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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.09.2017

Ein Roman, auf den man sich einlassen muss

Die Verschwörung von Shanghai
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Shanghai, französische Konzession, 1931: Durch ein mehr oder weniger zufällig entstandenes Foto einer jungen Frau gerät der Fotograf Hsueh Weiss in turbulente Geschehnisse …

Der Autor, selbst in Shanghai ...

Shanghai, französische Konzession, 1931: Durch ein mehr oder weniger zufällig entstandenes Foto einer jungen Frau gerät der Fotograf Hsueh Weiss in turbulente Geschehnisse …

Der Autor, selbst in Shanghai geboren, nimmt den Leser mit in das Shanghai Anfang der 1930er Jahre, einer Zeit, die offenbar nicht nur in Europa turbulent gewesen ist. Der Start in den Roman ist nicht unbedingt einfach, denn der Leser wird fast erschlagen von der Fülle der Personen, von vielen Perspektivewechseln und von den Geschehnissen, die erst nach und nach eingeordnet werden können, es lohnt sich aber, dabei zu bleiben. Die Atmosphäre erscheint mir stimmig und ich fühlte mich mitgenommen in jene Zeit und an jenen Ort.

Im Anhang findet man ein Personenverzeichnis, das es etwas erleichtert, den Überblick über die vielen Charaktere, deren asiatische Namen zudem nicht immer leicht auseinanderzuhalten sind, zu behalten. Auch die Zeittafel im Anhang kann nützlich sein, wenn man etwas über die historischen Hintergründe der Geschehnisse erfahren will. Diese finden ihren Platz auch in der Geschichte, wenn auch nur knapp und oft als Momentaufnahmen, machten mir aber immer wieder Lust, mich weiter damit zu beschäftigen und ein bisschen selbst zu recherchieren. Leider findet sich keine Karte im Buch und auch ein Glossar habe ich vermisst.

Auch einige der Charaktere erhalten interessante Hintergründe, dennoch legt der Autor eher weniger Wert auf tiefgreifende Charakterzeichnungen, sein Fokus liegt klar auf dem Geschehen. Das ist ein bisschen schade, denn so kann man als Leser kaum Emotionen für die Charaktere aufbauen, auch ihre Handlungen kann man nicht immer nachvollziehen.

Ich finde die Geschichte interessant geschrieben und war oft gespannt, wohin sie mich führen würde. Das Ende finde ich gelungen und zur Geschichte passend. Dass die Erzählung auf tatsächlichen Ereignissen basiert, die aber viel Spielraum für die Fantasie des Autors ließen, hat mir gut gefallen, in seinem Nachwort erzählt der Autor ein bisschen darüber.

Ich habe den Roman gerne gelesen. Man muss sich auf ihn und die zum Teil fremden Mentalitäten der Akteure, sowie die Erzählweise des Autors einlassen, was sicher nicht jedem leicht fallen wird. Ich vergebe 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.08.2017

Ein Lesegenuss

Und Marx stand still in Darwins Garten
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England 1881: Dr. Beckett hat zwei berühmte Patienten: Karl Marx, der in London im Exil lebt, und Charles Darwin, der ganz in der Nähe seinen Landsitz hat.

Während Marx und Darwin bis heute jeder kennt, ...

England 1881: Dr. Beckett hat zwei berühmte Patienten: Karl Marx, der in London im Exil lebt, und Charles Darwin, der ganz in der Nähe seinen Landsitz hat.

Während Marx und Darwin bis heute jeder kennt, ist der Arzt ein fiktiver Charakter, der aber, wohl erdacht, die Geschichte zusammen hält. Er ist der Autorin wirklich gut gelungen, angenehm und sympathisch, was man von den beiden bekannten Persönlichkeiten nicht so ohne weiteres sagen kann, beide sind 1881 alt und krank und manchmal ziemlich grantig. Und auch sie hat die Autorin wunderbar dargestellt, man meint mit beiden zusammen in Darwins Garten zu stehen – wobei diese Szene recht kurz ist und auch erst gegen Ende stattfindet (und dennoch einen gelungenen Titel abgibt!).

Es schadet nicht, wenn man nicht nur die Namen Marx und Darwin gehört hat, sondern auch ihre Werke zumindest im Groben kennt, denn diese sind für den Roman wichtig und ihr Kennen erhöht den Genuss.

Denn ein Genuss ist es, diesen Roman zu lesen! Ilona Jerger erzählt bildhaft, einfühlsam und liebevoll, nicht nur von Marx und Darwin sondern auch von ihrem Umfeld, Darwins Hündin Polly nimmt dabei einen ganz besonderen Part ein. Nebenbei erfährt man viel über die letzte Lebenszeit der beiden Männer und wird ein bisschen zum Nachdenken gebracht. Gut gefällt mir auch, dass der Roman sprachlich der Zeit angepasst ist, wodurch der Leser noch mehr in die damalige Zeit versetzt wird. Der Roman ist sehr angenehm zu lesen, vor allem die Dialoge gefallen mir gut.

Tatsächlich haben Marx und Darwin sich nie persönlich getroffen, aber so, wie die Autorin es darstellt, hätte es sein können. Besonders gefallen hat mir der feine Humor, der den ganzen Roman durchzieht. Bereits der erste Satz gibt einen guten Eindruck, was den Leser erwartet und hat mich das erste Mal schmunzeln lassen. Aufmerksames Lesen und Mitdenken ist allerdings trotzdem erforderlich.

Dieser Roman ist ein ganz besonderer und man sollte das Lesen genießen. Von mir gibt es volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 20.08.2017

Bizarre Geschehnisse in einer Parallelwelt - viel versprechend

Der Fall Jane Eyre
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Thursday Next ist Literaturagentin bei den SpecOps. Sie ist hinter Acheron Hades her, der bereits einige Literatur-Verbrechen begangen hat und nur sehr schwer zu fassen ist – nicht nur Thursday kommt dabei ...

Thursday Next ist Literaturagentin bei den SpecOps. Sie ist hinter Acheron Hades her, der bereits einige Literatur-Verbrechen begangen hat und nur sehr schwer zu fassen ist – nicht nur Thursday kommt dabei mehrmals in Lebensgefahr.

Jasper Ffordes Reihe um die Thursday Next spielt in einer Parallelwelt zu unserer, der Krimkrieg tobt auch im Jahr 1985, in dem dieser Band spielt, noch, Wales ist eine Volksrepublik und Thursdays Onkel Mycroft hat gerade eine Maschine erfunden, mit der man sich in Bücher transferieren lassen kann. Der Autor erzählt vor dem Hintergrund dieser Welt eine bizarre und manchmal verworrene, aber sehr unterhaltsame Geschichte, wie es nur ein Engländer kann. Um eine solche Geschichte genießen zu können, muss man sich auf sie einlassen, auch ein bisschen literarisches Wissen kann nicht schaden, damit man versteht, worüber gesprochen wird, die im Titel genannte Jane Eyre sollte man z. B. kennen, um den Roman komplett würdigen zu können.

Thursday war mir schnell sympathisch, obwohl sie nicht immer einfach ist. Da sie selbst in Ich-Form erzählt, lernt man sich recht gut kennen. Zwischendurch gibt es immer wieder Passagen aus anderen Perspektiven, die in der 3. Person erzählt werden, z. B. wenn der Fokus auf Acheron schwenkt. Mir gefallen auch andere Personen gut, wie z. B. Thursdays Onkel, der im Erfinden zwar ein Genie ist, hin und wieder aber wie ein zerstreuter Professor wirkt, oder Thursdays Partner Bowden, der ein bisschen verliebt in sie ist. Manche Charaktere sind recht oberflächlich gezeichnet, z. B. auch der Antagonist Acheron, der vor allem eines ist: Böse.

Man muss aufmerksam lesen, sonst läuft man Gefahr, dass die Gedanken etwas abschweifen, zumal, wenn man als Leser noch nicht in der Welt der Reihe angekommen ist. Es gibt ein paar überraschende Wendungen und einige Tote, aber auch einiges an Humor. Auf die im Titel und im Klappentext erwähnte Jane Eyre muss man recht lange warten, aber es lohnt sich.

Sehr gut haben mir die (fiktiven) Kapiteleingangszitate gefallen, die z. B. aus Thursdays Tagebuch, aber auch aus Interviews, Briefen und wissenschaftlichen Werken, und die die Geschehnisse im jeweiligen Kapitel ergänzen oder Erklärungen liefern, manchmal aber auch zum Teil vorwegnehmen.

Dieser Roman ist der erste einer Reihe, von der bereits mehrere Bände veröffentlicht wurden. Ich werde auf jeden Fall noch mindestens einen Band lesen, mal sehen, ob und wie sich die Reihe weiterentwickelt. Wer Romane von Ben Aaronovitch, Terry Pratchett, Douglas Adams u. ä. mag, sollte zumindest einmal in die Reihe hineinlesen. Ich vergebe 4 Sterne.

Veröffentlicht am 19.08.2017

Richtig gut!

Spectrum
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Die südafrikanische Polizistin Isabel Price hat bei einem Massaker in einem Squatter Camp einen ihr sehr wichtigen Menschen verloren und ist nun auf Rache aus.

In den USA tun sich drei sehr unterschiedliche ...

Die südafrikanische Polizistin Isabel Price hat bei einem Massaker in einem Squatter Camp einen ihr sehr wichtigen Menschen verloren und ist nun auf Rache aus.

In den USA tun sich drei sehr unterschiedliche Männer zusammen, eine Geiselnahme unblutig zu beenden, eine Geiselnahme, hinter der offenbar mehr steckt, als zunächst gedacht.

Wie diese beiden Erzählstränge zusammenhängen erzählt Ethan Cross im Auftaktband seiner neuen Reihe – ein Auftaktband, der große Lust auf mehr macht.

Für mich war es der erste Roman, den ich von diesem Autor gelesen habe, und er hat mich von der ersten Seite an gepackt. Besonders gelungen finde ich die Charaktere, die der Autor sehr gut und einfühlsam gestaltet hat und deren Gedanken und Emotionen den Leser einfach packen.

Auf der „guten“ Seite findet sich da an erster Stelle August Burke, Asperger-Autist, jung, hochintelligent und mir sofort sympathisch. Er ist der interessanteste der Charaktere und ich finde, Ethan Cross fängt seine Unsicherheiten, aber auch Bemühungen, im Umgang mit Menschen, seine genialen Analysen und Schlussfolgerungen und seine manchmal depressiven Gedanken sehr gut ein. Er wird von Special Agent Samuel Carter als Berater hinzugezogen. Carter ist bereits älter, hat beim FBI mittlerweile einen Posten im Innendienst, trauert aber immer noch den Außeneinsätzen nach. Für Burke hat er regelrecht väterliche Gefühle. Zu diesen beiden stößt Nic Juliano, aus einer Mafia-Familie stammend, kümmert er sich nun um seine verwaiste 13jährige Nichte und ist außerdem Mitglied eines SWAT-Teams.

Auch auf der anderen Seite finden sich einige interessante Charaktere, allen voran Krüger, ein Auftragskiller, der auf einmal mit Gewissensbissen zu kämpfen hat.

Erzählt wird in vielen kurzen Kapiteln und aus diversen Perspektiven spannend und interessant. Der Roman ist ein Pageturner, den man nur ungern aus der Hand legt und der immer einmal wieder Überraschungen bietet, eine davon traf mich besonders unerwartet. Am Ende wird klar, das der Roman der erste einer neuen Reihe sein wird, ich bin schon sehr gespannt auf die weiteren Bände.

Ethan Cross ist ein packender Thriller mit tollen Charakteren gelungen, auf dessen Folgebände man gespannt sein kann. Volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans und solche, die es werden wollen.

Veröffentlicht am 19.08.2017

Herrlich abgedreht

Schampus, Küsschen, Räuberjagd
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Opernsängerin Pauline Miller hat ein Engagement bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth. Gleichzeitig treibt dort ein Diamantendieb sein Unwesen. Pauline fühlt sich, aus gewichtigen Gründen, verpflichtet, ...

Opernsängerin Pauline Miller hat ein Engagement bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth. Gleichzeitig treibt dort ein Diamantendieb sein Unwesen. Pauline fühlt sich, aus gewichtigen Gründen, verpflichtet, sich einzumischen und sorgt damit für viel Tohuwabohu.

Dieser Roman ist mein erster Tatjana-Kruse-Roman gewesen, aber ganz sicher nicht mein letzter. Ich habe mich ab der ersten Seite gut unterhalten gefühlt und viel geschmunzelt. Nicht nur der Fall an sich, auch das Figurenensemble ist herrlich skurril. Ganz besonders ins Herz geschlossen habe ich die Protagonistin selbst, sie ist eine der Buchfiguren, die ich gerne einmal in real kennen lernen würde. Pauline ist eine Diva, aber eine liebenswerte. Die Autorin lässt Pauline selbst in der ersten Person erzählen, so dass man als Leser mitten im Geschehen ist, aber auch nur das weiß, was Pauline weiß. Dafür kann man an ihren Gedanken und Emotionen hautnah teilnehmen, was eine guten Teil des Spaßes ausmacht.

Wer einmal anfängt, kann den Roman kaum noch aus der Hand legen, er hat echte Pageturner-Qualität, erzählt wird rasant, manchmal fast slapstickartig, und spannend und man will einfach wissen, was als nächstes geschieht. Ein bisschen gestört hat mich eine Erzählsequenz, die mir nicht ganz passend schien, vielleicht hätte man daraus sogar einen eigenen Roman machen können. Getrübt hat das mein Lesevergnügen aber kaum.

Tatjana Kruse erzählt sehr bildhaft und hat mein Kopfkino auf neue Höchstleistungen gebracht. Die Handlung ist, wie viele der Charaktere, herrlich abgedreht – so etwas muss man natürlich mögen, um Gefallen am Roman zu finden. Ich liebe so etwas! Man darf keinen ernsthaften Krimi erwarten, aber natürlich wird der Fall am Ende gelöst, und zwar zufriedenstellend.

Im Anhang gibt es noch ein Interview der besonderen Art, das die Lachmuskeln noch einmal beansprucht – ein schöner Bonus.

Der Roman hat mich sehr gut unterhalten und ich freue mich darauf, die anderen Romane der Autorin lesen zu können. Und auch auf den nächsten Band mit Pauline darf man gespannt sein, denn da ist noch eine Frage offen … Von mir gibt es 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die Krimödien mögen.