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Veröffentlicht am 31.07.2023

Mutter und Tochter zwischen Schuld, Sühne und Rache

Darling Rose Gold
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Rose Gold Watts ist ein fragiles und krankes Kind gewesen. Verdauungsprobleme, Untergewicht, verrottende Zähne, dutzende Krankheiten machten es der kleinen Rose Gold unmöglich weiter die Schule zu besuchen, ...

Rose Gold Watts ist ein fragiles und krankes Kind gewesen. Verdauungsprobleme, Untergewicht, verrottende Zähne, dutzende Krankheiten machten es der kleinen Rose Gold unmöglich weiter die Schule zu besuchen, so dass sie von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet und weiterhin gepflegt wurde.


Viele Jahre später sitzt Patty Watts im Gefängnis wegen schwerer Kindesmisshandlung. All die Krankheiten – nur ausgedacht und mit Gift im Essen ihrer Tochter nachgeholfen. Fünf Jahre Knast für ein ruiniertes Kinderleben. Doch Rose ist gnädig, will ihrer Mom eine zweite Chance geben und nimmt sie nach ihrer Entlassung in ihr Haus auf. Rose ist nun ihrerseits Mutter, und die ganze Gemeinde fürchtet, dass die selbstgerechte Patty Watts dasselbe Spiel nicht nur bei ihrer Tochter wieder aufnehmen könnte, sondern auch den Enkel vergiften wird.

Patty umsorgt Rose nur zu gern wieder und kümmert sich nach Roses wiedergewonnenem Vertrauen um das Enkelkind, denn sie hat das Ziel die nach außen hin innig wirkende Beziehung zu ihrer Tochter wiederaufzunehmen – auch wenn sie es Rose Gold übel nimmt, dass sie das Elternhaus gekauft hat, in dem Patty eine leidvolle Kindheit verbracht hat. Doch ist Rose Gold wirklich so vergebend oder spielt sie vielleicht ihr ganz eigenes Spiel..?


Stephanie Wrobels Debüt schlug bei mir ein wie eine Bombe. Die Kapitel wechseln sich zwischen Rose Golds und Pattys Sicht ab, mal in der Gegenwart erzählt, mal von der Vergangenheit. Hinter jeder Seite vermutet man die Wahrheit, die plötzlich hervorspringt und aufdeckt, wer denn nun die Böse in dieser toxischen Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist. Das Ende ist fulminant! Ein Psychothriller der ganz besonderen Art!

Veröffentlicht am 31.07.2023

The struggle is real!

Die letzten Tage des Patriarchats
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„Die letzten Tage des Patriarchats“ ist eine Textsammlung von Kolumnen und Essays aus dem Zeitraum zwischen 2011 und 2018.

Margarete Stokowskis Zeilen lesen sich ironisch, bissig, ehrlich, absolut unterhaltsam, ...

„Die letzten Tage des Patriarchats“ ist eine Textsammlung von Kolumnen und Essays aus dem Zeitraum zwischen 2011 und 2018.

Margarete Stokowskis Zeilen lesen sich ironisch, bissig, ehrlich, absolut unterhaltsam, dabei aber immer darauf bedacht, eine Message rüberzubringen. Während sie ihre Statements abgibt, lässt sie aber auch immer wieder die Stimmen der Kommentatoren ihrer Kolumnen zu Wort kommen, auch wenn sie – wie sie betont – das Lesen dieser üblicherweise zu vermeiden versucht. Wie schon in ihrem ersten Buch, „Untenrum frei“, rang mir „Die letzten Tage des Patriarchats“ immer wieder abwechselnd zustimmendes Nicken und lautes Kichern ab. Lehrreiche Unterhaltung – aber traurigerweise sind nach wie die aufgegriffenen Themen aktuell, und solange dies so ist, wünsche ich mir, dass Bücher wie dieses vielfach gelesen werden!

Veröffentlicht am 31.07.2023

Hassen in 500 Stichpunkten

Ich hasse die Menschheit
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Das Büchlein ist eine nette kleine Zusammenstellung in 500 Stichpunkten von verachtenswerten Alltagsscheiß, in dem ich mich auch hier und da gut wiederfinden kann.

Meine Favorites: „Menschen, die nicht ...

Das Büchlein ist eine nette kleine Zusammenstellung in 500 Stichpunkten von verachtenswerten Alltagsscheiß, in dem ich mich auch hier und da gut wiederfinden kann.

Meine Favorites: „Menschen, die nicht warten, bis alle aus dem Zug ausgestiegen sind“, und (wo wir uns gerade im Lebensraum Bahnhof befinden) „Menschen, die direkt hinter der Rolltreppe einfach stehenbleiben“.

Einziger Minuspunkt: Mir waren in dem Buch zu viele schulnahe Aufzählungen drin. Ich bin seit Äonen nicht mehr als letztes in ein Team im Sportunterricht gewählt worden, um ausreichend mit Hass würdigen zu können. Da merkt man der Autorin dann ihr junges Alter an. Das ist nicht als Kritik gemeint, aber mit einem erhöhten Lebensalter hätten es wohl auch so Sachen ins Buch gefunden, die ich aus meiner gegenwärtigen Lebensrealität inbrünstig hätte hassen können.

Ansonsten aber ein passendes Buch für eine Zugfahrt, die so gemütlich hätte werden können, wenn nicht die Familie im Nachbarsitz das Klugfon mit snervtötend dudelnder Kindermelodie als Erziehungsmittel ausgesucht hätten. Sollte man in den Folgeband aufnehmen!

Veröffentlicht am 31.07.2023

Für Nixenfans

Atlas der Meerjungfrauen
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Warum gab es dieses tolle Buch nicht in meiner Kindheit? - Da musste ich erst ein fortgeschrittenes Alter erreichen, um mit diesem Bilderbuch meine Kindheitsfaszination mit Meerjungfrauen zu befriedigen!
Das ...

Warum gab es dieses tolle Buch nicht in meiner Kindheit? - Da musste ich erst ein fortgeschrittenes Alter erreichen, um mit diesem Bilderbuch meine Kindheitsfaszination mit Meerjungfrauen zu befriedigen!
Das Buch ist für meinen Geschmack wirklich süß gestaltet; das Cover enthält goldgeprägte Elemente und schimmert daher sehr schön. Es macht Spaß sich die illustrierten Abrisse über die französische Melusine oder das Finfolk der schottischen Orkney-Inseln durchzulesen. Die Aufzählungen enden nicht in Europa, sondern fangen alle erdenklichen Nixenwesen des Erdballs ein. Für Kinder ist der Atlas auf jeden Fall toll, um den Mythos Meerjungfrau in vielen Kulturen nachverfolgen zu können über die Grenzen von Disneys Arielle hinaus.

Veröffentlicht am 31.07.2023

Entwurzelt

GO!
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Sugiharas Vater stammt aus Korea, seine Mutter ist Japanerin. Sugihara ist in Japan geboren. Für seine Umwelt ist er jedoch nicht eindeutig japanisch, ein Zainichi, zumal er auf Wunsch seines marxistischen ...

Sugiharas Vater stammt aus Korea, seine Mutter ist Japanerin. Sugihara ist in Japan geboren. Für seine Umwelt ist er jedoch nicht eindeutig japanisch, ein Zainichi, zumal er auf Wunsch seines marxistischen Vaters auf eine Minderheitenschule geht, die Nordkoreas (kommunistische) Ideale lehrt.
Sugihara beschließt auf eine japanische öffentliche Oberschule zu wechseln, wo er wegen seiner Nationalität einen schweren Stand hat. Oft stehen Herausforderer vor seinem Klassentisch, die jedoch ordentlich eins auf die Nase bekommen, denn Sugiharas Vater als ehemaliger Profiboxer hat ihm beigebracht sich zu wehren. Dieser Ruf verhilft ihm dazu auf der groß organisierten Geburtstagsparty eines Freundes der Aufpasser dafür zu sein, dass es keine Schlägereien gibt. Auf jener Party lernt er ein wunderbares Mädchen kennen, in das er sich sofort verguckt. Die beiden werden ein Paar. Sugihara verschweigt Sakurai jedoch seine koreanische Abstammung. Als die beiden sich in einem Hotel für ihre erste gemeinsame Nacht einmieten, erzählt er ihr davon in der Überzeugung, dass es ihre Liebe nicht beeinflusst. Das Gegenteil passiert, und Sakurai gerät in eine Art Schockzustand, da ihr Vater ihr beigebracht hat, Koreaner und Chinesen wären minderwertig dem Japaner gegenüber. Ernüchtert aber auch enttäuscht verlässt Sugihara das Hotel, von Sakurai hört er nichts mehr. Dann sorgt ein einschneidendes Ereignis dafür, dass Sugihara die Ambition entwickelt aus seinem erdrückenden Status als Zainichi auszubrechen.

Kazuki Kaneshiro ist Japaner, er ist aber auch Koreaner, was ihn in den Augen der japanischen Gesellschaft zu einem Zainichi (einer koreanischen Minderheit) macht. Sein Roman, „Go! No soy coreane, ni soy japones, yo soy desarraigado“, verarbeitet diese autobiografischen Züge. Dieses Buch ist gleichzeitig kraftvoll und gemächlich in seinem Tempo und seiner Erzählweise. Ich habe nicht nur das Lesen sehr genossen, sondern war auch froh mit der Zainichi-Thematik etwas über die japanische Geschichte und Gesellschaft gelernt zu haben. Wunderbares Buch!