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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.08.2023

Zwei Personen, zwei Erzählstränge, doch nur eine Wahrheit

Stranger – Du wirst ihm verfallen
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Bei der Einweihungsparty des luxuriösen Strandhauses wird Caroline vor aller Augen gedemütigt, als ihr Ehemann mit einer jüngeren Frau auf der Party auftaucht. Die Partygäste und Caroline glauben an eine ...

Bei der Einweihungsparty des luxuriösen Strandhauses wird Caroline vor aller Augen gedemütigt, als ihr Ehemann mit einer jüngeren Frau auf der Party auftaucht. Die Partygäste und Caroline glauben an eine Affäre. Aidan, der attraktive Barkeeper, der auf Carolines Party ausschenkt, entgeht nicht, welcher Schmach die Hausbesitzerin ausgesetzt wurde. Aidans Faszination begann mit dem Haus, das auf dem ehemaligen Grundstück seines Großvaters gebaut wurde, doch nun interessiert er sich auch auf eine höchst intensive Weise für Caroline selbst. Als diese eines Abends in der Bar auftaucht und sich von ihm abschleppen lässt, beginnt die gedemütigte Ehefrau ihrerseits eine Affäre. Aidan ist völlig hingerissen von Caroline und entwickelt eine tiefe Obsession für sie, die bald zur Gefahr für sie und ihre Familie wird. Doch Caroline ist alles andere als unschuldig an der Entwicklung dieser neuen Beziehung.


Eine Geschichte, erzählt aus zwei Perspektiven. Bereits bei den ersten Ungereimtheiten fragt man sich, wer der beiden Erzählenden der Lügner ist. Wer spielt ein Spiel, und wer ist das unschuldige Opfer in diesem Buch?

An sich ist Michele Campbells „Stranger“ von einem Story-Standpunkt aus nicht schlecht, allerdings konnte keiner der Protagonisten meine Sympathien für sich gewinnen – weder Caroline noch Aidan, noch wenn sie in der Erzählung des jeweils anderen dargestellt wurden. Hätte ich diese Distanz zu den Charakteren überwinden können, hätte ich bestimmt ein größeres Lesevergnügen gehabt, so war es für mich subjektiv allerdings eher mäßig.

Veröffentlicht am 02.08.2023

Eine ganz besondere letzte Ehre

Der Tag, an dem Conny Kramer wie durch ein Wunder überlebte
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Vier Freunde treffen sich zum ersten Mal nach Jahren wieder in ihrer Heimatstadt. Der Grund ist kein schöner: Ihr Kumpel Wolle hat auf dem Rüttenscheider Weihnachtsmarkt einen Schlaganfall erlitten, und ...

Vier Freunde treffen sich zum ersten Mal nach Jahren wieder in ihrer Heimatstadt. Der Grund ist kein schöner: Ihr Kumpel Wolle hat auf dem Rüttenscheider Weihnachtsmarkt einen Schlaganfall erlitten, und es steht nicht gut um ihn. So kommen Esra, Vegas und der Vierte im Bunde und Ich-Erzähler dieses Romans zusammen, um Wolle die letzte Ehre zu erweisen. Dazu muss der Protagonist erstmal aus dem kühlen Norden anreisen, den hat es vor sechs Jahren nämlich nach Hamburg verschlagen. Auch Esra und Vegas gehen mittlerweile sowas wie einem geregelten Leben nach, darum kann auch nur einem wie Wolle passieren, dass er sich auf dem Weihnachtsmarkt an einer Glühweinbude buchstäblich totlacht.

Die drei Freunde finden sich in Essen wieder zusammen, um auf Wolle zu trinken und in alten Zeiten zu schwelgen. Sie erinnern sich an Wolle und dessen poetischen Ausflüge in die Ruhrwiesen in Kupferdreh. Eine alte Freundin von Esra, die mittlerweile auf der Straße lebt, stößt zu diesem nostalgisch-fröhlichen Trupp, nur zu gern lässt sich zu dem Gelage einladen und bringt ihre ganz eigenen Geschichten mit an den Tisch. Als Esra einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommt, landen die Vier im Taxi zur Fahrt in eine Nacht, die sie so schnell nicht mehr vergessen werden.


Essener Urgesteine werden mit dieser Geschichte auf knapp 120 Seiten sicher ihre Freude haben. Die verrückte Handlung der vier bzw. fünf Kumpels ist eingewickelt ganz viel Lokalkolorit, den ich als in den Pott zugezogener Fischkopp nur mäßig verstehe, aber auf jeden Fall unterhaltsam fand. Es ist eine Geschichte über Jugendfreunde, die auch im Erwachsenenalter über alle Grenzen hinaus ihre Freundschaft ehren. Übrigens hat der Buchtitel gefühlt nur ganz am Rande was mit der Geschichte zu tun, aber lest selbst!

Veröffentlicht am 02.08.2023

Kraftvolles Romandebüt über die Rollenerwartung an die Frau in der nigerianischen Gesellschaft

Bleib bei mir
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Yejide und Akin sind ein glückliches Ehepaar. Nur ein Kind fehlt für das Familienglück. Sie wünschen sich eines, und von ihrer Verwandtschaft und Umgebung wird es selbstverständlich erwartet. Jahrelang ...

Yejide und Akin sind ein glückliches Ehepaar. Nur ein Kind fehlt für das Familienglück. Sie wünschen sich eines, und von ihrer Verwandtschaft und Umgebung wird es selbstverständlich erwartet. Jahrelang versuchen Akinyele und Yejide vergeblich ein Kind zu bekommen. Da greift Akins Mutter ein und organisiert ihm eine Zweitfrau, die eine Demütigung für Yejide darstellt. Die einzige Möglichkeit die Demütigung auszugleichen ist als erstes schwanger zu werden, aber das gestaltet sich schwerer als zuvor. Yejide wird durch die Erwartungen ihrer Mitmenschen in einen seelischen Abgrund gestürzt. Die perfekte Liebe zwischen Akin und ihr bröckelt durch das fehlende Kind in ihrer Mitte. Da ergibt sich für Yejide eine Möglichkeit schwanger zu werden, die sie jedoch vor ein großes moralisches Dilemma stellt, doch sie gibt dem Druck nach, um von ihrer Verwandtschaft wieder geachtet zu werden. Aus dieser Möglichkeit erwächst für sie das größte Glück und das schlimmste Pech. Als sie sich nicht mehr fähig sieht, weiteren Schmerz zu ertragen, trifft Yejide eine folgenschwere Entscheidung.


Ayobami Adebayo hat mit „Bleib bei mir“ ein sensibles Debüt voller Liebe und Tragik in die Welt gesandt. Sie beschreibt den Druck, der in der nigerianischen Gesellschaft auf der Rolle der Frau lastet, wie es nur eine Frau kann. Das Glück der beiden Hauptakteure wird auf die größte Probe gestellt, und sie müssen sich aneinander klammern, um ihre Liebe zu erhalten, die mehr und mehr unter äußerem Druck zu bersten droht. Als Leser leidet man mit Yejide und fragt sich, warum die beiden Eheleute nicht offener miteinander kommunizieren, um das Band zu bewahren, das sie verbindet. Der Roman endet mit einer emotionalen Wucht, die LeserInnen die Tränen in die Augen zwingt. Ein bittersüßes Stück Literatur!

Veröffentlicht am 02.08.2023

Ein Intermezzo in Eis und Schnee

Blutkristalle
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Ursula Poznanski schätze ich wegen ihrer Fähigkeit Spannung aufzubauen. Ich war sehr neugierig, ob ihr das auf den 80 Seiten von „Blutkristalle“ gelingen wird, und beileibe, das schafft sie:

Wolfram hat ...

Ursula Poznanski schätze ich wegen ihrer Fähigkeit Spannung aufzubauen. Ich war sehr neugierig, ob ihr das auf den 80 Seiten von „Blutkristalle“ gelingen wird, und beileibe, das schafft sie:

Wolfram hat nur einen Lebensinhalt: Ella. Ella zu beobachten, Ella zu beschützen, Ella darauf vorzubereiten, dass Wolfram der Mann fürs Leben ist. Wolfram ist nicht nur ein Stalker, denn er hat schon zuvor mit die störenden Faktoren in Ellas Leben beseitigt. Dies hat er nun auch mit Paul vor, Ellas neuem Freund, mit dem sie einen Winter-Wander-Urlaub in den Bergen verbringen will. Wolfram bereitet sich darauf vor, Paul einen tödlichen Unfall zu bescheren, dessen Ausführung in diesem unwegsamen Terrain Wolfram vor einige Probleme stellt.

Ein wirklich mitreißender Thriller aus der im Mai 2021 erschienenen Kurzkrimi-Reihe im Droemer-Knaur-Verlag, der gefühlt innerhalb von Minuten weggelesen ist, weil er so spannend und unterhaltsam geschrieben ist!

Veröffentlicht am 02.08.2023

Ein Buch, das gelesen werden muss!

Das Unwohlsein der modernen Mutter
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Offen, persönlich und hervorragend recherchiert berichtet Mareice Kaiser über „Das Unwohlsein der modernen Mutter“. Dieses Unwohlsein entspringt nicht ausschließlich einer persönlichen Misslage, sondern ...

Offen, persönlich und hervorragend recherchiert berichtet Mareice Kaiser über „Das Unwohlsein der modernen Mutter“. Dieses Unwohlsein entspringt nicht ausschließlich einer persönlichen Misslage, sondern ist das Resultat systematischer Benachteiligung von Müttern.

Die Coronakrise ist ein hervorragendes Beispiel dieser Benachteiligung, das durch Kaisers Worte gleichermaßen persönlichen wie allgemeingültigen Anspruch erhebt: Frauen leisten den überwiegenden Teil der systemrelevanten Arbeit in dieser Krise. In Krankenhäusern arbeiten 76 Prozent Frauen, im Einzelhandel 72,9 Prozent Frauen, in Kindergärten und Vorschulen 92 Prozent. Kaum eine Gruppe trifft der Corona-Ausnahmezustand so hart wie Alleinerziehende - zu 90 Prozent Frauen. Für Alleinerziehende sind die Auswirkungen des Coronavirus und die damit verbundenen Schließungen von Kitas und Schulen mehr als eine Herausforderung. Sie sind existenzbedrohend. Aber gefragt sind gerade Männer. Bundesliga und Automobilindustrie first…

Da wundert es nicht, dass – wie Kaiser schreibt - die größte Risikogruppe für psychische Erkrankungen alleinerziehende Mütter sind. Gleichzeitig sind es aber Hausfrauen, die bei stationärer psychischer Therapie die kürzeste Zeit in Behandlung sind. Selbstfürsorge steht bei Müttern immer hinter den Bedürfnissen aller anderer an. Das ist besonders problematisch, da Ein-Eltern-Familien in Deutschland auf den Vormarsch sind.

In ihrem Buch listet Mareice Kaiser so viel weiteres Relevante auf. Ich selbst bin keine Mutter, und manche Problematik wird mir vermutlich auf ewig verschlossen bleiben, aber ich wünsche mir, dass ganz viele Menschen dieses Buch lesen und damit ein erweitertes Bewusstsein zur Problematik bekommen!