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Veröffentlicht am 08.03.2024

Fesselnd, informativ, für True Crime-Fans

Zeit der Schuldigen
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Markus Thiele ist nicht nur Autor, sondern auch promovierter Rechtsanwalt. Dieser Krimi, angelehnt an den Fall Frederike von Möhlmann, hat also nicht nur eine spannende Ebene, sondern gibt auch die Möglichkeit, ...

Markus Thiele ist nicht nur Autor, sondern auch promovierter Rechtsanwalt. Dieser Krimi, angelehnt an den Fall Frederike von Möhlmann, hat also nicht nur eine spannende Ebene, sondern gibt auch die Möglichkeit, das deutsche Rechtssystem und die Prozesse, die es bisher durchgemacht hat, besser zu verstehen. Auch wenn sich für mich als Laie nicht immer alles gerecht angefühlt hat, wurde es vom Autor stets gut erklärt und verständlich beschrieben.

Es geht um die 17-jährige Nina, die im Jahr 1981 brutal ermordet wird. Es gibt einen Verdächtigen, den 72-jährigen Volker März, der jedoch freigesprochen wird. Ninas Vater kämpft gegen diese Ungerechtigkeit und erreicht tatsächlich gemeinsam mit der Kriminalhauptkommissarin Anne Paulsen, dass der Fall wieder aufgerollt wird.

Dass hier aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, macht das Ganze vielschichtiger, greifbarer, wenn auch komplexer. Man kann die Hintergründe und Motive besser beleuchten und intensiver über sie nachdenken.
Anne ist mir als zentrale Figur in diesem Roman ans Herz gewachsen. Sie ist kompetent, taff, kann sich durchsetzen und ist eine wahre Kämpfernatur. Ich wäre gern ein bisschen mehr wie sie.

Außerdem finde ich an Thieles Werk spannend, dass das Unrecht (gefühlt) gleich dreimal geschieht: zweimal in der Vergangenheit, als Ninas Tod nicht geahndet wird, und einmal in der Gegenwart, in der Anne Paulsen ebenfalls erfolglos bleibt. Besonders der Kampf, den Ninas Vater mit sich selbst austragen muss, um gegen die Mühlen der deutschen Bürokratie anzukommen, ist tragisch - und dabei dermaßen aufwühlend, dass man einfach weiterlesen muss. So sehr reißt es einen mit. Die Justiz ist mitunter einfach erschreckend, mit all ihren Konsequenzen - und damit meine ich nicht nur die in rechtlicher Hinsicht.

Das Nachwort ist eine gelungene Ergänzung, hier gibt der Autor Einblicke in den wahren Fall und erklärt, warum Recht und Gerechtigkeit nicht gleich sind. Zum Ende hin gibt es einige Fragen, die offen bleiben und die aufgrund ihrer moralischen Natur allerdings nur von der lesenden Person selbst beantwortet werden können. Das gefällt mir an dem Buch, da ich so auch im Nachgang weiterhin darüber nachdenke und es mich beschäftigt. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bevor ich zur nächsten Lektüre greifen und mich auf diese einlassen kann.

Fazit: Für True Crime-Fans eine dringende Empfehlung! Ebenso wie die vorigen Bücher eine Mischung aus Realität und Fiktion, die ein fesselndes und überaus informatives Ergebnis liefert. Bitte mehr davon!

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Lesestoff mit Suchtpotential

Tödliche Oase
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Grundsätzlich hätte ich persönlich nichts gegen einen Ort, an dem die Sonne knallt und ich von möglichst wenigen Menschen umgeben bin. Ein Ort, an dem man Ruhe und zu sich selbst finden kann. Wenn man ...

Grundsätzlich hätte ich persönlich nichts gegen einen Ort, an dem die Sonne knallt und ich von möglichst wenigen Menschen umgeben bin. Ein Ort, an dem man Ruhe und zu sich selbst finden kann. Wenn man dort aber unwissentlich aufwacht, würde ich panisch an Entführung denken. Auch die toughe Zoey kommt zunächst ins Stocken, stellt sich aber mutig ihrem Schicksal. Noch ahnt sie jedoch nicht, dass das tödlich enden könnte.

Emma Haughton versteht ihr Handwerk! Unglaublich bildhaft und intelligent spinnt sie die Story um Zoey, die in der Oase ihre letzte Chance beim Schopf packen und ihr Leben umkrempeln soll. Wird sie diese Gelegenheit wirklich nutzen?

„Tödliche Oase“ ist ein wahrer Pageturner. Haughton überzeugt mit ihren undurchsichtigen Figuren, die zu jeder Zeit absolut glaubwürdig und realistisch sind. Besonders Zoey ist eine echt coole Socke, die ich ins Herz geschlossen und mit der ich mitgefiebert habe.

Nur häppchenweise präsentiert die Auzorin Zusammenhänge, versteckte Charakterzüge oder Schnippsel aus der Vergangenheit aller Beteiligten. Das hält die Spannung konstant hoch und bereitet die perfekt platzierten Twists so vor, dass bis zum Schluss nie zu viel auf einmal verraten wird. Mir hat diese Art zu erzählen sehr gefallen, weil Haughton dadurch viel Raum für eigene Spekulationen lässt. Sogar im Schlussteil hat sie mich noch einmal überraschen können. Denn nichts ist so, wie es zunächst scheint.

Auch Katja Sesterhenn als Sprecherin hat mich mit ihrer Fähigkeit, der Story Leben einzuhauchen, voll abgeholt. Die Ruhe, die sie mit ihrer Stimme auf mich ausgestrahlt hat, steht eigentlich im absoluten Kontrast zu Story, hat dem Ganzen aber genau deswegen noch mal die Krone aufgesetzt.

Persönliches Fazit: Alles in allem ist „Tödliche Oase“ ein echt gelungener und spannungsgeladener Thriller, der von der ersten bis zur letzten Seite überzeugen kann. Wer nicht alles auf dem Silbertablett serviert bekommen möchte, macht mit diesem Buch garantiert nichts falsch. Das ist Hörbuch- und Lesestoff mit Suchtpotential!

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Eine wundervolle Geschichte

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
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Wenn man den Namen Tsokos liest, erwartet man vermutlich knallharte True Crime-Abgründe und Wissenswertes aus der Rechtsmedizin. Denn das ist ja normalerweise Michael Tsokos' Metier. Von dort ist er nicht ...

Wenn man den Namen Tsokos liest, erwartet man vermutlich knallharte True Crime-Abgründe und Wissenswertes aus der Rechtsmedizin. Denn das ist ja normalerweise Michael Tsokos' Metier. Von dort ist er nicht mehr wegzudenken. Wahre historische Ereignisse spielen in seinem neuen Roman auch eine Rolle, doch liefert der Autor - dieses Mal zusammen mit seiner Frau Anja - etwas völlig anderes.

Heinz Labensky ist ein unglaublich liebenswürdiger Zeitgenosse, den ich sofort ins Herz geschlossen habe. Der rüstige Rentner begibt sich auf Reisen, um herauszufinden, was mit seiner Kindheitsfreundin und einzigen Liebe Rita geschehen ist, die er vor vielen Jahren aus den Augen verloren hat. Mit dem zauberhaft gutgläubigen Labensky erlebt man einen Roadtrip durch die halbe Republik und durch seine Vergangenheit auf der Suche nach Antworten.

Anja und Michael Tsokos haben einen tollen Charakter geschaffen, von dem man sich gern in vergangene Zeiten entführen lässt. Richtig begeistert hat mich der Stil der beiden. Kennt man doch aus Tsokos' Thrillern eher den sachlich analytischen Ton, so haben die beiden in ihrem Gemeinschaftsroman mit ihrer humorvollen, stimmungsgeladenen Art überzeugt.

Voller Leidenschaft erzählt das Ehepaar die Geschichte eines bewegten Lebens voller Höhen und Tiefen. Dabei haben sie ein Gespür dafür entwickelt, mit Witz und gut durchdachten Twists einen Spannungsbogen aufzubauen, der sich bis zur letzten Seite auf hohem Niveau hält. Selten habe ich beim Lesen eines Buches so herzhaft gelacht und im nächsten Moment so sehr mitgefiebert. Dieses Buch sollte definitiv in keinem Bücherschrank fehlen - egal, welche Genres man sonst bevorzugt!

Fazit: Anja und Michael Tsokos haben mit „Heinz Labensky und seine Sicht auf die Dinge“ einen wundervollen Roman erschaffen, den ich so noch nie zuvor geschmökert habe. Wir brauchen mehr solcher spannender und herzerwärmender Geschichten!

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Gelungener Thriller mit außergewöhnlichen Protagonisten

Gestehe
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Der Wiener Inspektor "Jacket" hat spätestens seit Veröffentlichung seines Buches über die Heldentaten seiner letzten Ermittlung gegen einen Organhändlerring keine Zeit mehr, als Polizist zu fungieren. ...

Der Wiener Inspektor "Jacket" hat spätestens seit Veröffentlichung seines Buches über die Heldentaten seiner letzten Ermittlung gegen einen Organhändlerring keine Zeit mehr, als Polizist zu fungieren. Nun ist er als Held von Österreich berühmt und rennt von einer zur nächsten Veranstaltung der High Society. Ein zweites Buch ist geplant, und als Krönung soll sein Leben nun auch noch verfilmt werden. Durch einen Zufall findet er sich jedoch an einem Tatort wieder, der große Ähnlichkeit mit seinem unveröffentlichten Manuskript hat - und der geplante Buchtitel "Gestehe!" prangert in Blut geschrieben an der Wand.

Zitat S. 23:
"Sie drehen einen Film über mein Leben, aber ich habe meine eigene Vorstellung. Sie läuft, seit ich dieser Hölle entkommen konnte, Tag für Tag für Tag. Und was ich auch versuche, sie läuft weiter - trotz all der schlauen Sprüche."

Das Buch wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Von Jacket selbst, der mit den Auswirkungen der letzten Ermittlung zurechtkommen muss und trotz seiner Außenwirkung innerlich fast zusammenbricht. Von dem unscheinbaren Ermittler Mo, mit iranischen Wurzeln, der gegen den Rassismus in Österreich ankämpft und nun die Chance bekommt, zu beweisen, was er kann. Und einer unbekannten Perspektive, die nur als "Er" betitelt ist und auf Rache aus ist. Alle drei Perspektiven haben ihre Geschichte zu erzählen, die jeweils spannend und ergreifend daherkommt. Im Laufe des Buches verschmelzen diese immer mehr miteinander.

Auch wenn die Themen noch so sensibel und ernst sind, weiß der Autor mit einigen unterhaltsamen Abschnitten das Ganze aufzulockern. 150 Seiten vor Schluss ist alles logisch aufgeklärt, wäre das Buch nun zu Ende. Aber natürlich gibt es noch eine Wendung, die alles bisher Geglaubte wieder über den Haufen wirft. Und auch der Epilog sorgt noch für eine Überraschung.

Fazit: Spannend, spannender, Faber. Ein gelungener Thriller mit außergewöhnlichen Protagonisten und einer gut ausgearbeiteten, themenübergreifenden Story. Sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 15.02.2024

Durchweg überragender Plot

Der Puppenwald
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Die seit Wochen verschwundene 16-jährige Jessica taucht plötzlich wieder auf und berichtet Kommissarin Evelyn Holmes von ihrer Entführung. Sie wurde offenbar in einem abgelegenen Haus im Wald festgehalten, ...

Die seit Wochen verschwundene 16-jährige Jessica taucht plötzlich wieder auf und berichtet Kommissarin Evelyn Holmes von ihrer Entführung. Sie wurde offenbar in einem abgelegenen Haus im Wald festgehalten, um der 4-jährigen Tochter des Entführers eine Spielgefährtin zu sein. Sie war die Lieblingspuppe der kleinen Clara, die sehr genaue Vorstellungen davon hatte, wie sich ihre Puppe zu verhalten hat. Und zack war ich mittendrin im Geschehen, gefangen in einer düsteren Welt voller Ängste und Bösartigkeiten.

Das Buch beginnt mit Jessicas Perspektive, die in allen schrecklichen Details ihre Zeit im Haus beschreibt. Ein Vater, der ein Mädchen entführt, damit seine Tochter eine lebendige Puppe hat, mit der sie machen kann, was sie will. Allein die Vorstellung fand ich richtig krass. Jessicas zahlreiche Fluchtversuche und ihre Schilderungen fesselten mich so sehr an das Buch, dass ich alles andere um mich herum gar nicht mehr wahrgenommen habe. Ich wurde einfach mitgerissen.

In einer weiteren Perspektive folgt der Leser Evelyns Gedanken, die voller Empathie sind. Sie will Jessica unbedingt helfen. Trotz etlicher Steine im Weg, findet sie Zusammenhänge, mit denen niemand - nicht einmal sie selbst (oder ich als geübte Thriller-Leserin) - gerechnet hätte. Saskia Calden führte mich mehrfach auf falsche Spuren, und als ich anfing, an den vielen komischen Zufällen zu zweifeln und allmählich Licht ins Dunkle zu bringen, überraschte die Autorin mich erneut mit einer weiteren Wendung. Ganz großes (Kopf)Kino!

Fazit: Ein sogartiger (und beeindruckender) Reihenauftakt zum Fingernägelkauen, dessen Plot ich durchweg überragend fand. Eine schier unglaubliche Story, die einem emotional einiges abverlangt. Inhaltlich und stilistisch ein Volltreffer. Ich fiebere schon jetzt dem nächsten Band entgegen.

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