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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.03.2023

Das Ende ist nur ein neuer Anfang

Federkleid
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Hotaru sieht sich vor den Trümmern ihres jungen Lebens. Es ist kein großer Scherbenhaufen, vor dem sie steht, aber es reicht aus, um sie komplett aus der Bahn zu werfen. Als Geliebte eines Fotografen, ...

Hotaru sieht sich vor den Trümmern ihres jungen Lebens. Es ist kein großer Scherbenhaufen, vor dem sie steht, aber es reicht aus, um sie komplett aus der Bahn zu werfen. Als Geliebte eines Fotografen, der sich für ein Leben komplett seiner Familie gewidmet entscheidet, wird sie einfach aussortiert. Ihre Liebe geht nunmehr ins Leere. Alle Wege, die sie in Tokyo gegangen ist, führen zu den Erinnerungen mit ihm, und so kehrt sie kurzerhand in ihre ländliche Heimatstadt zurück.
Sie wohnt übergangsweise bei ihrer Oma, der sie in einem kleinen, schrulligen Café aushilft. Ihre Tage weiß Hotaru zunächst kaum zu füllen, denn ihr ganzes Leben, seit sie von Zuhause fortgegangen ist, war darauf ausgerichtet, die perfekte, stets wartende Geliebte zu sein. Sie entschließt sich eine frühere Bekannte zu kontaktieren, um das einstige Band der Freundschaft neu zu knüpfen.
Nachts wacht sie auf und finder vor lauter Liebesschmerz keine Ruhe mehr. Auf den nächtlichen Spaziergängen am Fluss sortiert sie ihre Gedanken und lernt einen jungen Mann kennen, der ebenfalls ein schwieriges Paket im Leben zu tragen hat.
Durch die Menschen, die sie neu und wieder kennenlernt, findet Hotaru aus dem Schmerz der verlorenen Liebe heraus.

Das war das zweite Buch, das ich von Banana Yoshimoto gelesen habe, und ihr Stil Geschichten zu erzählen, sagt mir sehr zu. Das offene Ende der Geschichte gefiel mir sehr. Als Leser sah man Hotarus Heilung zu und lässt sie nach der letzten Seite mit vielen Möglichkeiten ziehen.

Veröffentlicht am 29.03.2023

Cyberwar

Permanent Record
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Von der Snowden-Biografie bin ich wirklich zutiefst begeistert!
In den ersten Kapiteln darf man ein wenig nostalgisch werden. Edward Snowden berichtet über seine ersten Lebensjahre. Speziell auf diesen ...

Von der Snowden-Biografie bin ich wirklich zutiefst begeistert!
In den ersten Kapiteln darf man ein wenig nostalgisch werden. Edward Snowden berichtet über seine ersten Lebensjahre. Speziell auf diesen ersten Seiten beschreibt Dinge, über die ich so nie nachgedacht hätte. Dass sich z.B. das Internet seit den 2000ern, als ich meine ersten Schritte online über ein 56k-Modem und später eine ISDN-Leitung machte, verändert hat, empfinde ich auch so. Snowden, der zwar der gleiche Jahrgang wie ich ist, kennt noch das Web 1.0 aus den 199ern, weil er viel früher mit dem Netz in Berührung kam als ich, beschreibt es auf eine Weise, welche mir die Veränderung erst wirklich vor Augen führt.

Er beschreibt seine biographischen Stationen, die man auch schon aus dem Film „Snowden“ kennt (wenn man ihn gesehen hat), jedoch beschreibt er in seinem Buch viel mehr die inneren Vorgänge, seine durch die gewonnenen Erkenntnisse der Massendatenspeicherung besonders der eigenen Landsleute inneren Zwiste zwischen Moral und dem Schutz seines Landes. Snowden, der auf die Ereignisse von 9/11 wie so viele andere seinem Land dienen wollte und schließlich bei der Intelligence Community im Geheimdienst landet, hält die Diskrepanz nicht mehr aus, als er feststellt, dass die Massenüberwachung, an der er mitgewirkt hat, zunehmend im eigenen Land voranschreitet und die Menschen betrifft, die er ursprünglich schützen wollte. Es kommt zu den Enthüllungen, die 2013 weltweit durch die Medien gegangen sind, und in deren Zuge Snowden sein Leben, seine Heimat sowie seine Liebe aufgibt, um das Richtige zu tun. Seine Suche nach einem einigermaßen sicheren Hafen nach den Enthüllungen beschreibt er ebenso wie er der Liebe seines Lebens in ihren eigenen Worten Raum in seinem Buch gibt zu beschreiben wie sie nach seinen Enthüllungen von den Geheimdiensten in die Mangel genommen wurde.

Das Buch ist höchst lesenswert! Es ist das Zeugnis eines Mannes, der in den virtuellen Kriegen um Informationen und somit Macht des 21. Jahrhunderts gekämpft hat.

Veröffentlicht am 29.03.2023

Physik... davon verstehe ich nichts.

Schilf
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Ein Roman mit kriminalistischen Mitteln, angereichert mit philosophischen und physikalischen Fragen – so würde ich Juli Zehs „Schilf“ beschreiben.
So richtig warmgeworden bin ich bis zur letzten Seite ...

Ein Roman mit kriminalistischen Mitteln, angereichert mit philosophischen und physikalischen Fragen – so würde ich Juli Zehs „Schilf“ beschreiben.
So richtig warmgeworden bin ich bis zur letzten Seite nicht mit diesem Buch.

Zwei junge Männer verbindet eine Freundschaft, die sich auf die Liebe zur Physik gründet. Angeregt können Oskar und Sebastian stundenlang über dieses Thema unterhalten und ihre verschiedenen Ansichten diskutieren.
Diese unterschiedlichen Ansichten sind es allerdings auch, welche die Freundschaft irgendwann trüben. Für Oskar waren zwei Dinge im Leben das Wichtigste: Sebastian und die Physik. Sebastian hätte diese Frage andersherum genauso beantworten können, bis er eine Frau traf, heiratete und seither Familienvater ist. Mit Oskar ist er aber auch weiterhin befreundet, der die Familie in Freiburg häufig aus Genf besucht.
Nach dem letzten Besuch Oskars passiert bei Sebastian etwas Merkwürdiges und Verstörendes: Sein Sohn Liam wird entführt. An einer Raststätte hat er Halt gemacht auf dem Weg, das Kind ins Pfadfinderlager zu bringen. Als er den Rasthof wieder verlässt, ist sein Auto mitsamt dem darin schlafenden Sohn verschwunden. Er erhält einen Anruf mit der Aufforderung jemanden zu töten.

Bis hierher war das Buch so einigermaßen unterhaltsam, aber die Geschichte hat mich ein wenig in den vielen Erläuterungen zu physikalischen und esoterischen Theorien verloren. Für mich wirkte es ein wenig, als hat die Autorin sich für ein Thema interessiert und wollte es in einer Geschichte verwursten. Leider ist es dann so ein Mischmasch geworden, in dem ich mich nur schwer zurechtgefunden habe.

Veröffentlicht am 29.03.2023

Für Japaninteressierte auf jeden Fall interessant

Japan – Abstieg in Würde
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Die japanische Gesellschaft gibt sich nach außen hin stark, unnahbar und hält sichtbare Emotionen zurück, um den Anschein zu wahren. So auch ihre Regierung. Für jemanden, der dieser Gesellschaft nicht ...

Die japanische Gesellschaft gibt sich nach außen hin stark, unnahbar und hält sichtbare Emotionen zurück, um den Anschein zu wahren. So auch ihre Regierung. Für jemanden, der dieser Gesellschaft nicht angehört, ist es nicht so einfach einen Einblick in das zu bekommen, was sie umtreibt und womit sie zu kämpfen hat. Japan als frühere Wirtschaftsmacht hat mit einem demographischen Problem zu kämfen, denn die Bevölkerung wird immer älter. Geplatzte Wirtschaftsblase, demographischer Wandel, gesellschaftliche Aussteiger, Fukushima - das sind nur einige Themen, mit denen man in diesem Buch versorgt wird.
Das Buch hat einen wirklich lesenswerten Stil. Normalerweise tue ich mich mit Sachbüchern schwer, sie lesen sich für mich einfach nicht so flüssig weg wie Fiktion. Ich weiß nicht, ob es am Thema liegt (ich interessiere mich sehr für Japan) oder an Wieland Wagners Schreibstil, aber es liest sich ungewohnt leicht für mich weg.