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Pantoffeltier

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2025

Erwartung etwas enttäuscht

Super-GAU
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Am 11.03.2011 wird Japan von einem schweren Erdbeben erschüttert. Das Erdbeben löst eine Tsunamiwelle aus, die zahlreiche Menschen das Leben kostet.
Auch das Atomkraftwerk Fukushima wird beschädigt. Währenddessen ...

Am 11.03.2011 wird Japan von einem schweren Erdbeben erschüttert. Das Erdbeben löst eine Tsunamiwelle aus, die zahlreiche Menschen das Leben kostet.
Auch das Atomkraftwerk Fukushima wird beschädigt. Währenddessen geht in Berlin das Leben seinen normalen Gang.

Der Zeichenstil gefällt mir gut. Die Charaktere werden gut charakterisiert, beeindruckende Großformate und Traumszenen.
Mit der Handlung habe ich ein wenig gehadert. Von Japan erfährt man sehr wenig. Stattdessen geht es um mehrere Berliner:innen und deren Alltag. Vor allem persönlich betroffene Menschen sind sehr berührt von dem Unglück. Und das war’s auch schon im Großen und Ganzen.
Das ist an sich nicht schlecht, passt nur nicht so ganz zur Erwartung, die geweckt wird. Für mich war es eine etwas merkwürdige Fokussetzung, denn man betrachtet das schreckliche Unglück aus Japan merkwürdig distanziert. Wir sehen vor allem (gezeichnete) Fernsehbilder und das Ausmaß der Katastrophe nicht nur für Einzelpersonen, sondern die (japanische) Gesellschaft kommt gar nicht so sehr raus und auch nicht, was konkret ein Unglück in einem Kernkraftwerk so bedrohlich macht.
Es gibt zwar eine Verbindung zwischen Berlin und Sendai/Japan, aber diese war mir ein wenig zu schwach. Ich hatte noch mehr kleinere Verweise auf die Verflochtenheit einer globalisierten Welt gehofft oder auch eine Gegenüberstellung davon, wie sich das Leben der Menschen gestaltet. So war mir das etwas zu wenig.

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Veröffentlicht am 08.03.2025

Zerrissen

Russische Spezialitäten
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Dmitrij Kapitelman wurde in Kyjiw geboren und kommt mit seinen Eltern als Kontingentflüchtling nach Leipzig. Dort eröffnen seine Eltern ein Geschäft namens магазин mit allerlei russischen/osteuropäischen/sowjetischen ...

Dmitrij Kapitelman wurde in Kyjiw geboren und kommt mit seinen Eltern als Kontingentflüchtling nach Leipzig. Dort eröffnen seine Eltern ein Geschäft namens магазин mit allerlei russischen/osteuropäischen/sowjetischen Spezialitäten, Souvenirs und Krimskrams. Die Kundschaft besteht hauptsächlich aus Nashi (aus der ehemaligen Sowjetunion Eingewanderte), Nostalgikern und allerlei skurrilen Gestalten. Als Russland in die Ukraine einmarschiert, kommt es auch in Dimas Familie und Freundeskreis zu Konflikten. Seine Mutter schaut den ganzen Tag russisches Fernsehen, glaubt die absurdesten Behauptungen und ist fest davon überzeugt, dass die Ukraine an dem Konflikt schuld ist, während Dima sich der ukrainischen Seite zugehörig fühlt. Schließlich beschließt Dima, selbst in die Ukraine zu reisen und seine dort lebenden Freunde zu treffen.
Das Buch ist sehr aktuell und meiner Meinung nach wichtig zu lesen, aber der Autor macht es einem nicht leicht. Es ist sehr deutlich in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil ist voller skurriler Anekdoten, die manchmal ins Absurde kippen, über die Kundschaft des Ladens, die Familiengeschichte und den Streit mit der Mutter. Es gibt viele Wortspiele, die nicht alle zünden, wenn man nicht viel über die russische/ukrainische/sowjetische Kultur weiß. Der zweite Teil ist ein viel ernsterer Reisebericht. Tiefgreifende Erkenntnisse über den Krieg oder die Situation in der Ukraine konnte ich nicht gewinnen. Dima ist nur kurz dort, hat eher zufällige Begegnungen und gewinnt nur einen oberflächlichen Eindruck. Was er aber eindrücklich beschreibt, ist die Zerrissenheit der Gemeinschaft. Er selbst spricht kein Ukrainisch, sondern nur Russisch, liebt die russische Sprache und ist entsetzt, wie sie zum Politikum wird. Er zeigt, wie sich auch die im Ausland lebenden Ukrainer/Russen auf verschiedene Seiten schlagen (müssen?) und wie die Propaganda tiefe Wunden schlägt.
Insofern ein wichtiger Roman, vor allem wenn man sich schon mit dem Krieg beschäftigt hat. Man merkt ihm jedoch an, dass der Autor selbst zerrissen ist und keinen rechten Umgang mit dem Geschehen hat. Das macht es anstrengender zu lesen, macht aber noch einmal deutlich wie schwierig und verfahren die Situation der Menschen ist.

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Veröffentlicht am 28.02.2025

Eine Zimmerpflanze macht sich selbstständig

Wild wuchern
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„Ich war dort, wo man mich hingepflanzt hat, wie ein Ziergewächs in einem Topf.
Jetzt bin ich hier und wuchere. Und niemand mehr da, der mich stutzt. Aber auch niemand, der mir Wasser gibt.“

Über den ...

„Ich war dort, wo man mich hingepflanzt hat, wie ein Ziergewächs in einem Topf.
Jetzt bin ich hier und wuchere. Und niemand mehr da, der mich stutzt. Aber auch niemand, der mir Wasser gibt.“

Über den Inhalt möchte ich nicht zu viel verraten, denn meiner Meinung nach macht es den Reiz des Buches aus, langsam immer mehr zu erfahren und sich seine eigenen Gedanken zu machen.

Marie ist äußerlich eine Goldmarie, hübsch anzusehen und immer bemüht, es allen recht zu machen. Johanna lebt auf einer Alm, ist wortkarg und zieht die Gesellschaft von Tieren der von Menschen vor. Als Marie eines Tages bei Johanna vor der Tür steht und auf keinen Fall zurück nach Wien will, müssen die beiden Frauen einen Weg finden, miteinander auszukommen.

In diesem Buch begleiten wir die Ich-Erzählerin Marie. Auch sprachlich nimmt die Autorin Maries Perspektive ernst. Der Satzbau ist der gesprochenen Sprache sehr nahe und hat es werden einige österreichische, vor allem Tiroler Dialektausdrücke verwendet. Dadurch hat man das Gefühl, ungefiltert Maries Gedanken zu lauschen.

Die Autorin hat die Fähigkeit, Alltagsszenen eindringlich zu beschreiben und dadurch die Persönlichkeit ihrer Protagonistinnen nachvollziehbar zu machen. So kann man sich als Leser*in viele eigene Gedanken machen. Die Nebenfiguren bleiben jedoch schemenhaft. Man lernt sie nur durch Erinnerungen kennen und der Fokus liegt immer auf den beiden Frauen, ihrer Beziehung und ihren Erlebnissen.

Mit der Zeit lernt man die beiden Frauen mit ihren unterschiedlichen Traumata, die sie mit sich herumschleppen, besser kennen und verstehen. Gut gefallen hat mir auch der immer wieder eingestreute schwarze Humor, der die schweren Themen erträglicher macht.

Man muss die sehr bildhafte und metaphernreiche Sprache mit den vielen, manchmal etwas plakativen Naturbeschreibungen mögen. Mir gefällt es sehr, dass ich mir die Handlung fast wie einen Film sehr bildhaft vorstellen kann und viel über die Handlung statt über Erklärungen gezeigt wird. Ein Lesehighlight für mich. Lässt sich auch gut in einer Leserunde diskutieren.

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Veröffentlicht am 04.02.2025

Gut gemachte RomCom

Fake Dates and Fireworks
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Dieses Buch erfindet das Rad nicht gerade neu, aber unter den RomComs hebt es sich doch angenehm ab.

Becca und Nils sind in einer etwas ungewöhnlichen Beziehung. Sie schreiben sich ständig, treffen sich ...

Dieses Buch erfindet das Rad nicht gerade neu, aber unter den RomComs hebt es sich doch angenehm ab.

Becca und Nils sind in einer etwas ungewöhnlichen Beziehung. Sie schreiben sich ständig, treffen sich aber nur an Silvester und schlafen dann miteinander. Nach 10 Jahren will Becca endlich eine feste Beziehung, aber Nils hat da nicht so Lust drauf. Wie gut, dass zufällig der nervige Raffael im selben romantischen Hotel abgestiegen ist wie die beiden.
Und da uns der Klappentext schon auf Fake Dating und Enemies to Lovers vorbereitet ist wenig überraschend was jetzt passiert. Insgesamt fand ich es realistischer als viele ähnliche RomComs. Klar, es ist ein bisschen übertrieben, dass sich Becca 10 Jahre lang komplett auf Nils einstellt, aber mir hat gut gefallen, dass sie nicht plötzlich alles durchschaut und sofort mit dem nächsten Typen anbandelt. Es braucht einige Gespräche bis Becca klar wird, was los ist. Schön fand ich auch, dass es Nebenfiguren gibt und die Liebesgeschichte nicht im luftleeren Raum stattfindet.
Für meinen Geschmack hätten die Figuren etwas Grautöne und Ecken und Kanten vertragen können. Nils ist so selbstbezogen und nervig dass man sich fragt, wie Becca sich jemals in ihn verlieben konnte. Und Raffael ist so perfekt, dass es auch schon etwas unangenehm ist. Verständnisvoll, durchtrainiert, gutaussehend, kinderlieb, mitfühlend, mit gut gefülltem Konto ausgestattet, topp im Bett... Meine Güte, darf der arme Kerl (außer einem Kindheitstrauma) auch wenigstens einen Fehler haben?
Dafür ziehe ich einen halben Stern ab.
Alles in allem eine gute Wahl für eine bestärkende Wohlfühllektüre.

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Veröffentlicht am 23.01.2025

Konstante Bedrohung, leider nicht zufriedenstellend aufgelöst

Drei Wochen im August
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Elena fährt mit ihren beiden Kindern, einer Freundin der Tochter und der Babysitterin Eve, für die die Kinder eigentlich zu alt sind, in den Urlaub. Der Urlaub entwickelt sich anders als gedacht, denn ...

Elena fährt mit ihren beiden Kindern, einer Freundin der Tochter und der Babysitterin Eve, für die die Kinder eigentlich zu alt sind, in den Urlaub. Der Urlaub entwickelt sich anders als gedacht, denn immer wieder passieren merkwürdige Dinge. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Eve und Elena.

Die pubertierende Tochter schottet sich ab und ihre Freundin behauptet psychische Probleme zu haben. Beide Erzählerinnen scheinen Beziehungen zu haben, bei denen nicht alles in Ordnung ist. Die Gastgeberin ist nicht erreichbar. Im Haus gehen ständig Sachen kaputt. Es tauchen Leute auf, die sich seltsam verhalten und und und.
Aber es dauert sehr lange, bis überhaupt etwas passiert. Die Erzählerinnen verlieren sich in ihren Gedanken. Das ist schade, denn es nimmt der Erzählung den Schwung. Man hat einfach konstant ein schlechtes Gefühl, aber es gibt kein Auf und Ab, das einen bei der Stange hält.
Und auch das Ende hat für mich nicht die erhoffte Auflösung gegeben. Schade, die Ausgangslage hätte so viel mehr hergegeben.

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