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Pantoffeltier

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2021

Wut als Ermächtigung

Wut und Böse
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"Wer wütend sein darf, hat Macht. Wer es nicht sein darf, wird kontrolliert." (S. 184)

Die Autorin betrachet in ihrem Buch, wie weibliche Wut in der westlichen, patriarchal/binär geprägten Gesellschaft ...

"Wer wütend sein darf, hat Macht. Wer es nicht sein darf, wird kontrolliert." (S. 184)

Die Autorin betrachet in ihrem Buch, wie weibliche Wut in der westlichen, patriarchal/binär geprägten Gesellschaft gesehen wird, besonders im Vergleich zu männlicher Wut und zieht Verbindungslinien zu Diskriminierung, Sexismus und Rassismus. Sie bezieht sich dabei besonders auf eigene Erfahrungen und Erfahrungen im Freundeskreis und untermauert ihre Argumentation mit Zitaten aus wissenschaftlichen Studien und Abhandlungen zu dem Thema.

Hoeder zeigt, wie bei Mädchen das Zeigen negativer Emotionen mit zunehmendem Alter immer weniger toleriert wird, während bei Männern Agression als Stärke und Kompetenz ausgelegt wird. Sie erklärt, warum dies problematisch ist, wenn es um gesellschaftliche Stellung und politische Macht geht. Völlig berechtigte Forderungen werden als irrational abgelehnt, wenn sie im "falschen Ton" vorgebracht werden.
Dadurch, dass die Autorin viele eigene Erfahrungen einbringt, ist das Buch gut lesbar und nicht zu trocken und theoretisch. Für mich persönlich, die mit dem Thema schon Berühungspunkte hatte, gab es nicht viel Neues. Ich habe mich zwar nicht gelangweilt, aber wenig gelernt. Oft hätte ich mir eine tiefgreifendere Beschäftigung mit dem Thema gewünscht. Zu den Studien und deren Interpretation hätte man sicher noch mehr sagen können. Stattdessen formuliert die Autorin eher ein Manifest, als Frau die Wut nicht mehr zu unterdrücken, damit gesellschaftliche Veränderungen angestoßen werden können. Dazu ist es sicherlich noch ein weiter Weg.
Insgesamt gutes Einstiegsbuch zum Thema, das sich angenehm liest und für jeden persönlich Fragen aufwirft. Es handelt sich eher um eine Zustandsbeschreibung, als einen wirklichen Lösungsweg, bietet aber auf jeden Fall eine Diskussionsgrundlage.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

Im Arrest

DAFUQ
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Weil ihr vorgeworfen wird, eine regierungskritische Demonstration organisiert zu haben, muss Anja für zehn Tage in den Arrest. Dort ist sie mit sechs anderen Frauen eingesperrt.
Die Autorin stellt die ...

Weil ihr vorgeworfen wird, eine regierungskritische Demonstration organisiert zu haben, muss Anja für zehn Tage in den Arrest. Dort ist sie mit sechs anderen Frauen eingesperrt.
Die Autorin stellt die alles erdrückende Langeweile der eintönigen Tage sehr gut dar. Wie die Frauen die Zeit mit Rauchen totschlagen, einfach um irgendwas zu tun, wie sie sich gegenseitig nerven, aber doch einander brauchen, wie es beunruhigt und gleichzeitig seltsam beruhigt immer beobachtet zu werden.
Die Übersetzung ist sehr wörtlich, das macht es ab und an holperig. Warum man auch Bandnamen übersetzt, ist mir etwas unklar. Vielleicht hat man sich gescheut, die Umschrift aus dem Kyrillischen zu nehmen, aber beispielsweise mit "Nächtliche Scharfschützinnen" kann man kaum etwas anfangen, wenn man die Band nicht kennt.
Interessant fand ich die verschiedenen Geschichten der sehr unterschiedlichen Frauen. Leider wurden diese nicht sehr ausführlich erzählt. Es geht, anders als man vermuten würde, nicht viel um Politik sondern vor allem um Liebes- und Abhängigkeits- Beziehungen zu Männern und Frauen. Das ist etwas schade, denn das hat mich nicht immer interessiert. Besonders Anjas Geschichte um eine Dreiecksbeziehung wurde ermüdend lang ausgewalzt.
Am Ende driftet es in eine übernatürliche Richtung ab. Das ist an sich nicht schlimm, ich lese gern Fantasy, aber hier war für mich der Bruch zu stark und der ganze realistische Teil wurde dadurch abgewertet. Man denkt nicht mehr darüber nach wie schlimm es ist, dass Anja für eine Demonstration ins Gefängnis muss, sondern nur noch darüber, ob irgendjemand übernatürliche Kräfte haben könnte oder nicht. Von der Autorin ist ja auch noch bekannt, dass sie zum Team von Nawalny gehört und sich mit der Organisation von Demonstrationen und dem Leben im Arrest auskennt.
Auch von der Lesbarkeit her wird es immer anstrengender zum Schluss hin und war ich war am Ende ganz froh durch zu sein. Trotzdem habe ich durchaus immer wieder Mehrwert in der Lektüre gefunden.
Insgesamt ein spannendes Buch, was aber unter seinen Möglichkeiten bleibt.

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Ach Walter

Barbara stirbt nicht
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Herr Schmidt und Barbara sind seit über 50 Jahren verheiratet. Barbara ist für den Haushalt zuständig, Herr Schmidt brachte das Geld nach Hause. Doch eines Tages steht Barbara einfach nicht mehr auf und ...

Herr Schmidt und Barbara sind seit über 50 Jahren verheiratet. Barbara ist für den Haushalt zuständig, Herr Schmidt brachte das Geld nach Hause. Doch eines Tages steht Barbara einfach nicht mehr auf und Herr Schmidt sieht sich mit Aufgaben konfrontiert, um die er sich nie gekümmert hat; Kaffeekochen zum Beispiel.

Es wird aus Herrn Schmidts Blickwinkel berichtet. Er ist sehr selbstgerecht und stur, was ihm nicht in den Kram passt, verleugnet er. Ob das nun die Homosexualität seiner Tochter oder die Krankheit seiner Frau ist. Man erfährt also nur sehr langsam was überhupt los ist und wie es mit Barbara und die Bewältigung des Haushalts überhaupt steht. Ganz langsam öffnet sich Herr Schmidt und lässt Neuerungen zu, er bleibt dabei jedoch ruppig und verschlossen.
Das ist vom Konzept her gut gemacht, ich fand es jedoch eher anstrengend zu lesen. Das angekündigte "urkomische" habe ich dabei nicht gefunden, dafür war es zu traurig zu sehen, wie unglücklich eigentlich alle Charaktere sind. Herr Schmidt ist sehr mit sich selbst beschäftigt (auch wenn ihm Barbara offensichtlich sehr wichtig ist, was er aber nicht zugeben kann), insofern bleiben viele Figuren, besonders die Kinder sehr blass.
Einzig der Enkelsohn kann etwas unbedarfte Freude reinbringen, auch wenn er nach Herrn Schmidts Ansicht die falsche Hautfarbe hat.
Dass Herr Schmidt über das Kochenlernen einen Veränderungsprozess durchläuft fand ich eine schöne Idee, es war jedoch nicht so ganz realistisch. Würde mich wundern, wenn es tatsächlich so eine aktive facebookcomunity bei einem Koch gäbe, aber dafür bin ich vielleicht auch zu jung.
Insgesamt ein nettes Buch, kann man mal lesen, jedoch nicht mein Humor.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Familiengeschichten-Politthriller

Heimatsterben
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Sarah Höflich betrachtet die politsche Situation im Deutschland 2023 anhand des Schicksals einer Familie. Felix von Altdorff ist Kanzlerkandidat
der rechtskonservativen Partei BürgerUnion. Er bittet seine ...

Sarah Höflich betrachtet die politsche Situation im Deutschland 2023 anhand des Schicksals einer Familie. Felix von Altdorff ist Kanzlerkandidat
der rechtskonservativen Partei BürgerUnion. Er bittet seine Schwägerin Hanna Ahrens, die sich eher politisch links verortet, um Hilfe beim Wahlkampf. Hanna, die nach dem Tod ihrer Großmutter gerade nicht so recht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll, stimmt zu, bekommt aber immer stärkere Gewissensbisse je klarer wird, dass der extremistische Teil von Felix Partei immer mehr Einfluss gewinnt.
Die Autorin spannt einen weiten Bogen von den Kriegserlebnissen der Großmutter bis zu der politisch sehr aufgeladenen Stimmung in naher Zukunft. Dabei liegt der Fokus auf der Familiengeschichte und den Personen und ihrem Schicksal. Die politischen Geschehnisse der Gegenwart (Kanzlerschaft Merkel, Corona-Krise, militärische Konflikte) werden ignoriert oder in Nebensätzen abgehandelt. Das ist verständlich, denn ein Buch, dass über einen langen Zeitraum geschrieben wird, wird gezwungenermaßen von der Realität überholt, sorgt jedoch für einen merkwürdig luftleeren Raum, in dem die Gegenwart des Buches spielt. Hintergründe bestimmter Ereignisse werden völlig ausgeblendet, ebenso Reaktionen anderer Staaten auf deutsche Politik. Gesetze werden, völlig untypisch für Deutschland (außerhalb von Notstandgesetzen, die hier aber nicht erwähnt werden) in wenigen Tagen beschlossen und umgesetzt. Besonders das Ende hat mich hier nicht zufrieden gestellt. Es gibt krasse Einschnitte und sehr unklare Entwicklungen, aber da nur auf die Familiengeschichte fokussiert wird, werden die Probleme nur im Kleinen aufgelöst und große Zusammenhänge werden nicht behandelt. Das fand ich etwas schade, so verliert die Geschichte nach dem guten Spannungsaufbau zum Ende hin an Kraft.
Alle sind irgendwie miteinander befreundet und verwandt und haben Berufe, die rechtfertigen, dass man immer wieder zufällig zusammentrifft. In der Familie und deren Bekanntenkreis gibt es einen offen homosexuellen Anwalt, einen homosexuellen Werber, der mit einem von der Fremdenfeindlichkeit betroffenen Iraner zusammen ist und eher zufällig in linksextreme Kreise gerät, einen Arzt, der zufällig immer zur Stelle ist, ambitionierte rechts-militaristisch eingestellte Konservative, Verlierertypen, die in der soldatischen Ausbidung endlich wieder Selbstvertrauen entwickeln...
Das ist schon ein bissschen konstruiert. Spannend und lesenswert fand ich es dennoch. Eine Art Familiengeschichten-Politthriller. 3,5 Punkte von mir und eine Leseempfehlung als Unterhaltungsroman mit etwas Potential zum Nachdenken.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

nicht meins

Bis ans Ende aller Fragen
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Maxi ist Anfang 40 und hadert mit ihrem Leben. Gern hätte sie Kinder, aber das hat nie geklappt. Auch mit der großen Karriere wurde es nichts. Immerhin ist sie stolze Besitzerin eines gut laufenden Cafés. ...

Maxi ist Anfang 40 und hadert mit ihrem Leben. Gern hätte sie Kinder, aber das hat nie geklappt. Auch mit der großen Karriere wurde es nichts. Immerhin ist sie stolze Besitzerin eines gut laufenden Cafés. Ihre Nichte und Mitarbeiterin Summer beschließt, dass es so nicht weitergehen kann und unternimmt alle möglichen Anstrengungen, um Maxi zu verkuppeln. Mit einem alleinerziehenden Witwer am Besten, denn dann schlägt Maxi gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.
Und unverhofft verstrickt sich Maxi in einem Lügengestrüpp. Leider war das Buch gar nicht mein Fall. Es liest sich erwartungsgemäß gut weg, hinterlies aber kaum Eindruck. Mein Problem waren vor allen die Hauptfigur. Maxi benimmt sich teilweise wie 15, ist überrschend naiv und absurd tollpatschig. Ich kann ihr nicht abnehmen, das sie schon über 40 Jahre Lebenserfahrung auf dem Buckel haben soll. Eingestreut sind dann noch Tagebuchnotizen der jüngeren Maxi, die von einer Jungendlichen stammen sollen, aber wirken, als hätte sie eine 10-jährige verfasst. Nun ja. Ich denke viele werden das Buch als leichte Lektüre, über die man ein bisschen schmunzeln kann, schätzen. Meinen Geschmack hat es leider nicht getroffen.

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