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Veröffentlicht am 25.12.2023

Eine Welt ohne Männer?

Die andere Hälfte der Welt
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Als Dr. Amanda Maclean im Krankenhaus drei Männer mit Fieber behandelt, die alle kurz nacheinander sterben, ist ihr schnell klar, dass sie es mit dem Beginn einer Pandemie zu tun hat. Ihre bedrohliche ...

Als Dr. Amanda Maclean im Krankenhaus drei Männer mit Fieber behandelt, die alle kurz nacheinander sterben, ist ihr schnell klar, dass sie es mit dem Beginn einer Pandemie zu tun hat. Ihre bedrohliche Entdeckung teilt sie der Gesundheitsbehörde mit, doch Amandas Warnung bleibt ungehört, und dann ist es zu spät. Das Virus, das nur Männer befällt, durchdringt innerhalb kürzester Zeit die schottische Bevölkerung und breitet sich über die Landesgrenzen hinaus aufs Festland und auf der ganzen Welt aus.
Die folgenden Wochen und Monate werden von Angst, Tod und Trauer beherrscht. Die Zivilisation versinkt im Chaos, und doch waren Frauen für sich nie so sicher, denn sie können zwar (Über-)Trägerinnen des Virus sein, selbst aber nicht daran sterben. Auf der Suche nach abgelegenen Orten, an denen Männer die tödliche Pandemie auszusitzen vermögen, brächten sie sich in Lebensgefahr, wenn sie Frauen zu nahe kämen. Vergewaltigungen und Plünderungen, wie sie es sonst gäbe, bleiben so aus. Doch auch wenn die Frauen nicht am Virus sterben können, so haben sie Väter, Brüder, Partner, Söhne und Enkel, die sie durch das Virus verlieren können.
In Episoden wird die Pandemie aus der Sicht verschiedener Frauen erzählt. Frauen, die bereits wissen, dass ihre Männer und Jungen erkranken werden. Jede dieser Frauen durchlebt auf ihre Weise einen Verlust. Und nach der Zeit der Trauer gilt es, die Zivilisation wieder aufzubauen. Frauen müssen männlich konnotierte Rollen und Berufe übernehmen, alle müssen einen staatlich verortneten Beitrag leisten.

Bei dieser gesellschaftlichen Dystopie komme ich gar nicht umhin, Parallelen zur Covid-Pandemie zu ziehen. Doch genauso denke ich an die Frauen im und zum Ende des Zweiten Weltkrieges, die ob der vielen im Krieg gebliebenen Soldaten, welche die Wirtschaft am Leben und das Land wiederaufbauen mussten. Ein interessantes Gedankenspiel, diese männervernichtende Pandemie.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, auch wenn ich zeitweise Probleme dabei hatte, mir all die Frauen und ihre Beziehungsgeflechte zu merken. Manche Stelle hätte gekürzt werden können, bei manchen Charakteren hätte ich gerne länger verweilt. Auf jeden Fall gibt es von mir eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.12.2023

Das war leider kein Buch für mich

Dopamin & Pseudoretten
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Janis ist 25, hat eine Aushilfsstelle am Theater, lebt am Kottbusser Tor in einer WG und ist arg auf der Suche nach sich selbst. Als Transperson versucht sich Janis in Männersachen an seinem Bruder Marcel ...

Janis ist 25, hat eine Aushilfsstelle am Theater, lebt am Kottbusser Tor in einer WG und ist arg auf der Suche nach sich selbst. Als Transperson versucht sich Janis in Männersachen an seinem Bruder Marcel zu orientieren, der zum Vorbild eigentlich nur bedingt taugt.
Am Theater himmelt Janis die Schauspielerin Giuliana an, landet aber irgendwie bei Kostümbildnerin Irina. Sie akzeptiert ihn in seinem für ihn unvollkommenen Stadium, doch Janis ist weiterhin auf der Suche nach der eigenen Identität, die ihn durch Rauschmittel, Kneipen, OkCupid, in die Klapse und wieder hinaus bringt.

Wenn ich offen bin, weiß ich nicht, was ich über diesen Roman schreiben soll. Ich habe mich nicht in Janis Problematiken oder in seinem Leben wiedergefunden, so dass dieses Buch ereignislos an mir vorbeigeplätschert ist. Oder es ist zu intellektuell, damit kann ich auch leben, denn es waren lediglich knapp 200 Seiten, also keine Lebenszeit verschwendet – aber eben auch kein Fazit, das über ein Schulterzucken hinausgeht.

Veröffentlicht am 25.12.2023

Lovestory & Die Sims

Today I’ll Talk to Him (1)
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Layla und Asher sind ein Liebespaar, leider nur virtuell auf dem PC. Denn Layla ist viel zu schüchtern, um Asher im richtigen Leben anzusprechen, und so streamt sie hinter einer Maske ihre Lovestory als ...

Layla und Asher sind ein Liebespaar, leider nur virtuell auf dem PC. Denn Layla ist viel zu schüchtern, um Asher im richtigen Leben anzusprechen, und so streamt sie hinter einer Maske ihre Lovestory als Sims einer kleinen Fanbase im Internet.
Und dann ist die Highschool geschafft. Layla startet einen Neuanfang mit ihrem Studiumj in Spieleentwicklung & Gamedesign am College in einem verschlafenen Ort namens Harpersville. Doch schon nach wenigen Tagen merkt sie, dass auch Asher in Harpersville studiert, obwohl er doch eigentlich in New York sein sollte. Den ersten Schock teilt auch ihre Sims-Community, der sie im nächsten Stream vom Wiedersehen mit Asher erzählt, aber recht schnell kommen ihre Follower auf die Idee, dass Layla den Neuanfang nutzen könnte, um Asher endlich näher zu kommen und ihre Fortschritte in Sims zu streamen. Layla, die davon träumt, mit ihren Streams irgendwann so bekannt zu werden, dass sie davon leben könnte, sieht in der Idee die Möglichkeit, zwei Lebensziele zu realisieren und nimmt die Herausforderung an in Form von kleinen Challenges. Glücklicherweise wird Layla einer AG zugeteilt, die sie so nah an Ashers Volleyballteam bringt, dass sich Projekt „Today I'll talk to him“ wirklich realisieren lassen könnte. Wäre da nicht diese unglaublich grummelige Henry, der ebenfalls zum Volleyballteam gehört und nicht nur in Asher einen Antagonisten sieht, sondern in Layla gleich mit.

Normalerweise mache ich einen Bogen um so arg liebeslastige Jugendbücher (sagt die Person, die kurz zuvor Tokioregen rezensiert hat, haha), aber da ich eh noch fürs Weihnachtsgeschäft was aus dem Bereich Young/New Adult lesen wollte, und mich der Gaming-Hintergrund der Protagonistin angesprochen hat, gab ich dem Buch eine Chance. Gerade, weil in manchen Ecken den Gaming-Community Mädchen und Frauen noch immer eher belächelt als ernstgenommen werden. Die Geschichte ist auf jeden Fall ganz süß, wobei mir Layla manchmal ein wenig zu verplant war. Eine nette Schmöker-Schmonzette für zwischendurch!

Veröffentlicht am 25.12.2023

Bissiger Schlagabtausch zwischen Hund und Frauchen

Der Hund hat Recht
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Eine Frau holt sich einen Hund aus dem Tierheim. Eine gute Tat, denkt sie sich, aber der Hund weiß es besser. „Nicht mir zuliebe hast du mich aus dem Tierheim geholt, sondern damit du dir auf die Schulter ...

Eine Frau holt sich einen Hund aus dem Tierheim. Eine gute Tat, denkt sie sich, aber der Hund weiß es besser. „Nicht mir zuliebe hast du mich aus dem Tierheim geholt, sondern damit du dir auf die Schulter klopfen kannst“, entlarvt der Hund seine neue Besitzerin sofort. Und nun sind die beiden in trauter Zweisamkeit zusammen für Dialoge, die es in sich haben.
Humorvoll, bissig, unterhaltsam! Mehr braucht man über dieses Büchlein gar nicht zu sagen, der Hund hat oft recht und entwaffnet seine Besitzerin allzu oft mit seiner Kritik, bei der man sich auch als Leser:in irgendwie im Wesen angesprochen fühlt. Doch hier und da verpasst sie ihm eine Retourkutsche, und so scheinen die beiden auch ganz gut zusammenzupassen.
Wer mal nicht weiß, was für ein Buch er verschenken soll – dieses hier ist es.

Veröffentlicht am 25.12.2023

Ein Krimi zum Analysieren

Die rätselhaften Honjin-Morde
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Die wohlhabende Ichiyanagi-Familie plant die anstehende Heirat ihres ältesten Sohnes. Das Haus mit seinen Bewohner:innen und Bediensteten ist den Vorbereitungen entsprechend angespannt. In der Hochzeitsnacht, ...

Die wohlhabende Ichiyanagi-Familie plant die anstehende Heirat ihres ältesten Sohnes. Das Haus mit seinen Bewohner:innen und Bediensteten ist den Vorbereitungen entsprechend angespannt. In der Hochzeitsnacht, nachdem Braut und Bräutigam sich in ein Nebengebäude des Anwesens zurückziehen, wird die Stille der Nacht von einem Schrei und einer Melodie auf der Koto schrill unterbrochen. Als die letzten Gäste in den Hof stürmen, um der Störung auf den Grund zu gehen, erwartet sie im frisch gefallenen Schnee ein blutiges Katana-Schwert.
Der Fall gibt der eintreffenden Polizei Rätsel auf, denn das Nebengebäude war von innen verschlossen. Man entscheidet sich, den Privatdetektik Kosuke Kindaichi zu beauftragen, der sich einen Namen damit gemacht hat, besonders kniffelige Fälle aufzuklären. Als dann Kindaichi am Tatort eintrifft, glaubt niemand, dass dieser abgehalfterte Bursche mit seiner nachlässig getragenen Kleidung und seiner Stotterei seinem Ruf gerecht werden kann. Doch Kindaichi weiß um seinen messerscharfen Verstand und ist sich sicher, diesen Locked-Room-Fall lösen zu können.

Gemächlich baut sich die Geschichte auf, und diese Zeit braucht man als Nicht-Japaner:in bei den teils ähnlich klingenden Namen auf. Japanophilen attestiere ich, werden bei diesem Kriminalroman auf ihre Kosten kommen, alle anderen werden sicher das eine oder andere Wort recherchieren müssen. Das Ende kommt so aprupt die der Schlag des Katana über das Brautpaar und ebenso unerwartet (für mich zumindest, die im Rätseln gar nicht so gut ist). Kindaichi ist ein etwas wirrer, leicht eitler aber durchaus liebenswerter Protagonist, von dem die Reihe sicher auch zu einem erheblichen Teil mit getragen wird - das ergründe ich im zweiten Band!