Profilbild von Petra_Sch

Petra_Sch

Lesejury Star
offline

Petra_Sch ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Petra_Sch über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.05.2021

rüstige Senioren auf amüsanter Mörderjagd

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
0

Die ehemaligen Krankenschwester Joyce wird 1,5 Jahre nach ihrem Einzug in der exklusiven Seniorenresidenz "Coopers Chase" Mitglied des Donnerstagsmordclubs, als deren Vorsitzende Elizabeth, früher Geheimagentin, ...

Die ehemaligen Krankenschwester Joyce wird 1,5 Jahre nach ihrem Einzug in der exklusiven Seniorenresidenz "Coopers Chase" Mitglied des Donnerstagsmordclubs, als deren Vorsitzende Elizabeth, früher Geheimagentin, ihre Hilfe in einem Cold Case braucht. Die Aufklärung von ungelösten Kriminalfällen ist nämlich die Aufgabe des Clubs, der sich immer Donnerstags trifft und dem auch noch der Psychiater Ibrahim und der ehemalige Gewerkschafter Ron angehören.
Doch dann wird der Bauunternehmer des Seniorenheims tot aufgefunden und wenig später fällt der Eigentümer von Coopers Chase, Ian Ventham, nach einem Streik tot um - nun hat der Donnerstagsmordclub einen aktuellen Mordfall zu lösen!


Meine Meinung:
"Der Donnerstagsmordclub" ist das Debüt von Richard Osman, welches ihm ausdrücklich gut gelungen ist!
Die Geschichte hat eine tolle Mischung aus britischem Charme, humorvollen Sprüchen und einem Whodunnit-Krimi, bei dem der Leser toll miträtseln kann.
Die Geschichte ist in Tagebucheinträge von Joyce und einem berichtenden Erzähler unterteilt. Somit weiß der Leser oft mehr als die Mitglieder des Donnerstagsmordclub, aber eben auch nicht alles.
Die alten Leutchen dieses Clubs sind einfach humorig, bzw. sind es Joyces Tagebucheinträge. Man muss oft schmunzeln bzw. sogar auflachen über deren Naivität. Vor allem auch, wenn sie viele Dinge erst einmal herausfinden müssen für ihre Ermittlungsarbeit, zB was ein Fitnesstracker ist. Doch der Verstand ist noch fit, sie besitzen Scharfsinn und sie kombinieren hervorragend (v.a. Elizabeth, was auch mit ihrer beruflichen Vergangenheit zu tun hat).
Die einzelnen Charaktereigenschaften von Joyce, Elizabeth, Ibrahim und Ron sind detailliert ausgearbeitet und alle vier sind sympathisch. Es ist amüsant, wie sie ihr Alter und ihre vorgeblichen Gebrechen ausnutzen, um Vorteile herauszuschlagen.
Sehr liebevoll und rührend fand ich Elizabeth, als sie immer ihre alte Freundin Penny, eine ehemalige Polizistin, in dem dem Seniorenheim angeschlossenen Pflegeheim besucht. Penny war immer ein wichtiges Mitglied des Donnerstagsmordclub und hat die Fälle gebracht, in denen ermittelt wurde.
Auch die Polizisten Donna De Freitas und ihr Chef Chris Hudson (der erst durch das Eingreifen des Donnerstagsmordclub ihr Chef wurde) werden liebenswürdig, die Polizeiarbeit glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt. Sehr witzig ist hier, wie sich das Quartett immer einmischt, der Polizei Tipps gibt und natürlich auch gegen deren Willen selbständig ermittelt.
Der Fall selbst ist komplex, man ist als Leser erstaunt über die falschen Fährten, wie viele Details zusammenhängen, wie einzelne Fäden verwebt werden und wie alles aufgelöst wird.


Fazit:
Unterhaltsamer Krimi mit britischem Humor, in dem rüstige Senioren auf Verbrecherjagd gehen. Warmherzig, authentisch, mitreißend - einfach nur toll! Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2021

Tagebücher im Comic-Stil über das Leben von zwei Patchwork-Geschwistern

Das ungeheimste Tagebuch der Welt!, Band 1: Wie mein bescheuerter Bruder Klassensprecher in meiner Klasse wurde … (Comic-Roman aus zwei Perspektiven für Kinder ab 10 Jahren)
0

Karlines Stiefbruder Paul, der später mal ein berühmter DJ werden will, ist sitzengeblieben und geht nun mit ihr in eine Klasse.
Und das schlimmste ist: er wurde zum Klassensprecher gewählt?!? Obwohl doch ...

Karlines Stiefbruder Paul, der später mal ein berühmter DJ werden will, ist sitzengeblieben und geht nun mit ihr in eine Klasse.
Und das schlimmste ist: er wurde zum Klassensprecher gewählt?!? Obwohl doch SIE Klassensprecherin werden wollte und die (Um-)Welt verbessern!
Als Karline eines Tages Pauls geheimes Tagebuch (das er Logbuch nennt) entdeckt, fotografiert sie seine Einträge, klebt sie in ihr eigenes Tagebuch dazu und plant heimlich einen Rachefeldzug...


Meine Meinung:
"Wie mein bescheuerter Bruder Klassensprecher in meiner Klasse wurde" ist der erste Teil der Ungeheimsten-Tagebuch-Reihe.
Die Idee ist außergewöhnlich: ein Tagebuch-im-Tagebuch im Comic-Stil von zwei Patchwork-Geschwistern, in das ich aber erstmal reinkommen musste. Somit bekommt man als Leser von beiden Kindern die Gedanken und Gefühle nähergebracht und kann mit beiden mitfühlen.
Da sich Karline und Paul nicht soo besonders gut leiden können und Paul Karline jetzt auch noch den Klassensprecher-Job weggeschnappt hat, worauf sie sich endlich reale Chancen ausgerechnet hatte und den er eigentlich gar nicht wollte und nur durch Zufall bekommen hat, plant Karline ihre Rache an ihm. Da sie jeden seiner Gedanken und Schritte kennt, kann sie natürlich dementsprechend planen.
Es ist lustig und chaotisch, auch wenn ich einiges übertrieben fand.
Die Probleme von Patchwork-Kindern werden hier humorvoll aufgearbeitet und auch Familie, Scheidung, Freunde, Schule und vor allem Klima-/Umweltschutz sind zentrale Themen.
Leider ist die Geschichte für mich nicht so ganz abgeschlossen (werden Karline und Paul sich jemals gut verstehen?), was natürlich neugierig auf die Fortsetzung macht.

Wörter in verschiedenen Schriftarten und die vielen schwarz-weiß-Illustrationen peppen den Tagebuch-Comic-Roman nochmal auf, denn sie sind sehr witzig und passen zu den jeweiligen Situationen.
Dadurch denke ich, werden auch Lesemuffel zum Lesen angeregt.


Fazit:
Ein humorvoller Comic-Roman im Tagebuch-Stil mit vielen witzigen Illustrationen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2021

ein Zoom-Bilderbuch, das zum Nachdenken anregt.

Von riesengroß bis klitzeklein
0

Unter einem Zoom-Bilderbuch konnte ich mir erstmal gar nichts vorstellen, muss aber sagen, dass dieses Konzept außergewöhnlich und spannend ist.
Es beginnt auf der ersten Doppelseite mit einem Schmetterling ...

Unter einem Zoom-Bilderbuch konnte ich mir erstmal gar nichts vorstellen, muss aber sagen, dass dieses Konzept außergewöhnlich und spannend ist.
Es beginnt auf der ersten Doppelseite mit einem Schmetterling auf einer Blumenwiese, der beim Umblättern plötzlich kleiner erscheint, da er neben einer Kuh ist. Auf der nächsten Seite erkennt man, dass dieses Bild sich auf einer Milchpackung befindet, welche wiederum im Meer treibt usw.
Somit zoomt man quasi nach und nach aus einem Bild hinaus und erkennt immer mehr Details. Spannend und interessant.
Und man bekommt einen ganz anderen Blickwinkel auf die Frage: Ist etwas groß? Oder doch eher klein?

Vor allem hat das Buch auch einen tieferen Sinn, denn am Ende sieht man Jugendliche auf einer Demo "Rettet unser Klima", was auf den aktuellen Klimawandel und die Umweltverschmutzung hinweisen und nachdenklich machen soll. Und wie klein wir Menschen im Vergleich zu unserem Planeten sind, auf den wir mehr achten sollen.
Leider gab es kaum Text in dem Buch, diesbezüglich hätte man etwas mehr machen können.


Fazit:
Zum Nachdenken anregendes, wunderschön illustriertes Bilderbuch mit Zoom-Effekt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2021

Eine fesselnde Familiengeschichte zur Zeit der Spielzeugmanufakturen

Wo wir Kinder waren
0

Kurz zum Inhalt:
Spielzeugstadt Sonneberg. Eva, Jan und Iris haben die ehemalige Fabrik des Spielzeugfabrikanten Albert Langbein geerbt. Die Manufaktur hat beide Kriege überlebt und sogar die Verstaatlichung ...

Kurz zum Inhalt:
Spielzeugstadt Sonneberg. Eva, Jan und Iris haben die ehemalige Fabrik des Spielzeugfabrikanten Albert Langbein geerbt. Die Manufaktur hat beide Kriege überlebt und sogar die Verstaatlichung nach der Gründung der DDR. Doch nach der Wiedervereinigung ging das Unternehmen pleite und somit ist nun eigentlich nichts mehr da, das vererbt werden könnte, jedoch eine große, zerstrittene Erbengemeinschaft.
Als Jan beginnt, das Stammhaus zu räumen, hilft ihm seine Cousine Eva. Und auch die andere Cousine Iris kommt aus dem Westen, um zu helfen.
Beim Ausräumen entdecken sie viele Erinnerungsstücke, Erinnerungen an die Vergangenheit kommen hoch, und die drei kommen sich nach und nach wieder näher.


Meine Meinung:
Der Schreibstil von Kati Naumann ist ruhig aber beeindruckend; die Schicksale der Familie, die sich aufgeteilt und zerstritten hat, ist mitreißend.
Die Geschichte erzählt abwechselnd über die Puppenmanufaktur Langbein in den Jahren 1910 bis 1978 und in der Gegenwart, als Eva, Iris und Jan das Stammhaus ausräumen.
In der Vergangenheit erfährt man alles über die Familie, die Schicksale der Personen und natürlich der Puppenmanufaktur. Interessant und lehrreich fand ich, dass man als Leser spannende Einblicke in die damalige Spielzeugherstellung bekommt.
Und natürlich die Geschichte Deutschlands, die großen Einfluss auf die Entwicklung der Fabrik hat. Man ist so erschüttert, als Otto Langbein alles tut, um die Fabrik in Familienbesitz halten zu können, als alles verstaatlicht wurde, nur damit sie nach der Wiedervereinigung dennoch pleite geht.
In der Gegenwart fiebert man mit Iris, Eva und Jan mit, ob sie die Vorlage einer berühmten Puppe, die nach ihrer Großmutter gefertigt wurde, finden und ob si die Streitereien der Erbengemeinschaft beilegen können. Wie es dazu kam, dass Iris im Westen aufwuchs, war auch sehr aufwühlend zu verfolgen.
Auch das Ende und wie sich alles auflöst, hat mir gefallen und mich berührt.

Charmant fand ich den New Yorker Sicherheitsfüllfederhalter, der sich als roter Faden durch die Vergangenheit zieht, und der für die männlichen Langbeins von großer emotionaler Bedeutung war.
Sehr hilfreich ist der Stammbaum der Familie Langbein im Buchdeckel.
Schön fand ich, dass das Hotel Waldeshöh' aus Kati Naumanns vorigem Roman "Was uns erinnern lässt" auch in einer Szene vorkommt. Das ließ mich wieder an ihr anderes bezauberndes Buch erinnern, das ich auch sehr empfehlen kann.


Fazit:
Mitreißende, gefühlvolle und berührende Familiengeschichte und Erinnerungen an ein fast vergessenes Handwerk.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2021

deprimierend, düster, traurig: eine Familien-Tragödie

Girl A
0

Kurz zum Inhalt:
Als Alexandra Gracie 15 Jahre alt ist, kann sie aus ihrem Elternhaus fliehen, wo alle sieben Geschwister, vor Schmutz starrend, mit Ketten an ihren Betten festgebunden und kurz vor dem ...

Kurz zum Inhalt:
Als Alexandra Gracie 15 Jahre alt ist, kann sie aus ihrem Elternhaus fliehen, wo alle sieben Geschwister, vor Schmutz starrend, mit Ketten an ihren Betten festgebunden und kurz vor dem Verhungern sind.
15 Jahre später wird Lex wieder damit konfrontiert, als ihre Mutter im Gefängnis stirbt und sie als Testamentsvollstreckerin beauftragt wird: vererbt werden 20.000 Pfund und das Elternhaus, in dem sie die Horrorjahre verbracht hat. All die schrecklichen Gefühle kommen wieder ans Tageslicht: der Hunger, die Langeweile, die Angst - und ihre Identität als "Girl A" - das Mädchen, das dem Horrorhaus entkam.


Meine Meinung:
Dieses Debüt von Abigail Dean hat es in sich: es ist deprimierend, traurig, düster, melancholisch, aufwühlend, psychologisch erschütternd: alle Worte, die Schreckliches ausdrücken, sind in dieser Geschichte vereint. Und doch kann man nicht "wegschauen", man ist so gefesselt von dieser Tragödie, und man muss unbedingt wissen, wie es für Lex ausgeht. Ein Psychogramm eines verkorksten Familien-Lebens und eine Studie darüber, wenn man in einer abstrakten Weise an Gott glaubt.

Erzählt wird in ich-Form aus Sicht von Lex, womit man noch tiefer in ihre Gedanken und Gefühlswelt eintauchen kann. Es ist wie ein "Erlebnisbericht", Lex erzählt den Lesern unaufgeregt und nüchtern aus ihrem Leben. Man fühlt mit ihr mit, ist traurig, könnte sie manchmal schütteln und fragt sich: wie können Menschen - Eltern!! - nur so sein? Und warum haben die Kinder nicht schon früher dagegen rebelliert? Warum hat ihnen keiner geholfen - v.a. die Schwester der Mutter? Leider kommt es viel zu oft vor, dass die Umwelt "die Augen verschließt".

Die Kapitel sind in die Geschwister eingeteilt, Lex ist Girl A, Ethan Boy A, Delilah Girl B usw. Man lernt auf diese Weise alle Geschwister in der Gegenwart und der Vergangenheit kennen, die von den Eltern damals unterschiedlich behandelt wurden. Ethan bekam von Vater einige Vergünstigungen, da er sich am meisten auf dessen Erwartungen eingelassen hat. Evie ist Lex' Bezugsperson, denn mit ihr hat sie sich ein Zimmer, und eine Zeit lang sogar ein Bett geteilt. Deshalb erfährt man von allen Geschwistern von Evie am meisten.

Was für mich leider nicht ganz so geglückt war, waren die Zeitensprünge. Denn immer wieder gibt es zwischen aktuellem Geschehen Rückblenden in die Vergangenheit zu unterschiedlichen Zeitpunkten, was ich oft nicht auseinanderhalten bzw. richtig zuordnen konnte und viele Geschehnisse wurden nicht vollständig dargestellt. Deshalb kann man sich als Leser erst am Schluss ein ein komplettes Bild machen.
Das Ende birgt eine Überraschung, für mich war es zumindest eine. Und Lex' weiteres Schicksal bleibt offen. Man wünscht ihr nur das Beste.

Diese Zitate bringen das Leiden der Kinder auf auf einen Punkt: "Hunger war so eine lästige Qual: Der Gedanke an Essen legte sich über die Worte der Bibel, bis ich sie nicht mehr lesen konnte." "Ach Lex, denkst du wirklich, ich hätte dieses Zimmer je verlassen?"


Fazit:
Aufwühlendes, emotionales und erschütterndes Familien-Drama in einer unaufgeregten Erzählweise.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere