Moralisten mal anders
Fabian„Er hatte keine Ahnung wo er sich befand. Wenn man am Wittenbergplatz auf den Autobus 1 klettert, an der Potsdamer Brücke in eine Straßenbahn umsteigt, ohne deren uummer zu lesen, und zwanzig Minuten später ...
„Er hatte keine Ahnung wo er sich befand. Wenn man am Wittenbergplatz auf den Autobus 1 klettert, an der Potsdamer Brücke in eine Straßenbahn umsteigt, ohne deren uummer zu lesen, und zwanzig Minuten später den Wagen verläßt, weil plötzlich eine Frau drinsitzt, die Friedrich dem Großen ähnelt, kann man wirklich nicht wissen wo man ist“
Dieses Zitat stammt aus dem ersten Kapitel der Lektüre „Fabian“ und ist für mich einer der liebsten Momente aus dem Buch und spiegelt zudem vieles aus der Lektüre wieder. Unteranderem den leicht verpeilten Protagonisten Fabian und das durchaus Seltsame an diesem Buch.
Erich Kästner, ist bekannt durch seine Kinder- und Jugendbüchern aus den 20er- und 30er Jahren, wie zum Beispiel „Das fliegende Klassenzimmer“ oder „Emil und die Detektive“. Deshalb hat es mich sehr überrascht, dass sein Roman „Fabian“ sich nicht in die Kategorie Kinder- und Jugendroman einordnen lässt.
In dem Werk „Fabian“ geht es um den Moralisten Fabian, welcher immer wieder verschiedene Jobs ausübt, um sich so über Wasser zu halten und dabei von der Stadt, Liebe und Verzweiflung berichtet, die in seinem Leben einen Platz gefunden haben. Fabian ist dabei sehr häufig pessimistisch eingestimmt und verliert sich häufig in der Tagträumerei. Die Geschichte spielt in den 30er Jahren in Berlin und kann somit als Zeitdiagnose wahrgenommen werden, da das Buch auch in den 30er Jahren geschrieben wurde.
Für ein Buch von Erich Kästner ist es ungewöhnlich schwere Kost, da es nicht, wie die meisten seiner Bücher, ein Kinder- oder Jugendroman ist.
Der Erzähler nimmt uns mit in das Leben des Protagonisten und lässt uns als Leser an Fabians Gedanken teilhaben.
Direkt zu Beginn des Buches stellt man fest, dass Fabian ein außergewöhnlicher Mensch ist, da von dem Weg zu einem Café berichtet wird (siehe Zitat am Anfang), wo er auf einem Autobus mitgefahren ist.
Generell ist das Buch immer ein wenig verwirrend für den Leser, da sich immer erst über mehrere Kapitel erschließt, was genau mit einer Aussage gemeint wurde. Dies ist aber gut in die Geschichte eingebaut, da man das Interesse nicht verliert, sondern eher neugieriger wird.
Das Werk ist gut gelungen, da das Interesse über das Buch an der Geschichte nicht verloren geht und man alte Figuren immer wieder trifft. Ebenfalls schön ist es, dass Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren besonders dann deutlich werden, wenn man zwischen den Zeilen liest.
Das Problem, welches ich bis zum Ende hatte ist es, dass ich mich nicht wirklich mit dem Protagonisten identifizieren konnte, was das Lesen für mich sehr erschwert hatte. Erst gegen Ende hat sich dies an einigen Stellen verändert.
Klar zu empfehlen ist das Buch für Menschen, die auch mal etwas Anderes als Unterhaltungsliteratur lesen wollen und eine historische Zeit etwas genauer kennenlernen wollen. Dabei sollte man allerdings nicht die Erwartung haben alles genau beschrieben zu bekommen.
Wer also gerne Bücher liest, die auch etwas schwerere Kost sein können, kann mit diesem Buch sehr glücklich werden.