Profilbild von Raganiuke

Raganiuke

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Raganiuke ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Raganiuke über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.09.2020

Geschichte einer Familie

Ein Sonntag mit Elena
0

Aus der Perspektive der mittleren, entfremdeten Tochter Giulia wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der seit wenigen Monate Witwer ist. Ein Ingenieur im Ruhestand in Turin, der sein ganzes Leben damit ...

Aus der Perspektive der mittleren, entfremdeten Tochter Giulia wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der seit wenigen Monate Witwer ist. Ein Ingenieur im Ruhestand in Turin, der sein ganzes Leben damit verbracht hat, Brücken in aller Welt zu bauen.
Er hat drei Kinder: Sonia, Giulia und Alessandro, weit weg von Turin. Sonia ist mit Marco verheiratet und hat zwei kleine Mädchen: Greta und Rachel. Sie lebt auf dem Land, in der Nähe von Biella. Giulia lebt in Rom und arbeitet für das Theater, was ihr Vater nie gebilligt hat. Sie verschafft sich nie Gehör, und auch aus diesem Grund ist sie die schwierigste Tochter. Schließlich gibt es noch Alessandro, der Chemiker ist, in Helsinki lebt und nur per Computer kommuniziert.
Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau hat er für seine Tochter mit ihrer Familie ein Sonntagsessen aus dem Rezeptbuch seiner Frau zubereitet, wobei er sich beim Betrachten der Rezepte in ihrer Handschrift, ihren Erinnerungen, Gedanken und etwas Reue verlor. Doch das Mittagessen fällt aus, die Enkelin hat sich den Arm gebrochen und um dem Bewusstsein seiner eigenen Einsamkeit zu entfliehen, begibt er sich auf einen Spaziergang.
Im Skatepark trifft er eine junge Frau mit ihrem Sohn, sie sitzt auf der Bank, er spielt.
„...es war kaum jemand da. Nur ein kleiner Junge mit einem zwei Nummern größeren Sweatshirt und einer gelben Mütze, der darum kämpfte, sein wildes schwarzes Haar, das herausrutschte, einzudämmen... Auf einer der beiden Bänke vor den Rampen saß eine gelangweilt aussehende junge Frau. Mein Vater saß auf der Bank neben ihr mit den Händen in den Jackentaschen.“
Elena ist erst 35, ebenfalls verwitwet und auf ihre Weise einsam, und diese zufällige Begegnung verändert das Leben dieser drei Menschen, deren Seelen sich begegnen und sich gegenseitig Glück und eine neue Zukunft schenken.
Die Geschichte erzählt abwechselnd mit der Gegenwart viele Episoden aus der Vergangenheit, eine Art Bilanz des langen Lebens des Vaters, der Familie, einer jener ganz normalen Familien, in denen all diese menschlichen Missverständnisse, Eifersüchteleien und sogar Geheimnisse herrschen.
Fabio Gedas Schreibstil ist ruhig und unaufgeregt, die Geschichte leicht melancholisch und trotzdem positiv und genau das Richtige für eine Sonntagslektüre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.09.2020

Toller Roman über Emanzipation und Selbstbestimmung

Gipskind
0

Wenn man sich auf Sprache und Stil von Gabriele Kögl einlässt, taucht man ein in eine großartige Geschichte über die Emanzipation einer jungen Frau, die sich aus ländlicher Armut und elterlichem Desinteresse ...

Wenn man sich auf Sprache und Stil von Gabriele Kögl einlässt, taucht man ein in eine großartige Geschichte über die Emanzipation einer jungen Frau, die sich aus ländlicher Armut und elterlichem Desinteresse mit eigenem Willen und Beharrlichkeit ein eigenes, selbstbestimmtest Leben erkämpft. Von den Eltern weitestgehend sich selbst überlassen und von der geliebten Oma verwöhnt, lernt die Protagonistin alle Chancen zu nutzen, um sich Freiräume zu erschaffen und sich von dem von den Eltern erhofften Weg immer weiter zu entfernen.
Das Gipsbett des Kindes mit den schiefen Beinen ist eine Metapher für das Korsett des dörflichen Lebens, aus dem "die Kleine" sich langsam aber zielstrebig herausschält. Den Namen des Mädchens erfährt man erst in der zweiten Hälfte des Buches, als aus dem eher lästigen Problemkind eine Gymnasiastin wird, die jetzt ganz sicher den vorgezeichnete Weg verlassen wird. Ab diesem Zeitpunkt kommt auch der Freund als Hauptperson hinzu, der in ganz anderer Umgebung aufgewachsen ist und auf seine Weise mit den wünschen seiner Eltern umzugehen lernen muss.
Die Geschichte spielt in Österreich, doch auch wenn einige Begriffe aus dem Österreichischen dem Leser aus Deutschland fremd sind, hätte diese Geschichte sich so auch in den ebenso katholisch und traditionell geprägten Bauernschaften Deutschlands ereignen können, denn das Traditionelle wurde in den 60er Jahren auch hier - wenn überhaupt - erst zaghaft hinterfragt.
Ein lesenswerter Roman von Gabriele Kögl, deren Namen ich mir merken werde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.09.2020

Islands rauer Norden

Kalmann
0

In Raufarhövn, einem ehemals geschäftigen, mittlerweile aber vom Niedergang der Fischerei betroffenen Hafenort in Islands schroffen und ungemütlichem Norden spielt die Geschichte, die Joachim B. Schmidt ...

In Raufarhövn, einem ehemals geschäftigen, mittlerweile aber vom Niedergang der Fischerei betroffenen Hafenort in Islands schroffen und ungemütlichem Norden spielt die Geschichte, die Joachim B. Schmidt aus der Sicht von Kalmann erzählt.
Zu Beginn weiß man nicht so recht, wo die Erzählung hinführt, Kalmann erzählt die Geschichte auf seine ganz eigene Art und die folgt nicht immer einer Logik, ist mal lang und ausufernd, mal kurz und abgehackt, dann endet ein Gedankengang abrupt, denn Kalmann tickt im Kopf nicht wie andere Menschen, Zyniker bezeichnen ihn auch als Dorftrottel. Doch auch wenn er in der Schule nicht mithalten konnte und seine Gedankengänge manchmal ins Stolpern zu geraten scheinen, kommt er in der kargen Natur des eisigen Nordens und auf dem Meer sehr gut zurecht, er ist Jäger und Haifischfänger und der selbsternannte Sheriff von Raufarhövn, ausgestattet mit Cowboyhut, Sheriffsstern und einer echten Mauserpistole passt er auf Raufarhövn und seine Einwohner auf.
Langsam entfaltet sich die Geschichte, die damit beginnt, dass Kalmann auf der Jagd eine große Blutlache findet und im Dorf ein Einwohner vermisst wird. Und am Ende kommt alles anders als man denkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere