektiven zu spielen, das Tempo zu steigern und maßvoll wieder zu drosseln, ganz so wie das glückliche Thriller-Herz es verlangt.

Als Leser fragt man sich bisweilen jedoch auch, warum nun diese oder jene unscheinbar, fast langatmige Nebensächlichkeit Platz in den Seiten gefunden hat, doch wer ERIC gelesen und genossen hat, der weiß, dass eben diese spannungssteigernden Nebensächlichkeiten noch einmal geschickt verknüpft, knallhart, brutal und ohne Kompromiss in den Vordergrund spielen werden.

Perspektivisch glänzt die Figur Jonas in der Ich-Erzählweise, so dass man tiefe Einblicke in die geschundene Seele des Hauptprotagonisten erhält. Jonas ist unglücklich über den gefühllosen Verlauf seiner Ehe. In der Gesellschaft ist er zum naiven Langweiler und Versager geworden, an dem das Leben ohne besondere Vorkommnisse vorbeizeiht. Als er eines Tages beobachtet, wie zwei junge Mädchen brutal überfallen werden, er sich feige zurückzieht, verändert sich plötzlich sein Leben. Er ist am Tatort gesehen worden und wird nun bis aufs Blut gejagt. Er muss fliehen und kann niemandem mehr trauen, doch mit einem ehemaligen Legionär an seiner Seite ist er entschlossen, seine bald darauf entführte Frau aus den Fängen skrupelloser Psychopathen, und damit seine Ehe, zu retten.

Dem Showdown folgt ein rasanter zweiter und am Ende kommt man in den Genuss einer lückenlosen Auflösung.

Fazit und Bewertung:

Zahlreiche intensive Charaktere, sadistischer und kranker Natur, durchziehen die dynamische und mit Tempo ausgestattete Geschichte, die mit Tiefe gewürzt literarisch kraftvoll und spannend unterhält.

Man darf gespannt sein, was uns Leser noch erwartet.

©nisnis-buecherliebe.de

Veröffentlicht am 28.12.2017

Nicht, wie es scheint – Packendes, gesellschaftskritisches Polit-Debüt mit Schreckensszenario

Mutwille
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Berlin zu unserer Zeit. Paul Schneider ist ein junger erfolgreicher Lobbyist des Gesundheitskonzerns UMC. Bedingungslos ordnet er sein ganzes Leben der Vision unter, zusammen mit seinem Chef Norman Bruckheimer ...

Berlin zu unserer Zeit. Paul Schneider ist ein junger erfolgreicher Lobbyist des Gesundheitskonzerns UMC. Bedingungslos ordnet er sein ganzes Leben der Vision unter, zusammen mit seinem Chef Norman Bruckheimer die Gesundheitspolitik des Landes zu revolutionieren. Die Politik wird zu seinem Spielball. Gnadenlos spinnt er Intrigen, vernichtet Karrieren und kürt Kanzler. Sein Plan scheint perfekt. Doch plötzlich wird das Land von einem geheimnisvollen tödlichen Virus heimgesucht. Die Menschen stehen am Abgrund. Das Volk ist zerrissen. Berlin verfällt dem Chaos. Plötzlich wird Paul selber zum Gejagten. Hat er sich das erste Mal in seinem Leben geirrt?

In einem atemberaubenden Tempo beschreibt Kai Lüdders das Drama einer Gesellschaft voller Lügen, Ängste und Widersprüche.

Der Autor:

Kai Lüdders wurde 1977 in der wunderschönen Hansestadt Hamburg geboren und wuchs dort mit seinen beiden älteren Brüdern auf. Nach dem Abitur studierte er Rechts- und Politikwissenschaften Nachdem er mehrere Jahre als Rechtsanwalt gearbeitet hatte und in diesem Beruf viele menschliche Abgründe kennen lernen durfte, zog es ihn in das politische Berlin, in welchem er mehrere berufliche Funktionen ausübte und noch mehr menschliche Abgründe antraf.

Mit der Zeit machte er es sich zur Aufgabe, diese Geschichten des Lebens zu erzählen. Dramen, Widersprüche, Verwerfungen. Immer mit einer großen Priese Phantasie und viel Tempo. Denn eine Geschichte ist nur spannend, wenn sie auch spannend erzählt wird. Und er hat Spaß daran, dem Leser Bilder im Kopf hervorzuzaubern, die es ihm erlaubt, in die Geschichte intensiv einzutauchen.

Kai Lüdders lebt am Rande von Berlin, ist verheiratet und hat zwei Kinder. (Quelle: Velum Verlag)

Reflektionen:

Kai Lüdders hat mit Mutwille ein beeindruckendes Debüt geschrieben, dass nicht so weit von der möglichen Realität entfernt liegt. Mutwille ist fiktiv, Gott sei Dank, und doch schockt Mutwille, weil es ein authentisch inszeniertes Schreckens-Szenario beinhaltet. In Mutwille sind die erfolgssüchtigen Lobbyisten verantwortlich. Krankhafte Machtspielchen und politische Verschwörungen bescheren dem Land chaotische Zustände und genau das traut man diesen auch im Hier und Heute zu. Diese Erkenntnis ist bitter und sie kann verunsichern, wenn wir es nicht schon längst sind.

Stell dir vor, du wirst morgens wach und die Bevölkerung Deutschlands ist von einer sich rasant ausbreitenden Epidemie betroffen. Tausende Tote in kürzester Zeit. Verantwortlich ein mutiertes Lassa-Fieber-Virus. Absolut unheilbar. Was verändert sich dann? Das Verhalten der Menschen. Plötzlich ist aller Konsum wertlos. Plötzlich ist Gesundheit das höchste Gut. Eine Revolution ist unabdingbar. Und plötzlich gibt es da Institutionen, die daraus ihren Profit schlagen. Sie gehen über Leichen, im wahren Sinne des Wortes. Oder stand etwa der Profitgedanke an erster Stelle?

Kai Lüdders ist es gelungen eine hochspannende Story zu schreiben. In einem flüssigen, wortgewandten Stil stürzt er den Leser in eine dramatische Handlung hinein, aus der er erst wieder auftauchen möchte, wenn das gute Ende versöhnlich stimmt.

Reich an wechselnden Perspektiven, jeweils aus Sicht der agierenden Figuren, umfasst man die etwas komplexere Gesamtheit der Story vollumfänglich. Zwar ist die eigentliche Geschichte schon sehr überspitzt dargestellt und auch nicht alle Protagonisten genießen eine ausführliche Charakterzeichnung, aber die Handlung ist so mitreißend und voller Tempo, dass man beides gern verzeiht.

Einzelne Figuren und ihre schicksalsträchtigen Legenden sind fein ausgearbeitet. Sie unterstreichen die begleitende gesellschaftskritische Tiefe, die hinter Mutwille steckt und sie sorgen auch für ein emotionales, berührendes Leseerlebnis.

Fazit und Bewertung:

Mutwille ist ein packendes, gelungenes Debüt mit gesellschaftskritischer Tiefe. Dramaturgie gepaart mit Spannung und einer fesselnden Story mit Schreckensszenario garantieren eine spannungsgeladene Unterhaltung im hohen Tempo. Mehr davon bitte.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 27.12.2017

Versöhnung - Dritter Teil der historischen Blütenträume-Trilogie

Jasmin - Zeit der Träume
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Eine junge Frau, ein großer Traum und ein altes Geschenk, kostbarer als jeder Schatz.

An ihrem achtzehnten Geburtstag erhält Jasmin ein besonderes Geschenk: mehrere verschollen geglaubte Kisten aus dem ...

Eine junge Frau, ein großer Traum und ein altes Geschenk, kostbarer als jeder Schatz.

An ihrem achtzehnten Geburtstag erhält Jasmin ein besonderes Geschenk: mehrere verschollen geglaubte Kisten aus dem Nachlass ihrer Ururgroßmutter Isolde, die bis zu diesem Tag auf dem Dachboden der alten Villa am Ostseestrand schlummerten.

Sie kann ihr Glück kaum fassen, als sie alte Briefe und Tagebücher darin findet, die sie der Verwirklichung ihres großen Traums näher bringen: Sie möchte Schriftstellerin werden und die Familiengeschichte der von Langenbergs soll ihr als Romanvorlage dienen.

Als sie immer tiefer in die Vergangenheit ihrer Familie eintaucht, offenbart sich ihr ein Geheimnis, das größer und schmerzvoller nicht sein könnte. Die bis zu diesem Tag bedingungslose Liebe zu ihrer Urgroßmutter Flora gerät ins Wanken. Doch Gräfin Flora von Langenberg überlässt wie immer nichts dem Zufall und lädt den attraktiven Verlegersohn Clemens Meerbusch in die Villa an der Ostsee ein. Wird er Jasmin dabei helfen, ihren Traum zu erfüllen?

Die Autorin:

Annette Hennig liebte schon als Kind Geschichten. Als junges Mädchen verschlang sie alle Bücher die ihr in die Hände fielen. Sie entdeckte das Schreiben für sich, zunächst nur in kleinen Aufsätzen und Geschichten und nannte Literatur ihr Lieblings-Schulfach. Als Ehefrau, Mutter und Berufstätige, blieb nicht viel von ihrem einsten Hobby übrig, dass sie erst 2012 wieder neu für sich entdeckte.

Mitte 2014 erschien ihr erster Roman „Agnes Geheimnis“. Es folgten „Wir nannten ihn Walter“, „Das Geheimnis der Uhr“ und „Das Geheimnis des Briefes“. „Floras Traum von rotem Oleander" ist der erste Teil der Blütenträume-Trilogie Annette Hennigs und Leilani – Die Blume des Himmels der zweite Band.

Reflektionen:

»Jasmin – Zeit der Träume« ist der letzte Band der großen Blütenträume-Saga um vier Generationen von Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und wieder einmal hat mich Annette Hennig gefesselt und äußerst spannend unterhalten.

Die Geschichte, die im historischen Zeitalter des zweiten Weltkriegs seinen Lauf nahm, endet im Hier und Heute. Jasmin bekommt von ihrer Großmutter ein geheimnisvolles Vermächtnis, bestehend aus Briefen und Aufzeichnungen, zum Geburtstag geschenkt. Die junge Jasmin möchte Schriftstellerin werden und greift nun die Lebensgeschichte der Familie Langenberg in vier Generationen literarisch auf. Doch indem sie sich der Briefe annimmt, fördert sie Geheimnisse zu Tage, die ihre Familie nicht immer ins beste Licht rückt. Bittere Erkenntnisse und Wahrheiten bestürzten die junge Frau zurecht und doch findet die Trilogie einen unerwartet, harmonischen Ausgang der Versöhnung.



Der Weg dorthin ist beschwerlich, reich an Tränen, geprägt von Hass und Feindseligkeiten, aber auch tiefer, dankbarer Liebe, Treue und Freundschaft.

Das unterstreicht Annette Henning, indem sie die Perspektiven zwischen heute und damals literarisch miteinander tanzen lässt. Die intelligent und maßvoll eingesetzten Rückblenden verschmelzen die Handlung zu einer lückenlosen Auflösung der historischen Trilogie. Bis zu Letzt wird jede Kleinigkeit aus allen drei Bänden aufgegriffen und verarbeitet.

Annette Hennig schreibt detailverliebt und doch ohne die Geschichte zu überladen. Es passt einfach in die historische Zeit hinein, das feine Rosenmuster auf dem edlen Familien-Porzellan und die zarten Stickereien der Tischdecken bildhaft zu beschreiben. Überhaupt beherrscht Annette Hennig es, die zeitlichen Perspektiven der entsprechenden Stile, Ausdrucksweisen und Lebensarten geschickt und authentisch zu verarbeiten, so dass man als Leser wirklich sehr tief in die Geschichte der Saga eintaucht.

Die Blüten-Trilogie ist ein Meisterwerk der Verschachtelung, denn die Familie der Langenbergs umfasst zahlreiche Familienmitglieder mit ihren Bediensteten, Freunden und Verwandten, die alle eine tragende Rolle in der Trilogie spielen. Trotz der zahlreichen Figuren und deren Legenden, kann man der angenehm komplexen Handlung stets folgen, ohne den Faden zu verlieren. Es ist ein Genuss den intensiv gezeichneten Charakteren voller Emotionalitäten zu folgen und als Leser wertschätzt man im Nu die Arbeit der Autorin, die ihre Geschichte so gekonnt verstrickt- und mit vielen Wendungen ausgestattet hat. Annette Hennig hat mit der Blüten-Trilogie eine Geschichte erzählt, die genau so hätte passiert sein können.

Interessant und anerkennend ist auch die literarische Weiterentwicklung der Autorin. Im Laufe der Trilogie hat sich ihr Ausdruck und ihr sprachlicher Stil auf besonders gute und angenehme Weise gefestigt. In äußerst flüssiger und leichter Erzählweise gleitet man durch die Geschichte und man fühlt sich wirklich sehr gut unterhalten. Mal zieht das Tempo an, mal wird es taktvoll gedrosselt, dann mit Dramaturgie gewürzt und on top durchzieht den Roman ein roter Faden sinniger Tiefe.

Fazit und Bewertung:

»Jasmin – Zeit der Träume« ist der letzte Band der großen Blütenträume-Saga um vier Generationen von Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

In äußerst flüssiger und leichter Erzählweise gleitet man durch die historische Trilogie und darf intensiv gezeichnete Figuren genießen. Mal zieht das Tempo an, mal wird es taktvoll gedrosselt, dann mit Dramaturgie gewürzt und on top durchzieht den Roman ein roter Faden sinniger Tiefe.

Die Blüten-Trilogie empfehle ich sehr gern.

©nisnis-buecherliebe