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Veröffentlicht am 05.02.2022

Großartig geplotteter Pageturner

Feuer im Alten Land
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Vorwegnehmen muss ich, dass mir Hanna Paulsens toughe Polizeireporterin Gesa Jansen bereits aufgrund des ersten Teils „Der tote Journalist“ bekannt war, man aber auch mit dem zweiten Teil „Feuer im Alten ...

Vorwegnehmen muss ich, dass mir Hanna Paulsens toughe Polizeireporterin Gesa Jansen bereits aufgrund des ersten Teils „Der tote Journalist“ bekannt war, man aber auch mit dem zweiten Teil „Feuer im Alten Land“ problemlos in die Reihe einsteigen kann. Für Neueinsteiger werden sämtliche private Hintergründe immer wieder so aufgegriffen, dass keine Verständnislücken entstehen. Gleichzeitig bleibt immer dieses kleine Fünkchen Ungewissheit, das einfach Lust auf mehr macht.

Der entscheidende Teil der Story ist natürlich der Kriminalfall, dem Gesa und ihr Kollege Björn nachgehen. Ein Feuerteufel treibt sein Unwesen im Alten Land und versetzt die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Und das nicht zu Unrecht, wie sich bald herausstellen wird.

Wirklich brilliant und bis ins kleinste Detail intelligent durchdacht schildert Paulsen die Ermittlungsarbeit der beiden Polizeireporter. Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt, wer der Feuerteufel sein könnte. Bis zum Schluss habe ich mit Gesa mitgefiebert und mitgezittert. Denn beim Lesen erfahren wir nie mehr, als Gesa selbst sieht oder erfährt. Das hält die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite auf einem hohen Niveau.

Auch sprachlich konnte mich Hanna Paulsen wieder vollends überzeugen! Sie versteht es, ihre Leser von der ersten Seite an zu fesseln und um den Finger zu wickeln. Zudem zeichnet sie ihre Schauplätze und Figuren derart glaubwürdig, dass für mich zu keiner Zeit ein Zweifel daran bestand, dass nicht jeder von ihnen genau so an genau diesen Orten existieren könnte. Das macht die Story noch greifbarer und hat mich sogar ein bisschen beeindruckt.

Fazit: Krimi-Fans aufgepasst: „Feuer im Alten Land“ ist ein großartig geplotteter Pageturner mit einer super-coolen Protagonistin und erfrischendem Lokalkolorit. Unbedingt (zeitnah) lesen!

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Veröffentlicht am 04.02.2022

Dunkles, magisches Erlebnis!

Krabat - Das Hörspiel
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Welches Buch, das ihr in der Schule gelesen habt, blieb euch bis heute in Erinnerung? Bei mir sind es u.a. "Das Tagebuch der Anne Frank", "Die Welle", "Der Besuch der alten Dame" und "Krabat". Letztere ...

Welches Buch, das ihr in der Schule gelesen habt, blieb euch bis heute in Erinnerung? Bei mir sind es u.a. "Das Tagebuch der Anne Frank", "Die Welle", "Der Besuch der alten Dame" und "Krabat". Letztere Geschichte hat mich so gefesselt, dass ich mir die Verfilmung dutzende Male angesehen und nun zum Hörspiel gegriffen habe.

Es geht um Krabat, einen 14-jährigen Waisenjungen, dem in der Dunkelheit des Winters elf Raben in seinen Träumen erscheinen. Und so macht er sich, ihrem Ruf folgend, auf zur gefürchteten Mühle am Koselbruch.

"Genau in diesem Moment rissen die Wolken auf und der Mond tauchte alles in kaltes Licht. Da war sie. Wie ein mächtiges, böses Tier, das auf Beute lauert, lag die Mühle in den Schnee geduckt."

Krabat findet sich plötzlich als Lehrling eines geheimnisvollen Meisters wieder, erlernt das Handwerk eines Müllers und wird, in Rabengestalt, in schwarzer Magie unterrichtet. Man spürt, wie Krabat selbst, eine unterschwellige Bedrohung, kann diese jedoch nicht genau zuordnen. Erst im weiteren Verlauf begreift man das ganze Ausmaß der Situation. Nämlich dass dieser Ort und diese Magie einen hohen Preis fordern. Letztendlich geht es inhaltlich aber um noch viel mehr: Gehorsam, Zusammenhalt, Mut und Liebe. Es gibt keine konkrete Unterteilung in Gut und Böse. Jede Figur hat ihre Schattenseite und Geheimnisse. Und so verfolgt man die Geschehnisse mit Fingernägelkauen, steckt mittendrin, um zu erfahren, welches Schicksal die einzelnen Figuren zu erwarten haben.

Erzählt wird aus Krabats Sicht, sodass man ihm die ganze Zeit über wie ein stiller Freund auf Schritt und Tritt folgt. Die Sprache von Preußler ist zeitlos, direkt, pointiert und dabei äußerst tiefgründig. Er verzichtet auf unnötige Beschreibungen und schafft eine unheimliche, dichte Atmosphäre, die einen auch im Erwachsenenalter noch tierisch packen kann.

Fazit: Die HörbuchsprecherInnen und die musikalische Begleitung fügen sich perfekt zusammen und machen dieses dreistündige Hörspiel zu einem dunklen, magischen Erlebnis. Müsst ihr euch unbedingt selbst von überzeugen!

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Veröffentlicht am 31.01.2022

Zeitzeugnis mit eindrucksvollen Grafiken

Bald sind wir wieder zu Hause
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In diesem Buch geht es um Geschichten, die niemals in Vergessenheit geraten dürfen. Die so wichtig sind wie unsere Gegenwart und unsere Zukunft.

Sechs verschiedene Menschen erzählen uns ihre Erlebnisse ...

In diesem Buch geht es um Geschichten, die niemals in Vergessenheit geraten dürfen. Die so wichtig sind wie unsere Gegenwart und unsere Zukunft.

Sechs verschiedene Menschen erzählen uns ihre Erlebnisse zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Sie waren noch Kinder, als man sie von ihren Familien trennte. Ihnen ihre Anziehsachen und das Spielzeug wegnahm. Sie lernen mussten, was Angst, Hunger und Verzweiflung bedeuten. Und dass Juden weniger wert waren als Nutzvieh.

Obwohl jede Erzählstimme nur ein paar Seiten zur Verfügung hat und mit wenig Text auskommt, durchlebt man das Grauen des Naziterrors und des Holocaust auf eine Weise mit, die einen nur erahnen lässt, wie schlimm es für diese Kinder damals gewesen sein muss. Das Buch bringt auf den Punkt, was geschehen ist. Mir ging das unglaublich nahe! Bilder tauchten vor meinem inneren Auge auf: von Vernichtungslagern, von Opfern des Massenmordes und von jenen, die all das Schreckliche überlebt haben.

Die Illustrationen greifen die bedrückende Stimmung auf, zeigen die Zustände der damaligen Fabriken, spiegeln u.a. die Gefühle der Zwangsarbeiter wider und vermitteln dem Leser einen guten Eindruck von der Brutalität und Ungerechtigkeit, die in der Hungerhölle vorherrschten.

Jede Geschichte endet damit, dass man darüber informiert wird, was aus den Kindern geworden ist, welche Verluste sie hinnehmen mussten, wie es ihnen seitdem ergangen ist und wo sie heute leben.

Ein Zeitzeugnis mit eindrucksvollen Grafiken und informativen Zeittafeln, das hoffentlich weiter aufrüttelt und zudem etwas Trost spenden kann. Eine stille Botschaft an jeden von uns, dass wir niemals vergessen dürfen, was geschehen ist.

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Veröffentlicht am 25.01.2022

Coole Story, solides Artwork

Year Zero 1
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Sie gelten als willenlose, fleischfressende und stinkende Geschöpfe, die tranceartig (fast schon gelangweilt) durch die Gegend schlurfen und seltsame Geräusche von sich geben: #Zombies. In Deutschland ...

Sie gelten als willenlose, fleischfressende und stinkende Geschöpfe, die tranceartig (fast schon gelangweilt) durch die Gegend schlurfen und seltsame Geräusche von sich geben: #Zombies. In Deutschland gibt es schätzungsweise... kleiner Spaß am Rande!

Und die Protagonisten in diesem Buch können mein Elend verstehen, denn Zombies gibt es offenbar überall auf der Welt: u.a. im Polargebiet, in Mexico City, Tokio, Kabul und Minnesota.

Wir begleiten fünf Menschen durch ihren Alltag nach der Stunde 0. Nämlich nach jener Zeit, in der noch alles normal war. In der man seinen Liebsten morgens einen Kuss gab und ihnen einen schönen Tag gewünscht hat. In der man zur Arbeit oder Schule ging, sich nachmittags mit seinen Freunden traf... und all die Dinge tat, die wir - du und ich - für selbstverständlich halten. Doch in YEAR ZERO ist nichts mehr normal. Nichts selbstverständlich. Die Liebsten sind tot, es gibt kaum noch Nahrung, herumliegende Leichenteile sind mittlerweile ein vertrauter Anblick. Während der Eine verzweifelt Schutz sucht, ist der Andere auf Vergeltung aus. Und man stellt sich selbst die Frage, zu welcher Gruppe man in solch einer Situation gehören würde.

Zudem stellt man mit Schrecken fest, wie greifbar die Gefahr tatsächlich ist. Wie schnell ein Virus freigesetzt und eine Epidemie/Pandemie ausgelöst werden kann. Wir erinnern uns an die Pest, an die Russische Grippe, SARS, an das Ebolafieber... Covid-19. In YEAR ZERO wird ein unbekanntes Virus freigesetzt, als ein Eiskern, in dem ein vermeintlicher Neandertaler eingefroren ist, zerbricht. Wegen eines starken Sturms kommen die Forscher nicht vom Gelände weg. Es gibt keine Satellitenverbindung, um die Außenwelt um Hilfe zu bitten. Was dann folgt, ist eine folgenschwere Kettenreaktion, die das Schicksal der Menschheit besiegelt.

Dieses düstere Endzeitszenario wird zeichnerisch gut eingefangen, auch wenn die Illustrationen keine besonderen Merkmale haben, keinen Wiedererkennungswert.

Anfangs haben mich die schnellen Perspektivwechsel irritiert; circa alle zwei Seiten erleben wir die Geschehnisse aus Sicht einer der fünf Hauptfiguren. Daran muss man sich womöglich erst einmal gewöhnen. Behilflich sind dabei die Farben, da beispielsweise alles, was sich in der Forschungsstation abspielt, in eisigen Kontrasten dargestellt wird - sprich viele Nuancen von Blau.

"Horror ist ein zerbrochenes Spiegelbild der Realität [...] Wir alle sind nur ein Husten oder einen Raketenangriff von Year Zero entfernt." (Zitat des Autors aus dem Nachwort)

Fazit: Coole Story, schnelle Perspektivwechsel, solide Zeichnungen. Ich freue mich auf die Fortsetzung und bin gespannt, was den fünf Protagonisten noch passieren wird.

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Veröffentlicht am 19.01.2022

Unkonventionell, wortgewandt, etwas langatmig

Drag Cop
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Ich bin ein absoluter Reeperbahn-Fan! Wo sonst trifft man auf so einen bunten Haufen Menschen? Jeder besonders und einzigartig! Hier kommt alles zusammen: Kultur, Spaß, Party, Sex. Aber wenn man genau ...

Ich bin ein absoluter Reeperbahn-Fan! Wo sonst trifft man auf so einen bunten Haufen Menschen? Jeder besonders und einzigartig! Hier kommt alles zusammen: Kultur, Spaß, Party, Sex. Aber wenn man genau hinschaut, sieht man auch hier, und vielleicht gerade hier, die Schattenseiten des Lebens: Obdachlosigkeit, Drogen, Gewalt und kriminelle Machenschaften.

Candas Jane Dorsey erzählt so eine bunte und wilde Story, wie sie auch in Hamburg spielen und die kaum schillernder sein könnte. Sämtliche Figuren sind tief in der LGBTQ-Szene verwurzelt und wirklich toll inszeniert. Allerdings hatte ich gerade zu Beginn so meine Schwierigkeiten alle Personen richtig zuzuordnen, einfach weil sie relativ fix eingeführt wurden und ich mich immer wieder gefragt habe, wer dieser oder jener noch mal war. Die Handlung selbst ist in sehr kurze Sequenzen unterteilt. Das hat vor allem an Stellen, die etwas langatmig daherkamen, den Lesefluss vorangetrieben.

Je weiter ich in der Story vorankam, umso unsicherer wurde ich, ob ich das Genre richtig in Erinnerung hatte. „Drag Cop“ ist definitiv ein gut konstruierter Roman. Der Kriminalfall an sich hat Potential, plätschert aber meistens eher so dahin. Mir persönlich hat es beinahe komplett an Nervenkitzel und Hochspannung gefehlt. Genau das macht aber für mich einen gelungenen Thriller aus.

Fazit: Mich konnte dieser Thriller, so unkonventionell und wortgewandt er auch daherkommt, leider nicht überzeugen. Wer einfach mal Lust auf eine etwas andere Story hat und nicht mit der Erwartung herangeht, einen knallharten Thriller zu bekommen, der wird bestimmt einige unterhaltsame Lesestunden haben. Probiert's mal aus!

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